Papst Franziskus übt sich zu Hong Kong in Selbstzensur

Das Schweigen gegenüber den kommunistischen Machthabern


Die Seite mit den vorschnell veröffentlichten Worten von Franziskus zur Lage in Hong Kong ist nicht mehr aufrufbar.
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(Rom) Die west­li­che Lin­ke insze­niert eine „Black Lives Matter“-Groteske, fin­det aber kein Wort zur Situa­ti­on in Hong Kong. Und Papst Fran­zis­kus tut es ihr gleich.

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Il Sis­mo­gra­fo ist eine halb­of­fi­ziö­se Pres­se­schau, die zwi­schen vati­ka­ni­schem Pres­se­amt und Staats­se­kre­ta­ri­at ange­sie­delt ist und vom Chi­le­nen Luis Badil­la gelei­tet wird. Ent­spre­chend gut sind die Kon­tak­te. Badil­la ver­öf­fent­lich­te gestern die gesam­te Anspra­che von Papst Fran­zis­kus beim Ange­lus – aller­dings etwas vor­ei­lig. Doch zunächst der Text, wie er auf der Sei­te des Sis­mo­gra­fo publi­ziert wor­den war:

„Vati­kan: Nach dem Ange­lus spricht Papst Fran­zis­kus über die Situa­ti­on in Hong Kong. Er for­dert die Ach­tung der Frei­heit, des Dia­logs und der ein­ver­nehm­li­chen Suche der Problemlösung.

Text der Anspra­che des Papstes.

Situa­ti­on in Hong Kong

In die­sen jüng­sten Zei­ten habe ich mit beson­de­rer Auf­merk­sam­keit und nicht ohne Sor­ge die Ent­wick­lung der kom­ple­xen Situa­ti­on in Hong Kong ver­folgt und wün­sche vor allem mei­ne herz­li­che Nähe allen Bewoh­nern jenes Ter­ri­to­ri­ums zu bekun­den. Im aktu­el­len Kon­text sind die behan­del­ten The­men zwei­fel­los hei­kel und berüh­ren das Leben aller; des­halb ist es ver­ständ­lich, wenn es dies­be­züg­lich eine aus­ge­präg­te Sen­si­bi­li­tät gibt. Ich erhof­fe daher, daß alle betei­lig­ten Per­so­nen die ver­schie­de­nen Pro­ble­me mit dem Geist einer weit­sich­ti­gen Weis­heit und des authen­ti­schen Dia­logs anzu­ge­hen wis­sen. Das erfor­dert Mut, Demut, Gewalt­lo­sig­keit und Respekt der Wür­de und der Rech­te aller. Ich erhe­be zudem die Stim­me, daß das sozia­le Leben und beson­ders das reli­giö­se sich in vol­ler und ech­ter Frei­heit aus­drücken kön­nen, wie es im übri­gen ver­schie­de­ne inter­na­tio­na­le Doku­men­te vor­se­hen. Ich beglei­te mit mei­nem bestän­di­gen Gebet die gesam­te katho­li­sche Gemein­schaft und die Per­so­nen guten Wil­lens von Hong Kong, auf daß sie gemein­sam eine gedeih­li­che und har­mo­ni­sche Gesell­schaft aufbauen.“

Die zunächst ver­öf­fent­lich­te Sei­te mit Wor­ten von Fran­zis­kus zur Lage in Hong Kong

Soweit der Text, der von den zustän­di­gen Exper­ten des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats für die Anspra­che nach dem gest­ri­gen Ange­lus vor­be­rei­tet und vor­ab mit Sperr­frist an den Sis­mo­gra­fo wei­ter­ge­lei­tet wor­den war, der ihn vor­ei­lig ver­öf­fent­lich­te. Denn es kam alles anders. 

Bei sei­ner Anspra­che sag­te Fran­zis­kus kein Wort zu Hong Kong. Er erwähn­te die ehe­ma­li­ge bri­ti­sche Kron­ko­lo­nie nicht ein­mal. Die Sei­te des Sis­mo­gra­fo wur­de schnell wie­der gelöscht. Der Über­ei­fer bei der Ver­öf­fent­li­chung läßt jedoch hin­ter die Kulis­sen blicken. Es wur­de sicht­bar, daß Fran­zis­kus sich gegen­über den kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­bern in der Volks­re­pu­blik Chi­na in Selbst­zen­sur übt. Das Regime in Peking beschnei­det suk­zes­si­ve den Son­der­sta­tus von Hong Kong. Die­se klei­ne Zone der Frei­heit im „Reich der Mit­te“ soll besei­tigt wer­den, die nicht zuletzt auch gera­de für die Katho­li­ken eine zen­tra­le Rol­le spielt. Nicht von unge­fähr ist der inzwi­schen eme­ri­tier­te Bischof von Hong Kong, Kar­di­nal Joseph Zen, seit vie­len Jah­ren die graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che und erhebt uner­schrocken sei­ne Stim­me gegen die neue Ost­po­li­tik des Hei­li­gen Stuhls unter Fran­zis­kus. Die­se ist ins­ge­samt von Selbst­zen­sur gekennzeichnet.

Eine Erklä­rung des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes, wes­halb es zur Text­än­de­rung kam, steht bis­her aus. Sie deckt sich mit dem Schwei­gen der glo­ba­len und beson­ders der anson­sten hyper­ak­ti­ven west­li­chen Lin­ken, wenn es um die kom­mu­ni­sti­sche Volks­re­pu­blik Chi­na geht.

Black Lives Mat­ter ver­zerrt einen Ein­zel­fall zu einem fik­ti­ven Ras­sen­pro­blem und ent­fach­te damit einen anti-wei­ßen Ras­sis­mus und einen iko­no­kla­sti­schen Sturm gegen die abend­län­di­sche Geschichte. 

Ange­sichts des vira­len Eifers, mit dem der irra­tio­na­le „Black Lives Mat­ter“-Gestus, nie­der­zu­knien, voll­zo­gen wird – von Papst Fran­zis­kus unter­stützt – wirkt das Schwei­gen zur rea­len Lage in Hong Kong gera­de­zu gespenstisch. 

Im erste­ren Fall geht es für die glo­ba­le Lin­ke gegen US-Prä­si­dent Donald Trump, im zwei­te­ren Fall um ein kom­mu­ni­sti­sches Regime, das geschont wird. Das Wall Street Jour­nal kür­te Papst Fran­zis­kus unmit­tel­bar nach der Wahl von Donald Trump zum neu­en Anfüh­rer der glo­ba­len Lin­ken, wäh­rend Kuri­en­bi­schof Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do, der poli­ti­sche Arm des Pap­stes, das kom­mu­ni­sti­sche Regime in Peking für die der­zei­tig welt­weit beste Ver­wirk­li­chung der kirch­li­chen Sozi­al­leh­re lobte.

All das gab es schon seit der bol­sche­wi­sti­schen Okto­ber­re­vo­lu­ti­on von 1917. Die poli­ti­sche Lin­ke scheint in erheb­li­chen Tei­len weder lern­wil­lig noch lern­fä­hig zu sein. Neu ist, daß sich der Hei­li­ge Stuhl wie ein fester Bestand­teil der­sel­ben verhält.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Il Sismografo/Vatican.va (Screen­shots)

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