Säuberung im Priesterseminar

Der umstrittene Entlassungsfall von drei konservativen Theologen in Detroit


Der kurz vor Bergoglios Tod ernannte neue Erzbischof von Detroit dezimiert nicht nur die Meßorte des überlieferten Ritus, sondern säubert das Priesterseminar von konservativen Professoren
Der kurz vor Bergoglios Tod ernannte neue Erzbischof von Detroit dezimiert nicht nur die Meßorte des überlieferten Ritus, sondern säubert das Priesterseminar von konservativen Professoren

Die kürz­li­che Ent­las­sung von drei pro­mi­nen­ten Pro­fes­so­ren des Sacred Heart Major Semi­na­ry in Detroit hat in katho­li­schen Krei­sen für gro­ße Auf­re­gung gesorgt. Ralph Mar­tin, Edu­ar­do Eche­ver­ria und Edward Peters, lang­jäh­ri­ge Dozen­ten des Prie­ster­se­mi­nars und bekann­te Ver­tre­ter einer kon­ser­va­ti­ven Theo­lo­gie, wur­den von Erz­bi­schof Edward Wei­sen­bur­ger ent­las­sen. Die­se Ent­schei­dung hat nicht nur Fra­gen zu den spe­zi­fi­schen Grün­den der Ent­las­sung auf­ge­wor­fen, son­dern vor allem die Ori­en­tie­rung des Berg­o­glia­ners Weisenburger.

Der Hintergrund: drei Stimmen als Korrektiv

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Alle drei ent­las­se­nen Pro­fes­so­ren sind seit Jahr­zehn­ten in der Prie­ster­aus­bil­dung tätig und haben sich für ihre recht­gläu­bi­ge Posi­tio­nie­rung inner­halb der Kir­che einen Namen gemacht. In ihren Ver­öf­fent­li­chun­gen und Vor­trä­gen äußer­ten sie wie­der­holt Kri­tik an ver­schie­de­nen Aspek­ten des Pon­ti­fi­kats von Papst Fran­zis­kus, ins­be­son­de­re in bezug auf des­sen theo­lo­gi­sche und pasto­ra­le Ausrichtungen.

Mar­tin, Eche­ver­ria und Peters hin­ter­frag­ten öffent­lich eini­ge der umstrit­te­nen Aus­sa­gen des Pap­stes und brach­ten Beden­ken hin­sicht­lich sei­ner dog­ma­ti­schen Klar­heit zum Aus­druck. Dies geschah nicht nur in Fach­zeit­schrif­ten und aka­de­mi­schen Dis­kur­sen, son­dern auch in Inter­views und auf per­sön­li­chen Blogs. Laut Micha­el Sean Win­ters vom pro­gres­si­ven Natio­nal Catho­lic Repor­ter tru­gen ihre Äuße­run­gen zu einem „Kli­ma­wan­del“ in den USA bei, der dazu führ­te, daß Papst Fran­zis­kus und sei­ne Aus­rich­tung zuneh­mend als pro­ble­ma­tisch wahr­ge­nom­men wur­den. „Ihre Kri­tik, ob absicht­lich oder nicht, ver­brei­te­te ein Kli­ma der Feind­se­lig­keit gegen­über dem Papst“, so Win­ters wehleidig.

In einer Stel­lung­nah­me von Edward Feser auf der Platt­form X (vor­mals Twit­ter) wur­de die Ent­las­sung als Teil einer grö­ße­ren Bewe­gung gese­hen, bei der sowohl pro­mi­nen­te Gelehr­te als auch erfah­re­ne Theo­lo­gen, die sich kri­tisch mit Papst Fran­zis­kus aus­ein­an­der­set­zen, aus kirch­li­chen Insti­tu­tio­nen ent­fernt wer­den. Blin­de Papst­treue vor Recht­gläu­big­keit? Das auf die­se Wei­se zusätz­lich erzeug­te Span­nungs­feld ent­spann­te nicht, son­dern ver­schärf­te viel­mehr den Konflikt.

Dabei waren die ent­las­se­nen Pro­fes­so­ren in der Ver­gan­gen­heit nie als „radi­ka­le Tra­di­tio­na­li­sten“ oder aggres­si­ve Kri­ti­ker des Pap­stes auf­ge­fal­len. Sie began­nen ihre Kri­tik erst, als sich „pro­ble­ma­ti­sche“ Aus­sa­gen und Hand­lun­gen des Pap­stes häuf­ten. Und sie beschränk­ten ihre Kri­tik auch auf die­se Punk­te, ohne der Ver­su­chung einer Gene­ra­li­sie­rung zu erliegen.

Der Streit um den Entlassungsprozeß

Was den Fall noch kom­ple­xer macht, ist die Fra­ge nach der Ein­hal­tung des inter­nen Semi­nar­pro­to­kolls für den Ent­las­sungs­pro­zeß. Laut dem Hand­buch des Sacred-Heart-Semi­nars kann die Kün­di­gung eines Dozen­ten nur nach einem klar gere­gel­ten Ver­fah­ren erfol­gen. In die­sem Pro­zeß muß der Regens des Semi­nars eine schrift­li­che Mit­tei­lung über die Ent­las­sungs­ab­sicht machen und die spe­zi­fi­schen Grün­de dar­le­gen. Es folgt eine Über­prü­fungs­pha­se durch ein Komi­tee, das inner­halb von zehn Tagen eine Emp­feh­lung aus­spre­chen muß.

Aller­dings berich­ten die ent­las­se­nen Pro­fes­so­ren, daß ihnen „kei­ne kla­ren Grün­de“ genannt wur­den, und es gibt Hin­wei­se dar­auf, daß die Ent­schei­dun­gen nicht vom Regens kamen, son­dern Erz­bi­schof Wei­sen­bur­ger direkt in den Ent­las­sungs­pro­zeß ein­ge­grif­fen hat – ein Schritt, der – so die Kri­tik – den fest­ge­leg­ten Regeln wider­spre­che. Ralph Mar­tin erklär­te, er habe „kei­ne spe­zi­fi­schen Details“ erhal­ten, son­dern ledig­lich eine vage Andeu­tung, mit denen „sei­ne theo­lo­gi­schen Per­spek­ti­ven“ in Fra­ge gestellt wur­den. Dies wird von den Betrof­fe­nen als unzu­rei­chen­de Begrün­dung für die abrup­ten Ent­las­sun­gen wahrgenommen.

Die Reaktionen und eine politische Dimension

Die Ent­las­sung der drei Pro­fes­so­ren hat nicht nur inner­halb des Prie­ster­se­mi­nars für Auf­se­hen gesorgt, son­dern auch die brei­te­re katho­li­sche Gemein­schaft gespal­ten. Kri­ti­ker wer­fen der Lei­tung der Erz­diö­ze­se vor, daß die­se Ent­schei­dung poli­tisch moti­viert sei und dar­auf abzielt, Stim­men der theo­lo­gi­schen Kri­tik an Papst Fran­zis­kus zum Schwei­gen zu bringen.

In einem Kom­men­tar auf Life Site News bezeich­ne­te Anto­ni­no Cam­bria die Kün­di­gun­gen als Teil eines „Säu­be­rungs­pro­zes­ses“, der gezielt kon­ser­va­ti­ve Theo­lo­gen betrifft. Auch Anne Hen­ders­hott vom Cri­sis Maga­zi­ne äußer­te sich besorgt über den Ver­lust die­ser „treu­en Ver­tei­di­ger der ortho­do­xen katho­li­schen Leh­re“, die eine wich­ti­ge Rol­le in der Erneue­rung der Kir­che spielen.

Es gibt auch Berich­te über poli­ti­schen Druck inner­halb der Erz­diö­ze­se, das mit den kürz­lich ein­ge­führ­ten lit­ur­gi­schen Ein­schrän­kun­gen durch Erz­bi­schof Wei­sen­bur­ger zusam­men­hängt. Ins­ge­samt ist ein Blick auf den Haupt­ak­teur der Säu­be­rungs­ak­ti­on zu werfen.

Erzbischof Weisenburger, ein Mann der Kontroversen

Erz­bi­schof Edward Wei­sen­bur­ger wur­de im März 2025 zum Erz­bi­schof von Detroit ernannt und hat seit­dem immer wie­der für Dis­kus­sio­nen inner­halb der katho­li­schen Kir­che gesorgt. Zuvor war er Bischof der Diö­ze­se Tuc­son, wo er sich ins­be­son­de­re durch sei­ne Unter­stüt­zung für die lit­ur­gi­schen Ein­schrän­kun­gen, die von Papst Fran­zis­kus ein­ge­führt wur­den, einen Namen mach­te. Die­se Hal­tung setzt er auch in sei­ner neu­en Auf­ga­be als Erz­bi­schof einer so bedeu­ten­den Diö­ze­se wie Detroit fort. Offen­sicht­lich hat­te er sich auch durch die Bekämp­fung des über­lie­fer­ten Ritus in den Augen von Fran­zis­kus für Höhe­res qualifiziert.

Wei­sen­bur­ger ist bekannt als ent­schie­de­ner Geg­ner der Tra­di­ti­on. Gleich zu sei­nem Amts­an­tritt in Detroit kün­dig­te er neue, stren­ge lit­ur­gi­sche Richt­li­ni­en an, die die Fei­er des über­lie­fer­ten Ritus stark ein­schrän­ken. Die Zahl der Meß­or­te, alle sehr leben­dig, wur­den von ihm auf ein Mini­mum dezi­miert. Zudem ver­bot er die Ad-ori­en­tem-Zele­bra­ti­on im Novus Ordo im Namen einer angeb­lich not­wen­di­gen „Ein­heit­lich­keit“ in den lit­ur­gi­schen Fei­ern der Erzdiözese.

Wei­sen­bur­ger wur­de jedoch nicht nur auf­grund sei­ner lit­ur­gi­schen Ent­schei­dun­gen kri­ti­siert. In einem frü­he­ren Vor­fall, den Katho​li​sches​.info als „Dolch­stoß gegen die Bischofs­kon­fe­renz“ bezeich­ne­te, presch­te, kaum hat­te Joe Biden nach sei­nem umstrit­te­nen Wahl­sieg bei den Prä­si­dent­schafts­wah­len 2021 das Wei­ße Haus bezo­gen, eine Grup­pe ultra­pro­gres­si­ver US-Bischö­fe – gegen den Wil­len der Mehr­heit – vor, um ihm Unter­stüt­zung für sei­ne lin­ke Agen­da zu signa­li­sie­ren, vor allem Unter­stüt­zung für sei­ne Homo-Agenda.

Kaum hat­te Biden sei­nem Bekennt­nis zur Homo-Agen­da mit ersten Durch­füh­rungs­ver­ord­nun­gen Taten fol­gen las­sen, und kaum hat­te Msgr. José Hora­cio Gómez, der Erz­bi­schof von Los Ange­les und dama­li­ger Vor­sit­zen­der der US-ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, im Namen der Bischofs­kon­fe­renz ihn dafür deut­lich kri­ti­siert, gin­gen neun pro­gres­si­ve US-Bischö­fe an die Öffent­lich­keit, um sich zur Homo-Agen­da zu beken­nen. Unter den Unter­zeich­nern war auch Wei­sen­bur­ger, damals noch Bischof von Tucson.

Der verkehrte Kulturkampf

Wei­sen­bur­ger Säu­be­rungs­ak­ti­on am Sacred-Heart-Semi­nar wirft nicht nur Fra­gen über den Umgang mit Theo­lo­gen und Pro­fes­so­ren auf, die sich kri­tisch gegen­über kri­tik­wür­di­gen Aktio­nen von Papst Fran­zis­kus äußern, son­dern auch über die Lei­tung von kirch­li­chen Insti­tu­tio­nen im all­ge­mei­nen. Die Unsi­cher­heit über die Ein­hal­tung inter­ner Regeln bei der Ent­las­sung die­ser Pro­fes­so­ren bleibt ein zen­tra­les The­ma. Gleich­zei­tig ver­stär­ken sich die Beden­ken, daß der Ein­fluß kon­ser­va­ti­ver Theo­lo­gen inner­halb der Kir­che besei­tigt wer­den soll.

Es bleibt abzu­war­ten, wie sich die Situa­ti­on wei­ter­ent­wickelt und ob der Vati­kan in die­ser Ange­le­gen­heit ein­grei­fen wird. In der Zwi­schen­zeit wer­den die ent­las­se­nen Pro­fes­so­ren von vie­len als Opfer eines Pro­zes­ses betrach­tet, der die Aus­ein­an­der­set­zung mit theo­lo­gi­schen Dif­fe­ren­zen inner­halb der Kir­che erschwert. Der Kul­tur­kampf, der in der Öffent­lich­keit gegen wahr­heits­feind­li­che, kir­chen­fer­ne Fein­de geführt wer­den müß­te, wird inner­halb der Kir­che aus­ge­tra­gen und schwächt die­se zusätz­lich.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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4 Kommentare

  1. Wie passt das zusam­men mit der Zustim­mung vie­ler tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken zum ersten US-gebür­ti­gen Papst in der Geschich­te der katho­li­schen Kir­che – nicht nur in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten selbst, son­dern weltweit?

    Wer hat dafür eine plau­si­ble Erklä­rung, die er den Lesern von katho​li​sches​.info mit­tei­len möchte?

  2. déjà-vu und zutiefst unsympatisch.
    „Unse­re Wege tren­nen sich“: so die kur­ze und euf­e­mi­stisch ver­bräm­te Mit­tei­lung der katho­li­schen Obrig­keit in den Nie­der­lan­den 2017, wenn der Haupt­re­dak­teur des „Katho­liek Nieuws­blad“ Henk Rijkers wegen kri­ti­schen Bemer­kun­gen zu ange­brann­ten Äusse­run­gen und stil­lo­sen Hand­lun­gen von PFran­zis­kus plötz­lich raus­ge­wor­fen wurde.
    In aller Stil­le wird Per­so­nal weg­ge­säu­bert, für die ande­ren Unter­ge­be­nen ein Exem­pel sta­tu­iert, hoch­mü­tig und arro­gant die Regu­la­ri­en mit den Füßen getre­ten und getrickst und ver­tuscht, was nur geht.
    Das ist der fun­da­men­ta­le Gegen­teil der Wahr­heit, die „A‑letheia“, das „Nicht-Ver­bor­ge­ne“.
    Abscheu­lich zu sehen und für die zu ver­tei­di­gen­de Sache (hier: die Fran­zis­kus-Agen­da und dabei vor­ge­scho­ben: die „moder­ne Kir­che“) kontraproduktiv.
    Das Letz­te ist natür­lich das, was die­se Moder­ni­sten beabsichtigen.
    Für die ent­las­se­nen Pro­fes­so­ren gilt: die Hl. Kir­che lebt von den Mar­ty­res und Confessores.

  3. Übri­gens : die Auf­la­ge des „Katho­liek Nieuws­blad“ stieg unter dem Haupt­re­dak­teur Henk Rijkers von 20^3 bis 2017 mit/​wegen PFra­nis­kus-kri­ti­schen Bemer­kun­gen um 30% und fiel nach des­sen Ent­las­sung kon­ti­nu­ier­lich – inner­halb 5 Jah­ren bis 2023 um 60%.
    Die moder­ni­sti­sche Revo­lu­ti­on erdros­selt sich selbst.

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