
Die Nachrichtenseite Informazione Cattolica veröffentlichte mit Blick auf die große Jugendwallfahrt der Tradition nach Chartres und die Bitten der Kardinäle Burke und Müller an Papst Leo XIV., eine versöhnende Geste an die Tradition zu richten, einen Artikel über den traditionellen Römischen Ritus und dessen Verfolgung. Hier der vollständige Wortlaut:
Von Angelica La Rosa
Mitten im Herzen der katholischen Kirche ist eine der edelsten Ausdrucksformen des Glaubens und der Anbetung — die lateinische Messe nach dem Meßbuch von 1962 — in den letzten Jahren zunehmend starken Einschränkungen und einer wachsenden Marginalisierung ausgesetzt.
Zeugen hierfür sind nicht nur offizielle Dokumente, wie das von Papst Franziskus 2021 verkündete Motu proprio Traditionis custodes, sondern auch die klagenden Stimmen von Kardinälen wie Raymond Leo Burke und Gerhard Müller, hochrangigen Persönlichkeiten, die unmißverständlich von einer regelrechten „Verfolgung“ der Gläubigen sprechen, die an der traditionellen Liturgie festhalten.
Kardinal Burke offenbarte in einer jüngsten öffentlichen Rede, er habe Papst Leo XIV. die Hoffnung ausgesprochen, daß diese „Verfolgung“ endlich ein Ende finde. Starke Worte, die wie ein Schmerzensschrei eines großen Teils des Gottesvolkes klingen, das nichts anderes begehrt, als den Herrn in der ältesten und feierlichsten Form des römischen Ritus anzubeten. Auch Kardinal Müller, ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation, äußerte die Hoffnung, daß der neue Pontifex eine symbolische und versöhnende Geste vollbringen möge, die jenen, welche sich geistlich von der traditionellen Liturgie nähren, die volle kirchliche Anerkennung zurückgibt.
Ein liturgischer und geistlicher Schatz
Die tridentinische Messe ist keine vorübergehende Modeerscheinung noch eine nostalgische Rückbesinnung. Sie ist ein lebendiges Erbe der universalen Kirche, eine Quelle theologischer Schönheit, Heiligkeit und tiefster Anbetung. Die lateinische Sprache, die Ausrichtung nach Osten (ad orientem), die kontemplativen Schweigemomente, der Gregorianische Choral — all dies trägt dazu bei, die Seele in ein zeitübergreifendes Mysterium einzutauchen und die Feier im zweitausendjährigen Herzen der christlichen Tradition zu verankern.
Es ist kein Zufall, daß die traditionelle Wallfahrt nach Chartres in Frankreich beständig wachsende Teilnahme verzeichnet. In einer Zeit, da die Jugend der Kirche scheinbar immer ferner rückt, stellt dieses Phänomen ein gegenläufiges und prophetisches Zeichen dar. Das Verlangen nach einer erhabeneren, heiligeren Liturgie, stärker auf Gott ausgerichtet, ist keineswegs ein reaktionärer Sonderwunsch, sondern eine tiefe Sehnsucht nach Wahrheit und Schönheit, auf die die Kirche mit Liebe und offenem Ohr antworten muß.
Während des Pontifikats von Papst Franziskus wurde die lateinische Messe beispiellos eingeschränkt. Zahlreiche Gemeinden wurden geschlossen, in manchen Fällen sogar materielle Vorteile entzogen und Bischöfe sowie Kardinäle, die dem traditionellen Bereich verbunden sind, abgesetzt. So wurde etwa Kardinal Burke der Wohnung und der Zuwendungen eines Kardinals beraubt, andere Prälaten wurden systematisch ausgegrenzt, weil sie theologisch kohärente Positionen zum überlieferten Lehramt vertraten.
Das Motu proprio Traditionis custodes hat, anstatt Spaltungen zu heilen, das kirchliche Gefüge weiter polarisiert. In vielen Diözesen werden die Gläubigen, die dem alten Ritus verbunden sind, mit Mißtrauen oder gar offener Feindseligkeit behandelt. Dies geschieht unter dem Vorwand einer angeblichen Einheit, die statt legitimer liturgischer Vielfalt eine rigide und ideologische Uniformität durchsetzt.
Mit der Wahl von Papst Leo XIV. hoffen viele auf eine Wende. Der neue Pontifex sandte bereits eine Grußbotschaft an die Pilger in Chartres und erinnerte daran, daß „Papst Leo für jeden Pilger betet, der eine persönliche Begegnung mit Christus erlebt“. Schlichte Worte voller Bedeutung, die auf die Möglichkeit eines neuen Dialogs und einer Öffnung gegenüber der traditionellen Welt schließen lassen.
Dies wäre nicht nur ein pastoraler, sondern ein zutiefst kirchlicher Akt: zu erkennen, daß in der traditionellen Liturgie keine Gefahr zu neutralisieren ist, sondern ein Geschenk zu heben gilt; nicht ein ideologischer Feind, sondern Kinder der Kirche, die Respekt, Gehör und Raum verdienen. Benedikt XVI. hatte mit dem Summorum Pontificum bereits diesen Weg gewiesen und sprach von der „außerordentlichen Form“ als einem Schatz für die ganze Kirche.
Die Zukunft der Kirche wird nicht in der Unterdrückung ihrer Wurzeln entschieden, sondern in deren fruchtbarer Eingliederung in die Gegenwart. Eine Kirche, die ihre Vergangenheit fürchtet und die Tür zur lebendigen Tradition schließt, läuft Gefahr, unfruchtbar und selbstbezogen zu werden. Im Gegenteil öffnet sich eine Kirche, die ihre Quellen bewahrt wie eine Mutter ihre ältesten Kinder, der Gnade der Kontinuität, ohne die Wahrheit aufzugeben.
Die lateinische Messe ist keine Last, die es zu ertragen gilt, sondern eine Quelle, aus der man sich tränken darf. In ihr klingt die Stimme der Heiligen, der Märtyrer und der Kirchenväter. Es ist an der Zeit, daß sie wieder den ihr gebührenden Platz einnimmt — nicht als geduldete Ausnahme, sondern als legitime und fruchtbare Form katholischer Anbetung. Möge Leo XIV. den Mut haben, die Wunde, die so viele Gläubige getroffen hat, mit Gerechtigkeit und Liebe zu heilen. Und möge die Kirche wieder mit all ihren Lungenflügeln atmen — auch mit jenem der Tradition.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Informazione Cattolica
„So wurde etwa Kardinal Burke des Kardinalshutes beraubt“
Ohne solche Übertreibungen wäre der Text noch besser gewesen.
Ein Übersetzungsfehler, der korrigiert wurde: Mit „piatto cardinalizio“ ist zwar auch der Galero (Kardinalshut) gemeint, aber auch die päpstliche Zuwendung für die in Rom residierenden Kardinäle (Wohnung und Dotation). Papst Franziskus entzog Kardinal Burke zum Jahresende 2023 diese Zuwendung und erklärte diesen Entzug auch ganz offen als Akt der Bestrafung: Papst Franziskus: „Kardinal Burke ist ein Feind, also nehme ich ihm Wohnung und Gehalt weg“