Nachdem Rom bereits die Wallfahrten der Tradition nach Rom und Covadonga „geköpft“ hat, indem ihnen die Zelebration der Abschlußmesse im Petersdom bzw. dem spanischen Marienheiligtum verboten wurde, soll nun mit derselben Guillotine auch die größte Wallfahrt der Tradition, die Pfingstwallfahrt der Jugend von Paris nach Chartres, amputiert werden.
Die Mechanismen und Zusammenhänge sind bekannt: Was oder wer im traditionellen oder traditionalistischen Sinn katholisch ist, blüht, wächst, Berufungen anzieht, Bekehrungen fördert, ist modernistischen oder gemeinprogressiven Initiativen und Kreisen, die daneben desertifizieren und verwelken, ein Dorn im Auge, der beseitigt werden muß. Die Betonung liegt auf einem meist bedingungslosen Muß. Bedingungslos ist es jedenfalls, wenn jemand oder eine ganze Institution ins Visier der Gralshüter der Modernität gerät. In der Regel gnadenlos. So erging es Bischöfen und Orden. Nun ist eine weitere Ausnahmeerscheinung im weltkirchlichen Spektrum vom anti-indietristischen Radar erfaßt worden: die große internationale Jugendwallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres.
Die größte Jugendwallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres
Anfang der 80er Jahre wurde diese Wallfahrt von traditionsverbundenen jungen Franzosen ins Leben gerufen. Sie verbindet die beiden bedeutenden Marienwallfahrtskirchen der Hauptstadt Notre-Dame de Paris und des hundert Kilometer entfernten Notre-Dame de Chartres. Zwei Kathedralen. Die geistliche Betreuung hatte die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) übernommen. Was klein begann, wuchs heran. Von Jahr zu Jahr folgten mehr junge Katholiken dem Ruf, und sie kamen nicht nur aus Frankreich, sondern bald auch aus anderen europäischen Ländern, schließlich Gruppen sogar aus Übersee. So wurde die Pfingstwallfahrt von Paris nach Chartres zum größten Jugendereignis der Tradition weltweit. Hier kann man schon heute die Kirche von morgen sehen.
Wegen der unerlaubten Bischofsweihen kam es 1988 zum Bruch. Die Wallfahrt kehrte mit den Ecclesia-Dei-Gemeinschaften in die volle Einheit mit Rom zurück. Die Piusbruderschaft initiierte eine eigene Pfingstwallfahrt, die seither den umgekehrten Weg von Chartres nach Paris geht. Unter Papst Benedikt XVI. wurde bereits die Hoffnung geäußert, in absehbarer Zukunft die beiden Wallfahrten wieder zusammenführen zu können. Doch es kam anders. Die Wallfahrt der Piusbrüder hat Schikanen und Einschränkungen zu erdulden. Die Bischofskirchen bleiben ihr verschlossen. Die eigentlichen Zielpunkte können nur von außen bestaunt und individuell besucht werden. Für das Meßopfer aber muß man draußen bleiben und vor den verschlossenen Türen unter freiem Himmel zelebrieren. Die Wallfahrt ist aber gesichert. Rom kann nicht dreinreden.
Anders ist es mit der zahlenmäßig größeren Wallfahrt der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften. In diesem Jahr soll die Marke von 20.000 Teilnehmern erreicht worden sein. Ein Heerlager der Heiligen. Sie werden auf Bannern und Standarten jedem Chapitre vorangetragen. Aber auch ein Heerlager künftiger Heiliger.
Das ist zu viel, zu groß, das ist unerträglich. Das ist ja die Tradition. Allein die Vorstellung treibt bestimmten Herrschaften die Zornesröte ins Gesicht.
Was Jorge Mario Bergoglio gelernt hat
Im bergoglianischen Pontifikat wird schrittweise vorgegangen. Franziskus hatte ausreichend Zeit, zu studieren, woran die kirchlichen 68er, die in Wirklichkeit 65er sind, da die kirchliche Revolution des Zweiten Vaticanum der weltlichen Revolution der Studentenproteste vorausging, bisher gescheitert waren. Er erkannte zwei entscheidende Aspekte, die sich aus seinem Handeln als Pontifex erschließen lassen:
- Der Frontalangriff ging ins Leere. Die vereinte modernistisch-progressive Front holte sich wunde Köpfe, manche blieben auf der Strecke, denn angegriffen hatte die Kirche noch immer die Kraft, sich zum Bollwerk zu sammeln. Die daraus gezogene Lehre lautet: faktisch ändern, ohne formal zu ändern.
- Zweitens: Viele Jäger sind des Hasen Tod. Wer zu viele Baustellen zugleich aufmacht, hat viele Fronten, weckt zu viele Gegner, die sich verbünden können, und macht sich verwundbar. Es müssen „irreversible“ Prozesse in Gang gesetzt werden. Die Quantität der Gegnerschaft muß kontrollierbar bleiben. Das Vorpreschen hat schrittweise und tröpfchenweise zu erfolgen. Ein päpstliches Dekret für die Weltkirche sorgt für großes Aufsehen und viel Unruhe. Dasselbe Dekret, das nichts anordnet, aber jedem Bischof, der will, die Möglichkeit gibt, eine Neuerung einzuführen, federt den Angriff ab. Für jene, die wegsehen wollen, sogar bis zur Unkenntlichkeit.
Beide bergoglianischen Schlußfolgerungen, die aus den vergangenen 50 Jahren gezogen wurden, erweisen sich als sehr erfolgreich. Die Trägheit eines Großteils der kirchlichen Hierarchie ist beiden Seiten bekannt. Als Papst kann Franziskus diesen strukturellen Aspekt zu seinen Gunsten nützen. Schamlos und mit außerordentlichem Erfolg. Denn der Papst ist der Papst. 2013 war es gelungen, diese alles entscheidende Position zurückzuerobern. Franziskus nannte sich aber nicht Johannes XXIV., denn er wollte klarstellen, daß mit ihm nicht nur der große Umbruch von damals fortgesetzt wird, sondern eine neue Ära anbricht, indem noch ein Schritt weitergegangen wird.
Für Rom „anormal“
Am 4. Dezember schrieb Matthieu Lasserre in der französischen Tageszeitung La Croix einen Artikel, der hohe Wellen schlägt. Lasserre, auf internationale Beziehungen, Politik und soziale Themen spezialisiert, berichtete, daß der Vatikan die große Jugendwallfahrt der Tradition Paris–Chartres einschränken oder verbieten könnte. Da sind wir wieder beim bergoglianischen Aufheben, Abwürgen, Auflösen, Auslöschen. Was die kirchliche und die weltliche Linke einst dem polnischen und dem deutschen Papst, meist ohne Beweise, einfach zum Vorwurf machten, wird von „ihrem“ Papst tatsächlich gemacht. Und dieselben Kreise applaudieren oder schweigen befriedigt.
Die internationale Jugendwallfahrt ist ins Visier des römischen Dikasteriums für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung geraten, die von Kardinal Arthur Roche geleitet wird, der ein notorischer Feind des überlieferten Ritus ist. Die Gründe klingen wie ein schlechter Scherz. Ein sehr schlechter Scherz. Das Roche-Dikasterium ermittelt gegen das Organisationskomitee Notre-Dame de Chrétienté wegen des Verdachts, bei den Meßzelebrationen während der Wallfahrt würden die geltenden Bestimmungen für den überlieferten Ritus nicht eingehalten. Die Situation wird von Rom nämlich als „anormal“ eingestuft. Daß sich zigtausend Jugendliche auf den Ruf der Tradition versammeln und eine Fußwallfahrt von 100 Kilometern zurücklegen, das muß manchen derzeit in Rang und Namen stehenden Personen in der Tat „anormal“ erscheinen.
Angesichts der unzähligen Mißbräuche im Novus Ordo Missae, einschließlich jenen, die mitten in Rom auf dem Petersplatz stattfinden, ermittelt das zuständige Dikasterium gegen Priester der Tradition? Man glaubt es kaum. Und nein, das Dikasterium ermittelt nicht gegen irgendeinen Priester, sondern gegen ein Laienkomitee. Damit ist die Intention offengelegt, die Pfingstwallfahrt unter Kontrolle zu bringen oder abzuwürgen. Die Rede ist zunächst von „Einschränkungen“.
Die Fallen von Traditionis custodes
So prüft das Dikasterium, ob das Pontifikalamt zum Abschluß der Wallfahrt in der Kathedrale von Chartres in den Jahren seit 2021 ohne Erlaubnis zelebriert wurde. Ein Verbot der Abschlußmesse scheint, laut Lasserre, bereits auf dem römischen Schreibtisch zu liegen. Wo ein Wohlwollen herrscht, finden sich für solche formalistischen Lappalien schnell geeignete Lösungen. Wo aber andere Absichten obwalten…
Das Motu proprio Traditionis custodes schreibt für Zelebrationen im überlieferten Ritus eine ausdrückliche Erlaubnis Roms vor. In einem päpstlichen Reskript wurde diese restriktive Auslegung des repressiven Motu proprio 2023 festgeschrieben. Erfolgt eine Zelebration in einer Pfarrkirche, bedarf es zudem der Erlaubnis des Ortsbischofs. Da die Abschlußmesse bereits seit Jahrzehnten in der Kathedrale gefeiert wurde, erfolgten für Pfingsten 2022, 2023 und 2024 keine entsprechenden Ansuchen. Die Organisatoren waren sich dieser Notwendigkeit nicht einmal bewußt.
Doch Rom setzt nicht nur an dieser Stelle ein. Der Gebrauch der vorkonziliaren Meßbücher der Île-de-France, des historischen Zentrums Frankreichs, sei von den römischen Behörden nie genehmigt worden. Die Feindseligkeit sprüht förmlich aus allen Poren dieser Juristenposse mit ungewissem Ausgang.
„Fühlen uns von der Bürokratie an die Wand gespielt“
Jean de Tauriers, der Vorsitzende des Organisationskomitees Notre-Dame de Chrétienté, macht kein Hehl aus seinem „Unverständnis“ für dieses Vorgehen. Man fühle sich von „der Bürokratie an die Wand gespielt“, das könne es doch nicht sein.
Die Organisatoren können sich in der Frage auch nicht auf eine Rückendeckung aus Chartres stützen. Auf dem dortigen Bischofsstuhl sitzt seit 2018 Msgr. Philippe Christory. Seine Aussagen bringen etwas mehr Licht in die Sache. Man will die Zelebration des Novus Ordo in die Wallfahrt einführen. Mit den Worten von Bischof Chistory ausgedrückt: „Wir haben eine gemeinsame Zukunft“, weshalb er auf eine „Geste der Öffnung“ durch die Organisatoren hoffe. Wer diese Frage aufwirft, zwingt sein Gegenüber zu einer Positionierung, die dann dazu benutzt werden kann, ihm daraus einen Strick zu drehen. Was die Zelebration der Abschlußmesse anbelangt, verweist der Bischof ‒ wenig überraschend ‒ auf Rom:
„Wenn jemand irgendetwas entscheiden muß, ist es der Papst.“
Rom verfolgt eine Strategie: Die großen Wallfahrten der Tradition werden geschädigt, eine nach der anderen. Das Pilgern kann nicht verboten werden, aber die Zelebrationen werden untersagt. Das Ziel und der Höhepunkt werden ihnen genommen. Zuerst traf es die internationale Wallfahrt Ad Petri Sedem in Rom. Seit 2023 darf zum Abschluß im Petersdom keine heilige Messe mehr zelebriert werden. Im Petersdom hat seit 2021 überhaupt kein überlieferter Ritus mehr zelebriert zu werden. Punkt.
Im vergangenen Sommer war der spanische Ableger der Paris-Chartres-Wallfahrt, die Jugendwallfahrt der Tradition Nuestra Señora de la Cristiandad, an der Reihe. Diese Fußwallfahrt von ebenfalls 100 Kilometern führt zum Marienheiligtum von Covadonga, einem zentralen Ort, von dem die Reconquista ihren Ausgang nahm, mit der die Christen Spanien von den Moslems befreiten.
Nun will Rom das gleiche Zelebrationsverbot auch der größten Wallfahrt der Tradition in Chartres auferlegen.
Der Hyper-Dezentralist Franziskus, der jede Bischofskonferenz und jeden Bischof entscheiden läßt, ob er „Irreguläre“ aller Art zur Kommunion zuläßt oder ob er Homo-Segnungen erlaubt, ist zugleich der Superzentralist, der jede, wörtlich jede, Zelebration im überlieferten Ritus weltweit von einer römischen Erlaubnis abhängig gemacht hat.
Bereits im Mai 2023 informierte Roche Frankreichs Bischöfe, daß die Zelebration von Hochzeiten im überlieferten Ritus untersagt ist – laut Rom.
Wie weit ist es da noch bis zum „kategorischen“ Verbot von Priesterweihen im überlieferten Ritus? Die Dampfwalze rollt, sie rollt ungewöhnlich, weil sie bergoglianisch rollt, doch sollte das niemand als ein gutes Omen betrachten.
Die Pfingstwallfahrt 2025 wird vom 7. bis 9. Juni stattfinden (Samstag bis Pfingstmontag). Merken Sie sich den Termin schon einmal im Kalender vor.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: nd-chretiente.com (Screenshot)
Reden wir doch nicht um den heissen Brei herum. Eins ist sicher. Der heiligmässige Erzbischof Marcel Lefebvre hat diese gefährliche Entwicklung vor mehr als 50 Jahren erkannt und dementsprechend richtig gehandelt. Das sollte inzwischen jeder anerkennen.
Wenn sich im nächsten Jahr 20.000 Pilger auf dem freien Feld oder vor der Kathedrale zum Gottesdienst versammeln, werden die Bilder um die Welt gehen und die Welt wird sich fragen, warum diesen jungen Menschen die Gotteshäuser verschlossen blieben.
Das werden keine schönen Bilder sein für Mr. Roche und seinem Chef. So schießt man Eigentore.
Nichts charakterisiert diesen Papst besser als daß er für den 6.September 2025 eine Wallfahrt eigens für LGBTQler durchführen lassen will und diese Jugendwallfahrt bekämpft, da sie ihm zu conservativ-traditionalistisch ist. Daß das eine Jugendwallfahrt ist mit vielen jüngeren Teilnehmern ist dem Papst dabei ein großes Ärgernis, begründet er doch seinen Kampf wider die „Tridentinische Messe“ isb damit, daß sie unter jüngeren Priestern und jungen Menschen Anklang findet: Lieber eine leere Kirche als eine voller nichtprogressiver Christen.
Meine Vermutung zur päpstlichen Strategie der Zentralisierung der Kirche: Sich König Ludwig XIV zum Vorbild nehmend: „Die kirche bin ICH“, versucht er die Bischöfe zu entmachten, indem er sie Bischofskonferenzen unterwirft, die von ihm Eingesetzte geleitet werden,um so sie zu regieren. Der Kampf wider den Klerikalismus dient so weniger einer Laienherrschaft als daß er die Kirche allein regieren will. Wann hat je ein anderer Papst in so kurzer Zeit so viele ihm mißliebige Kleriker in die Wüste geschickt?
Ehrlich gesagt, ich hätte nichts dagegen, am Samstag und am Pfingstmontag auch eine Feldmesse zu feiern! Als „Etranger“ hat man eh keine Chance, die Teilnahme an der Messe in den Gotteshäusern zu erleben, es sei denn, man ist Betreuer beim Kinderchapitre oder eben als Kind oder Fahnenträger.