Papst Franziskus schrieb an das pilgernde Volk Gottes in Nicaragua einen Brief, den wir vollständig dokumentieren. Das Verhältnis zwischen dem sandinistischen (sozialistischen) Regime und der katholischen Kirche in dem mittelamerikanischen Land ist seit Jahren schwer angespannt. Katholische Schulen, Universitäten, Radiosender, Zeitungen werden der Reihe nach geschlossen. Orden werden aufgehoben und die Ordensmitglieder des Landes verwiesen. Das Vermögen der aufgehobenen Einrichtungen wird vom Staat enteignet.
Priester und sogar Bischöfe werden unter fadenscheinigen Vorwänden verhaftet und vor Gericht gestellt. Fast ein Fünftel des nicaraguanischen Klerus mußte das Land verlassen und lebt heute im Exil. Drei von neun Bistümern haben keinen Bischof. Bis vor kurzem galt, daß Diktator Daniel Ortega nicht gut mit der Ortskirche in seinem Land auskomme, aber gute Kontakte zum Papst in Rom habe. Auch das änderte sich, als Ortega Bischof Rolando José Álvarez Lagos von Matagalpa verhaften und in einem Nacht-und-Nebelprozeß zu 26 Jahren Gefängnis verurteilen ließ. Bischof Álvarez befindet sich inzwischen, nach anderthalb Jahren Haft, im Exil in Rom.
Erst Mitte November wurde der Vorsitzende der Nicaraguanischen Bischofskonferenz, Msgr. Carlos Enrique Herrera Gutiérrez OFM, Bischof von Jinotega, Sohn nicaraguanischer Eltern, geboren in Managua, festgenommen, an die Grenze zu Guatemala gebracht und des Landes verwiesen. Wer sich über die Lage der verfolgten Kirche in Nicaragua informieren will, kann dies hier tun.
Im sogenannten Westen schweigt man meist zu den Ereignissen. Zu tief sitzen die Sympathien, die von der Neuen Linken in den 70er und 80er Jahren der sozialistischen Machtübernahme der Sandinisten und ihrem Führer Daniel Ortega entgegengebracht wurden.
Mit Blick auf das nahende Weihnachtsfest wandte sich Papst Franziskus nun direkt mit einem Schreiben an die Gläubigen in Nicaragua. Er geht darin mit keinem Wort direkt auf die Kirchenverfolgung durch die Sandinisten ein, sondern versucht den Menschen Mut zu machen. Hier der vollständige Wortlaut:
Brief des Heiligen Vaters Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Nicaragua
Was löst so viel Freude aus? Die Empfängnis Mariens
Liebe Brüder und Schwestern in Christus
der geliebten Kirche in Nicaragua:
Schon seit einiger Zeit wollte ich euch einen Hirtenbrief schreiben, um noch einmal die Zuneigung zu bekräftigen, die ich dem nicaraguanischen Volk entgegenbringe, das sich immer durch eine außergewöhnliche Liebe zu Gott ausgezeichnet hat, den ihr so liebevoll Papachú nennt. Ich bin mit euch, besonders in diesen Tagen, in denen ihr die Novene der Unbefleckten Empfängnis durchführt.
Vergeßt nicht die liebevolle Vorsehung des Herrn, der uns begleitet und der einzige sichere Führer ist. Gerade in den schwierigsten Momenten, wenn es menschlich unmöglich wird zu verstehen, was Gott von uns will, sind wir aufgerufen, nicht an seiner Fürsorge und Barmherzigkeit zu zweifeln. Das kindliche Vertrauen, das ihr zu ihm habt, und auch eure Treue zur Kirche sind die beiden großen Leuchtfeuer, die eure Existenz erhellen.
Seid gewiß, daß Glaube und Hoffnung Wunder wirken. Schauen wir auf die Unbefleckte Jungfrau, sie ist das leuchtende Zeugnis dieses Vertrauens. Ihr habt immer ihren mütterlichen Schutz in all euren Nöten erfahren und habt eure Dankbarkeit mit einer sehr schönen und geistig reichen Religiosität gezeigt. Eine der Formen der Hingabe und der Weihe, die die Freude, ihre Lieblingskinder zu sein, zum Ausdruck bringt, ist der süße Ausdruck: Was macht so viel Freude? Die Empfängnis Mariens!
Ich hoffe, daß dieses Fest der Unbefleckten Empfängnis, das uns auf die Eröffnung des Heiligen Jahres 2025 vorbereitet, euch die Ermutigung gibt, die ihr in euren Schwierigkeiten, Unsicherheiten und Nöten braucht. Vergeßt an diesem Fest nicht, euch in die Arme Jesu zu begeben mit dem Stoßgebet „Gott zuerst“, das ihr oft wiederholt.
Ich möchte euch meine Nähe und die Gewißheit vermitteln, daß ich unablässig zur seligen Jungfrau bete, um euch zu trösten und zu begleiten und euch in eurem Glauben zu bestärken. Ich möchte es mit Nachdruck sagen: Die Mutter Gottes hört nicht auf, für euch Fürsprache zu halten, und wir hören nicht auf, Jesus zu bitten, euch immer an der Hand zu halten.
Der gemeinsame Weg, getragen von unserer zärtlichen Verehrung Mariens, läßt uns beharrlich den Weg des Evangeliums gehen und führt uns dazu, unser Vertrauen in Gott zu erneuern. Ich denke dabei vor allem an das Rosenkranzgebet, bei dem wir jeden Tag die Geheimnisse des Lebens Jesu und Marias betrachten. Wie oft beziehen wir in die Geheimnisse des Rosenkranzes auch unser eigenes Leben ein, mit seinen Momenten der Freude und des Leids, des Lichts und der Herrlichkeit. Wenn wir den Rosenkranz beten, dringen diese Geheimnisse in die Intimität unseres Herzens ein, wo die Freiheit der Töchter und Söhne Gottes, die uns niemand nehmen kann, geborgen ist. Wie viele Gnaden erhalten wir durch den Rosenkranz, er ist ein mächtiges Gebet.
Ich vertraue euch dem Schutz der Unbefleckten Empfängnis an. Ihr habt sie als Mutter eures Volkes erwählt. Das ist es, was in diesem einfachen und zutiefst zuversichtlichen Schrei zum Ausdruck kommt: Maria von Nicaragua, Nicaragua von Maria. Möge sie die Mutter eures Volkes sein, die Mutter eures Volkes. Möge es so sein!
Liebe nicaraguanische Brüder und Schwestern, laßt uns zum Abschluß gemeinsam das Gebet beten, das ich für das Jubiläum geschrieben habe, und den Herrn bitten, uns den Frieden und alle Gnaden zu geben, die wir brauchen:
Vater im Himmel, der Glaube, den du uns an deinen Sohn Jesus Christus, unseren Bruder, geschenkt hast, und die Flamme der Nächstenliebe, die der Heilige Geist in unseren Herzen entzündet hat, erwecken in uns die selige Hoffnung auf das Kommen deines Reiches.
Deine Gnade verwandle uns in hingebungsvolle Pflanzer der Saat des Evangeliums, die die Menschheit und den Kosmos befruchtet, in der zuversichtlichen Erwartung des neuen Himmels und der neuen Erde, wenn nach der Überwindung der Mächte des Bösen deine Herrlichkeit für immer offenbart werden wird.
Möge die Gnade des Jubiläums in uns, den Pilgern der Hoffnung, die Sehnsucht nach den himmlischen Gütern neu entfachen und über die ganze Welt die Freude und den Frieden unseres Erlösers ausgießen.
Dir, dem ewig gesegneten Gott, sei Lob und Ehre in alle Ewigkeit. Amen.
In brüderlicher Verbundenheit
FRANZISKUS
Rom, St. Johannes im Lateran, 2. Dezember 2024
Vielleicht bringt er hier Gutes?
Hat diesen Brief der Papst selbst verfaßt? Er klingt zu fromm. Aber das Irritierendste: Der Papst, der sonst so gerne polemisiert, gegen Conservative, Traditonalisten, Rückwärtsgewandte, der so energisch gegen Donald Trump sich stellte, äußert nun kein einziges kritisches Wort gegen die die Kirche unterdrückende Regierung Nicaraguas!