Pfingsten 2009 und 2024: Benedikt XVI. und Franziskus im Vergleich

Zwei Predigten


Papst Franziskus am Pfingstsonntag 2024 im Petersdom
Papst Franziskus am Pfingstsonntag 2024 im Petersdom

Von José Arturo Quarracino*

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In sei­ner Pfingst­pre­digt 2009 bekräf­tig­te Bene­dikt XVI. die unver­brüch­li­che und untrenn­ba­re Ein­heit der drei Per­so­nen der Hei­li­gen Drei­fal­tig­keit, die gemein­sam han­deln, und daß der Hei­li­ge Geist die Heils­bot­schaft des Vaters und des Soh­nes und ihr schöp­fe­ri­sches und erlö­sen­des Han­deln in der Geschich­te fort­setzt.
In der Pfingst­pre­digt 2024 sprach der Bischof von Rom, nun­mehr Fran­zis­kus, jedoch vom Wir­ken des Gei­stes, ohne das Attri­but der Hei­lig­keit und ohne Bezie­hung zu den bei­den ande­ren gött­li­chen Per­so­nen, als einer unab­hän­gi­gen und auto­no­men Person.

Am Pfingst­sonn­tag, dem 31. Mai 20091, hielt Papst Bene­dikt XVI. die Pre­digt bei der von ihm im Peters­dom zele­brier­ten Mes­se, eine Pre­digt, die nichts von ihrer Aktua­li­tät ein­ge­büßt hat, denn er zeigt dar­in, daß durch das Wir­ken des Hei­li­gen Gei­stes – ein unge­stü­mer Wind­stoß, der das gan­ze Haus erfüll­te und sich in Form von Feu­er­zun­gen auf das Haupt jedes anwe­sen­den Jün­gers leg­te – die irdi­schen Gefähr­ten unse­res Herrn Jesus Chri­stus zu Apo­steln wur­den, d. h. zu Gesand­ten des Herrn, denen Er die Macht ver­lieh, in ver­schie­de­nen Spra­chen und Idio­men zu spre­chen und so die Prä­senz der Kir­che Chri­sti in der Welt zu verkünden.

In der oben erwähn­ten Pre­digt betont Bene­dikt, daß es Chri­stus selbst ist, der das wah­re Feu­er, das der Hei­li­ge Geist ist, der Geist des Vaters und des Soh­nes, der Got­tes Geschenk an das Men­schen­ge­schlecht ist, auf die Erde gebracht hat, und zwar auf dem „nor­ma­len“ Weg, der Sein ein­ge­bo­re­ner Sohn ist, der Sei­ner­seits die Kir­che als Sei­nen mysti­schen Leib gegrün­det hat, um Sei­ne feu­ri­ge Sen­dung in der Geschich­te fortzusetzen.

Damit die­ses gött­li­che Han­deln nicht auf ein blo­ßes ritu­el­les Geden­ken redu­ziert wird, son­dern auch heu­te ein Heils­er­eig­nis bleibt, rät Bene­dikt XVI. allen Gläu­bi­gen, sich dar­auf vor­zu­be­rei­ten, das Geschenk Got­tes in brü­der­li­cher Wie­der­ver­ei­ni­gung durch das Hören auf Sein Wort und das Gebet zu emp­fan­gen. Und um den Reich­tum die­ses gött­li­chen Geschenks voll zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, ver­an­kert der Hei­li­ge Vater das christ­li­che Pfingst­fest in der Theo­pha­nie Got­tes auf dem Berg Sinai (Ex 19,16–19 und Dtn 4,10–12,36), um schließ­lich zu beto­nen, daß „Jesus Chri­stus nicht die Lebens­kraft ‚auf die Erde gebracht‘ hat, die schon da war, son­dern den Hei­li­gen Geist, das heißt die Lie­be Got­tes, die ‚das Ant­litz der Erde erneu­ert‘, indem sie es vom Bösen rei­nigt und von der Herr­schaft des Todes befreit“. In die­sem Sin­ne ist das christ­li­che Pfingst­fest der gött­li­che Impuls, der die Kir­che zur Fort­füh­rung des Erneue­rungs­werks Chri­sti macht.

In sei­ner Pre­digt am Pfingst­sonn­tag, dem 19. Mai 20242, spricht Papst Berg­o­glio zunächst über das Wir­ken des Gei­stes in uns, das stark und sanft ist. Er bekräf­tigt ihn als Geist (ohne Hei­lig­keit), los­ge­löst von sei­ner untrenn­ba­ren Ver­bin­dung mit Jesus Chri­stus (!!!). Und dann betont er, daß die Gläu­bi­gen auf­grund die­ser Begeg­nung mit dem Geist im Abend­mahls­saal „ein­ge­la­den“ 3 sind, den ande­ren das Evan­ge­li­um zu ver­kün­den. An die­ser Stel­le erfin­det Don Jor­ge Mario, wie schon in frü­he­ren „Exege­sen“, den Text und läßt ihn sagen, was er nicht sagt, denn die Bibel­stel­le besagt klar und deut­lich, daß die Apo­stel unmit­tel­bar nach der Her­ab­kunft des Hei­li­gen Gei­stes began­nen, außer­halb des Abend­mahls­saals und in ver­schie­de­nen Spra­chen „die Wun­der Got­tes zu ver­kün­den“, was die­je­ni­gen, die ihnen zuhör­ten, in Erstau­nen ver­setz­te. Wie in meh­re­ren Stel­len des Alten Testa­ments lädt der Hei­li­ge Geist in die­sem Fall nicht ein, son­dern ergreift den Gläu­bi­gen und drängt ihn, auf Mis­si­on zu gehen.
Dann erfin­det Fran­zis­kus noch wei­ter und läßt den Text sagen, was er nicht sagt, denn er behaup­tet, daß der­je­ni­ge, der „vom Geist gestärkt“ wird, nicht in die Welt hin­aus­geht, um „von den Wun­dern Got­tes zu spre­chen“, son­dern um „von Frie­den zu denen zu spre­chen, die Krieg wol­len, von Ver­ge­bung zu denen zu spre­chen, die Rache wol­len, vom Leben zu denen zu spre­chen, die den Tod wäh­len, von Respekt zu denen zu spre­chen, die ger­ne demü­ti­gen, belei­di­gen und ver­wer­fen, von Treue zu denen zu spre­chen, die alle Bin­dun­gen ver­leug­nen“, usw. usw. usw.
Mit ande­ren Wor­ten: Der „vom Geist besuch­te“ Mis­sio­nar des Bischofs von Rom ver­kün­det nicht Chri­stus, son­dern ist ein Phil­an­throp, ein Sai Baba4 oder ein „katho­li­scher“ Deepak Chop­ra5. Und er ist „uni­ver­sa­li­stisch“ im Sin­ne, daß er „alle, alle, alle“ auf­nimmt, was im Wider­spruch zu Jesus Chri­stus steht, der den Apo­steln ein­deu­tig befiehlt, in die Welt zu gehen und Sein Evan­ge­li­um zu ver­kün­den, indem sie im Namen der Hei­li­gen Drei­fal­tig­keit tau­fen, was kei­nes­wegs bedeu­tet, alle, alle, alle in die Kir­che zu holen, denn die Kir­che ist dazu beru­fen, das Feu­er des drei­fal­ti­gen Got­tes in die Welt zu brin­gen und nicht, alle, alle, alle in die Kir­che ein­zu­schlie­ßen. Der Unter­schied ist offensichtlich.

Es ist kein Zufall, daß Fran­zis­kus in die­sem Rah­men oder Kon­text nur ein­mal Jesus erwähnt und kein ein­zi­ges Mal Chri­stus. Es ist auch kein Zufall, daß er den Hei­li­gen Geist nur vier­mal erwähnt, den Geist aber 13 Mal. Und daß er ihn bei die­sen vier Erwäh­nun­gen nie im Zusam­men­hang mit unse­rem Herrn Jesus Chri­stus erwähnt.

Schlußfolgerung

Bei der Lek­tü­re bei­der Pre­dig­ten wird deut­lich, daß Bene­dikt XVI. in sei­ner Pfingst-Exege­se der bibli­schen Offen­ba­rung ein­deu­tig treu ist, wäh­rend Fran­zis­kus wie­der ein­mal die zen­tra­le Prä­senz Jesu Chri­sti ver­nach­läs­sigt und igno­riert und nur das auto­no­me Wir­ken des (manch­mal hei­li­gen) Gei­stes in einem the­ra­peu­ti­schen oder phil­an­thro­pi­schen Sinn betont und her­vor­hebt, er trennt und distan­ziert sich von den kano­ni­schen Evan­ge­li­en, um sein eige­nes „Evan­ge­li­um“ zu „schrei­ben“, das den Ohren von Baro­ness Lynn Fore­ster de Roth­schild und Geor­ge Sor­os gefällt.

José Arturo Quar­ra­ci­no, eme­ri­tier­ter Pro­fes­sor der Phi­lo­so­phie an der Uni­ver­si­dad del Sal­va­dor in Bue­nos Aires, Nef­fe von Kar­di­nal Anto­nio Quar­ra­ci­no, der als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires und Pri­mas von Argen­ti­ni­en den Auf­stieg des Jesui­ten­pa­ters Jor­ge Mario Berg­o­glio mög­lich machte.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: vati​can​.va (Screen­shot)


1 Eucha­ri­stie­fei­er am Hoch­fest Pfing­sten, Pre­digt von Bene­dikt XVI., Peters­dom, Sonn­tag, 31. Mai 2009.

2 Hei­li­ge Mes­se am Hoch­fest Pfing­sten, Papst­mes­se, Pre­digt des Hei­li­gen Vaters Fran­zis­kus, Peters­dom, Sonn­tag, 19. Mai 2024.

3 In den Evan­ge­li­en­tex­ten, die von der Zeit vor dem Pfingst­er­eig­nis berich­ten, wird deut­lich, daß Jesus die Jün­ger nicht ein­lädt, son­dern ihnen befiehlt, sanft, aber bestimmt zugleich. Es han­delt sich in der Tat um eine zwin­gen­de Auf­for­de­rung, denn Jesus und die Gläu­bi­gen befin­den sich nie auf der­sel­ben Ebe­ne. In die­sem Sin­ne dür­fen wir nicht ver­ges­sen, daß Jesus in der Tat der Freund des Men­schen ist, aber nicht, weil Er sanft und freund­lich ist und den Men­schen „gut“ behan­delt, son­dern weil Er Sein Leben hin­ge­ge­ben und sich dem Tod hin­ge­ge­ben hat, um die mensch­li­che Sün­de zu erlö­sen, was Er gar nicht hät­te tun müssen.

4 Indi­scher Guru.

5 Ein im Westen ver­ehr­ter guru­ähn­li­cher hin­du­isti­scher Autor.

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