Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Für gestern waren deutschlandweit Segensfeiern angekündigt, zu denen auch homosexuell empfindende Menschen, die in Beziehungen leben, eingeladen waren. Allerdings nicht ausschließlich solche, sondern auch Paare, die aus anderen Gründen nicht kirchlich heiraten können. Im Hinblick auf die Beziehungen zweier Männer oder Frauen, die unter Einbezug einer sexuellen, gleichgeschlechtlich orientierten Motivation zusammenleben, hat die Glaubenskongregation jüngst nochmals erklärt, zu einer Segnung derartiger Partnerschaften habe die Kirche keine Vollmacht.
Gero P. Weishaupt hat dankenswerterweise in einem CNA-Interview „Das ist keine Erfindung des Katechismus“ dargestellt, welche Konsequenzen eine Übertretung dieses Verbots aus seiner Sicht als Kirchenrechtler zeitigen müsste und insbesondere die anschließende Behauptung des bekannteren Münsteraner Kanonisten Thomas Schüller zurückgewiesen, die Bischöfe hätten in dieser Sache ein sogenanntes Remonstrationsrecht, das sogar das Recht einschließe, die Bestimmungen, deren Abänderung sie anregen könnten, bis zu einer etwaigen, tatsächlichen Änderung zwischenzeitlich in ihren jeweiligen Jurisdiktionsbereichen nicht anwenden zu müssen. Kathnews stellt seinen Lesern dieses Interview Weishaupts unter verändertem Titel nochmals zur Verfügung „Mit solchen Pseudosegnungen macht man den Leuten etwas vor“. Leider hat Weishaupt darauf verzichtet, Schüller ebenfalls auf katholisch.de entgegenzutreten, wo dieser sich geäußert hat.
Beim Mittagsgebet des Regina Caeli vor zwei Tagen ging der Heilige Vater nun ausgehend von dem von ihm zugrundegelegten Gleichnis vom Weinstock und den Rebzweigen im 15. Kapitel des Johannesevangeliums sogar auf die Thematik Liebe und falsche Lieben ein, sprach dabei aber bezeichnenderweise nicht über die menschliche Sexualität und mögliche ihrer Zerrformen, sondern über Geld, Erfolg und Selbstsucht. Auch in den Grußworten, die auf das Gebet und den Segen des Papstes folgten, wandte dieser sich nicht an Deutschland oder formulierte eine Mahnung, von für gestern angekündigten Segensfeiern für Zweierbeziehungen von homosexuell empfindenden Personen Abstand zu nehmen.
Papst spricht sich für zivilrechtliche Eingetragene Partnerschaften aus
Es ist bekannt und kann nicht als missverständliche Äußerung erklärt werden, dass der Heilige Vater sich innerhalb des staatlichen Bereichs eindeutig zugunsten der Möglichkeit zivilrechtlicher Eingetragener Partnerschaften ausgesprochen hat, die auch zwei Personen gleichen Geschlechts offenstehen.
Unbestreitbar widerspricht Franziskus damit ausdrücklich einer Weisung der Glaubenskongregation von 2003 Aus aktuellem Anlass, worin katholische Politiker die Orientierung erhielten, sich gegen die Schaffung solcher rechtlicher Regelungen einzusetzen, sich jedenfalls in keiner Form dafür auszusprechen. Diese damalige Stellungnahme der Glaubenskongregation sah freilich den Fall vor, dass es in einem Staat momentan keine Möglichkeit gebe, solche gesetzlichen Bestimmungen gänzlich zu verhindern oder, wo sie bereits bestehen, sie wieder abzuschaffen. Nachdem es mittlerweile in nahezu allen westlichen Staaten sogar die Ehe für alle gibt, kann man die Position des regierenden Papstes zumindest so verstehen: Er ist gegen eine Zivilehe, für die die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehepartner zwar weiterhin möglich, aber nicht mehr unabdingbare Voraussetzung ist, spricht sich aber für Partnerschaften aus, die auch zwei Männer oder Frauen zivilrechtlich eintragen lassen können.
Franziskus nicht insgeheim doch für Segensfeiern
Man sollte das bis zum Beweis des Gegenteils nicht so verstehen, dass Franziskus insgeheim doch auch für Segensfeiern sei, in denen die Beziehungen Homosexueller, die (möglicherweise) nicht enthaltsam leben (wollen), gesegnet werden.
Allerdings hat der Heilige Vater am Sonntag die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen, praktizierte Homosexualität als ein Beispiel missverstandener oder falscher Liebe anzusprechen. Was ist nun, wenn nach den gestrigen Segensfeiern die von Gero P. Weishaupt skizzierten kirchenrechtlichen Konsequenzen, die er und andere erwarten, ausbleiben?
Ein Humanae-Vitae-Effekt ist zu befürchten. Damit ist nichts gegen die Lehre dieser Enzyklika Papst Pauls VI. gesagt, aber sie wurde von Anfang an und wird weiterhin nur von einer Minderheit von Katholiken akzeptiert und umgesetzt. Ähnlich hat Johannes Paul II. die weitere Diskussion um die Frauenordination 1994 zwar untersagt, aber damit gerade nicht beendet. Auf einer gewissen Ebene funktioniert der klassische Gehorsamsmechanismus des Lehramtes nicht mehr, und dementsprechend können Dokumente wie Humanae Vitae, Ordinatio sacerdotalis oder jetzt das Responsum der Glaubenskongregation sogar kontraproduktiv sein. Wer bitte von den Theologen und sogar Bischöfen, die seit 1994 Ordinatio sacerdotalis fortgesetzt widersprechen (laut Gero P. Weishaupt müsste bereits das den Tatbestand des Schismas verwirklichen) und – über den Etappenschritt eines Diakonats vermittelt – auf eine Änderung dieser Lehre und Praxis hinarbeiten, wurde denn bis jetzt mit einer gerechten Strafe belegt, die Exkommunikation nicht ausgenommen?
Nachdem sich Papst Franziskus am Sonntag nicht im Vorfeld an die Kirche in Deutschland gewandt hat, erwarte ich auch nach dem gestrigen Aktionstag nicht plötzlich etwas anderes.
Bild: Vatican Media/Youtube (Screenshot)