
Der vorliegende Text ist der leicht überarbeitete und mit Anmerkungen versehene Hauptteil eines Briefs an den Bischof von Erfurt, Dr. Ulrich Neymeyr.
Von Gottfried Paschke
Exzellenz,
sehr geehrter Herr Bischof Dr. Neymeyr!
Kürzlich veröffentlichten die deutschen Bischöfe die Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“.1 Sie wurde einstimmig beschlossen2, also auch mit Ihrer Stimme.
Mit dieser Erklärung stellen sich die Bischöfe ein Armutszeugnis aus. Theologisch wie auch geschichtswissenschaftlich ist das Pamphlet unhaltbar. Ferner ist es beschämend, daß und wie sich der deutsche Episkopat den weltlichen Machthabern und den medialen Manipulierern anbiedert, unterwirft und zu beider Handlanger macht. Er beteiligt sich am Versuch, eine mißliebige Partei aus- und die Bevölkerung gleichzuschalten. Die Hirten heulen mit den Wölfen und mißhandeln ihre Herde. Was Sie und Ihre Amtsbrüder vollführen, ist nicht nur Amtspflichtverletzung, sondern auch Verrat am Hirtenamt, an der Kirche und vor allem an ihrem Haupt.
Im Interview vom 15. Dezember letzten Jahres, das der MDR mit Ihnen führte3, beklagen Sie Spaltung und Unfrieden in der Gesellschaft. Aber die Bischöfe selbst tragen kräftig dazu bei, indem sie die linken Rufmordparolen gegen die AfD wiederkäuen und verstärken. Sie politisieren die Kirche und stigmatisieren einen Teil der Gläubigen. Sie biegen sich katholische Glaubens- und Lehrinhalte so zurecht, daß sie damit eine politische Partei dämonisieren können. Katholiken, die mit der AfD sympathisieren, ihr angehören, in ihr aktiv sind oder für sie ein öffentliches Amt übernehmen, werden von ihren Bischöfen mit informeller Exkommunikation bedroht.
Im angesprochenen Interview beklagen Sie ferner, daß man politische Fragen nur noch unter seinesgleichen diskutiere, „daß man also nicht mehr in der Lage ist, auch über die politischen Fragen, die einen bewegen, in Ruhe und sachlich miteinander zu reden“. Kann man solche Worte ernst nehmen? Weint da vielleicht jemand Krokodilstränen? Denn zum einen sind doch Sie und Ihre Amtsbrüder für ebendiese Situation mitverantwortlich. Mit ihrer Anti-AfD-Erklärung und Äußerungen wie denen, die Sie im MDR-Interview von sich geben, gießen die Bischöfe Öl ins Feuer. Sie sind politische Brandbeschleuniger. Nachdem sie durch den apostatischen „synodalen Weg“ die Spaltung der Kirche vorangetrieben haben und dies immer noch tun, betätigen sie sich nun auch noch als Spalter der Gesellschaft. Des weiteren kann man Ihre Klage über den Mangel an Gesprächsbereitschaft zwischen Menschen mit verschiedenen politischen Ansichten kaum ernst nehmen, weil die Bischöfe diese Gesprächsbereitschaft selber nicht aufbringen. Die Bischöfe reden über die AfD, aber nicht mit ihr. Warum beispielsweise fordern Sie nicht Björn Höcke zu einem öffentlichen Streitgespräch Mann gegen Mann auf? Warum gehen die Bischöfe nicht auf die AfD zu und bieten ihr einen echten Dialog an? Aus sicherer Entfernung und aus opportunistischem Kalkül auf anderen herumhacken kann jeder.
Geradezu perfide sind Ihre Äußerungen über die Verhängung von Sanktionen gegen Katholiken, die sich ehrenamtlich in der Katechese engagieren oder als Religionslehrer arbeiten oder arbeiten wollen, aber AfD-affin oder Mitglieder dieser Partei sind. Den Religionslehrern drohen Sie an, die Missio canonica jedenfalls dann zu verweigern oder zu entziehen, wenn sie AfD-Funktionäre sind oder für die AfD ein politisches Mandat erlangt haben. Sie drohen also Gläubigen mit Berufsverbot. Von der Sache her ist das nicht zu rechtfertigen. Die AfD bekennt sich ausdrücklich zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, wie er im Grundgesetz angelegt ist. Wohl ist sie keine christliche Partei und hat nicht zu übersehende Schattenseiten, aber ein Vergleich der im Bundestag vertretenen Parteien unter dem Gesichtspunkt der Orientierung an christlichen Grundwerten fällt klar zugunsten der AfD aus. Bei den Unionsparteien muß man nach dem „C“ inzwischen mit dem Mikroskop suchen. Die übrigen Parteien verfolgen sogar eine ausgesprochen antichristliche Politik. Das christliche Fundament Deutschlands ist ihnen ein Dorn im Auge. Man arbeitet an seiner Zerstörung. Genannt seien nur die Stichworte Genderideologie, Ehe- und Familienbegriff, Frühsexualisierung, Abtreibung, Euthanasie. Hier sind, nebenbei bemerkt, die gegen die AfD so lautstark auftretenden Bischöfe auffallend kleinlaut. Was ist Ihre Erklärung für diese Einseitigkeit?
Mit Ihren Sanktionsdrohungen überschreiten Sie Ihre Kompetenzen. Sie haben nicht das Recht, Katholiken durch Androhung oder Verhängung von Strafen zu politischem Wohlverhalten zu zwingen. Sie dürfen es nicht einmal versuchen. Das gilt insbesondere für Ihre Ankündigung, Religionslehrer mit Berufsverbot zu belegen, wenn sie nicht der verordneten politischen Linie folgen. Sie sind Bischof der römisch-katholischen Kirche, Herr Dr. Neymeyr, nicht Politkommissar einer übergriffigen Staatsmacht.
Nutzen Sie, Herr Bischof Neymeyr, die Fastenzeit, um über das alles gründlich nachzudenken. Μετανοεῖτε!4
Mit besorgten, aber freundlichen Grüßen
Bild: Wikicommons/Tobias Nordhausen/SajoR
1 https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2024/2024–023a-Anlage1-Pressebericht-Erklaerung-der-deutschen-Bischoefe.pdf.
Aufgerufen am 8.3.2024.
2 https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2024/2024–023-FVV-Augsburg-Pressebericht.pdf. Darin: Punkt 4 („Fragen zur Zukunft der Demokratie im Wahljahr 2024“), fünfter Absatz.
Aufgerufen am 10.3.2024.
3 https://www.mdr.de/barrierefreiheit/podcast-wahlkreis-ost-dreiundfuenfzig-100.html.
Aufgerufen am 9.3.2024.
4 Das griechische Wort „Μετανοεῖτε“ (lies: „Metanoeite“) ist Mk 1,15 entnommen und bedeutet „Kehrt um“, „Bekehrt euch“.