Erzdiözese Westminster: Kein Ostern mehr im überlieferten Ritus

Die Begründung von Kardinal Nichols: Er müsse "das Gesamtbild berücksichtigen"


Kardinal Nichols sprach ein Verbot für den überlieferten Ritus während der drei heiligen Tage aus
Kardinal Nichols sprach ein Verbot für den überlieferten Ritus während der drei heiligen Tage aus

(Lon­don) Im Kampf gegen den über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus wur­de von Kar­di­nal Vin­cent Nichols, dem Erz­bi­schof von West­min­ster und Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz von Eng­land und Wales, für sei­ne Diö­ze­se die Fei­er des Hei­li­gen Tri­du­ums im tra­di­tio­nel­len Ritus ver­bo­ten. Der Vor­stoß wiegt dop­pelt schwer, da für Eng­land bis­her der Aga­tha-Chri­stie-Indult von 1971 galt. Papst Fran­zis­kus mach­te das Ver­bot jedoch möglich.

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Mit dem Tri­du­um sind die Lit­ur­gien von Grün­don­ners­tag, Kar­frei­tag, der Oster­nacht und des Oster­sonn­tags gemeint, also die bedeu­tend­sten Feste im Kir­chen­jahr. Genau die­sen Höhe­punkt, auf den das gan­ze christ­li­che Leben hin­strebt, nahm nun der Pri­mas von Eng­land den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen weg, obwohl deren Fest­hal­ten an der Zele­bra­ti­on vor dem Novus Ordo Mis­sae viel wei­ter zurück­reicht als auf dem Fest­land. Doch alle Geneh­mi­gun­gen der frü­he­ren Päp­ste, in die­sem Fall von Paul VI., garan­tie­ren in der heu­ti­gen Kir­che kei­ne Rechts­si­cher­heit mehr.

Papst Fran­zis­kus schrieb in sei­nem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des, daß damit alle anders­lau­ten­den frü­he­ren Bestim­mun­gen auf­ge­ho­ben sind. Er mach­te tabu­la rasa. Es ist allein ein­zel­nen Orts­bi­schö­fen geschul­det, wenn die­se den­noch Groß­zü­gig­keit wal­ten las­sen. San­ta Mar­ta gab ihnen die Instru­men­te in die Hand, den über­lie­fer­ten Ritus abzuwürgen.

Das Erz­bis­tum West­mi­ni­ster zählt ins­ge­samt rund 450.000 Katho­li­ken, das sind neun Pro­zent der Gesamt­be­völ­ke­rung. In der Diö­ze­se wer­den den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken bereits für das kom­men­de Oster­fest die Lich­ter abge­dreht. Er müs­se „das Gesamt­bild berück­sich­ti­gen“, so Kar­di­nal Nichols, für das eine Rück­sicht­nah­me auf die Tra­di­ti­on nicht mehr mög­lich oder ange­mes­sen zu sein scheint. Er wis­se, daß er mit die­ser Ent­schei­dung „eini­ge Men­schen ent­täu­schen“ wer­de, aber auf­grund nicht näher genann­ter Not­wen­dig­kei­ten, kön­ne er nicht anders handeln.

Erst­mals seit dem Motu pro­prio Eccle­sia Dei von 1988 wird es in der bevor­ste­hen­den Kar­wo­che und dem Oster­fest in der Diö­ze­se West­min­ster daher kei­ne Zele­bra­tio­nen im über­lie­fer­ten Ritus mehr geben. Der Aga­tha-Chri­stie-Indult bezog sich zwar auf die Lit­ur­gie­re­form von 1965, stell­te aber sicher, daß in Eng­land – eine abso­lu­te Aus­nah­me, die berühm­ten Bitt­stel­lern wie Aga­tha Chri­stie zu ver­dan­ken war – nie die revo­lu­tio­nä­re Lit­ur­gie­re­form von 1969, der Novus Ordo Mis­sae, gefei­ert wer­den muß­te. Nun fällt auch die­ser letz­te wei­ße Fleck auf der Land­kar­te, der bis­her auf eine lit­ur­gi­sche Kon­ti­nui­tät ver­wei­sen konnte.

Der Meß­ort im über­lie­fer­ten Ritus war in dem Erz­bis­tum bis­her die Kir­che St. Mary Moor­fields. Am 23. Febru­ar erhielt der dor­ti­ge Prie­ster Micha­el Cul­linan die Mit­tei­lung von Kar­di­nal Nichols, daß er wegen einer „umfas­sen­de­ren Rege­lung“ für die Erz­diö­ze­se die hei­li­gen drei Tage nicht mehr im über­lie­fer­ten Ritus zele­brie­ren darf.

Die Latin Mass Socie­ty of Eng­land and Wales zeig­te sich in einer Erklä­rung vom 27. Febru­ar „betrübt“ über die­se Anwei­sung. Den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken sei­ner Diö­ze­se ver­weh­re der Erz­bi­schof die Mög­lich­keit „an den wich­tig­sten lit­ur­gi­schen Tagen des Jah­res“ am über­lie­fer­ten Ritus teilzunehmen.

Zur Begrün­dung führt Kar­di­nal Nichols an, sei­ne Ent­schei­dung gemäß „den vom Hei­li­gen Stuhl fest­ge­leg­ten Para­me­tern“ getrof­fen zu haben. Ohne es zu nen­nen, beruft sich der Erz­bi­schof damit auf das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des. Offen­sicht­lich dau­er­te es mehr als zwei Jah­re, bis der Kar­di­nal des­sen „Reich­wei­te“ erkann­te, da noch in den Jah­ren 2022 und 2023 das Hei­li­ge Tri­du­um im über­lie­fer­ten Ritus zele­briert wer­den konn­te, obwohl Tra­di­tio­nis cus­to­des bereits in Kraft war.

Pein­lich berührt die eng­li­schen Katho­li­ken, daß der Kar­di­nal im Zuge sei­nes Ver­bots angibt, „auf die Ent­schei­dung des Hei­li­gen Stuhls zu war­ten, wel­che Pfarr­kir­che, wenn über­haupt, für die Fei­er der Mes­se nach dem Mis­sa­le vor der Reform von 1970 ver­wen­det wer­den kann“.

Rom will im Zuge der „Syn­oda­li­tät“ die Kir­che „dezen­tra­li­sie­ren“, sodaß die ein­zel­nen Bischö­fe eigen­stän­dig dar­über ent­schei­den kön­nen, ob sie wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zur Kom­mu­ni­on oder Homo-Paa­re zur „Seg­nung“ zulas­sen oder in Zukunft gar, ob sie Dia­ko­nin­nen und ver­hei­ra­te­te Prie­ster ein­füh­ren möch­ten, aber der Pri­mas von Eng­land war­tet „auf die Ent­schei­dung von Rom“, ob und wo in sei­ner Diö­ze­se der Grün­don­ners­tag und die Oster­nacht im über­lie­fer­ten Ritus zele­briert wer­den dürfen.

Um genau zu sein, woll­te Nichols bereits im Vor­jahr die Zele­bra­ti­on ver­bie­ten, ruder­te nach einer an ihn gerich­te­ten Peti­ti­on aber zurück. Der Erfolg war jedoch von kur­zer Dau­er. Tra­di­tio­nel­le Katho­li­ken sehen sich den will­kür­li­chen Lau­nen ihrer Ober­hir­ten ausgeliefert.

Nichols hat den über­lie­fer­ten Ritus schon län­ger im Wür­ge­griff: 2022 sprach er das Ver­bot aus, die Fir­mung in sei­ner Diö­ze­se im über­lie­fer­ten Ritus zu spen­den; 2023 been­de­te er die seit 50 Jah­ren gefei­er­te alt­ri­tu­el­le Aller­see­len­mes­se der Latin Mass Socie­ty in der Kathe­dra­le von Westminster.

Das Ver­bot des Tri­du­ums im über­lie­fer­ten Ritus stellt bereits den drit­ten Schlag im Kampf gegen den alten Ritus dar, des­sen Brand­fackel Fran­zis­kus mit Tra­di­tio­nis cus­to­des in die Diö­ze­sen der gan­zen Welt hinaustrug.

Joseph Shaw, der Vor­sit­zen­de der Latin Mass Socie­ty, zeig­te sich besorgt über die anste­hen­de Ent­schei­dung des römi­schen Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung. Die­ses vom erklärt tra­di­ti­ons­feind­li­chen eng­li­schen Kar­di­nal Arthur Roche gelei­te­te Dik­aste­ri­um gab bereits zu ver­ste­hen, daß es den über­lie­fer­ten Ritus schritt­wei­se abschaf­fen will. Den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen, so das bis­her ein­zi­ge Zuge­ständ­nis, sol­le jedoch seel­sorg­li­che Betreu­ung ange­bo­ten wer­den. Damit scheint man eine Art „psy­cho­lo­gi­scher Betreu­ung“ zu mei­nen, mit dem den Gläu­bi­gen über das zuerst zuge­füg­te Trau­ma des Lit­ur­gie­ver­bots hin­weg­ge­hol­fen wer­den soll.

Ähn­li­che Angrif­fe gegen den über­lie­fer­ten Ritus wer­den auch aus den USA berich­tet. In der Kathe­dra­le von Austin wird des­sen Zele­bra­ti­on mit dem kom­men­den Josephs­fest am 19. März ein­ge­stellt, obwohl an den Hei­li­gen Mes­sen jeden Sonn­tag zwi­schen 600 und tau­send Gläu­bi­ge teil­neh­men. Die Ent­schei­dung erfolg­te, wie Edward Pen­tin vom Natio­nal Catho­lic Regi­ster anmerk­te, nach­dem Kar­di­nal Bla­se Cupich, der Erz­bi­schof von Chi­ca­go und Wort­füh­rer der Berg­o­glia­ner in den USA, nach sei­ner Rück­kehr von der Voll­ver­samm­lung des Got­tes­dienst­dik­aste­ri­ums am 6. Febru­ar in Rom erklärt hat­te, die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus „ver­ar­me“ die Kirche.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Natio­nal Catho­lic Regi­ster (Screen­shot)

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