(Rom) Erstmals seit der Veröffentlichung der umstrittenen Erklärung Fiducia supplicans durch das Dikasterium für die Glaubenslehre nahm Papst Franziskus offiziell dazu Stellung und denkt nicht daran, das Dokument zurückzunehmen oder abzuändern.
Anlaß für seine Äußerungen war seine Ansprache im Rahmen der Audienz, die er am vergangenen Freitag den Teilnehmern der Vollversammlung des Glaubensdikasteriums gewährte.
Mit anderen Worten: Franziskus sprach zu den Vertretern jener römischen Behörde, von der Fiducia supplicans erlassen wurde. In der ersten Reihe neben dem Papst saß daher Kardinal Victor Manuel „Tucho“ Fernández, der Augapfel von Franziskus und Präfekt dieses Dikasteriums. Falls es jemand gab, der sich von Franziskus eine Ermahnung an Kardinal Fernández erwartet hatte, zumindest einen Rüffel für dessen Vergangenheit als Porno-Autor, wurde nicht nur enttäuscht, sondern eines Besseren belehrt.
Franziskus ging mit keinem Wort auf die mit Nachdruck aus allen Erdteilen vorgebrachte Kritik an Fiducia supplicans ein. Er ignorierte alle Einwände und Rücktrittforderungen, die Tucho Fernández erreichen. Franziskus hält an dem umstrittenen Dokument fest und stärkt seinem Lieblings-Protegé den Rücken. Allein damit war zu rechnen. Die große Revolution im Bereich der Morallehre wurde von Franziskus, wie auch schon zuvor von Fernández, heruntergespielt nach dem Motto: Es sei, wenn überhaupt, bestenfalls ein Revolutiönchen, aber eigentlich nicht einmal das, sondern eine ganz harmlose Kleinigkeit. Und überhaupt trüge der Schein, denn es sei alles nicht so, wie es scheint.
Wörtlich sagte Franziskus:
„In diesem Kontext der Evangelisierung erwähne ich auch die jüngste Erklärung Fiducia supplicans. Die Absicht der ‚pastoralen und spontanen Segnungen‘ ist es, die Nähe des Herrn und der Kirche zu all jenen konkret zu zeigen, die sich in verschiedenen Situationen befinden und um Hilfe bitten, um ihren Glaubensweg fortzusetzen – manchmal auch zu beginnen. Ich möchte kurz zwei Dinge hervorheben: erstens, daß diese Segnungen, außerhalb jedes liturgischen Zusammenhangs und jeder liturgischen Form, keine moralische Vollkommenheit voraussetzen, um empfangen zu werden; zweitens, daß, wenn ein Paar spontan um den Segen bittet, nicht die Verbindung gesegnet wird, sondern einfach die Menschen, die gemeinsam darum gebeten haben. Nicht der Bund, sondern die Personen, natürlich unter Berücksichtigung des Kontextes, der Sensibilität, der Orte, an denen sie leben, und der angemessensten Art und Weise, dies zu tun.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)