Argentiniens neuer Präsident lädt Papst Franziskus zum Besuch seiner Heimat ein

In Santa Marta ist man wenig erfreut


Javier Milei ist bereits der vierte Präsident Argentiniens, seit der Wahl von Papst Franziskus. Doch auch unter ihm zeichnet sich kein Papstbesuch am Rio de la Plata ab.
Javier Milei ist bereits der vierte Präsident Argentiniens, seit der Wahl von Papst Franziskus. Doch auch unter ihm zeichnet sich kein Papstbesuch am Rio de la Plata ab.

(Bue­nos Aires) Argen­ti­ni­ens neu­er Staats- und Regie­rungs­chef Javier Milei hat Papst Fran­zis­kus offi­zi­ell zu einem Besuch sei­ner Hei­mat ein­ge­la­den. Milei, der am ver­gan­ge­nen 10. Dezem­ber ver­ei­digt wur­de, beton­te, daß Fran­zis­kus natür­lich „kei­ne Ein­la­dung braucht, um in sein gelieb­tes Argen­ti­ni­en zu kom­men“, den­noch unter­zeich­ne­te er zugleich eine for­mel­le Ein­la­dung, um sei­nen Wunsch zu unter­strei­chen. In Rom ist man dar­über weni­ger erfreut.

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Papst Fran­zis­kus, der am 16. Dezem­ber 1936 in Argen­ti­ni­en gebo­ren wur­de und abge­se­hen von einer kur­zen Unter­bre­chung bis zu sei­ner Wahl zum Papst dort gelebt hat­te, macht seit bald elf Jah­ren einen son­der­ba­ren Bogen um sein Heimatland.

Milei äußer­te zusam­men mit der Ein­la­dung auch die Hoff­nung, daß ein Papst­be­such „allen Argen­ti­ni­ern Früch­te des Frie­dens und der Brü­der­lich­keit brin­gen wird“.

Zugleich dank­te das neue argen­ti­ni­sche Staats­ober­haupt, das im ver­gan­ge­nen Jahr über­ra­schend die Vor­wah­len und dann auch die Prä­si­dent­schafts­wah­len gewon­nen hat­te, dem Papst für sei­nen Tele­fon­an­ruf kurz nach der Wahl. Die von Fran­zis­kus damals geäu­ßer­ten Wün­sche, der neue Prä­si­dent möge „Mut und Weis­heit“ haben, wis­se er zu schät­zen, so Milei.

Etwas gewag­ter war Mileis Aus­sa­ge, der päpst­li­che Tele­fon­an­ruf habe ihn in der Über­zeu­gung bestärkt, „daß es drin­gend not­wen­dig ist“, die aktu­el­le Situa­ti­on, in der sich Argen­ti­ni­en befin­det, „zu ver­än­dern, um Frie­den und Wohl­stand“ sicher­zu­stel­len. Zudem beton­te er in sei­ner Ein­la­dung an Fran­zis­kus, daß er unter „Berück­sich­ti­gung Ihres Rates“ bereits eine Rei­he von Maß­nah­men ergrif­fen habe, um die Pro­ble­me, an denen Argen­ti­ni­en „seit Jahr­zehn­ten lei­det“, zu über­win­den. Er sehe, so Milei, sei­ne Prio­ri­tät dar­in, „unse­re schwäch­sten Lands­leu­te zu schützen“.

Zum Zeit­punkt von Mileis Amts­an­tritt leb­ten 44,7 Pro­zent unter­halb der Armuts­gren­ze und fast zehn Pro­zent in Bedürf­tig­keit. Dar­an wird der neue Prä­si­dent gemes­sen werden.

Einen mög­li­chen Besuch von Fran­zis­kus stell­te er in den Kon­text, „Spal­tun­gen und Kon­flik­te“ im Land „zu über­win­den“, um die „lang ersehn­te Ein­heit“ zu erreichen.

Die Apo­sto­li­sche Nun­tia­tur bestä­tig­te den Erhalt der Ein­la­dung mit einer höf­li­chen Note. Jen­seits der diplo­ma­ti­schen Gepflo­gen­hei­ten über­wie­gen in San­ta Mar­ta jedoch die Vor­be­hal­te. Obwohl wäh­rend Fran­zis­kus‘ Pon­ti­fi­kat die mei­ste Zeit die Link­spe­ro­ni­sten regier­ten, denen sei­ne Nähe gilt, wei­ger­te er sich, Argen­ti­ni­en zu besu­chen. Wäh­rend der vier­jäh­ri­gen Amts­zeit des rechts­bür­ger­li­chen Mau­ricio Macri (2015–2019) war von einem Besuch erst gar kei­ne Rede.

Eine so demon­stra­ti­ve Absa­ge gibt es gegen­über Javier Milei zwar noch nicht, doch zeigt das päpst­li­che Umfeld wenig Begei­ste­rung für den „Anar­cho­ka­pi­ta­li­sten“. Der Umstand, daß Milei wie Fran­zis­kus ita­lie­ni­scher Abstam­mung ist, hilft nicht wirk­lich, wie sich bei Mau­ricio Macri zeig­te, für den das auch gilt.

In Rom rümpft man die Nase über die „Ver­ein­nah­mung“ von Fran­zis­kus, die Milei in sei­ner Ein­la­dung ver­su­che. Mit die­ser Begrün­dung wur­de schon unter sei­nen Vor­gän­ger­prä­si­den­ten ein Besuch in Argen­ti­ni­en ausgeschlagen.

Zu den ersten Maß­nah­men, auf die Milei anspiel­te, gehö­ren nicht nur ein Paket zur „Wie­der­auf­rich­tung der argen­ti­ni­schen Wirt­schaft“, son­dern auch die Abschaf­fung des Mini­ste­ri­ums für Frau­en, Gen­der und Diver­si­tät, das unter sei­nem link­spe­ro­ni­sti­schen Amts­vor­gän­ger zuerst von der Abtrei­bungs-Lob­by­istin Eliza­beth Gómez Alcor­ta, dann von der Homo-Akti­vi­stin Ayelén Mazzina gelei­tet wur­de. Eben­so ergriff Milei, wie im Wahl­kampf ange­kün­digt, Maß­nah­men zur Auf­he­bung der Abtrei­bungs­le­ga­li­sie­rung, die Ende 2020 durch­ge­setzt wur­de. Man könn­te den­ken, daß die­se Schrit­te die Kir­che erfreu­en müß­ten, doch für San­ta Mar­ta gilt das nur in sehr ein­ge­schränk­tem Maße.

Aller­dings spre­chen man­che in Argen­ti­ni­en auch von einer Täu­schung. Milei redu­zier­te die bis­her 20 Mini­ste­ri­en auf neun, von denen nur vier von Par­tei­ver­tre­tern gelei­tet wer­den. Fünf Mini­ste­ri­en leg­te er zum neu­en Mini­ste­ri­um für Human­ka­pi­tal zusam­men, dar­un­ter auch das Frauen‑, Gen­der- und Diver­si­täts­mi­ni­ste­ri­um. Die bis­he­ri­gen Mini­ste­ri­en wur­den zu Abtei­lun­gen des neu­en Mini­ste­ri­ums, die jeweils von einem Unter­staats­se­kre­tär gelei­tet wer­den, so auch das woke Frau­en­mi­ni­ste­ri­um. Von die­ser Abtei­lung wer­den alle links­ra­di­ka­len Gender‑, Homo- und Trans­se­xu­el­len-Pro­gram­me und auch die Früh­sexua­li­sie­rungs-Pro­gram­me an den Schu­len fort­ge­setzt, deren ersatz­lo­se Abschaf­fung Milei im Wahl­kampf ver­spro­chen hat­te. Der neue Prä­si­dent schaff­te zwar das Mini­ste­ri­um ab, setz­te die bis­he­ri­gen Pro­gram­me aber nicht außer Kraft.

Wie sich eini­ge Ein­grif­fe des neu­en Prä­si­den­ten im Bereich des Büro­kra­tie­ab­baus und zur Wirt­schafts- und Inve­sti­ti­ons­för­de­rung aus­wir­ken wer­den, ist der­zeit sehr umstrit­ten. Dazu gehört zum Bei­spiel die Auf­he­bung der Beschrän­kun­gen für den land­wirt­schaft­li­chen Grund­be­sitz durch Ausländer.

Milei ist der vier­te Prä­si­dent, seit der Wahl von Fran­zis­kus. Auch unter ihm ist der­zeit kein Papst­be­such in Argen­ti­ni­en in Sicht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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