
(Rom) Papst Franziskus scheint gerade dabei zu sein, ein Säuberungsprogramm umzusetzen. Nach der Absetzung des texanischen Bischofs Msgr. Joseph Strickland ereignete sich ein anders gelagerter, aber doch ähnlicher Fall in Brasilien.
Brasilien ist weltweit das Land mit dem größten Episkopat. Das portugiesischsprachige Land in Lateinamerika zählt 278 Diözesen. Seit Jahrzehnten ist der Episkopat sehr stark befreiungstheologisch durchtränkt, was zu einer massiven Schwächung der Kirche führte und einen gigantischen Exodus der Gläubigen in Richtung protestantische Freikirchen zur Folge hatte.
Wo viel Schatten, da ist auch Licht. Das gilt auch für Brasilien, wo andererseits mit der Administratio Apostolica Sancti Ioannis Mariae Vianney die einzige altrituelle Diözese der Welt existiert.
Der eingangs erwähnte Fall betrifft allerdings die Territorialprälatur Marajó, die 1928 errichtet wurde und dem Erzbischof-Metropoliten von Belém do Pará untersteht.
Die Prälatur wurde von 1987 bis 2016 von dem spanischen Ordenspriester José Luís Azcona Hermoso geleitet. Msgr. Azcona wurde 1940 geboren, trat 1958 in den Augustiner-Rekollektenorden ein und wurde 1963 zum Priester geweiht. Vor sieben Jahren wurde er von Papst Franziskus emeritiert. Seinen unmittelbaren Nachfolger versetzte Franziskus im Frühjahr in eine andere Diözese.
Am 3. November ernannte Franziskus mit dem Steyler-Missionar José Ionilton Lisboa de Oliveira einen neuen Prälaten von Marajó. Msgr. Lisboa de Oliveira war bisher Prälat von Itacoatiara, ebenfalls einer Amazonas-Prälatur. Seine Amtseinführung ist für den 13. Januar vorgesehen.
Kaum war der Wechsel an der Spitze der Prälatur angekündigt, gab die Prälatur Marajó am vergangenen Samstag eine ungewöhnliche Nachricht bekannt: Der emeritierte, inzwischen fast 84 Jahre alte Bischof Azcona wurde vom Apostolischen Nuntius für Brasilien aufgefordert, sich einen Wohnsitz außerhalb der Prälatur zu suchen. Im Klartext: Der ehemalige Bischof wird aus seinem ehemaligen Jurisdiktionsgebiet entfernt. Dies geschieht nicht durch die Prälatur, sondern durch Rom.
Die Erklärung der Prälatur zu diesem Vorfall wurde von Diözesanadministrator Pater Kazimierz Antoni Skorki unterzeichnet. Pater Skorki zeigt sich darin verwundert über die Aufforderung von Nuntius Giambattista Diquattro. Der Diözesanadministrator enthüllt, daß der Nuntius auch auf Nachfrage keine Gründe für die Maßnahme gegen Msgr. Azcona nannte.
Pater Skorki erinnert in seiner Erklärung an die Verdienste von Msgr. Azcona für die Prälatur Marajó. Die Prälatur hege „Respekt, Zuneigung und Dankbarkeit“ für das Wirken von Dom Azcona:
„Dom José Luís Azcona, unser emeritierter Bischof, wird immer einen Platz in unserer Prälatur haben.“
Und auch:
„Wir hoffen, daß die Nuntiatur uns ihre Entscheidung mitteilen kann, damit wir sie besser verstehen können.“
Wo aber sollte Bischof Azcona hin? Die Lokalzeitung Estado do Pará Online spekulierte, daß der emeritierte Bischof in einem Altersheim für Ordenspriester in Belém Unterbringung finden könnte.
Warum aber wird ein hochbetagter, emeritierter Bischof zur Zielscheibe von Santa Marta?
An dieser Stelle werden die Parallelen zum Fall Strickland in den USA erkennbar. Wie dieser übte Msgr. Azcona Kritik am Arbeitsdokument der Amazonassynode. Vor allem kritisierte er vernehmbar die Anwesenheit und das große Spektakel, das Santa Marta mit der Pachamama aufführte.
Der neue Prälat von Marajò, der in wenigen Wochen sein Amt antreten wird, war hingegen intensiv in die Amazonassynode eingebunden und ist Sekretär der Rede Eclesial Pan-Amazônica (Repam Brasil), die vom inzwischen verstorbenen Kardinal Claudio Hummes und dem Österreicher Msgr. Erwin Kräutler eigens für die Vorbereitung und Umsetzung der Amazonassynode geschaffen wurde.
Papst Franziskus ist nachtragend und zahlt mit „schlagender“ Münze heim. Offensichtlich wollte Santa Marta die Prälatur Marajó von dem lästigen Kritiker Msgr. Azcona säubern, bevor der neue Prälat sein Amt antritt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Prelazia de Marajó (Screenshots)