Ungeborene und neugeborene Kinder, die Opfer wissenschaftlicher Versuche wurden, als Märtyrer anerkennen

Appell von Don Marco Begato


Wiktoria Ulma mit sechs ihrer sieben Kinder (Aufnahme zweite Hälfte 1942)
Wiktoria Ulma mit sechs ihrer sieben Kinder (Aufnahme zweite Hälfte 1942)

Das auf die katho­li­sche Sozi­al­leh­re spe­zia­li­sier­te Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an for the Social Doc­tri­ne of the Church unter ihrem Direk­tor Ste­fa­no Fon­ta­na ver­öf­fent­lich­te einen Appell von Pater Mar­co Bega­to SDB. Die­ser ruft das römi­sche Dik­aste­ri­um für die Selig- und Hei­lig­spre­chungs­pro­zes­se auf, alle unge­bo­re­nen und neu­ge­bo­re­nen Kin­der, die Opfer von Men­schen­ver­su­chen wur­den, als Mär­ty­rer anzuerkennen.

Anzei­ge

Pater Mar­co Bega­to ist Prie­ster und gehört dem Sale­sia­ner­or­den an. Er ist Direk­tor der ordens­ei­ge­nen Schu­len in der nord­ita­lie­ni­schen Stadt Bre­scia und gehört zum stän­di­gen Autoren­kol­le­gi­um des Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an. Jüngst rief er dazu auf, die Bestre­bun­gen zu unter­stüt­zen, die Idee der US-ame­ri­ka­ni­schen Heart Beat Bill auch nach Euro­pa zu bringen.

Pater Mar­co Bega­to SDB

Das Herz­schlag-Gesetz wur­de in den USA von lebens­freund­li­chen Kräf­ten ent­wickelt, um trotz des damals noch gel­ten­den Urteils Roe gegen Wade, das die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der lega­li­sier­te, die Abtrei­bung mög­lichst zu mini­mie­ren und das Lebens­recht der Unge­bo­re­nen zur Gel­tung zu brin­gen. Die Heart Beat Bill erlaubt die Abtrei­bung nur bis zum Moment, da der Herz­schlag des unge­bo­re­nen Kin­des hör­bar ist, was sehr früh der Fall ist und womit die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der fak­tisch so gut wie aus­ge­schlos­sen wird.

Das Herz­schlag-Gesetz zielt zwar nicht direkt auf die Abschaf­fung der Abtrei­bung ab, strebt die­se aber an und steht durch die­se Absicht in Ein­klang mit der kirch­li­chen Sozi­al­leh­re, wie Pater Bega­to unterstreicht.

In die­sem Zusam­men­hang erin­nert der Sale­sia­ner mit Bedau­ern, daß fast die Gesamt­heit der Katho­li­ken „dank einer vati­ka­ni­schen Erklä­rung“ einen Kom­pro­miß mit dem Abtrei­bungs­ver­bre­chen ein­ge­gan­gen sind, indem sie die mRNA-Gen­prä­pa­ra­te gegen Covid-19 akzep­tiert haben, deren Her­stel­lung Abtrei­bun­gen voraussetzt.

Seit­her sei nicht mehr ganz klar, ob die katho­li­sche Bio­ethik die Ver­wen­dung abge­trie­be­ner Föten für die wis­sen­schaft­li­che For­schung ver­ur­teilt, da nicht mehr ein­deu­tig gesi­chert ist, ob eine Ver­ur­tei­lung im Fall von Covid-19 und ähn­li­chen Situa­tio­nen Bestand hat. Das vati­ka­ni­sche Doku­ment ging auf die­sen Punkt nicht ein und die Moral­theo­lo­gen und Bio­ethi­ker schwie­gen sich in der Coro­na-Zeit weit­ge­hend dazu aus.

Don Bega­to ver­weist auf die Kri­tik der Kom­mis­si­on der Bischofs­kon­fe­ren­zen in der EU (COMECE) vom Sep­tem­ber an einem vom EU-Par­la­ment dis­ku­tier­ten Vor­schlag für eine Ver­ord­nung über Qua­li­täts- und Sicher­heits­pa­ra­me­ter für Sub­stan­zen mensch­li­chen Ursprungs, die für den Ein­satz bei Men­schen bestimmt sind. Auch bei die­ser Kri­tik sei offen­ge­blie­ben, so Don Bega­to, ob und in wel­chem Aus­maß die­se Kri­tik auch eine Ableh­nung der Anti-Coro­na-Impf­stof­fe meint. Die­se Unklar­heit „stif­tet sowohl metho­disch als auch inhalt­lich eini­ge Ver­wir­rung“ und ver­lan­ge nach Klä­rung, so der Salesianer.

Die Familie Ulma und die Hinrichtung eines ungeborenen Kindes

„Ein zwei­tes Ereig­nis, das zwei­fel­los von Inter­es­se ist, ist die Selig­spre­chung der neun­köp­fi­gen pol­ni­schen Fami­lie Ulma, dar­un­ter ein unge­bo­re­nes Kind bzw. ein Kind, das erst im Moment des Mar­ty­ri­ums gebo­ren wurde.“

Die Fami­lie Ulma, pol­ni­sche Bau­ern in dem gali­zi­schen Dorf Mar­ko­wa (heu­te Woj­wod­schaft Kar­pa­ten­vor­land), Vater, Mut­ter und sie­ben Kin­der, waren wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges, am 24. März 1944, von deut­schen Poli­zi­sten und ukrai­ni­schen Hilfs­po­li­zi­sten hin­ge­rich­tet wor­den. Ein pol­ni­scher Lands­mann hat­te ver­ra­ten, daß die Fami­lie Ulma auf ihrem Hof acht Juden, eine sechs­köp­fi­ge Fami­lie aus dem nahen Łań­cut (Lands­hut, eine ehe­ma­li­ge Grün­dung der soge­nann­ten Wald­deut­schen, daher der deut­sche Orts­na­me) und zwei Schwe­stern, vor der Ver­fol­gung durch das NS-Regime ver­steckt hielt. 

Es ist, als wür­den die Fami­li­en­na­men den gan­zen Wahn­sinn der Tat unter­strei­chen: der Lei­ter der deut­schen Besat­zungs­po­li­zei war ein Ost­frie­se namens Die­ken, auch der Name der Fami­lie Ulma (Ulmer) ist deut­scher Her­kunft, die ver­steck­ten Juden hie­ßen Gold­mann, Grün­feld und Did­ner, alle­samt deut­sche Namen.

Die Ehe­leu­te Ulma mit ihren sie­ben Kin­dern (mit dem sieb­ten Kind ist Wik­to­ria Ulma schwanger)

Am 10. Sep­tem­ber wur­de die Fami­lie Ulma in einem fei­er­li­chen Ritus in Polen zu den Ehren der Altä­re erho­ben. Das sieb­te und jüng­ste Kind, mit dem Wik­to­ria Ulma im sieb­ten Monat schwan­ger war, wur­de „im Augen­blick des Mar­ty­ri­ums sei­ner Mut­ter geboren“. 

Martyrium eines ungeborenen Kindes

Pater Mar­co Bega­to schreibt:

„Das Beson­de­re an die­sem Ereig­nis ist, daß es sich um eine gan­ze Fami­lie han­delt: Vater, Mut­ter und sie­ben Kin­der. Das letz­te befand sich zum Zeit­punkt des Mas­sa­kers im Mut­ter­leib, und der ver­bre­che­ri­sche Über­griff hat sei­ne Geburt beschleu­nigt. Die­se Klar­stel­lung stammt vom Dik­aste­ri­um für die Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen, dem Kar­di­nal­prä­fekt Mar­cel­lo Semer­a­ro vor­steht. In einem Ver­merk wird betont, daß sich die Mut­ter, ‚Frau Wik­to­ria Ulma, zum Zeit­punkt des Mas­sa­kers in einem fort­ge­schrit­te­nen Sta­di­um der Schwan­ger­schaft mit ihrem sieb­ten Kind‘ befand. Letz­te­res ‚wur­de zum Zeit­punkt des Mar­ty­ri­ums der Mut­ter ent­bun­den‘. Es ‚emp­fing‘, so heißt es abschlie­ßend in der Erklä­rung des Dik­aste­ri­ums, ‚beim Mar­ty­ri­um sei­ner Eltern die Bluttaufe‘.“

Ein sym­bol­träch­ti­ges Zeug­nis, das, so Don Bega­to, inmit­ten von Volks­in­itia­ti­ven, diplo­ma­ti­schen Mah­nun­gen und kano­ni­schen Erklä­run­gen dem Kampf gegen die Abtrei­bung auf ganz uner­war­te­te und unge­wöhn­li­che Wei­se neu­en Schwung gibt.

Es blei­be aller­dings „der gro­ße Schat­ten“, der mit der Fra­ge zusam­men­hängt, ob die genann­te Zustim­mung zu den mRNA-Prä­pa­ra­ten gegen das Coro­na­vi­rus eine „Aus­nah­me“, einen Betriebs­un­fall darstellt. 

Der Appell gegen eine tödliche Wissenschaftsgläubigkeit

Doch las­sen wir nun ganz Don Mar­co Bega­to spre­chen, um sei­nen Appell vorzubringen:

„Wur­de das dies­be­züg­li­che Doku­ment des Vati­kans rich­tig ver­faßt, ver­stan­den und ange­wen­det? War die Zustim­mung zu die­ser ein Feh­ler? Haben wir Jol­ly-Optio­nen in die Bio­ethik und die Pflicht zum Schutz der Men­schen­wür­de im all­ge­mei­nen eingeführt?

Ich neh­me an, daß sol­che Fra­gen kei­ne Ant­wort erhal­ten und als ‚Indiet­ris­mus‘ gebrand­markt wer­den. Gera­de des­halb erwar­te ich mir von der Kir­che der Zukunft Klar­heit. Und des­halb wer­de ich kei­ne wei­te­re Zeit mit der For­mu­lie­rung von Dubia (Zwei­feln) ver­schwen­den, um dann zwei­deu­ti­ge Ant­wor­ten zu erhal­ten, son­dern einen ande­ren Weg ver­su­chen und einen Appell aus­spre­chen.

Der Anstoß dazu ist die Fami­lie Ulma, mit jenem Auf­merk­sam­keit fin­den­den und gera­de des­halb dop­pelt inter­es­san­ten Detail, daß das jüng­ste gemar­ter­te Fami­li­en­mit­glied ein unge­bo­re­nes Kind war (wie die pol­ni­sche Lebens­rechts­be­we­gung betont) bzw. ein Kind, das im Moment des Mar­ty­ri­ums gebo­ren wur­de (wie es in der Dar­stel­lung des Vati­kans heißt).

Mein Appell betrifft die Wür­de der abge­trie­be­nen Kin­der, zu denen ich ins­be­son­de­re die Opfer der Wis­sen­schafts­gläu­big­keit zäh­len möch­te. Es ist bekannt, daß es für die wis­sen­schaft­li­che For­schung üblich ist, Föten pro­gram­ma­tisch abzu­trei­ben, damit sie gleich nach der Geburt vivi­seziert [Vivi­sek­ti­on: Ein­griff am leben­den Orga­nis­mus zu For­schungs­zwecken] und so für spä­te­re Labor­schrit­te ver­wen­det wer­den kön­nen. Die Tötung von unge­bo­re­nen Kin­dern im Mut­ter­leib oder von neu­ge­bo­re­nen Kin­dern bei oder unmit­tel­bar nach der Geburt sind also Fäl­le, die sich in der kli­ni­schen Pra­xis über­schnei­den.

Nun, für die einen wie für die ande­ren ist das klei­ne Ulma-Baby gera­de im Lich­te der aktu­el­len hagio­lo­gi­schen Debat­te ein Kan­di­dat, um als geeig­ne­ter Patron die­ser Opfer­grup­pe in Betracht zu kom­men.

Und wenn der Fall des klei­nen Ulma-Babys die Ehre der Mär­ty­rer­pal­me ver­dient hat, und hier ist also mein Vor­schlag , ist es dann nicht auch mög­lich, einen Antrag an das Dik­aste­ri­um für die Selig- und Hei­lig­spre­chungs­pro­zes­se zu rich­ten, um alle Unge­bo­re­nen oder Neu­ge­bo­re­nen, die für Men­schen­ver­su­che geop­fert wur­den, als Mär­ty­rer anzu­er­ken­nen?

Die vie­len geop­fer­ten Unschul­di­gen wür­den end­lich Gerech­tig­keit erfah­ren. Ins­be­son­de­re wür­de das auch für die Opfer der Anti-Coro­na-Impf­kam­pa­gne eine Genug­tu­ung bedeu­ten (ohne daß dies expli­zit erwähnt wer­den müß­te), und so wür­de mei­ner Mei­nung nach end­lich die von der Gerech­tig­keit gefor­der­te Wie­der­gut­ma­chung voll­zo­gen und es wür­de eine Umkehr auf­ge­zeigt für die vie­len Gläu­bi­gen, ob Prie­ster oder Lai­en, die durch die Ent­schei­dun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re kom­pro­mit­tiert wur­den. Ja, ich hal­te es für einen Schritt, der in der Lage ist, den schwe­ren Schlag aus­zu­glei­chen, den der Glau­be und die Moral erlit­ten haben, weil so vie­le nach­ge­ge­ben haben. Ein gro­ßer kirch­li­cher Akt, der in der Lage ist, die Getauf­ten zu erneu­ern und die hei­li­ge Sache des Schut­zes der unge­bo­re­nen Kin­der neu zu bele­ben und sie viel­leicht end­lich wie­der auf das Niveau des ech­ten Zeug­nis­ses und der ernst­haf­ten Wirk­sam­keit zu brin­gen, die wir im Lau­fe der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te zuse­hends ver­lo­ren haben.

P. Mar­co Bega­to SDB“

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/Vanthuanobservatory.com

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