Laienpredigerinnen und Bibelfälscher im Dienst der Allerlösungs- oder Höllenleere

Bischof rechtfertigt Bibelfälschung?


Gender-Revolte und Bibelfälschung in der Kirche
Gender-Revolte und Bibelfälschung in der Kirche

Ein Gast­kom­men­tar von Hubert Hecker

Anzei­ge

Bischof Bät­zing hat die mehr­fa­che Mah­nung von Papst Fran­zis­kus abge­lehnt, bei allen kirch­li­chen Ent­schei­dun­gen und ins­be­son­de­re auf dem Syn­oda­len Weg den Pri­mat des Evan­ge­li­ums zu beach­ten. Nach Mei­nung des Bischofs soll die Kir­che in Deutsch­land pri­mär durch moder­ni­sie­ren­de Struk­tur­re­for­men saniert und somit Evan­ge­li­um und Evan­ge­li­sie­rung hint­an­ge­stellt wer­den. Eine der Struk­tur-Paro­len lau­tet: „Lai*innen an die Macht und an den Ambo!“ In die­sem Sin­ne ist im Bis­tum Lim­burg für Okto­ber wie­der eine „Frauen*power-Predigtwoche“ geplant. Jeder soll bei der Pre­digt für alle mit­ma­chen kön­nen, „egal ob weib­lich, männ­lich oder divers“. Theo­lo­gi­sche Kom­pe­tenz, Bibel‑, Glau­bens- und Kir­chen­treue sind nicht gefragt.

Beliebigkeitspredigten… weil es einfach Spaß macht

Drei Frau­en aus der Pfar­rei Die­zer Land wol­len am ersten Okto­ber­sonn­tag eine Tria­log-Pre­digt hal­ten. War­um die Anspra­che zu dritt? „Weil es ein­fach mehr Spaß macht“ so die lapi­da­re Aus­kunft einer der selbst­er­mäch­tig­ten Spaß-Pre­di­ge­rin­nen laut NNP vom 15. 7. 2023. Von der ernst­haf­ten Ver­kün­di­gung des Wor­tes Got­tes durch Aus­le­gung der Hl. Schrift ist bei den drei Frau­en kei­ne Rede. Allen­falls wol­len sie sich in der Pre­digt­vor­be­rei­tung mit dem „jewei­li­gen Schrift­text oder einem The­ma auseinandersetzen.“

Nach gel­ten­dem Kir­chen­recht dür­fen in der Eucha­ri­stie­fei­er nur Prie­ster und Dia­ko­ne pre­di­gen. Sie sind im Gehor­sam gegen­über dem Bischof ver­pflich­tet, in der Homi­lie das Evan­ge­li­um glau­bens­treu aus­zu­le­gen. Für die Lim­bur­ger Lai­en­pre­di­ger dage­gen gibt es von Sei­ten des Bis­tums kei­ner­lei Ver­pflich­tun­gen zu einer evan­ge­li­en­ge­mä­ßen Anspra­che. Sie kön­nen belie­big aus ihren eige­nen sub­jek­ti­ven „Lebens- und Glau­bens­er­fah­run­gen“ reden.

Sol­che gott- und bibel­ver­ges­se­nen Belie­big­keits­pre­dig­ten konn­te man schon bei der letzt­jäh­ri­gen Pre­digt­wo­che hören. Ent­we­der wur­de die Evan­ge­li­ums­aus­le­gung ganz ver­nach­läs­sigt, der Bibel­text kir­chen­po­li­tisch instru­men­ta­li­siert oder der geist­li­che Sinn der Bibel­pe­ri­ko­pe ver­fälscht. Letz­te­res geschah in zwei lai­en­haf­ten Dia­log­pre­dig­ten in einer Pfar­rei des Westerwaldes.

Bibelverfälschender Artikel in der Kirchenzeitung

Auch im SONNTAG, der Kir­chen­zei­tung des Bis­tums Lim­burg, von Lai­en redi­giert, fin­den sich immer wie­der bibel- und glau­bens­ver­fäl­schen­de Arti­kel. In der Aus­ga­be vom 11.12.2022 war ein befremd­li­cher Kom­men­tar zu dem Gleich­nis von den zehn Jung­frau­en aus dem Evan­ge­li­um nach Mat­thä­us zu lesen. Bekannt­lich neh­men die fünf klu­gen Jung­frau­en für die gele­gent­lich vor­kom­men­de War­te­zeit bis zum Ein­tref­fen des Bräu­ti­gams Ölre­ser­ven für ihre Lam­pen mit, die fünf törich­ten Frau­en ver­zich­ten leicht­sin­nig dar­auf. Daher müs­sen sie sich nachts im Ort Öl nach­kau­fen, ver­pas­sen dadurch aber die Ankunft des Bräu­ti­gams. Sie ste­hen bei ihrer Rück­kehr vor der ver­schlos­se­nen Tür des Fest­saa­les. Auf ihre Ein­lass­bit­te wer­den sie vom Bräu­ti­gam abge­wie­sen mit den Wor­ten: ‚Ich ken­ne euch nicht‘.

Die tra­di­tio­nel­le Aus­le­gungs­theo­lo­gie sieht in dem aus­rei­chen­den Vor­rat von Lam­pen­öl bei den klu­gen Jung­frau­en die ste­ti­ge Ansamm­lung von geist­li­chem Rüst­zeug und auch guten Wer­ken in lebens­zeit­li­cher Per­spek­ti­ve. Die törich­ten Jung­frau­en dage­gen glaub­ten wohl, sich ohne die­se Mühen der geist­li­chen Vor­be­rei­tung auf das Kom­men des Herrn durchs (christ­li­che) Leben lavie­ren zu kön­nen. Die­se klas­si­sche Aus­le­gung der Peri­ko­pe bestä­tig­te auch Papst Fran­zis­kus in sei­ner Mitt­wochs­ka­te­che­se vom 8. Novem­ber 2020.

Die Mah­nung der bibli­schen Gleich­nis­ge­schich­te lau­tet, dass bei­de Lebens­hal­tun­gen, die ernst­haf­te Sor­ge und Mit­wir­kung am Heil wie auch die laue und leicht­sin­ni­ge Lebens­füh­rung, am Schluss mit ent­spre­chen­den Kon­se­quen­zen rech­nen müssen.

Der Kir­chen­zei­tungs­re­dak­teur macht kei­ne Anstren­gun­gen, den geist­li­chen Sinn des Gleich­nis­ses zu ver­ste­hen. Er stößt sich an dem ver­meint­lich unbarm­her­zi­gen Aus­schluss der törich­ten Jung­frau­en: Dass ihnen Licht und Lam­pen­öl aus­ge­gan­gen waren, so meint er, lag doch vor allem an der elend lan­gen War­te­rei auf den Bräu­ti­gam! „Immer­hin gaben sie sich Mühe und ver­such­ten in der Nacht noch Öl zu bekom­men.“ Im Übri­gen sei­en doch alle Jung­frau­en pünkt­lich zum Treff­punkt erschie­nen. Wer zu spät kam, war allein der Bräutigam!

Für den Arti­kel­schrei­ber steht die Fra­ge im Raum: Wer­den mit der har­ten Aus­schluss-Geschich­te der Bibel nicht noch mehr Katho­li­ken von der Kir­che ver­prellt? Wäre gera­de in der heu­ti­gen Glau­bens­kri­sen­zeit nicht ein neu­er fair-söhn­li­cher Schluss­teil mit einer inklu­si­ven Bot­schaft drin­gend notwendig?

Die Kir­chen­zei­tung fin­det in einer moder­nen grie­chi­schen Publi­ka­ti­on den gesuch­ten ‚Ver­bes­se­rungs­vor­schlag‘ für einen ande­ren Gleich­nis­aus­gang. Dar­in erzählt der roman­haft aus­ge­stal­te­te Phan­ta­sie-Jesus die Schluss­pas­sa­ge nach heu­ti­gem Gusto zeit­geist­ge­mäß inklu­siv: „Der Bräu­ti­gam lässt die Tore öff­nen und die Jung­frau­en ein­tre­ten mit den Wor­ten: Alle sol­len essen und trin­ken und fröh­lich sein. Lasst die gedan­ken­lo­sen Jung­frau­en her­ein­kom­men und sich die Füße waschen, denn sie sind weit gelaufen.“

Mit der Mani­pu­la­ti­on der Schluss­pas­sa­ge hat die Kir­chen­zei­tung die bibli­sche Lehr­ge­schich­te aus dem Evan­ge­li­um in ihrer sub­stan­ti­el­len Bot­schaft ver­än­dert, die Bibel­fäl­scher haben die Ori­gi­nal­aus­sa­ge prak­tisch ins Gegen­teil ver­kehrt. Die kirch­li­che Zei­tung lehrt mit ihrer neu erfun­de­nen Gleich­nis­ge­schich­te „ein ande­res Evan­ge­li­um“, als es die apo­sto­li­sche Tra­di­ti­on über­lie­fert (vgl. Gal 1,9), jeden­falls nicht das Evan­ge­li­um Jesu Chri­sti. Papst Fran­zis­kus bezeich­ne­te ein sol­ches Vor­ge­hen in sei­ner letzt­jäh­ri­gen Weih­nachts­an­spra­che an die Kar­di­nä­le als „Häre­sie“.

Was ist der theologische Kontext für eine solche grundstürzende Bibelverfälschung?

Schon seit Jahr­zehn­ten ist die Theo­lo­gie der Aller­lö­sung oder All­ver­söh­nung Got­tes tief in die Leh­re der Kir­che ein­ge­drun­gen. Bedeu­ten­de Theo­lo­gen wie Karl Rah­ner und Hans Urs von Bal­tha­sar argu­men­tie­ren etwa so: Gott sei die abso­lu­te Lie­be, der bedin­gungs­los Lie­ben­de. Gott wol­le das Heil aller Men­schen und des­halb zie­he er alle Men­schen an sich und zu sich in den Him­mel. Es ent­spre­che sei­nem lie­ben­den Wesen, nie­man­den vom Him­mel aus­zu­schlie­ßen oder abzu­wei­sen. Des­halb müs­se die Höl­le, falls es sie gebe, leer sein. Für den aller­lö­sen­den Gott gibt es kein Gericht, kei­ne Dro­hung mit Aus­schluss und Stra­fe, aber auch kei­ne beson­de­re Beloh­nung für gute Wer­ke. „Wer immer stre­bend sich bemüht, den wer­den wir erlö­sen“ singt der Chor der Engel in Goe­thes Faust II. Alle Men­schen kom­men in den Him­mel, sofern sie ihrem eige­nen Gewis­sen fol­gen, echo­te Papst Fran­zis­kus durch die Stim­me des Frei­mau­rers Euge­nio Scalfari.

Die All­ver­söh­nungs­theo­lo­gie erklärt Gott zum Inbe­griff von Tole­ranz zu mensch­li­chen Schwä­chen und Sün­den sowie Akzep­tanz von allen mensch­li­chen Lebens­wei­sen: alles ver­ste­hen, alles ver­zei­hen, alles akzep­tie­ren, was in der Men­schen­welt so vorkommt.

Nach die­sem her­me­neu­ti­schen Prin­zip der gött­li­chen All­to­le­ranz müss­te mit Blick auf das Evan­ge­li­um etwa die Hälf­te der bibli­schen Geschich­ten und Pas­sa­gen als wider­sin­nig und stö­rend erklärt und des­halb umge­deu­tet, umge­schrie­ben oder ein­fach weg­ge­las­sen wer­den:
- wo Jesus und die apo­sto­li­sche Tra­di­ti­on Gebo­te und Wei­sun­gen geben,
- wo sie Anfor­de­run­gen und Auf­ga­ben stel­len, vom Aus­schluss des Rei­ches Got­tes spre­chen, bei der For­de­rung von Umkehr aus sün­di­gem Leben, zur Nach­fol­ge Chri­sti (auch im Kreuz­tra­gen), der Aus­rich­tung auf den „schma­len Weg“ des Heils und
- wo von guten Wer­ken und Lohn im Him­mel gespro­chen wird.

Noch ärger­li­cher sind für die Aller­lö­sungs­theo­lo­gen die Wor­te Jesu zu Gericht sowie Droh- und Straf­re­den. An etwa zwei Dut­zend Stel­len redet Jesus wie die Gerichts­pro­phe­ten des Alten Testa­ments von Aus­schluss­kon­se­quen­zen am Lebens­en­de. Er spricht zahl­rei­che Wehe-Rufe aus, droht wie bei dem Gleich­nis von den klu­gen und törich­ten Jung­frau­en mit ver­schlos­se­nen Türen, von dem Zustand des Heu­lens und der Fin­ster­nis, vom Mühl­stein am Hals und mehr­fach vom Höl­len­feu­er. Nach Exege­ten­mei­nung gehö­ren die­se Stel­len von angeb­lich „nach­öster­li­cher Gemein­de­bil­dung aus pasto­ra­ler Angst­ma­che“ in die Tonne.

Mahnung zu Umkehr und Hinwendung zur Gottes- und Nächstenliebe

Klaus Ber­ger gibt in sei­nem Buch „Die Bibel­fäl­scher“ wich­ti­ge her­me­neu­ti­sche Hin­wei­se zu die­sen Bibelstellen:

Alle jesu­a­ni­schen Droh­wor­te sind kei­ne Straf- oder Exe­ku­ti­ons­be­rich­te, son­dern haben mah­nen­den und war­nen­den Cha­rak­ter. Sie wol­len auf den Ernst der Nach­fol­ge Chri­sti hin­wei­sen und ste­hen in einem mis­sio­na­risch-wer­ben­den Zusam­men­hang mit dem Kom­men des Rei­ches Got­tes: Noch haben die Zuhö­rer und Sün­der Zeit für Umkehr und Hin­wen­dung zu Gott und dem Guten. Aber im Fal­le einer dau­ern­den Ver­wei­ge­rung gibt es den Zeit­punkt, wo ihnen nicht mehr zu hel­fen ist – wie wenn jemand trotz Mah­nun­gen nicht zum Arzt geht. Jesus gebraucht die „sprach­li­che Form der para­do­xen Inter­ven­ti­on, näm­lich die war­nen­de Ver­kün­di­gung eines Gerichts­ur­teils, damit ein zu bekla­gen­des Fehl­ver­hal­ten nicht ein­tritt, nicht voll­zo­gen wird“.

Bleibt es aber dabei nicht doch bei Droh­bot­schaf­ten und Angst­ma­che­rei, wen­den die Geg­ner die­ser Posi­tio­nen ein. Ja, wenn Men­schen sich selbst ins Aus brin­gen, muss man davor in der Tat Angst haben. Wenn gutes Zure­den und Ermah­nun­gen aus­ge­schla­gen wer­den, wenn man mit der Umkehr war­tet, bis es zu spät ist, dann kann nur Dro­hung und Angst­ma­chen aus Lie­be hel­fen, um Schlimm­stes zu ver­hin­dern, mahnt Klaus Ber­ger. Eine mensch­li­che Kata­stro­phe droht dann ein­zu­tre­ten, wenn ein Mensch sich im Wil­len zur Wahr­heit und der Bereit­schaft zur Lie­be – und damit von Gott – immer wei­ter ent­fernt. Die Gott­fer­ne führt zum Aus­schluss aus dem Reich Got­tes oder Him­mel oder Hoch­zeits­mahl, wie im Gleich­nis von den klu­gen und törich­ten Jung­frau­en. Der Aus­schluss­zu­stand, der in der Bibel unter ande­rem mit den Meta­phern Fin­ster­nis und Feu­er umschrie­ben wird, könn­te auch mit eisi­ger Gott­fer­ne bezeich­net wer­den: Ein Mensch ‚gefriert‘ in sei­ner Egoismushaltung.

PS: Auf den kri­ti­schen Hin­weis zu dem bibel­ver­fäl­schen­den Arti­kel in der Lim­bur­ger Kir­chen­zei­tung reagier­te Bischof Bät­zing recht­fer­ti­gend: Die „geist­li­che Umdeu­tung“ der Gleich­nis­ge­schich­te durch eine roman­haf­te Sze­ne könn­te doch auch – wie ande­re „lite­ra­ri­sche Ver­frem­dun­gen“ – dazu hin­füh­ren, bibli­sche Geschich­ten und ihren „sprin­gen­den Punkt“ bes­ser zu erfas­sen. Ja, könn­te! Aber in die­sem Fall nutz­te der Kir­chen­zei­tungs­au­tor die lite­ra­ri­sche Ver­frem­dung, um den Sinn und die Leh­re aus dem bibli­schen Gleich­nis ins Gegen­teil zu ver­keh­ren. Wenn Bischof Bät­zing den Hin­weis­ge­ber und die Auf­deckung einer Bibel­fäl­schung als „eng gestrickt“ beschimpft, recht­fer­tigt er sie.

Bild: Katho​li​sches​.info

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