„In den letzten Monaten haben Angriffe auf christliche Geistliche, Kirchen und heilige Stätten bei vielen unserer christlichen Gläubigen, insbesondere in Jerusalem und Haifa, Besorgnis erregt“, heißt es in einer Erklärung der Kommission Iustitia et Pax der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes. „Spucken, verbale Beschimpfungen, manchmal auch körperliche Gewalt, Vandalismus und Schmierschriften an den Wänden werden meist von extremistischen religiösen Juden begangen“, beklagt Iustitia et Pax.
Die Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes umfaßt das Heilige Land und angrenzende Gebiete (Israel, Palästinensergebiete, Jordanien und Zypern).
Für die Christen des Landes, die seit Jahren unter Angriffen leiden, haben die jüngsten Vorfälle eine Schmerzgrenze erreichen lassen. Am vergangenen 16. Juni fand in Jerusalem eine eigene Konferenz zum Thema statt: „Warum spucken (manche) Juden auf Nichtjuden?“.
Der lateinische Patriarch von Jerusalem, der designierte Kardinal Pierbattista Pizzaballa OFM, sagte am vergangenen Mittwoch in einem Gespräch mit VaticanNews zur Lage der Christen im Heiligen Land: „Wir bitten um Rechte, nicht um Schutz“.
Nun beklagt die Kommission Iustitia et Pax die aktuelle Situation für die Christen des Heiligen Landes:
„Leider identifizieren und verhaften die Strafverfolgungsbehörden wie in der Vergangenheit die Täter dieser Angriffe nur selten, und noch seltener werden die Täter zur Rechenschaft gezogen.“
Der jüngste Angriff erfolgte auf das Kloster Stella Maris auf dem Berg Karmel: „Dieser Ort wird von hunderten einheimischen und ausländischen Christen und Gläubigen anderer Religionen besucht, die dem Ort und seinen Traditionen Respekt entgegenbringen. In den vergangenen Wochen sind jedoch die jüdischen Anhänger des in Haifa geborenen Rabbi Eliezer Berland wiederholt in dieses Heiligtum eingedrungen und haben sogar dessen Eigentum beansprucht“, so Iustitia et Pax. Das löse unter Angehörigen der christlichen Minderheit des Landes „Besorgnis“ aus, so die Kommission der Bischöfe. Die Befürchtung unter den Christen ist groß, daß von jüdischer Seite „die vollständige Kontrolle über den Ort“ angestrebt wird, „wie es bereits in Nablus und Hebron geschehen ist“.
Im 12. Jahrhundert ließen sich lateinische Heiliglandpilger auf dem Berg Karmel nieder, die in Nachahmung des Propheten Elija dort lebten und in besonderer Weise die Gottesmutter Maria verehrten. Aus ihnen entstand der Karmelitenorden. Mit der islamischen Eroberung des Heiligen Landes und der Zerschlagung der Kreuzritterstaaten mußten die Karmeliten den Berg verlassen. 1631 gelang dem Ordenszweig der Unbeschuhten Karmeliten die Rückkehr auf den Berg Karmel. Nach 130 Jahren mußten sie auf Befehl des damaligen islamischen Herrschers ihr Kloster aber aufgeben, das abgebrochen wurde. Stattdessen errichteten sie 1761 das Kloster an seiner heutigen Stelle über der Höhle, in der der Überlieferung nach der Prophet Elija gelebt hatte. Dort hatte sich seit spätantiker Zeit eine byzantinische Basilika und ein Kloster befunden, von denen im 18. Jahrhundert nur mehr Ruinen vorhanden waren.
Im Zuge von Napoleons Ägypten-Feldzug wurde das neue Kloster schwer beschädigt. Weil die Mönche verwundete französische Soldaten pflegten, ordneten die osmanischen Behörden die Schleifung des Klosters an. Der örtliche islamische Machthaber benützte das Baumaterial, um sich in der Nähe eine Sommerresidenz zu errichten. 1836 gelang es den Karmeliten, das Gelände jedoch zurückzukaufen und das heutige Kloster zu errichten.
Obwohl der Ort seit mehr als 1500 Jahren ein christlicher Kultort ist, erheben radikale jüdische Gruppen unter Verweis auf den Propheten Elija Besitzansprüche und wollen die Christen enteignen und verdrängen.
Die Kommission Iustitia et Pax schreibt in ihrer jüngsten Erklärung:
„Der Staat Israel erklärt wiederholt, daß er allen seinen Bürgern die Freiheit der Religionsausübung garantiert. Der Staat verkündet außerdem, daß er seine Bürger vor Kriminalität und Unruhen schützt und Recht und Ordnung garantiert. Es ist deshalb unverständlich, daß es weiterhin zu solchen Bekundungen der Verachtung kommt.“
Abschließend mahnt die Kommission:
„Viele sagen, daß dies die Taten einer kleinen marginalen Minderheit sind; Wir sagen, daß Schweigen und Handlungsverweigerung diese Minderheit ermutigen. Leider hat uns die Geschichte gelehrt, daß das, was heute wie ein empörendes Verhalten einer Minderheit aussieht, morgen zur akzeptierten Praxis einer Mehrheit werden kann, es sei denn, es wird sofort angeprangert und an der Quelle gestoppt.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL