Werden Bischof Álvarez und fünf Priester nach Rom ausgeflogen?

Gerüchte um Freilassung mit Bedingungen und einem "Machtwort" von Papst Franziskus


Es herrscht noch Unklarheit zur angeblichen Freilassung von Bischof Álvarez in Nicaragua. Der Bischof soll nur unter der Bedingung freikommen, daß er ein bereitstehendes Flugzeug besteigt und das Land verläßt.
Es herrscht noch Unklarheit zur angeblichen Freilassung von Bischof Álvarez in Nicaragua. Der Bischof soll nur unter der Bedingung freikommen, daß er ein bereitstehendes Flugzeug besteigt und das Land verläßt.

(Mana­gua) Nach anfäng­li­chen Gerüch­ten über die Frei­las­sung von Bischof Rolan­do Álva­rez Lagos von Matag­al­pa folg­te inzwi­schen die Bestä­ti­gung. Der nica­ra­gua­ni­sche Bischof war im August 2022 ver­haf­tet und im ver­gan­ge­nen Febru­ar wegen „Hoch­ver­rats und Ver­brei­tung von Falsch­mel­dun­gen“ vom san­di­ni­sti­schen Regime zu 26 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt worden.

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Zusam­men mit Bischof Álva­rez sol­len auch fünf gefan­ge­ne Prie­ster ent­haf­tet wor­den sein. Es hieß gestern abend, ein ita­lie­ni­sches Pas­sa­gier­flug­zeug sei in Mana­gua gelan­det, um den Bischof außer Lan­des zu brin­gen. Wie inzwi­schen von kir­chen­na­hen Krei­sen bestä­tigt wur­de, sieht die vom Vati­kan auch durch die Ver­mitt­lung von Bra­si­li­ens Staats­prä­si­dent Lula da Sil­va aus­ge­han­del­te Über­ein­kunft die Frei­las­sung von Bischof Álva­rez vor, wenn er das Land ver­läßt und ins Exil geht.

Als Ziel­ort wur­de Rom genannt. Zumin­dest vor­erst dürf­te dies der neue Auf­ent­halts­ort des Bischofs wer­den. Eine sol­che „Lösung“ hat­ten die San­di­ni­sten bereits im ver­gan­ge­nen Febru­ar ange­bo­ten. Bischof Álva­rez soll­te damals zusam­men mit über 200 wei­te­ren poli­ti­schen Gefan­ge­nen in die USA aus­ge­flo­gen wer­den. Der Bischof lehn­te jedoch ab. Dar­auf­hin wur­de er in einer Nacht-und-Nebel­ak­ti­on kur­zer­hand zu 26 Jah­ren Gefäng­nis verurteilt.

Unklar ist, ob Bischof Álva­rez dies­mal der Aus­wei­sung zustimm­te. Angeb­lich habe Papst Fran­zis­kus ein Macht­wort gespro­chen, um die bela­sten­de Ange­le­gen­heit zu berei­ni­gen und von Msgr. Álva­rez ver­langt, das Land „zum Wohl der Kir­che“ zu ver­las­sen. In Oppo­si­ti­ons­krei­sen heißt es, er und die fünf Prie­ster wer­den wahr­schein­lich mor­gen früh im Direkt­flug nach Rom ausgeflogen.

In Rom ist bis­her nur zu hören, daß die Ver­hand­lun­gen in der Sache „hart“ gewe­sen sei­en. Papst Fran­zis­kus hat­te sei­nen Freund Lula da Sil­va um Ver­mitt­lung gebe­ten, was die­ser zusag­te und auch umsetz­te. Er habe, laut eige­ner Anga­be, Nica­ra­gu­as san­di­ni­sti­schem Prä­si­den­ten Dani­el Orte­ga gesagt, daß die Ver­haf­tung und Ver­ur­tei­lung des Bischofs ein „gro­ßer Feh­ler“ gewe­sen sei.

Am 28. Juni wies der Inter­ame­ri­ka­ni­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (IACHR) den nica­ra­gua­ni­schen Staat an, Msgr. Álva­rez unver­züg­lich frei­zu­las­sen. Rechts­ver­bind­lich­keit besitzt die Anwei­sung aber nicht.

Mon­si­gno­re Rolan­do Álva­rez, der seit mehr als drei Mona­ten in den Zel­len des Gefäng­nis­sy­stems Jor­ge Navar­ro in der Gemein­de Tipi­ta­pa unter­ge­taucht ist, wur­de von der san­di­ni­sti­schen Justiz zu 26 Jah­ren und vier Mona­ten Haft verurteilt.

In Nica­ra­gua selbst hat die Nach­richt von der Frei­las­sung von Bischof Álva­rez und der fünf Prie­ster gro­ße Erwar­tun­gen geweckt. Drei der fünf Prie­ster waren bis­her im Gefäng­nis von Tipi­ta­pa inhaf­tiert, die ande­ren bei­den befan­den sich im Hausarrest.

Laut nica­ra­gua­ni­schen Medi­en habe Kar­di­nal Leo­pol­do Bre­nes, der Erz­bi­schof von Mana­gua und Pri­mas von Nica­ra­gua, ver­gan­ge­ne Woche mit Msgr. Álva­rez im Gefäng­nis tele­fo­niert und ihm mit­ge­teilt, daß Papst Fran­zis­kus wün­sche, daß er das Land ver­läßt. Als Grund wur­de der mit der Ver­ur­tei­lung ver­bun­de­ne Ver­lust der nica­ra­gua­ni­schen Staats­bür­ger­schaft genannt.

Msgr. Sil­vio Báez, ein ande­rer nica­ra­gua­ni­scher Bischof, der sich auf­grund der san­di­ni­sti­schen Kir­chen­ver­fol­gung im Exil in Flo­ri­da (USA) befin­det, ver­füg­te heu­te mor­gen noch über kei­ne gesi­cher­ten Infor­ma­tio­nen zur Frei­las­sung von Bischof Álva­rez. Es wür­den dann bereits zwei Diö­ze­san­bi­schö­fe gezwun­ge­ner­ma­ßen im Exil leben. Bischof Álva­rez hat­te nach der Exi­lie­rung von Bischof Báez auch des­sen Diö­ze­se Estelí mit­ver­wal­tet. Mit der Exi­lie­rung von Msgr. Álva­rez sind sowohl die Diö­ze­se Matag­al­pa als auch die Diö­ze­se Estelí verwaist.

Bei den aus dem Gefäng­nis ent­las­se­nen Prie­stern han­delt es sich um:

  • Manu­el Sal­va­dor Gar­cía Rodrí­guez, 58, Pfar­rer der Kir­che Jesús de Naza­re­no, auch bekannt als El Cal­va­rio, in der Gemein­de Nan­dai­me, Depar­te­ment Gra­na­da. Am 23. Juni 2023 wur­de er zu zwei Jah­ren Gefäng­nis und einer Geld­stra­fe von 200 Tag­sät­zen verurteilt.
  • José Leo­nar­do Urbi­na: Am 1. Sep­tem­ber letz­ten Jah­res wur­de er zu 30 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Urbi­na war Pfar­rer der Kir­che der Immer­wäh­ren­den Hil­fe in Boaco, in der Diö­ze­se Granada.
  • Pfar­rer Euge­nio Rodrí­guez Bena­vi­des war Pfar­rer der Pfar­rei Divina Pro­vi­den­cia de Jala­pa in der Gemein­de Nue­va Sego­via, die zur Diö­ze­se Estelí gehört.
  • Leo­nar­do Gue­va­ra Gut­iérrez war Prie­ster an der Kathe­dra­le von Estelí.
  • Jai­me Iván Mon­te­si­nos: Der 61jährige Prie­ster war Pfar­rer der Pfar­rei San Juan Pablo II. in der Gemein­de Séba­co, Depar­te­ment Matagalpa.

Die Anschul­di­gun­gen in den Ver­fah­ren gehen von Hoch­ver­rat, Unter­gra­bung der staat­li­chen Sou­ve­rä­ni­tät, Ver­un­treu­ung, sexu­el­lem Miß­brauch eines min­der­jäh­ri­gen Mäd­chens bis zu schwe­rer bewaff­ne­ter Dro­hung. Laut Men­schen­rechts­ak­ti­vi­sten hand­le es sich dabei ledig­lich um Vor­wän­de, um Per­sön­lich­kei­ten zu dis­kre­di­tie­ren und aus­zu­schal­ten, die vom Regime als poli­ti­sche Geg­ner gese­hen werden.

Das Ver­hält­nis zwi­schen den San­di­ni­sten und der Kir­che war schon immer bela­stet. Ver­tre­ter der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie schlu­gen sich in den 80er Jah­ren auf die Sei­te der dama­li­gen ersten san­di­ni­sti­schen Dik­ta­tur und unter­stütz­ten den Kampf gegen die Kirche. 

San­di­ni­sten­chef Orte­ga regiert inzwi­schen zum zwei­ten Mal. Die Macht­über­nah­me erfolg­te die­ses Mal zwar legal und im Rah­men der Ver­fas­sung, doch baut Orte­ga sei­ne Macht seit Jah­ren zur fak­ti­schen Dik­ta­tur aus. Seit 2018, als es zu Mas­sen­pro­te­sten gegen sein sozia­li­sti­sches Regime kam, führt er erneut einen offe­nen Kampf gegen die Kir­che, die er beschul­digt, sei­nen Sturz zu betreiben.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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