Päpstlicher Sondergesandter „in den kommenden Tagen“ in Moskau

Friedensmission von Kardinal Zuppi


Rußland zeigt Bereitschaft, den päpstlichen Sondergesandten zum Ukraine-Konflikt zu empfangen.
Rußland zeigt Bereitschaft, den päpstlichen Sondergesandten zum Ukraine-Konflikt zu empfangen.

(Rom) Bis­her zeig­te sich Ruß­land zwar offen für eine vati­ka­ni­sche Ver­mitt­lung im rus­sisch-ukrai­ni­schen Krieg, sah aber die Vor­aus­set­zun­gen nicht gege­ben. Nun scheint sich doch etwas zu rühren.

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Der stell­ver­tre­ten­de rus­si­sche Außen­mi­ni­ster Alex­an­der Grusch­ko bekun­de­te „Inter­es­se“ an einem Besuch des päpst­li­chen Son­der­ge­sand­ten für die Ver­mitt­lung im Ukrai­ne-Kon­flikt, Kar­di­nal Matteo Zup­pis, in Mos­kau. Kar­di­nal Zup­pi war Anfang Juni nach Kiew gereist und mit dem ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Wolo­dym­yr Selens­kij zusammengetroffen.

Nach Anga­ben der rus­si­schen Nach­rich­ten­agen­tur Tass ver­si­cher­te Grusch­ko, daß die rus­si­sche Regie­rung „Inter­es­se und Erwar­tun­gen“ an die­sem Besuch habe. Grusch­ko nann­te kei­nen Ter­min für die Rei­se, mach­te aber deut­lich, daß Mos­kau die diplo­ma­ti­sche Initia­ti­ve des Hei­li­gen Stuhls begrüßt.

„Wir schät­zen die aus­ge­wo­ge­ne Posi­ti­on des Vati­kans und die vom Papst per­sön­lich ein­ge­nom­me­ne Posi­ti­on“, sag­te der rus­si­sche Politiker.

Kar­di­nal Zup­pi ist ein enger Ver­trau­ter von Papst Fran­zis­kus, der ihn 2022 auch zum Vor­sit­zen­den der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ernann­te. Laut der ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung Il Sole 24 Ore bestä­tig­te Zup­pi, wenn auch inof­fi­zi­ell, daß die von Papst Fran­zis­kus gewünsch­te Mis­si­on in den kom­men­den Tagen in Mos­kau fort­ge­setzt wird. Die huma­ni­tä­ren Kanä­le sei­en der­zeit die „am besten durch­führ­ba­ren“, so der Kardinal.

Ein­zel­hei­ten sei­ner Frie­dens­mis­si­on nann­te er aus Grün­den der Ver­trau­lich­keit nicht. In die­sen Tagen wur­den von Mos­kau hin­ge­gen Details der ukrai­nisch-rus­si­schen Frie­dens­ver­hand­lun­gen bekannt­ge­ge­ben, die Ende März 2022 in Istan­bul statt­fan­den. In einem 18-Punk­te-Abkom­men, das nun ver­öf­fent­licht wur­de, hat­te sich Ruß­land zum Abzug sei­ner Trup­pen bereit­erklärt und als Vor­lei­stung den Kes­sel um Kiew auf­ge­ho­ben und sich aus der nord­öst­li­chen Ukrai­ne zurück­ge­zo­gen. Im Gegen­zug soll­te die Ukrai­ne ihre stän­di­ge Neu­tra­li­tät erklä­ren. Obwohl sich bei­de Sei­ten auf das Abkom­men ver­stän­digt hat­ten, kam die­ses nicht zustan­de. Grund dafür war, so Mos­kau, weil Washing­ton und Lon­don Selen­skyj zur Ableh­nung gedrängt hät­ten. Der ehe­ma­li­ge bri­ti­sche Pre­mier­mi­ni­ster Boris John­son sei dazu im Auf­trag der bei­den angel­säch­si­schen Mäch­te schnell nach Kiew geeilt.

Kar­di­nal Zup­pi beton­te jüngst, daß sich Papst Fran­zis­kus der Schwie­rig­kei­ten bewußt sei, die es mit sich bräch­ten, die Mög­lich­keit eines Waf­fen­still­stands ins Spiel zu brin­gen. Er gebe den Traum vom Frie­den aber nicht auf, so der Kardinal.

Selen­skyj hat­te am 13. Mai bei sei­nem Rom-Besuch aus­drück­lich eine Ver­mitt­lung durch Papst Fran­zis­kus zurück­ge­wie­sen. Man brau­che eine sol­che nicht, ließ er dem Vati­kan über das Fern­se­hen aus­rich­ten, nach­dem er kurz zuvor per­sön­lich mit Fran­zis­kus zusam­men­ge­trof­fen war. Der Papst sol­le, so das ukrai­ni­sche Staats­ober­haupt, kei­ne Frie­dens­in­itia­ti­ve unter­stüt­zen, die nicht den Abzug der rus­si­schen Trup­pen zum Inhalt habe.

Das war ein Anlaß für Mos­kau, die im Früh­jahr 2022 in Istan­bul erfolg­te Ver­stän­di­gung offen­zu­le­gen, die genau die­sen Trup­pen­ab­zug vor­sah, aber von Kiew abge­lehnt wurde.

Papst Fran­zis­kus reagier­te auf die schrof­fe Absa­ge Selen­sky­js mit der Aus­sa­ge, daß die Ukrai­ne der­zeit nicht an eine Frie­dens­ver­mitt­lung den­ke, weil sie der Mei­nung sei, „daß sie eine sehr gro­ße eige­ne Kraft hat“. Wört­lich sag­te Fran­zis­kus am 23. Mai in einem Inter­view mit Telemun­do:

„Sie träu­men nicht so sehr von Ver­mitt­lun­gen, denn der ukrai­ni­sche Block ist wirk­lich sehr stark. Ganz Euro­pa, die Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Sie haben also eine sehr star­ke eige­ne Kraft.“

Des­halb ist auch von einem Stell­ver­tre­ter­krieg die Rede.

Noch scheint nicht alles fix zu sein, doch es tut sich etwas.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Goog­le Maps (Screen­shot)

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