„Ja“, sagt der Priester und Freimaurer-Experte Charles T. Murr1, ein enger Freund von Mutter Pascalina Lehnert, der persönlichen Assistentin von Papst Pius XII., und von Kardinal Édouard Joseph Gagnon, in seinem Vorwort zum neuen Buch des US-amerikanischen Journalisten Kennedy Hall von LifeSite. Dessen Buch „SSPX: The Defence“ („Die Piusbruderschaft: Eine Verteidigung“) ist vor wenigen Tagen erschienen. Unsere geschätzte Kollegin Maike Hickson stellte Murrs Beitrag am Tag der Buchveröffentlichung bei LifeSite vor. Hier ihr Text, samt dem von Kennedy Hall zur Verfügung gestellten Vorwort, auf deutsch.
Priester und Freimaurer-Experte sagt: Vatikan-Kardinäle verbreiten „Desinformation“ über die Piusbruderschaft
Von Maike Hickson
Murr unterstützt mit seinem Vorwort das Buch „SSPX: The Defence“ von Kennedy Hall, das ein Versuch ist, die Arbeit der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. zu verteidigen, und beschreibt, wie zwei modernistische Kurienkardinäle in Rom alles taten, um Erzbischof Marcel Lefebvre zu bekämpfen: die Kardinäle Jean-Marie Villot (Staatssekretär von Papst Paul VI.) und Gabriel-Marie Garrone (Präfekt der Kongregation für das Katholische Bildungswesen).
Murr erklärt ihren Einfluß wie folgt:
„Die beiden Franzosen schienen die ’neue Ordnung‘ der aktuellen und zukünftigen Dinge zu verkörpern. Sie waren zweifellos die Verkörperung der modernen kirchlichen Macht und zeigten ihren Untergebenen die korrekte Richtung, in die man gehen, die korrekte Haltung, die man einnehmen, und die korrekten Optionen, die man haben sollte.“
Murr zufolge haben diese Kardinäle die „politische Korrektheit“ in der Kirche eingeführt, lange bevor dieser Begriff verwendet wurde.
Murr ist der Autor des Buches „Murder in the 33rd Degree: the Gagnon Investigation into Vatican Freemasonry“ („Mord im 33. Grad: die Gagnon-Untersuchung über die Freimaurerei im Vatikan“) und war mehrmals in der John-Henry Westen Show (LifeSite) zu Gast.
Der Priester veranschaulicht in seiner Erinnerung an die Ereignisse rund um den Fall Lefebvre, daß es im Vatikan Kräfte gab, die gegen jede friedliche und fruchtbare Lösung für die Piusbruderschaft arbeiteten, die für den Erhalt der überlieferten Messe und Sakramente sowie der traditionellen Lehren der Kirche kämpfte.
So besuchte Murrs enger Freund Kardinal Gagnon 1987 offiziell das Priesterseminar der Piusbruderschaft in Écône und lobte anschließend dessen Arbeit in einem offiziellen Bericht an Papst Johannes Paul II. Murr erinnert daran, daß Gagnon schrieb, der Lehrplan des Seminars gehöre „zu den besten Philosophie- und Theologiestudiengängen, die ich je gesehen habe … und denken Sie daran: Ich war jahrelang Regens des Seminars.“ Und weiter:
„Das System, das sie haben, verdient es, in jedem Seminar der Welt nachgebildet zu werden. Es ist vorbildlich.“
Murr kommentiert die Worte von Gagnon wie folgt:
„Offen gesagt, fand ich die Meinung des Kardinals über Erzbischof Marcel Lefebvre, den Mann selbst, überraschend. ‚Er [Lefebvre] traut dem Vatikan nicht. Und wer kann ihm das verdenken? Würden Sie das? Jahrelang hat er versucht, mit Villot und Garrone zu verhandeln. Und jahrelang haben sie nichts anderes getan, als seine Bemühungen zu blockieren, direkt mit dem Heiligen Vater zu sprechen und zu argumentieren. Du würdest auch dem Vatikan mißtrauen.‘“
Es ist zu hoffen, daß Murrs freimütiges Vorwort zu einer gerechteren Beurteilung der Geschichte der Piusbruderschaft und ihres Gründers, Erzbischof Lefebvre, beiträgt. Es wird den Lesern sicherlich auch mehr Einblick in die Frage der Unterwanderung der katholischen Kirche durch Modernisten geben, die seit Jahrzehnten die große Mission und den Auftrag der Kirche untergraben.
Das Vorwort von Fr. Charles T. Murr
In „SSPX: The Defence“ übernimmt mein Freund Kennedy Hall eine noble, wenn auch schwierige Aufgabe. Er wagt es, die vielen Fragen zu Erzbischof Marcel Lefebvre und der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu beantworten. Erstaunlicherweise gibt es heute dazu weit mehr Anfragen als je zuvor – was meiner Meinung nach in hohem Maße und ironischerweise auf die feindseligen Angriffe von Papst Franziskus auf die überlieferte lateinische Messe zurückzuführen ist.
Nun, die vielen Fragen, die gestellt werden (einige in Form von spitzer Kritik), laufen eigentlich auf zwei hinaus: Was waren die ausdrücklichen Absichten von Erzbischof Lefebvre, als er die Piusbruderschaft gründete, und wie ist der tatsächliche Zustand und die juristische [kanonische] Stellung der Piusbruderschaft?
„Desinformation“, transliteriert aus dem russischen Dezinformatsiya, wird von seinen marxistischen Schöpfern und Entwicklern als Verbreitung (in der Presse, im Radio usw.) von Falschmeldungen definiert, die die öffentliche Meinung in die Irre führen sollen. Das Wort ist inzwischen fester Bestandteil unseres eigenen Sprachgebrauchs geworden, wobei seine ursprüngliche Schärfe jedoch ziemlich abgeschwächt wurde. Desinformation ist jetzt ein Sammelbegriff für jede Nachricht, die von den „Woken“ unter uns als unangenehm empfunden wird. (In ähnlicher Weise bedeutet der seltsame Cousin ersten Grades der Desinformation, „Haßrede“, eigentlich alles, was einem Liberalen nicht besonders gefällt.) Nichtsdestotrotz erinnern sich viele von uns, die vor der Kulturrevolte von 1968 gelebt und gedacht haben, an das erste Mal, als wir diesen oxymorisch klingenden Ausdruck hörten.
Ich erinnere mich, daß ich den Begriff „Desinformation“ zum ersten Mal in einer Predigt eines litauischen Priesters hörte, der Details aus dem Schauprozeß gegen József Kardinal Mindszenty im Jahr 1947 erzählte. Das war in den frühen 1960er Jahren. Ich war 11 oder 12 Jahre alt. Es war auf dem Höhepunkt des „Kalten Krieges“, jener massiven Frontbildung zwischen der westlichen Zivilisation und dem Sowjetkommunismus, die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs [1945] begann und mit der Auflösung der Sowjetunion [1991] endete.
Was hat also eine Diskussion über „Desinformation“ in einem Buch über Erzbischof Marcel Lefebvre und die Piusbruderschaft zu suchen, wenn auch nur kurz? Nun, einfach alles, das ist es!
Die Lüge, oder, wenn man so will, die „Kunst“, eine Unwahrheit zu verbreiten, ist der Modus operandi der Kritiker der Piusbruderschaft von den Anfängen dieser Priesterbruderschaft bis zum heutigen Tag (wie der Leser dieses Buches bald selbst feststellen wird). Die Verunglimpfung des Erzbischofs und seiner Anhänger war ein ständiger „Dienst“ zweier sehr prominenter und mächtiger Prälaten des Vatikans in den 1960er und 70er Jahren: der Kardinäle Jean-Marie Villot (Staatssekretär des Heiligen Stuhls) und Gabriel-Marie Garrone (Präfekt der Kongregation für das Katholische Bildungswesen des Heiligen Stuhls). Die beiden Franzosen schienen die „neue Ordnung“ der aktuellen und zukünftigen Dinge zu verkörpern. Sie waren zweifelsohne die Verkörperung der modernen kirchlichen Macht und zeigten ihren Untergebenen, in welche korrekte Richtung sie gehen, welche korrekte Haltung sie einnehmen und welche korrekten Optionen sie haben sollten.
Diplomatisch gesprochen waren Villot und Garrone die politische Korrektheit selbst, lange bevor dieser Begriff existierte und allgemeine Verwendung fand. Sie widersetzten sich ihrem Mitbruder im Bischofsamt und Landsmann bis zu ihrem Tod. Mit tatkräftiger Unterstützung von Annibale Bugnini und seinen neuesten liturgischen Kreationen, die den Horizont der Nouvelle théologie erweitern sollten, trugen Villot und Garrone dazu bei, einen wahren coupe-d’église (Kirchenputsch) herbeizuführen, dessen Auswirkungen noch heute zu spüren sind.
Woher weiß ich solche Dinge? Und vor allem, wer bin ich, daß ich sie sagen kann? Seit 73 Jahren hat Gott es in seiner Großherzigkeit und Barmherzigkeit für angebracht gehalten, mir das faszinierendste, alles andere als langweilige Leben zu schenken. Viele Male hat er mich an die erstaunlichsten Orte verpflanzt, entwurzelt und wieder eingepflanzt und mich dabei immer mit den unterschiedlichsten Charakteren umgeben: von wahren Freunden und falschen Feinden bis hin zu falschen Freunden und wahren Feinden und natürlich der allgegenwärtigen Fülle von Zwischendingern.
Aber von allen Jahrzehnten, die ich auf Erden verbracht habe, war das Jahrzehnt meiner Zwanziger das glorreichste. Von 1971 bis 1980 lebte ich in Rom. In den letzten fünf Jahren arbeitete ich neben meinem Doktoratsstudium im Presseamt des Vatikans. Im Jahr 1974 schloß ich Freundschaft mit zwei bemerkenswerten Herren, die mein Leben prägen sollten. Der aus Ravenna stammende Monsignore Mario Marini war Minutant im Staatssekretariat des Vatikans [später wurde er Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung sowie Sekretär der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei]. Marini machte mich bald mit dem frankokanadischen Erzbischof Édouard Joseph Gagnon bekannt, dem Vorsitzenden des Päpstlichen Rates für die Familie. [Gagnon wurde später zum Kardinal erhoben und 1987 von Papst Johannes Paul II. zu einem Treffen mit Erzbischof Marcel Lefebvre nach Écône geschickt.] Im Jahr 1977 nahmen wir drei, Marini, Gagnon und ich, unseren Wohnsitz in der libanesischen Residenz in Rom in der Nähe des Gianicolo-Hügels. Ich blieb diesen beiden großen Männern verbunden, bis Gott sie zu sich rief: Kardinal Gagnon im Jahr 2007, Monsignore Marini im Jahr 2009.
Ich habe meinen Freund Mario Marini selten wütend gesehen, aber ein Ereignis, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war meine Primiz in der Patriarchalbasilika Santa Maria Maggiore. Ich sollte meine erste Messe in der Borghese-Kapelle an dem Altar zelebrieren, an dem auch Eugenio Pacelli seine Primiz gefeiert hatte. Mutter Pascalina bot an, mir das weiße Meßbuch von Papst Pius XII. zu leihen, das ich für den römischen Kanon verwenden konnte. Bis der Rektor des Mexikanischen Kollegs (mein rechtmäßiger Vorgesetzter zu dieser Zeit) protestierte. Er wollte nicht an einer „lefebvrianisch-häretischen“ Zeremonie teilnehmen! Der kleine Dummkopf behauptete, daß die Verwendung dieses kostbaren Meßbuchs meine erste Messe ungültig machen könnte. Marini war wütend:
„Wer hätte sich in seinen kühnsten Albträumen vorstellen können, daß das Meßbuch von Pius XII. als häretisch gebrandmarkt werden würde! Das ist der reine Wahnsinn!“
Durch Gagnon und Marini erfuhr ich einiges über die Desinformation, die von Leuten wie Jean-Marie Kardinal Villot und Gabriel-Marie Kardinal Garrone über Erzbischof Lefebvre verbreitet wurde. Beide Franzosen, vor allem aber Villot, fanden das Ohr des frankophilen Papstes Paul VI. und übten großen Druck auf den französischen Episkopat aus. Ebenso beunruhigend war die Tatsache, daß Villot mit einem anderen „gleichgesinnten“ Prälaten des Vatikans, Sebastiano Kardinal Baggio, Präfekt der Bischofskongregation, auf Du und Du war. Baggio sorgte dafür, daß jeder Kandidat für ein französisches Bischofsamt modern(istisch) dachte, der die Unterstützung Villots genoß. Es dauerte einige Jahre, bis der französische Katholizismus dekonstruiert war, aber schließlich war jeder aktive Bischof in Frankreich ein „freidenkerischer“ Progressiver, der Lefebvre und die Piusbruderschaft als religiöse und soziale Reaktionäre betrachtete, die mit der Zeit – hoffentlich sehr bald – einfach verblassen und aussterben würden.
Während Staatssekretär Villot dafür sorgte, daß sich jede vatikanische Kongregation, jedes Dikasterium, jeder Rat und jedes Komitee mit der „Ökumene“ befaßte und mit jeder nichtkatholischen Einrichtung, die für den neuen Geist des Zweiten Vaticanum offen sein könnte, „im Dialog“ stand, unternahm er nichts, um einen Dialog zwischen dem Vatikan und Écône zu fördern. Im Gegenteil, er war dagegen. Nach Aussage des Minutanten am Staatssekretariat Mario Marini und des Personalchefs des Staatssekretariats Guglielmo Zannoni zog nichts den Zorn von Kardinal Jean-Marie Villot schneller und deutlicher auf sich, als daß jemand Erzbischof Lefebvre zur Sprache brachte. Bis zu seinem Tod im Jahr 1979 schien der französische Staatssekretär damit zufrieden zu sein, daß Erzbischof Lefebvre von den französischen Bischöfen geächtet und a divinis suspendiert worden war. Für Villot war „L’affaire Lefebvre“ erledigt, eine Sorge weniger – und damit, comme on dit, war die Sache abgeschlossen.
Nachdem Villot in seine ewige Belohnung gegangen war, war sein langjähriger Untergebener Erzbischof Agostino Casaroli eifrig dabei, seine leeren Schuhe zu füllen. Nach Jahren des Schweigens, des Aktenschiebens und des Entleerens von Zigarettenstummeln Marke Gauloises aus stinkenden Aschenbechern brannte Casaroli darauf, seine Meinung zu sagen und seine eigene Interpretation der Ostpolitik voranzutreiben und dem Mythos des Dialogs mit der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten einen echten Impuls zu verleihen. Und jetzt, mit dem neuen polnischen Papst im Rücken, schien kein Berg zu hoch zu sein, den der kleine Beamte nicht bezwingen konnte. All das soll heißen: Casaroli war genauso wenig gewillt, die Sache mit den „Lefebvristi“ einer Lösung zuzuführen wie sein früherer Vorgesetzter. Das heißt: Er war es ganz und gar nicht.
Doch der neue Pontifex, Papst Johannes Paul II., wollte mit Erzbischof Lefebvre zu einer Aussöhnung kommen. Er wollte eine Versöhnung. Abgesehen von der offensichtlichen Hoffnung, die Einheit der Christen zu erhalten (oder wiederherzustellen), wuchs keine andere katholische Gemeinschaft so stark und schnell wie die Piusbruderschaft. Meiner bescheidenen Meinung nach hätte niemand in der Kirche und zu jener Zeit Papst Johannes Paul II. mehr dabei helfen können, dieses und viele andere edle Ziele, die er zu verwirklichen hoffte, zu erreichen, als Giovanni Kardinal Benelli. Und niemand wußte dies besser als Papst Johannes Paul II. und natürlich Giovanni Benelli selbst. Doch weniger als zwei Wochen, nachdem er die Bitte des Papstes angenommen hatte, Florenz zu verlassen und als Staatssekretär in den Vatikan zurückzukehren, erlitt Giovanni Kardinal Benelli im Alter von einundsechzig Jahren und bei scheinbar guter Gesundheit einen tödlichen Herzinfarkt und starb am 26. Oktober 1982 in Florenz. Agostino Kardinal Casaroli, der amtierende Staatssekretär, überbrachte die traurige Nachricht an Papst Johannes Paul. Einige Tage später bestätigte der Papst ihn als Staatssekretär.
Anfang November 1987 erhielt ich einen Brief mit Sonderzustellung. Ich wußte sofort, daß er aus dem Vatikan stammte, denn ein Postbeamter hatte die rechte obere Ecke des Umschlags für seine Briefmarkensammlung abgerissen. Eine in Mexiko übliche Praxis. In dem handgeschriebenen Schreiben von Kardinal Édouard Gagnon stand an erster Stelle eine besondere Gebetsbitte. Er schrieb, er und Joseph Kardinal Ratzinger hätten sich mehrmals mit dem Heiligen Vater getroffen. Thema des Gesprächs: die kirchenrechtlich prekäre Situation von Erzbischof Marcel Lefebvre und der Piusbruderschaft. Daraufhin beauftragte Papst Johannes Paul II. Kardinal Gagnon in die Schweiz zu reisen, mit Erzbischof Lefebvre zu sprechen und die Priesterbruderschaft, insbesondere ihr Priesterseminar, zu untersuchen.
Wie Kardinal Gagnon mir später in New York erklärte, kam er am 11. November [1987] in Écône an und blieb dort bis zum 9. Dezember. Obwohl es ihm nicht gelungen war, Lefebvre davon zu überzeugen, den Vorschlag des Heiligen Stuhls zu akzeptieren – d. h. in erster Linie, daß Lefebvre nur einen neuen Bischof weiht, um das Überleben der Priesterbruderschaft zu sichern, und nicht vier –, betrachtete er [Gagnon] die Mission nicht als völligen Mißerfolg. In seinem offiziellen Bericht an Papst Johannes Paul II. lobte er die Priesterbruderschaft und insbesondere das Priesterseminar von Écône: „Es gehört zu den besten Philosophie- und Theologiestudiengängen, die ich je gesehen habe … und denken Sie daran: Ich war jahrelang Regens eines Priesterseminars.“ Er ging sogar noch weiter mit seiner Einschätzung des Priesterseminars der Piusbruderschaft: „Das System, das sie haben, verdient es, in jedem Priesterseminar der Welt nachgebildet zu werden. Es ist vorbildlich.“
Offen gesagt, fand ich die Meinung des Kardinals über Erzbischof Marcel Lefebvre, den Mann selbst, überraschend. „Er [Lefebvre] traut dem Vatikan nicht. Und wer kann ihm das verdenken? Würden Sie das? Jahrelang hat er versucht, mit Villot und Garrone zu verhandeln. Und jahrelang haben sie nichts anderes getan, als seine Bemühungen zu blockieren, direkt mit dem Heiligen Vater zu sprechen und zu argumentieren. Du würdest dem Vatikan auch mißtrauen. Nein, ich kann zwar nicht gutheißen, was er getan hat [vier Bischöfe zu weihen statt einem], aber ich kann verstehen, warum er es getan hat. Sie [der Heilige Stuhl] erlauben ihm, einen Bischof zu weihen. Einen Bischof. Er [Lefebvre] stirbt. Irgendwann stirbt auch sein einziger Bischof. Der Vatikan schickt der Piusbruderschaft dann einen modernistischen Ersatz – und schon ist alles vorbei!“
Komisch, wie eine Erinnerung eine andere auslösen kann. Im Jahr 2022 begann Papst Bergoglio damit, den bemerkenswerten Einfluß und die rechtliche Stellung des Opus Dei zu beschneiden. Die Personalprälatur von 1982, die mit Papst Johannes Paul II. vereinbart worden war und nun unter dem wachsamen Auge des Argentiniers steht, wurde allmählich „verändert“. Als erstes wurde der Personalprälat der Personalprälatur abgeschafft. Das Opus Dei ist nun bischofslos. Außerdem untersteht es nicht mehr der Bischofskongregation, sondern wird nun ständig von der Kleruskongregation überwacht. Das Diktat des Argentiniers an das Opus Dei lautet: keine Bischöfe oder so irgendetwas wie bischöfliche Rechte für euch.
Kaum hatte ich davon erfahren, hörte ich wieder diesen unnachahmlichen frankokanadischen Akzent in mein Ohr flüstern: „Lefebvre traut dem Vatikan nicht. Und wer kann ihm das verdenken? Würden Sie das tun?“
In diesem Buch „SSPX: TheDefence“ („Die Piusbruderschaft. Eine Verteidigung“) beantwortet Kennedy Hall einige der Bedenken, die einige Katholiken in bezug auf Erzbischof Marcel Lefebvre und die Piusbruderschaft noch haben mögen. Was mich betrifft, dachte ich, einige dunkle Ahnungen beizusteuern, die sich daraus ergeben, wie Erzbischof Marcel Lefebvre und die Piusbruderschaft im vergangenen halben Jahrhundert vom modernistischen Rom und einer Reihe engstirniger „Progressisten“ behandelt wurden.
Father Charles T. Murr
Einleitung/Übersetzung/Fußnote: Giuseppe Nardi
Bild: LifeSite/Wikicommons
1 Charles T. Murr aus St. Paul in Minnesota, der 1977 zum Priester der Erzdiözese New York geweiht wurde, hatte am Angelicum (Päpstliche Universität heiliger Thomas von Aquin) und an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom studiert, aber auch an der Universität Salzburg, um sich in Psychologie zu vertiefen und die deutsche Sprache zu erlernen. In Rom arbeitete er zunächst für Kardinal Pericle Felici, anschließend ab 1974 für Kardinal Édouard Gagnon. 1979 wurde Murr vom Erzbischof von Guadalajara nach Mexiko gerufen, wo er am Priesterseminar unterrichtete. Da er die Not vor Ort sah, gründete er dort ein Waisenhaus. Um dieses Liebeswerk finanzieren zu können, arbeitete er zwei Sommer lang an der Wall Street. 1993 wurde er im Erzbistum New York inkardiniert, wo er bis 2004 in Manhattan in der Pfarrseelsorge tätig war, unter anderem an der deutschen Nationalkirche. Seither gründete er mehrere Initiativen, unter anderem 2013 die Stiftung Veritas, die sich seither mit verschiedenen investigativen Aktionen und zur Unterstützung von Opfern von Ungerechtigkeit einen Namen machte.
Kardinal Pericle Felici (1911–1982) war es, der als Protodiakon 1978 der Welt die Wahl von Papst Johannes Paul I. verkündete. Als Präfekt des Obersten Gerichtshofs der Apostolischen Signatur war er der oberste Richter der Kirche (nach dem Papst) und einer der wenigen Kardinäle, die auch nach der Liturgiereform im überlieferten Ritus zelebrierten. Er starb erst 70jährig im Amt.
Der frankokanadische Sulpizianer Édouard Gagnon (1918–2007) war während der beiden letzten Sitzungssessionen des Zweiten Vatikanischen Konzils als Peritus nach Rom berufen worden. Dort blieb er und erhielt von den Päpsten verschiedene Aufgaben zugewiesen. 1983 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum ersten Vorsitzenden des soeben errichteten Päpstlichen Rats für die Familie. Als solcher verteidigte er die Enzyklika Humanae vitae gegen die Ablehnung des Verbots künstlicher Verhütungsmittel. Bis zu seinem Tod blieb er ein unerschrockener Verteidiger der kirchlichen Ehelehre gegen Bestrebungen, in Kanada die „Homo-Ehe“ einzuführen.
1985 kreierte Johannes Paul II. den damaligen Titularerzbischof zum Kardinal. 1987 erhielt Gagnon von diesem Papst den Spezialauftrag einer Visitation der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX), für die der kanadische Kardinal Sympathien hegte. Seine Mission scheiterte jedoch 1988 an den ohne Erlaubnis des Papstes durchgeführten Bischofsweihen.
Einen anderen, bis heute kaum bekannten Spezialauftrag hatte Gagnon aber bereits in den 70er Jahren für Paul VI. durchgeführt, als dieser ihn mit einer Visitation der Römischen Kurie beauftragte – eine besonders heikle Mission. Das gilt umso mehr, wenn man den genauen Auftrag kennt: Erzbischof Gagnon sollte herausfinden, wie viele Freimaurer es an der Kurie gab. Der junge Charles Murr war dabei sein Assistent. Drei Jahre, von 1975 bis 1978, dauerte die Visitation, da Erzbischof Gagnon auf „große Schwierigkeiten“ stieß, so Murr, bis er Paul VI. seinen Bericht vorlegen konnte.
So schlimm diese heutige Zeit ist, so kommt doch oft jetzt die Wahrheit zu tage.
Das ist wunderbar obwohl mich bei diesen Aufdeckungen das Entsetzen packt was man damals alles fälschlich glaubte. Und was da schlimmes alles passierte. Eigentlich unfassbar. Dank sei dem Internet
Täusche ich mich, oder ist man langsam dabei endlich Johannes Paul II einmal sachlich zu betrachten und zu dem Schluss zu kommen, dass er war, was er, nach objektiven Kriterien, immer gewesen ist: Ein Schauspieler, ähnlich wie Bergoglio!
Kein Heiliger!
Die sehr interessante Erinnerungen von EH Charles T. Murr beweisen keine „Fehlinformation“ und direkt auch keine „Haßrede“.
Das war auch nicht notwendig.
G.B.Montini, Sekretär von P. Pius XII, später Erzbischof von Mailand und späterer Papst Paul VI, stammte aus einer fortschrittlich-christdemokratischen und sehr frankophilen Familie. Montini/P.Paul VI war äußerst gut informiert über die moderne theologische Tendenzen in Frankreich, von etwas Patristik über das Moderne von Lubac, der Dewgung der Arbeiterpriester und J. Maritain. Und EB Lefebvre war in Rom sehr bekannt: ein Außenseiter im französischen Episkopat, Erzbischof darüberhinaus, mit viel Profil und geerdet in der französischen Provinz.
Insoweit reichte es nach den hochturbulenten späten 60er Jahren und bei den Ängsten und Depression von P.Paul VI vollkommen aus, genau und konkret über EB Lefebvre und sein Wirken zu berichten.
EB Lefebvre war in Person, von Mentalität und theologischer Fundierung der Antipode des vatikanischen Modernismus.
Dementsprechend wurde dann erst das Kirchenrecht und die Disziplin bemüht.
Die inhaltliche Auseinandersetzung findet dann erst ab den späten 70er und in den 80er Jahren statt.
Das 2. Vat. Konzil wurde abrupt abgebrochen.
Nicht umsonst lautet der Promulgationstext mit der windelweichen Satz: „…und wird den Gläubigen ans Herz gelegt.“
Für EB Lefebvre war es ein schwerer Schlag, daß sein theologischer Berater P. Bartò OP schon 1968 unerwartet verstarb.
Militärisch ist es eine der schwierigsten Aufgaben, im totalen Durcheinander und Chaos versprengte Truppen zu sammeln und wieder zu einer funktionierenden Einheit zu formen.
EB Lefebvre hat dies hervorragend geleistet- die FSSPX mit dem Priesterseminar wurde deshalb ausdrücklich gegründet um den pastoralen Nöten der Gläubigen zu verhelfen.
So ist nicht sosehr störend, daß der modernistisch durchtränkter Vatikan verbohrt-modern dachte und agierte (Wie Kard. Gagnon sagte, hatte EB Lefebvre in denen kein Vertrauen), sondern daß soviele an der Spitze innerlich sehr kritisch waren und starkste Bauchschmerzen hatten, aber schwiegen und alles laufen ließen und sich durch Untätigkeit mitschuldig machten.
Erbärmlich.
Wenige Jahren später wird dann die Pädo- und Homophiliekrise ebenfalls zugeseckt um die Institution zu retten.