(München) Eine Frage treibt zahlreiche gläubige Katholiken um. Sie erreicht uns immer wieder, neuerdings verstärkt: Warum verfolgt Santa Marta den überlieferten Ritus und seine Vertreter mit solcher Verbissenheit? Eine Antwort liegt auf der Hand und kann von jedem nachgeprüft werden.
Die Priesterseminare der nachkonziliaren Novus-Ordo-Kirche sind in unseren Breiten leer. Gähnend leer. So leer, daß der Betrieb teilweise eingestellt oder auf einen Alibi-Betrieb reduziert werden mußte. Nur wenige diözesane Priesterseminare können, teils nur in der Form eines interdiözesanen Seminars, als einigermaßen lebendig bezeichnet werden.
Der Hinweis auf „in unseren Breiten“ ist nicht dahingesagt, denn „unsere Breiten“ gehörten zu den besonders lautstarken Promotoren der Neuerungen der Nachkonzilszeit. Die Rechnung dafür blieb nicht aus. Sie wird nicht erst seit heute präsentiert. Doch die Zeichen der Zeit, die man ansonsten gerne bemüht, werden von den Verantwortlichen, allen voran den Diözesanbischöfen und den diözesanen Priesterräten, nicht erkannt, weil man sie nicht erkennen will. Der amtierende Papst bestärkt diese Weigerungshaltung, indem er betont, daß die Reformen „irreversibel“ seien.
Der Himmel scheint diese „Irreversibilität“ unterdessen auf seine ganz eigene Weise einer Überpüfung zu unterziehen, indem er die Berufungen versiegen und einst glorreiche Ausbildungsstätten des Klerus verwaisen läßt.
Und was hat das nun mit der Verfolgung des überlieferten Ritus zu tun?
Alles. Die Gemeinschaften und Gemeinden des überlieferten Ritus sind wie eine Kontrollgruppe bei einem Experiment. Sie bilden den Konterpart, anhand dessen sich die Validität einer Maßnahme oder auch eines Pharmakums überprüfen läßt. Fehlt diese Kontrollgruppe, können Fehler kaum erkannt werden, denn es fehlt der Spiegel, der vorgehalten wird.
Den leeren Priesterseminaren in den Diözesen stehen die vollen Priesterseminare der Tradition gegenüber. Sie sind der lebendige Beweis, daß die Berufungskrise nicht gottgewollt und auch kein Naturereignis ist. Die vollen Seminare der Tradition lassen die Novus-Ordo-Seminare erst richtig leer aussehen. Das schmerzt, was noch die bessere Variante wäre. Da die Überprüfung für jedermann offensteht, scheint es in Wirklichkeit viel zu wenig zu schmerzen. Was ist es dann? Ärger darüber, daß die eigene Vorstellungswelt von Mitbrüdern auf so offensichtliche und eklatante Weise, ganz ohne ihr Zutun, bloßgestellt wird? Damit kommen wir der Sache wohl näher. Die vollen Seminare der Tradition machen erst den Kontrast deutlich und liefern den schlagenden Beweis, daß die Berufungskrise in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Kirchenverständnis stehen muß.
Eine Reihe von Beispielen ließe sich nun anführen, doch zwei sollen genügen. Das Priesterseminar St. Philipp Neri des Instituts Christus König und Hohepriester in Gricigliano bei Florenz in der Toskana, einer Ecclesia-Dei-Gemeinschaft, mußte im vergangenen Herbst aus Platzmangel elf Kandidaten abweisen. Für mehr als 30 Neueintritte fehlten einfach die Räumlichkeiten.
Das andere Beispiel ist bewußt nicht aus dem Kreis der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften gewählt. Anfang Februar wurden am Herz-Jesu-Seminar der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Zaitzkofen bei Regensburg 20 Seminaristen eingekleidet. Insgesamt brach das laufende Studienjahr bisherige Rekorde. Es ist das Jahr mit den meisten Neueintritten seit Gründung des Priesterseminars. Die Seminaristen kommen aus dem deutschen Sprachraum samt angrenzenden Ländern, darunter Polen, Ungarn, Kroatien und Dänemark.
„Das priesterliche Gewand – ein Hindernis für das Apostolat? Nein, im Gegenteil. S. E. Msgr. Tissier de Mallerais stellte in seiner Ansprache heraus, wie sehr die Soutane das Interesse der Menschen weckt und die Seelen zugänglich macht“, heißt es dazu auf der Internetseite des Seminars.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: ICRSS/FSSPX (Screenshots)
Herr Nardi, den Gesichtspunkt mit der Kontrollgruppe haben Sie bestimmt von Erzbischof Vigano übernommen. Das letzte Priesterseminar im Bistum Essen wurde 2012 geschlossen. Die Kandidaten zogen deshalb nach Münster um. Das bisher erfolgreichste Bistum Münster, das auch die meisten deutschen Bischöfe hervorgebracht hat, konnte im letzten Jahr drei Priester weihen. In diesem Jahr wird voraussichtlich keine Priesterweihe stattfinden.
Ich frage mich, was die Agitatoren der globalisierten Kirche vorhaben ohne Priester. Zumal die Agitatoren selber Priester oder Bischöfe sind. Momentan scheint die Tendenz zu sein, sich aus beiden Geschlechtern die auszuwählen, deren Gesinnung am ehesten geeignet ist. Wobei eine Ausbildung egal scheint. Wie dem auch sei, ihre Ziele werden nicht erreicht werden, wie uns die heilige Schrift vorgibt. Laut 2 Thessalonicher muß zuvor der Widersacher offenbar werden. Ob das eine Person ist oder ein Typus von Mensch, werden wir noch sehen. Gott triumphiert jetzt schon in der Hinsicht, daß sich alles erfüllt und die Agitatoren wie vorausgesagt verwirrt im Geiste werden. Anders die Gottesfürchtigen. Sie werden immer klarer und eines Geistes.
Im persönlichen Umfeld treffe ich immer mehr Personen aus anderen Religionen, mit denen ich völlig übereinstimmender Meinung bin. Muslime, Hindus, Juden. Meine eigenen Volksgenossen werden mehrheitlich immer fremder.