Dom Hélder Câmara bald ein „ehrwürdiger Diener Gottes“

Vom NS-Sympathisanten zum Kommunisten-Freund?


Die befreiungstheologisch geprägte Bischofskonferenz von Brasilien und Santa Marta treiben die Seligsprechung von Hélder Câmara voran.
Die befreiungstheologisch geprägte Bischofskonferenz von Brasilien und Santa Marta treiben die Seligsprechung von Hélder Câmara voran.

(Bra­si­lia) Die Bra­si­lia­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz gab bekannt, daß der Selig­spre­chungs­pro­zeß des eme­ri­tier­ten Erz­bi­schofs von Olin­da und Reci­fe, Hél­der Câma­ra (1909–1999), bald eine wich­ti­ge Hür­de neh­men wird. Prä­sen­tiert wur­de der bra­si­lia­ni­sche Kir­chen­mann dabei von der Bischofs­kon­fe­renz und füh­ren­den Medi­en, so z. B. der ita­lie­ni­schen Pres­se­agen­tur ANSA, als „Ordens­mann, der sich um die Ver­tei­di­gung der Men­schen­rech­te ver­dient gemacht hat“. Doch wer war Hél­der Câmara?

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Die „Ver­tei­di­gung der Men­schen­rech­te“ möge ein Kri­te­ri­um für eine welt­li­che „Hei­lig­spre­chung“ sein, für ein ech­tes Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren aber nicht. Unter Papst Fran­zis­kus ändert sich aber so man­ches. Der argen­ti­ni­sche Papst bemüht sich mit Ein­satz, eine neue Kate­go­rie von „poli­ti­schen“ Hei­li­gen zu schaf­fen, die von Beob­ach­tern als „poli­ti­sche Hei­li­ge“ klas­si­fi­ziert wurden.

Die Bekannt­ga­be der bevor­ste­hen­den Etap­pe im Selig­spre­chungs­ver­fah­ren für Hél­der Câma­ra erfolg­te am Diens­tag durch Msgr. Fer­nan­do Sabu­ri­do, den heu­ti­gen Erz­bi­schof von Olin­da-Reci­fe, wäh­rend einer Mes­se zum Abschluß eines Kon­gres­ses. Gestern ver­öf­fent­lich­te die Erz­diö­ze­se eine Pres­ser­klä­rung, die von der Pres­se­ab­tei­lung der Bra­si­lia­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz auf ihren Kanä­len in den Sozia­len Netz­wer­ken über­nom­men wurde.

Kon­kret war vom Vati­kan die Rechts­gül­tig­keit der aus Bra­si­li­en über­mit­tel­ten Doku­men­te zur Begrün­dung von Câma­ras Selig­spre­chung bestä­tigt wor­den. Im Jahr 2021 hat­te der Hei­li­ge Stuhl das Dos­sier über Câma­ra erhal­ten, das aus 18 Bän­den mit mehr als 60.000 Sei­ten besteht.

Der Erz­bi­schof von Olin­da und Reci­fe, Msgr. Fer­nan­do Sabu­ri­do, teil­te mit, daß nun die Posi­tio über Câma­ra vor­be­rei­tet wird, eine Lebens­dar­stel­lung mit allen rele­van­ten Zeug­nis­sen. Dafür sind der Lebens­lauf, die Tugen­den und die Ver­eh­rung aus­führ­lich aus­zu­wer­ten. Die Posi­tio wird dann, sofern sie posi­tiv aus­fällt, Papst Fran­zis­kus vor­ge­legt, damit er den Ordens­mann für „ehr­wür­dig“ erklä­ren kann, eine Bezeich­nung, die den Weg zur eigent­li­chen Selig­spre­chung eröff­net. Câma­ra, der bereits 2015 zum Die­ner Got­tes erklärt wur­de, käme dann der Titel eines „ehr­wür­di­gen Die­ners Got­tes“ zu. Damit ist noch kei­ne ver­eh­ren­de Nen­nung in den Ora­tio­nen der Mes­se ver­bun­den, die­se ist erst mit der Selig­spre­chung mög­lich, Câma­ra wäre dann aber schon zur „Ehre der Altä­re“ erhoben.

Ein Blick in Main­stream-Medi­en erklärt ihre Sym­pa­thie für Hél­der Câma­ra: „Sen­si­bi­li­tät für die Armen“ und „Ver­fech­ter der Men­schen­rech­te in der Zeit der Militärregierung“.

In der Tat beruht Câma­ras Bekannt­heit auf den Sym­pa­thien der poli­ti­schen Lin­ken. Câma­ra gehört zu jenen Kir­chen­män­nern, die eine Qua­dra­tur des Krei­ses durch Ver­schmel­zung von Sozia­lis­mus und Chri­sten­tum ver­such­ten. Das mach­te ihn in den 60er und 70er Jah­ren in bestimm­ten Krei­sen zum „Star“ und unantastbar.

Papst Fran­zis­kus emp­fahl Câma­ra schon bald nach sei­ner Wahl als Vor­bild.

Dabei hat­te Câma­ra einen sehr eigen­tüm­li­chen Weg zurück­ge­legt. In jun­gen Jah­ren war er von der mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus sym­pa­thi­sie­ren­den faschi­sti­schen Bewe­gung Bra­si­li­ens so über­zeugt, daß er deren Lei­tungs­gre­mi­um ange­hör­te und dies durch ein bei­spiel­lo­ses Bekennt­nis bezeug­te, indem er bei sei­ner Prie­ster­wei­he unter dem Chor­rock die Uni­form der NS-nahen, para­mi­li­tä­ri­schen Grün­hem­den-Miliz Ação Inte­gra­li­sta Bra­silei­ra trug.

Als man ihn erst­mals zum Weih­bi­schof von Rio de Janei­ro machen woll­te, lehn­te Papst Pius XII. Câma­ra wegen des­sen poli­ti­schen Akti­vis­mus ab. Die­ses Kapi­tel in sei­nem Leben ließ Câma­ra spä­ter syste­ma­tisch ver­schwei­gen. Das hat­te sei­nen Grund: Natio­nal­so­zia­lis­mus und Faschis­mus waren im Zwei­ten Welt­krieg geschei­tert und besiegt wor­den. Câma­ra wech­sel­te des­halb nach 1945 schnell und ohne Zwi­schen­stopp in das sozia­li­sti­sche Lager, knüpf­te enge Ver­bin­dun­gen zu kom­mu­ni­sti­schen Grup­pen und sozia­li­sti­schen Regi­men und wur­de ein Ver­fech­ter der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie.

Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re nann­te Câma­ra 1986 einen „ver­wirr­ten Katho­li­ken“. Câma­ra war ein begna­de­ter Agi­ta­tor. Im zwei­ten Teil sei­nes Lebens, durch die genann­te Epi­so­de in den 30er und 40er Jah­ren vor­ge­warnt, hielt er sich nach außen bedeck­ter, wodurch er sei­ne Kar­rie­re nicht mehr gefähr­de­te und noch umfang­rei­cher han­deln konn­te. Der ita­lie­ni­sche Histo­ri­ker, Jour­na­list und Schrift­stel­ler Indro Mon­ta­nel­li (1909–2001) schrieb:

„Die Lin­ke liebt die Armen so sehr, daß sie wann immer sie an die Macht kommt ihre Zahl erhöht.“

Ergän­zend füg­te Katho​li​sches​.info 2015 hin­zu: Und Papst Fran­zis­kus scheint eine Schwä­che für lin­ke Ideo­lo­gen im Kle­ri­ker­ge­wand zu haben.

Infor­ma­tio­nen und Hin­ter­grün­de über Erz­bi­schof Hél­der Câma­ra fin­den Sie im Arti­kel: Wer war Hél­der Câma­ra wirklich?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: arqui​dio​ce​seo​lin​da​re​ci​fe​.org (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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