„Laßt mich nicht allein“ – Hilferuf eines nicaraguanischen Priesters

Ortega-Regime verbietet acht katholische Radiosender


Don Uriel Vallejos, Pfarrer in der Diözese Matagalpa (Nicaragua), ist seit Montag "Gefangener" in seiner Pfarrei, die von der Polizei gestürmt wurde.
Don Uriel Vallejos, Pfarrer in der Diözese Matagalpa (Nicaragua), ist seit Montag "Gefangener" in seiner Pfarrei, die von der Polizei gestürmt wurde.

(Mana­gua) Der nica­ra­gua­ni­sche Prie­ster Uri­el Val­le­jos rief gestern die Gläu­bi­gen sei­ner Pfar­rei Divina Miser­i­cor­dia zu sei­ner Unter­stüt­zung auf. Am Mon­tag waren Poli­zi­sten gewalt­sam in die Pfarr­kir­che und das Pfarr­haus ein­ge­drun­gen und hal­ten sie seit­her besetzt.

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„Wir sind wei­ter­hin auf der Hut, aber wir sind hier und bit­ten den Herrn um Kraft. Dan­ke für Ihre Gebe­te, las­sen Sie mich nicht allein! Die Jung­frau von Fati­ma beglei­tet uns.“ 

Mit die­ser Nach­richt auf Twit­ter wand­te sich der Prie­ster der Pfar­rei Divina Miser­i­cor­dia in der Gemein­de Séba­co an die Öffentlichkeit.

Die Poli­zei des san­di­ni­sti­schen Orte­ga-Regimes stürm­te die Pfar­rei, um die Aus­rü­stung eines Radio­sen­ders zu beschlag­nah­men. Don Val­le­jos führ­te den Betrieb eines Pfarr­sen­ders für die Über­tra­gung der Lit­ur­gie und Kate­che­se. Seit sich die Lage im Kampf der San­di­ni­sten gegen die Kir­che zuspitz­te, wur­de der Sen­der zu einem wich­ti­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Infor­ma­ti­ons­ka­nal. Das Regime fühlt sich aller­dings bereits durch Anspie­lun­gen in Pre­dig­ten pro­vo­ziert und schlägt zu. Don Val­le­jos sagte:

„Was auch immer der Prä­si­dent oder Rosa­rio Mur­il­lo sagen mögen, die Kir­che wird in die­sen schwie­ri­gen Zei­ten, die das Land durch­lebt, immer pro­phe­tisch sein.“

Im ver­gan­ge­nen Früh­jahr wur­den Hun­der­te von NGOs ver­bo­ten und ihre Ver­tre­ter, sofern Aus­län­der, des Lan­des ver­wie­sen. Seit­her wur­de auch zahl­rei­che Medi­en von den Behör­den geschlos­sen, dar­un­ter jüngst acht katho­li­sche Radio­sen­der. Einer davon ist der Pfarr­sen­der von Don Vallejos.

Der Prie­ster schloß sich in sei­nem Zim­mer ein. Bis zu ihm ist die Poli­zei noch nicht vor­ge­drun­gen. Der Prie­ster twit­ter­te eine Rei­he von Psal­men und Gebeten:

„Heu­te, da wir das Fest Unse­rer Lie­ben Frau von den Engeln fei­ern, bit­ten wir um ihre mäch­ti­ge Für­spra­che bei Gott für unser Hei­mat­land Nica­ra­gua, möge sie mit ihrer müt­ter­li­chen Lie­be über uns wachen! Maria von Nica­ra­gua, Nica­ra­gua für Maria.“

Die Pfarr­schu­le wur­de geschlossen

Er dank­te vor allem den „Brü­dern und Schwe­stern“ in Costa Rica für ihre Soli­da­ri­tät und Unter­stüt­zung. In Costa Rica hat­ten auch die Mis­sio­na­rin­nen der Näch­sten­lie­be Auf­nah­me gefun­den, als sie von den San­di­ni­sten des Lan­des ver­wie­sen wurden.

Wegen der „Bela­ge­rung und Beset­zung“ von Pfarr­kir­che, Pfarr­haus und Schu­le teil­te die Schul­lei­tung mit, daß „der Unter­richt an unse­rer Schu­le San Luis Gon­z­a­ga in Séba­co bis auf wei­te­res aus­ge­setzt ist“.

Der Pfar­rer gab zudem bekannt, daß sich „vie­le Bereit­schafts­po­li­zi­sten in der Kir­che Niño Jesús de Pra­ga“ und in der Schu­le befin­den. Es ist nicht bekannt, wie­viel Don Val­le­jos zu trin­ken und zu essen hat.

Die Schlie­ßung des katho­li­schen Radio­sen­ders wur­de vom Bis­tum Matag­al­pa bestä­tigt. Die Diö­ze­se wird von Bischof Rolan­do Álva­rez gelei­tet, einem der schärf­sten Kri­ti­ker von Staats- und Regie­rungs­chef Dani­el Orte­ga. Bischof Álva­rez steht selbst im Visier des Regimes und begab sich des­halb vor eini­gen Wochen in den Hun­ger­streik.

Die Regie­rung Orte­ga ord­ne­te am Mon­tag über die Nica­ra­gua­ni­sche Tele­com und Post (Tel­cor) die Schlie­ßung von acht katho­li­schen Radio­sen­dern an. Die betrof­fe­nen Sen­der sind:

  • Radio Her­ma­nos
  • Radio Nue­stra Seño­ra de Lourdes
  • Radio Nue­stra Seño­ra de Fátima
  • Radio Alli­ens
  • Radio Mon­te Carmelo
  • Radio San José
  • Radio Cató­li­ca
  • Radio San­ta Lucía

Alle befin­den sich in der Diö­ze­se Matagalpa.

Bischof Álva­rez for­der­te Tel­cor auf, öffent­lich bekannt­zu­ge­ben, auf wel­cher Rechts­grund­la­ge die Schlie­ßun­gen erfol­gen und was den Sen­dern vor­ge­wor­fen wird.

Die nica­ra­gua­ni­sche Regie­rung hat­te in den ver­gan­ge­nen drei Mona­ten über Tel­cor bereits drei katho­li­sche Sen­der abschal­ten lassen.

Seit die Kir­che in den Unru­hen 2018, als es zu Auf­stän­den der Bevöl­ke­rung gegen das san­di­ni­sti­sche Regime kam, zu ver­mit­teln ver­such­te, um einen „natio­na­len Dia­log für eine fried­li­che Lösung der Kri­se“ zu begin­nen, wer­den ihre Ver­tre­ter von Orte­ga als „Ter­ro­ri­sten“ bezeichnet.

Im Novem­ber 2021 ließ sich Orte­ga im Wider­spruch zur nica­ra­gua­ni­schen Ver­fas­sung ein fünf­tes Mal zum Staats- und Regie­rungs­chef und sei­ne Frau Rosa­rio Mur­il­lo zur Vize­prä­si­den­tin wäh­len. Die Oppo­si­ti­on spricht von Wahl­be­trug und nicht frei­en Wah­len. Im Vor­feld hat­te Orte­ga alle rele­van­ten Gegen­kan­di­da­ten ver­haf­ten oder unter Ankla­ge stel­len las­sen. Sei­ne wich­tig­sten Kon­kur­ren­ten sit­zen seit­her im Gefängnis.

Papst Fran­zis­kus, der von Orte­ga als „Freund“ bezeich­net wird, schweigt zu den Ereignissen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Confidencial/​Facebook (Screen­shots)

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