(Madrid) Die Kirchenverfolgung seit 1931 durch das Volksfront-regierte Spanien war besonders grausam. Heute gibt es Versuche, die Geschichte umzuschreiben. Die historischen Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Biblioteca de Autores Cristianos (BAC, Bibliothek christlicher Autoren) veröffentlichte soeben den fünften Band der Reihe „Die Zweite Republik und der Bürgerkrieg im Geheimarchiv des Vatikans“ des valencianischen Historikers Vicente Cárcel Orti. Band fünf behandelt das Jahr 1937. Auf 1.080 Seiten veröffentlicht und analysiert er die Dokumente zu den „wichtigsten Ereignissen“ jenes Jahres. Der Kirchenhistoriker Vicente Carcel ist zugleich Bischofsvikar des Erzbistums Valencia.
Im Mittelpunkt des neuen Bandes steht die gemeinsame Erklärung der spanischen Bischöfe vom 1. Juli 1937. „Das war eine mutige Anklage gegen die schreckliche Verfolgung durch die Republik, unter der die katholische Kirche seit dem Mai 1931 bis zum 18. Juli 1936, dem Ausbruch des Bürgerkrieges, zu leiden hatte“, so Carcel.
Darin werden der Haß gegen die Kirche, die Angriffe gegen Kirchen und Klöster, die kirchenfeindlichen Gesetze und Bestimmungen, die Feindseligkeit gegen den Klerus und allgemein gegen Katholiken dokumentiert. Das hatte alles noch nichts mit dem Bürgerkrieg zu tun, sondern ging diesem voraus. Die ersten Märtyrer waren im Oktober 1934 33 Ordenspriester und junge Seminaristen in Oviedo.
Spanien erlebte die „blutigste Verfolgung in seiner Geschichte mit 13 Bischöfen, mehr als 6.800 Priestern und Ordensleuten und rund 3.000 identifizierten katholischen Laien, Männer und Frauen, die aus Haß gegen den christlichen Glauben ermordet wurden“.
Erst am 18. Juli 1936 brach der Bürgerkrieg aus.
Die „einzige Verteidigung“ der Märtyrer „war die Liebe und die Vergebung, die darauf drängte, keinen Haß gegen die Verfolger aufkommen zu lassen“. Der Historiker betont, daß sie – anders als häufig „von interessierter Seite“ behauptet – „nicht Opfer des Krieges wurden, weil der Angriff der Republikaner auf die Kirche bereits fünf Jahre vorher begonnen hat“.
Carcel führt in seinem Band eine Vielzahl von Dokumenten an, die Zeugnis über die historischen Fakten geben. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Erklärung der spanischen Bischöfe von 1937, die vor dem Hintergrund der fünfjährigen, grausamen Kirchenverfolgung vor Ausbruch des Bürgerkrieges zu sehen ist.
Der spätere Erzbischof von Toledo, dann Madrid und Vorsitzender der Spanischen Bischofskonferenz, Vicente Kardinal Enrique y Tarancón, der 1929 zum Priester geweiht worden war, schrieb über die Zeit der republikanischen Volksfront aus Linksliberalen, Sozialisten, Kommunisten, Freimaurern und Anarchisten:
„Sie wollten Spanien entchristlichen und es in einen Satelliten Rußlands umwandeln, deshalb war es eine Pflicht, zur Verteidigung des Glaubens zu den Waffen zu greifen.“
Das Zeugnis des Kardinals ist von besonderer Bedeutung, so Carcel, weil Taracon als Franco-Gegner bekannt wurde. Ein weiteres Thema des Bandes ist die Zurückhaltung des Vatikans bei der Anerkennung der nationalen Regierung und die Aufrechterhaltung diplomatischer Beziehungen zur republikanischen Regierung. Erst im Juni 1938 wurde die nationale Regierung von General Franco vom Heiligen Stuhl anerkannt.
Wie aus den Dokumenten des Geheimarchivs hervorgeht, so Carcel, intervenierte der Heilige Stuhl zugunsten zahlreicher zum Tode Verurteilter und politischer Gefangener bei den Regierungen „beider Spanien“. Der Vatikan bemühte sich sowohl bei den Republikanern als auch bei den Nationalen um Amnestie und Gefangenenaustausch.
Carcel kritisiert aktuelle Versuche, „die Geschichte auszulöschen“, indem „Symbole und Denkmäler zerstört und beseitigt“ werden. Dahinter stehe die Absicht „Personen aus dem Gedächtnis zu eliminieren“. Carcel kritisiert solche Versuche als „ausgesprochen schlecht“, denn sie „leisten keinen Beitrag zur Befriedung und Versöhnung mit der historischen Wahrheit“, sondern seien nur eine Fortsetzung des alten Konflikts in neuer Form. Der Kirchenhistoriker meinte damit Versuche eine linken Deutungshoheit über die Geschichte zu erlangen, die Volksfront-Greuel als „antifaschistischen“ Kampf zu einer Art Kult zu erheben.
Für den Historiker „besteht die einzige Form für das authentische historische Gedächtnis eines Volkes, jenseits von ideologischer Parteinahme und schädlichen Manipulationen, darin, die eigene Geschichte kennenzulernen und zu verstehen, nicht aber zudecken oder austilgen zu wollen, was daran stört“.
Die zahlreichen nun erstmals veröffentlichten Dokumente aus dem Geheimarchiv des Vatikans können „einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diese Geschichte kennenzulernen und zu verstehen“, so Carcel. Das gelte besonders auch für das Jahr 1937.
Zu den nunmehr fünf Bänden, die den Zeitraum von 1931–1937 umfassen, werden weitere zwei Bände für die Jahre 1938 und 1939 folgen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons