Spaniens Bürgerkrieg gingen fünf Jahre der grausamsten Kirchenverfolgung voraus – Dokumente des Geheimarchivs des Vatikans veröffentlicht


Spanischer Kirchenhistoriker kritisiert Versuche, das historische Gedächtnis manipulieren zu wollen. Das sei besonders bedenklich, da in Spanien seit 1931 (fünf Jahre vor Ausbruch des Bürgerkrieges) Vertreter der Volksfront mit "revolutionären Exhumierungen" begonnen haben. Dabei wurden die Gräber von Klerikern und Ordensleuten aufgerissen und die Laien herausgezerrt als "Beweis", daß nach dem Tod nur die Verwesung ist, und als "Sieg" über die Religion und die Kirche. Im Bild: Volksfront-Vertreter mit der aus dem Grab geholten Leiche eines Priesters.
Spanischer Kirchenhistoriker kritisiert Versuche, das historische Gedächtnis manipulieren zu wollen. Das sei besonders bedenklich, da in Spanien seit 1931 (fünf Jahre vor Ausbruch des Bürgerkrieges) Vertreter der Volksfront mit "revolutionären Exhumierungen" begonnen haben. Dabei wurden die Gräber von Klerikern und Ordensleuten aufgerissen und die Leichen herausgezerrt als "Beweis", daß nach dem Tod nur die Verwesung ist, und als "Sieg" über die Religion und die Kirche. Im Bild: Volksfront-Vertreter mit der aus dem Grab geholten Leiche eines Priesters.

(Madrid) Die Kir­chen­ver­fol­gung seit 1931 durch das Volks­front-regier­te Spa­ni­en war beson­ders grau­sam. Heu­te gibt es Ver­su­che, die Geschich­te umzu­schrei­ben. Die histo­ri­schen Fak­ten spre­chen eine ande­re Spra­che. Die Biblio­te­ca de Auto­res Cri­stia­nos (BAC, Biblio­thek christ­li­cher Autoren) ver­öf­fent­lich­te soeben den fünf­ten Band der Rei­he „Die Zwei­te Repu­blik und der Bür­ger­krieg im Geheim­ar­chiv des Vati­kans“ des valen­cia­ni­schen Histo­ri­kers Vicen­te Cár­cel Orti. Band fünf behan­delt das Jahr 1937. Auf 1.080 Sei­ten ver­öf­fent­licht und ana­ly­siert er die Doku­men­te zu den „wich­tig­sten Ereig­nis­sen“ jenes Jah­res. Der Kir­chen­hi­sto­ri­ker Vicen­te Car­cel ist zugleich Bischofs­vi­kar des Erz­bis­tums Valencia.

Band 5: Geschichte der Kirchenverfolgung und des Spanischen Bürgerkrieges, 1937
Band 5: Geschich­te der Kir­chen­ver­fol­gung und des Spa­ni­schen Bür­ger­krie­ges, 1937
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Im Mit­tel­punkt des neu­en Ban­des steht die gemein­sa­me Erklä­rung der spa­ni­schen Bischö­fe vom 1. Juli 1937. „Das war eine muti­ge Ankla­ge gegen die schreck­li­che Ver­fol­gung durch die Repu­blik, unter der die katho­li­sche Kir­che seit dem Mai 1931 bis zum 18. Juli 1936, dem Aus­bruch des Bür­ger­krie­ges, zu lei­den hat­te“, so Carcel.

Dar­in wer­den der Haß gegen die Kir­che, die Angrif­fe gegen Kir­chen und Klö­ster, die kir­chen­feind­li­chen Geset­ze und Bestim­mun­gen, die Feind­se­lig­keit gegen den Kle­rus und all­ge­mein gegen Katho­li­ken doku­men­tiert. Das hat­te alles noch nichts mit dem Bür­ger­krieg zu tun, son­dern ging die­sem vor­aus. Die ersten Mär­ty­rer waren im Okto­ber 1934 33 Ordens­prie­ster und jun­ge Semi­na­ri­sten in Oviedo.

Spa­ni­en erleb­te die „blu­tig­ste Ver­fol­gung in sei­ner Geschich­te mit 13 Bischö­fen, mehr als 6.800 Prie­stern und Ordens­leu­ten und rund 3.000 iden­ti­fi­zier­ten katho­li­schen Lai­en, Män­ner und Frau­en, die aus Haß gegen den christ­li­chen Glau­ben ermor­det wurden“.

Erst am 18. Juli 1936 brach der Bür­ger­krieg aus.

Die „ein­zi­ge Ver­tei­di­gung“ der Mär­ty­rer „war die Lie­be und die Ver­ge­bung, die dar­auf dräng­te, kei­nen Haß gegen die Ver­fol­ger auf­kom­men zu las­sen“. Der Histo­ri­ker betont, daß sie – anders als häu­fig „von inter­es­sier­ter Sei­te“ behaup­tet – „nicht Opfer des Krie­ges wur­den, weil der Angriff der Repu­bli­ka­ner auf die Kir­che bereits fünf Jah­re vor­her begon­nen hat“.

Car­cel führt in sei­nem Band eine Viel­zahl von Doku­men­ten an, die Zeug­nis über die histo­ri­schen Fak­ten geben. Beson­de­res Augen­merk liegt dabei auf der Erklä­rung der spa­ni­schen Bischö­fe von 1937, die vor dem Hin­ter­grund der fünf­jäh­ri­gen, grau­sa­men Kir­chen­ver­fol­gung vor Aus­bruch des Bür­ger­krie­ges zu sehen ist.

Der spä­te­re Erz­bi­schof von Tole­do, dann Madrid und Vor­sit­zen­der der Spa­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Vicen­te Kar­di­nal Enri­que y Taran­cón, der 1929 zum Prie­ster geweiht wor­den war, schrieb über die Zeit der repu­bli­ka­ni­schen Volks­front aus Links­li­be­ra­len, Sozia­li­sten, Kom­mu­ni­sten, Frei­mau­rern und Anarchisten:

„Sie woll­ten Spa­ni­en ent­christ­li­chen und es in einen Satel­li­ten Ruß­lands umwan­deln, des­halb war es eine Pflicht, zur Ver­tei­di­gung des Glau­bens zu den Waf­fen zu greifen.“

"Revolutionäre Exhumierung" einer Nonne.
„Revo­lu­tio­nä­re Exhu­mie­rung“ einer Nonne.

Das Zeug­nis des Kar­di­nals ist von beson­de­rer Bedeu­tung, so Car­cel, weil Tara­con als Fran­co-Geg­ner bekannt wur­de. Ein wei­te­res The­ma des Ban­des ist die Zurück­hal­tung des Vati­kans bei der Aner­ken­nung der natio­na­len Regie­rung und die Auf­recht­erhal­tung diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen zur repu­bli­ka­ni­schen Regie­rung. Erst im Juni 1938 wur­de die natio­na­le Regie­rung von Gene­ral Fran­co vom Hei­li­gen Stuhl anerkannt.

Wie aus den Doku­men­ten des Geheim­ar­chivs her­vor­geht, so Car­cel, inter­ve­nier­te der Hei­li­ge Stuhl zugun­sten zahl­rei­cher zum Tode Ver­ur­teil­ter und poli­ti­scher Gefan­ge­ner bei den Regie­run­gen „bei­der Spa­ni­en“. Der Vati­kan bemüh­te sich sowohl bei den Repu­bli­ka­nern als auch bei den Natio­na­len um Amne­stie und Gefangenenaustausch.

Car­cel kri­ti­siert aktu­el­le Ver­su­che, „die Geschich­te aus­zu­lö­schen“, indem „Sym­bo­le und Denk­mä­ler zer­stört und besei­tigt“ wer­den. Dahin­ter ste­he die Absicht „Per­so­nen aus dem Gedächt­nis zu eli­mi­nie­ren“. Car­cel kri­ti­siert sol­che Ver­su­che als „aus­ge­spro­chen schlecht“, denn sie „lei­sten kei­nen Bei­trag zur Befrie­dung und Ver­söh­nung mit der histo­ri­schen Wahr­heit“, son­dern sei­en nur eine Fort­set­zung des alten Kon­flikts in neu­er Form. Der Kir­chen­hi­sto­ri­ker mein­te damit Ver­su­che eine lin­ken Deu­tungs­ho­heit über die Geschich­te zu erlan­gen, die Volks­front-Greu­el als „anti­fa­schi­sti­schen“ Kampf zu einer Art Kult zu erheben.

Für den Histo­ri­ker „besteht die ein­zi­ge Form für das authen­ti­sche histo­ri­sche Gedächt­nis eines Vol­kes, jen­seits von ideo­lo­gi­scher Par­tei­nah­me und schäd­li­chen Mani­pu­la­tio­nen, dar­in, die eige­ne Geschich­te ken­nen­zu­ler­nen und zu ver­ste­hen, nicht aber zudecken oder aus­til­gen zu wol­len, was dar­an stört“.

Die zahl­rei­chen nun erst­mals ver­öf­fent­lich­ten Doku­men­te aus dem Geheim­ar­chiv des Vati­kans kön­nen „einen wich­ti­gen Bei­trag dazu lei­sten, die­se Geschich­te ken­nen­zu­ler­nen und zu ver­ste­hen“, so Car­cel. Das gel­te beson­ders auch für das Jahr 1937.

Zu den nun­mehr fünf Bän­den, die den Zeit­raum von 1931–1937 umfas­sen, wer­den wei­te­re zwei Bän­de für die Jah­re 1938 und 1939 folgen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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