
(Rom) Am 12. Juni wurde in der Kirche Il Gesù in Rom, der Mutterkirche des Jesuitenordens, ein neuer Altar geweiht. Der US-amerikanische Priester und Blogger John Zuhlsdorf spricht „von einem der größten Akte des Vandalismus an einem der Meisterwerke des Barock“. An ungewöhnlichen Altargestaltungen gibt es in jüngster Zeit zahlreiche Beispiele. Ihnen scheint gemeinsam, sich möglichst radikal von der überlieferten Form und Gestaltung des Altars zu unterscheiden.
Der neue Hauptaltar entspricht einem Kubus und stellt somit einen sehr speziellen Entwicklungsstrang in der Altargestaltung der vergangenen Jahrzehnte dar. Einen auffälligen und besonders umstrittenen Entwicklungsstrang.
In der Erläuterung des Jesuitenordens und der Diözese Rom zu diesem Eingriff heißt es:
„Die Kirche Il Gesù, Mutterkirche der Gesellschaft Jesu in Rom, weist eine Neugestaltung des Heiligtums im Einklang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf. Die Ende des 16. Jahrhunderts entworfene und 1584 geweihte Kirche des Heiligsten Namens Jesu verkörpert mit ihrem einschiffigen Innenraum und der Konzentration auf den Altar ganz den Geist des Konzils von Trient. Eine Aktualisierung der Liturgie war daher notwendig.“
In diesem Sinne äußerte sich auch P. Giuseppe Midili, der Karmelit ist Leiter des Liturgischen Amtes der Diözese Rom und Verantwortlicher für die liturgische Projektierung:
„Es handelt sich um eine Umstrukturierung im Sinne der konziliaren Vorgaben. Die neue Anordnung konkurriert nicht mit der ursprünglichen, sondern entspricht den konkreten Bedürfnissen einer Gemeinschaft, die heute feiert. Es war notwendig, daß das Volk Gottes zusammenkommen und sich als ein Leib fühlen kann.“
Der Kubus im Freimaurertempel
Kritiker verweisen auf die Ähnlichkeit zum Kubus in Freimaurerlogen. Seit dem Ende des 18. Jahrhundert ist der Kubus fester Bestandteil der angelsächsischen Freimaurerei. Er steht, allerdings in zahlreichen Abwandlungen, in der Mitte des Logentempels und erfüllt die Funktion eines Altars. Auf ihm werden die Hauptsymbole der regulären Freimaurerei, Bibel, Zirkel und Winkel, abgelegt und die Gelöbnisse der Freimaurer geleistet. Die irreguläre Freimaurerei hat die Bibel weitgehend aus ihren Tempeln entfernt.
Die Freimaurer Eugen Lennhoff und Oskar Posner schrieben 1932 in ihrem Internationalen Freimaurer-Lexikon zum Stichwort „Kubus, Kubischer Stein“:
„Der Würfel (engl. perfect ashlar, frz. pierre cubique), ein Symbol der Johannismaurerei. Der behauene Stein ist das Lehrbild des Bausteins, der sich lückenlos dem Bau einfügt, und der in fleißiger Arbeit aus dem unbehauenen Stein erstehen soll. Daher ist er das Lehrbild des in der freimaurerischen Arbeit Vorgeschrittenen, der durch Arbeit an sich selbst die Fähigkeit zu tragfähiger Einfügung erreicht hat. Im Schwedischen bzw. Zinndorfschen System spielt der Kubus auch in höheren Graden eine Rolle, als Symbol des zur Gotteskindschaft erhobenen, erlösten Menschen, als Sinnbild auch des Obermeisters.“
Im 2011 erschienenen Deutschen Freimaurerlexikon heißt es:
„Der Kubus ist als Symbol in der Freimaurerei die Zielvorstellung des Bruders geworden, der in seiner Persönlichkeit sich der Vollkommenheit nähern möchte. – Der Kubus, als menschliche Seele interpretiert, deutet auf ein unvergängliches Sein hin.“
Die „Vollkommenheit“ und das „unvergängliche Sein“ sind nicht im kirchlichen Sinn gemeint.
In dem 1822 im Brockhaus-Verlag herausgegebenen ersten Band der Encyclopädie der Freimaurerei werden Friedrich Mossdorf’s Mittheilungen an denkende Freymaurer von 1818 zitiert:
„Nach dem neuenglischen System ‚ist der glatte oder zugerichtete Bruchstein‘, wie er darin benannt wird, ‚ein geglätteter Stein von einer vollkommen rechtwinkeligen Würfelgestalt, auf welchen der erfahrene Mason seine Kunstfertigkeit verwendet hat, und bezieht sich lehrbildlich auf den Verstand des Menschen im Zustande seines Wachsthums, nachdem er die Vortheile einer freysinnigen Erziehung, väterlicher Vermahnungen und guter Bei[y]spiele genossen hat‘.“
Während der Kubus im Christentum keine Rolle spielt, beschäftigen sich die Freimaurer ausgiebig damit. Der „rauhe“ Stein wird behauen und zu perfekten kubischen Linien geführt. Solche Beschreibungen, wie sie bei der Errichtung neuer Altäre zu lesen sind, könnten wortwörtlich aus einer Loge stammen. Mit einem Unterschied: Die Logen behauen den Stein nicht erst seit 30 Jahren, sondern seit 300 Jahren. Nur Zufall?
In der freimaurerischen Symbolik taucht der Kubus nachweislich 1745 auf. Er wird zusammen mit einer Axt dargestellt, wobei die Freimaurer selbst nicht wissen, warum laut dieser Überlieferung eine Axt in den Kubus getrieben werden soll. Der Kubus steht für den behauenen Stein, der mit dem „Stein der Weisen“ assoziiert wird. Eine freimaurerische Darstellung aus einer englischen Loge von 1793 zeigt den Stein leicht gesprungen, offenbar durch die Einwirkung der Axt.
Laut der Interpretation des Schweizer Hochgradfreimaurers und Okkultisten Oswald Wirth, eigentlich Joseph Paul Oswald, von 1922 zeige die Axt „ohne Zweifel, daß man den Stein öffnen muß, ihn spalten, um in sein Inneres zu gelangen, zu seiner Esoterik“.
Die Bearbeitung des „rauhen Steins“, wie es die Aufgabe eines jeden Freimaurers ist, meint, „sich selbst schaffen“. Die Unterschiede zur geoffenbarten christlichen Lehre liegen auf der Hand, weshalb eine Unvereinbarkeit von Kirche und Loge gilt. Genau diese wollen Logenbrüder der regulären Freimaurerei und bestimmte kirchliche Kreise seit den späten 60er Jahren überwinden. Hat die Analogie des Kubusaltars aus dem Logentempel damit zu tun?
Der neue Kubusaltar in der Mutterkirche der Jesuiten ist übrigens auch aufgebrochen. An Interpretationen dafür wird es nicht fehlen. Am 14. Juni fand eine Tagung zur Neugestaltung statt, die vom Jesuitenorden ausgerichtet wurde in Zusammenarbeit mit dem Vikariat der Diözese Rom und der Fondazione Roma, die den Umbau finanzierte.
Dennoch stellt sich die Frage, warum der Kubus seit den 90er Jahren als Altar in den Kirchen immer größere Verbreitung findet.
Der Kubus als frümittelalterlicher Altar?

Verweise, die frühmittelalterlichen Altäre hätten eine kubische Gestalt gehabt, entbehren der Grundlage. Der christliche Altar war in frühester Zeit ein Tisch, wie es im Jerusalemer Obergemach der Fall war, als Jesus Christus mit den Aposteln das Letzte Abendmahl feierte. Als nach der Konstantinischen Wende im 4. Jahrhundert der öffentliche Kirchenbau möglich wurde, setzte die Errichtung feststehender Altäre ein, die blockartig gemauert waren, da sie zum Verwahrungsort der darin eingelassenen Reliquien wurden. Die Altarplatte (lat. mensa), als eigentlicher Ort der Kulthandlung, ragte weiterhin wie eine Tischplatte über diesen Sockel hinaus. Ein Kubus als Kultort spielte im Christentum zu keiner Zeit eine Rolle.
Der Kubusaltar, wie er heute auftritt, läßt sich daher nur sehr entfernt mit dem frühmittelalterlichen Altarsockel in Verbindung bringen. Vor allem aber fehlt ihm die Mensa, die eigentliche Altarplatte. Der Kubus, wie er sich in Il Gesù zeigt, stellt deshalb eine Verfremdung dar, einen Torso, ein Element, das Ende des 20. Jahrhunderts ex novo in die Altargestaltung eingeführt wurde.
Es stellt sich die Frage, warum der Kubus seit kurzem in die Kirchen eindringt. Möglich wurde dies durch die Liturgiereform von 1969/70 und die dadurch erfolgten Eingriffe. Als mögliche Antwort steht die ernstzunehmende Kritik im Raum, daß es sich beim Kubusaltar um eine Spiegelung des freimaurerischen Altars des Logentempels handelt. In diesem Fall würde es sich um eine schwerwiegende Usurpation handeln. Bemächtigen sich die Freimaurer des Kirchenraumes?
Die Frage muß offen bleiben.
Die Verwaisung des Altarraumes
In der römischen Kirche Il Gesù wurde durch die Neugestaltung vollzogen, was im deutschen Sprachraum bereits in einigen Kirchen, darunter auch Bischofskirchen, Realität ist: das Verlassen des Altarraumes.
Im Zuge der nachkonziliaren Liturgiereform wurden die Hauptaltäre der Kirchen aufgegeben. Sie sind seither verwaist. Der Kultus erfolgt auf sogenannten „Volksaltären“, die zunächst provisorische, inzwischen dauerhafte Aufstellung fanden.
In einem weiteren Schritt folgt seit etwa 2010 die völlige Verwaisung des Presbyteriums, indem der „Volksaltar“ weit in das Kirchenschiff hineingestellt wird. Die räumliche Trennung von Kultort (des Priesters) und Versammlungsort (der Gläubigen), wie er seit dem öffentlichen Kirchenbau in der Antike überliefert ist, wird eliminiert. Bis zur Liturgiereform war der Altarraum, in der Nachfolge des Allerheiligsten im Jerusalemer Tempel, ein exklusiver Ort. Er galt als „heiliger Boden“, wie es Gott selbst dem Moses offenbarte, als Er sich ihm im brennenden Dornbusch zeigte. Die heiligste Handlung war in der lateinischen Kirche ehrfürchtig hinter Vorhängen mit der Funktion einer Ikonostase (der den Altarraum abschirmenden Bilderwand) verborgen, wie sie die orthodoxe Kirche noch heute kennt. Der Hinweis veranschaulicht den weiten Weg, der liturgisch seither zurückgelegt wurde, bis hin zur heutigen Verödung und Musealisierung des Altarraumes. Auf die Doppelung des Altares folgt inzwischen die Doppelung des Altarraumes. Der Begriff Presbyterium scheint dabei nur mehr bedingt anwendbar.

Der neue Kubusaltar der römischen Jesuitenkirche erinnert aber nicht nur an den Freimaureraltar im Logentempel, sondern auch an die Kaaba in Mekka. An diese erinnert übrigens auch der Freimaureraltar. Schließt sich hier der Kreis gleich doppelt? Das muß wenig bedeuten, da die Freimaurerei dazu neigt, alles in einem gnostischen Sinn aufzusagen und umzudeuten, was ihr genehm ist.
Kunstkritiker beklagen, daß der schwarze Kubusaltar auf einem flachen runden Holzpodest das Kircheninnere von Il Gesù als barockes Gesamtkunstwerk stark beeinträchtigt. Die 1568–1580 errichtete Kirche ist der Prototyp einer Jesuitenkirche und ein herausragendes Beispiel für den römischen Barock. Als solches spielte sie in der Entfaltung dieser Stilrichtung eine maßgebliche Rolle.
In der Kirche befindet sich auch die Kapelle des heiligen Ignatius von Loyola, in welcher der Gründer der Gesellschaft Jesu beigesetzt ist. Die Kapelle zählt zu den Meisterwerken der Barockkunst.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana/Wikicommons/MiL
Bei Firmen kennt man den Vorgang der feindliche Übernahme. Aus meiner Sicht erfolgt in der Kirche dasselbe, Schritt für Schritt. Der Freimaurer-Kaaba-Klotz ist der Altar der kommenden antichristlichen Welteinheitsreligion, deren Gebilde das „Haus des Einen“ ist, wie Papst Franziskus die drei Kultgebäude – Synagoge, Kirche, Moschee – nennt, deren Fundamente miteinander verbunden sind. Allein, dass in dem Wortgebilde „Haus des Einen“ das Einen groß geschrieben wird, zeigt schon den Anspruch auf Anbetung.
Die gläubigen Juden lebten den Unterschied von Heiden, Juden und dem Hohenpriester, die nur unterschiedliche Bereiche des Tempels in Jerusalem betreten durften, das Allerheiligste selbst nur vom Hohenpriester einmal im Jahr. Die frühen Christen ließen Heiden nur zum Wortgottesdienst zu, vom Opfergottesdienst waren sie ausgeschlossen. Heute sieht man alle, die wollen, beim Opfergottesdienst. Der Altarraum wurde übernommen von Kommunionhelfern, Kindern. Zu den Ministranten, denen durch ihren Dienst nahe am Altar geholfen werden sollte, ihre mögliche Berufung zum Priester besser zu erkennen, gesellten sich Ministrantinnen ohne Aussicht auf Berufung, die dann die Ministranten verdrängten und heute gibt es meist nur noch einen älteren Mann, oft gar keinen Ministranten, dafür ältere Frauen mit Gitarren, die die Orgel, das majestätische wohlklingende Instrument der Kirchenmusik zum Schweigen bringen. Alles wird profaniert, entheiligt, Ehrfurcht und Anbetung verschwinden.