
(Buenos Aires) Ende Oktober wurde in Santiago del Estero ein interreligiöser „Park der Begegnung“ eröffnet. Ein kleines „Disneyland“ der Religionen. Auch die Pachamama hat dort ihren Platz gefunden. Papst Franziskus begrüßte die Initiative und ließ wissen, daß ihn der Park „glücklich“ mache.
Der Parque del Encuentro ist frei und kostenlos zugänglich und richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche. Sie sollen durch den religiös-pädagogischen Themenpark zum „Verständnis zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen“ erzogen werden.
Santiago del Estero ist die Hauptstadt der gleichnamigen argentinischen Provinz im Nordwesten des Landes und zählt gut 250.000 Einwohner. Der Park entstand auf einem Gelände, wo bis vor wenigen Jahren der städtische Zoo betrieben wurde.
Der Phallus und Mutter Erde
Nun sind nebeneinander Nachbildungen von „Heiligtümern“ der großen Weltreligionen zu sehen. Auf einer Fläche von zwei Hektar stehen im Halbkreis fünf Gebäude, je eines für die katholische Kirche, den Protestantismus, das Judentum, den Islam und den Buddhismus. Hinzu kommt ein „Obelisk der Brüderlichkeit der Menschen“, der offensichtlich als sechstes Element die Freimaurerei und die westliche Zivilreligion repräsentiert. Der Obelisk wird offiziell nicht als Symbol der Freimaurerei gedeutet, sondern als „harmloser Ersatz“ für das männliche Geschlechtsorgan.
Alle Bauwerke stehen um einen zentralen Platz, der Amphitheater der Pachamama heißt. Dieses siebte Element wurde als Steinterrassen angelegt, die Ausdruck der „Fruchtbarkeit von Mutter Erde“ seien.
Pagode, Moschee, Synagoge und Kirche sind als „Tempel“ präsent, die Freimaurerei und der Gaia-Kult durch Symbole. Die Anordnung bringt offensichtlich zum Ausdruck, daß die Religionen im Sinne der „Überreligion“ einer „Brüderlichkeit aller Menschen“ und des Gaia-Kultes der Pachamama zu relativieren, zusammenzuführen und letztlich zu überwinden sind. In der offiziellen Beschreibung heißt es, die Gruppierung um das Amphitheater der Pachamama sei eine „symbolische Umarmung“ aller Religionen. InfoVaticana interpretiert etwas akzentuierter:
„Der Phallus durchdringt die Göttin Mutter Erde, um die Brüderlichkeit der Menschen neu zu entfachen.“
An der Eröffnung nahmen der linksliberale Gouverneur der Provinz Santiago del Estero und die entsprechenden Religionsvertreter teil. Argentinische Medien zogen Parallelen zur República de los Niños (Republik der Kinder), einem Freizeitpark für Kinder, der 1951 vom damaligen Staats- und Regierungschef Juan Perón eröffnet wurde und als ältester Kinderfreizeitpark Amerikas gilt. Disneyland in Kalifornien wurde erst 1955 eröffnet.
Papst Franziskus zeigte sich über den interreligiösen Park nicht nur zufrieden, sondern „glücklich“ und übermittelte eine Grußbotschaft an Federico Wals, seinen jahrelangen Pressesprecher in der Zeit als Erzbischof von Buenos Aires und Primas von Argentinien. Franziskus schrieb ihm:
„Die Nachricht von dieser Unternehmung hat mich glücklich gemacht. Daß eine Gemeinschaft inmitten so vieler Meinungsverschiedenheiten den Mut hat, so etwas zu tun, setzt Mut, Tapferkeit und vor allem den Willen voraus, gemeinsam zu gehen. Inmitten dieses ‚Dritten Weltkriegs in Stücken und in Etappen‘, den die Menschheit erlebt, sind die kleinen Schritte der Begegnung zwischen uns Schöpfer von Frieden und Harmonie.“

Der Dritte Weltkrieg
Das Bild vom „bereits begonnenen Dritten Weltkrieg“ bleibt dunkel. Papst Franziskus sprach erstmals im August 2014 auf dem Rückflug aus Südkorea davon. Er verwendete dabei teils identische Worte, ohne näher auszuführen, was genau er damit meinte. Er warf Stichwörter hin, ohne diese in einen Zusammenhang zu stellen oder konkret zu werden: „nicht konventionelle Kriege“, „erschreckendes Ausmaß an Grausamkeit“, „Folter als fast normales Mittel“. Er fügte hinzu, daß nur die UNO entscheiden kann, wie ein Angreifer zu stoppen sei: „Eine einzelne Nation kann nicht darüber urteilen, wie einem ungerechten Angreifer Einhalt zu gebieten ist“. Es sei „legitim, dem ungerechten Angreifer Einhalt zu gebieten“. Zudem betonte er, „Einhalt gebieten“ gesagt zu haben, „nicht bombardieren, Krieg führen“.
Damals wurde seine Aussage mit den Kriegen in Syrien und im Irak in Verbindung gebracht, bei denen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) an führender Stelle mitmischte. Das war im Sommer 2014, als noch Barack Obama im Weißen Haus regierte, während der IS kurz nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers Donald Trump wieder so verschwinden sollte, wie er einige Jahre zuvor aus dem Nichts aufgetaucht war. Seither gilt als gesichert, daß der Friedensnobelpreisträger Obama der große Strippenzieher hinter dem IS war. Was das für die Destabilisierung des Nahen Ostens und Nordafrikas bedeutet hat, kann sich jeder selbst weiterdenken, auch was die Massaker an den dortigen Christen betrifft bis hin zu den „IS-Attentaten“ in Europa durch Trittbrettfahrer und die damit gerechtfertigten Sicherheits- und Antiterrorgesetze, die in den meisten westlichen Staaten verschärft wurden.
In seiner Grußbotschaft an Wals wiederholte Franziskus die Aussage vom Dritten Weltkrieg, aber ohne jede weitergehende Ausführung. An den IS und den Nahostkrieg kann der Papst Mitte Oktober nicht gedacht haben. Was meinte Franziskus aber dann mit dem „Dritten Weltkriegs in Stücken und in Etappen, den die Menschheit erlebt“?
Die westliche Welt, vor allem außerhalb der USA, erlebt gerade den massivsten Angriff auf seine verfassungsmäßige Ordnung seit dem Zweiten Weltkrieg. Nie wurden die Grund- und Freiheitsrechte in einem solchen Ausmaß eingeschränkt, nie seit 1945 erlebten die westeuropäischen Staaten so etwas wie das derzeitige Apartheid-Regime, das die Menschen, die vor der Verfassung gleich an Würde und vor Gesetz gleich an Rechten sind, in „Gute“ und „Schlechte“, in „Weiß“ und „Schwarz“ unterteilt, in solche, die „dazugehören“, und solche, die ausgeschlossen werden. Meint Franziskus diese erschreckende Entwicklung? Kaum zu glauben, da er selbst zu den führenden Propagandisten dieser Apartheid gehört. Was aber meint er dann?
Der „ältere Bruder“ der Religionsführer
Der argentinische Journalist und Publizist Lucas Schaerer schrieb am 1. November in der argentinischen Zeitung El Liberal (Der Liberale) die vielleicht wichtigste Anmerkung:
„Franziskus vereint alle Religionen und wird von den religiösen Führern als älterer Bruder im interreligiösen Dialog anerkannt, den er seit seiner Ernennung fördert.“
Was Schaerer wohlwollend bemerkt, ist der entscheidende Interpretationsschlüssel. Der Journalist schlägt dafür zurecht einen Bogen zum Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen von Abu Dhabi von Februar 2019. Unter dieser Perspektive reiht sich der mit päpstlichem Wohlwollen errichtete „interreligiöse Themenpark“ von Santiago del Estero in eine lange Reihe von päpstlichen Initiativen ein, die auf die Schaffung einer zivilen Welteinheitsreligion hinzielt, deren erster Sprecher der Papst ist.
Franziskus nennt es, wie er zum Themenpark mitteilte, die Förderung der „Begegnung mit dem Göttlichen“. Zu ergänzen wäre, daß damit eine „gleichwertige“ Begegnung gemeint ist, die zumindest einen Teil der Weltreligionen auf dieselbe Stufe stellt. Es handelt sich dabei um genau jene Religionen, die im ersten Video vom Papst vom Januar 2016 Berücksichtigung fanden: Christentum, Judentum, Islam und Buddhismus. Der Videoinhalt wurde damals als mißverständlich und relativistisch kritisiert.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/InfoVaticana