
(Mexiko-Stadt) „Die Tage der Ungewißheit sind nun vorbei“, schrieb Rorate Caeli am Fest des heiligen Nikolaus. Kardinal Francisco Robles, der Erzbischof von Guadalajara, nahm das von ihm erlassene Dekret, mit dem er Einschränkungen gegen den überlieferten Ritus und die Petrusbruderschaft verhängte, wieder zurück. Mexiko wird damit zum Präzedenzfall, daß erlassene Repressionen auch wieder rückgängig gemacht werden können – und das sogar sehr schnell.
Am 21. September hatte Kardinal José Francisco Robles Ortega, der Erzbischof von Guadalajara in Mexiko, ein Dekret erlassen, mit dem er das Motu proprio Traditionis custodes von Papst Franziskus vom 16. Juli in seinem Erzbistum umsetzte. Das Dekret war so knallhart formuliert, daß das baldige Ende der blühenden Gemeinde der Petrusbruderschaft, deren Hochburg in Lateinamerika, befürchtet wurde.
Die von Kardinal Juan Sandoval Íñiguez, dem Vorgänger von Kardinal Robles, 2010 in Guadalajara errichtete Quasi-Personalpfarrei San Pedro en Cadenas, die seither von der Petrusbruderschaft betreut wird, wurde mit einem Federstrich beseitigt.
Nach dem Bekanntwerden des Aufhebungsdekrets wandten sich die Gläubigen an den Erzbischof und an die Öffentlichkeit. Sie baten darum, die Quasi-Pfarrei nicht zu unterdrücken und in einen Dialog mit ihnen zu treten. Das Dekret, mit dem er die Quasi-Pfarrei „eliminierte“, hatte Kardinal Robles „ohne vorherigen Dialog“ erlassen. Die Gläubigen schrieben ihrem Oberhirten: „Das Dekret zerstört die Arbeit von mehr als einem Jahrzehnt einer frommen und lebendigen Gemeinschaft und läßt ihre Gläubigen in der Ungewißheit zurück“. Sie teilten dem Erzbischof mit: „Uns ist es wichtig, unseren Glauben kirchlich zu leben. Wir wollen einen Platz in der Kirche haben, um unseren Glauben zu praktizieren“.
Zugleich initiierte die Petrusbruderschaft eine Rosenkranznovene „für Papst Franziskus und die Bischöfe“, um zu zeigen „daß die Liebe zur Kirche und zur heiligen Tradition, insbesondere zur Heiligen Messe, nicht im Widerspruch zueinander stehen“. An den ersten neun Tagen im Oktober wurde rund um die Uhr in diesem Anliegen gebetet. Den Abschluß am neunten Tag bildete in Mexiko eine Fußwallfahrt zur Basilika Nuestra Señora de Zapopan.
Die Bemühungen blieben nicht erfolglos. Kardinal Robles besuchte vor wenigen Tagen die Niederlassung der Petrusbruderschaft, die Casa Cristo Rey, und sicherte eine „angemessene Bewertung des Nutzens“ der Quasi-Pfarrei für das geistliche Wohl der Gläubigen zu, wie es Traditionis custodes vorschreibe. Das von ihm erlassene Dekret und die Aufhebung der Quasi-Pfarrei sind damit vom Tisch. Ob und welche Veränderungen es für die Quasi-Pfarrei und das Wirken der Petrusbruderschaft nach dieser Neubewertung geben könnte, muß sich erst zeigen.
Die Gläubigen sind dennoch dankbar dafür, daß die Frage wieder offen ist und der Zustand vor dem Dekret wiederhergestellt ist. Sie sind dankbar, damit ihr kirchliches Leben fortsetzen und die Sakramente weiterhin nach dem überlieferten Ritus empfangen zu können. Vor allem kann so das fruchtbare Apostolat der Petrusbruderschaft fortgesetzt werden.
Die Gläubigen der Quasi-Pfarrei setzen ihr Gebet fort, damit auch andere Gemeinden des überlieferten Ritus Gehör und Erhörung finden, die durch die Umsetzung von Traditionis custodes geschädigt werden.
Bei seinem Besuch in der Casa Cristo Rey nahm Kardinal Robles im überlieferten Ritus die Weihe eines neuen Kreuzweges und eines Herz-Jesu-Bildes vor. Zudem erklärte er sich bereit, ein Pontifikalamt im überlieferten Ritus zu zelebrieren. Ein genaues Datum für diese Zelebration wurde noch bekanntgegeben.
Die Rücknahme des Dekrets, keine drei Monate nachdem es erlassen wurde, schafft einen Präzedenzfall. Viele Bischöfe sind bisher nicht aktiv geworden, um Traditionis custodes umzusetzen. Der Historiker und ehemalige Malteserritter Henry Sire, Autor des Papst-kritischen Buches „Der Diktator-Papst“ sieht darin eine Verweigerung, die sich gegen Papst Franziskus richte. Franziskus sei inzwischen „so unpopulär“, daß selbst Bischöfe, die keine Sympathie für den überlieferten Ritus haben, seine Anweisung ignorieren.
In Guadalajara liegt nun, bei aller gebotenen Vorsicht, die angebracht scheint, der erste Fall vor, wo ein Bischof Traditionis custodes zunächst auf harte Weise umsetzte, um dann zu erkennen, daß es sich dabei um den falschen Weg handelt.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: FSSP Mexico (Screenshot)