
(Rom) Eine Verteidigung von Traditionis custodes kommt von unerwarteter Seite. Kardinal Robert Sarah rechtfertigt das Motu proprio in einem Interview mit Le Figaro und erklärt, Papst Franziskus wolle damit „keineswegs die alte Liturgie unterdrücken“.
Jean-Marie Guénois, ehemaliger Vatikanist und derzeitiger Leiter des Bereichs Religion der französischen Tageszeitung, fragte Kardinal Sarah nach dem sexuellen Mißbrauchsskandal durch Kleriker, der Frankreich gerade erschüttert, dem Umgang der Kirche mit den Mißbrauchsopfern und dem priesterlichen Zölibat. Er befragte ihn aber auch nach Traditionis custodes und den damit verbundenen Spannungen. Der von Papst Franziskus im vergangenen Februar emeritierte Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenlehre verteidigte das Motu proprio, indem er Anleihen bei Formulierungen von Benedikt XVI. nahm, ohne diesen namentlich zu nennen.
Der deutsche Papst hatte 2007 mit dem Motu proprio Summorum Pontificum allen Priestern die Zelebration des überlieferten Ritus erlaubt. Durch Traditionis custodes wurde Summorum Pontificum keine vierzehn Jahre später faktisch beseitigt. Umso unerwarteter ist die Verteidigung des neuen Gesetzes durch einen Kardinal, der für seine liturgische Sensibilität gegenüber dem überlieferten Ritus bekannt ist.
Die betreffende Frage wurde am Ende des Interviews gestellt:
Jean-Marie Guénois: Sie waren als Präfekt der Gottesdienstkongregation zuständig für die Liturgie. Wie sehen Sie die aktuellen Spannungen unter den Gläubigen wegen des Motu proprio Traditionis custodes, das den Gebrauch der alten lateinischen Liturgie einschränkt?
Kardinal Sarah: Der Umgang mit der Liturgie ist immer sehr heikel. Sie ist der Ausdruck unserer innigen Beziehung zu Gott in Lobpreis und Liebe. Ich glaube, Papst Franziskus hat seine Absicht bei den verschiedenen Ad-limina-Besuchen der französischen und polnischen Bischöfe klar erklärt. Sein Ziel ist es keineswegs, die alte Liturgie abzuschaffen. Er ist sich bewußt, daß viele junge Menschen und Familien eng mit ihr verbunden sind. Und er achtet auf diesen Instinkt des Glaubens, der im Volk Gottes zum Ausdruck kommt. Es handelt sich bei ihnen also nicht um eine Nostalgie alter Menschen. Der Papst hat darum gebeten, daß dieser Text mit Flexibilität und väterlichem Sinn angewendet wird. Er weiß sehr wohl, daß das, was seit vielen Generationen heilig ist, nicht von heute auf morgen verachtet und verbannt werden kann.
Ich glaube im Gegenteil, daß der Papst erwartet, daß die heutige Liturgie durch das Beste der alten Liturgie bereichert wird. Er erwartet auch ganz klar, daß die alte Liturgie im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils gefeiert wird, was durchaus möglich ist. Sie ist kein Vorwand für jene, die das Konzil anfechten, und darf es auch nicht werden.
Falls Kardinal Sarah mit seiner Antwort einen Versuch unternehmen wollte, zu retten, was zu retten ist, vermag die Aussage nicht zu überzeugen. Es stimmt, daß Papst Franziskus, wie so oft in der Vergangenheit, auch zu Traditionis custodes unterschiedliche, teils gegensätzliche Signale aussendet. Das ist gewollt, um Widerstand zu verhindern, ändert aber nichts an dem angestrebten Ziel.
Es stimmt, daß er sich gegenüber den polnischen und französischen Bischöfen, die im September bzw. Oktober zum Ad-limina-Besuch in Rom waren, großzügig äußerte. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß er selbst zur gleichen Zeit für seine Diözese Rom eine harte Umsetzung des Motu proprio anordnete, die erst publik gemacht wurde, nachdem die genannten Bischöfe wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß die harte Umsetzung von Traditionis custodes in der Diözese Rom der tatsächlichen Intention des Papstes entspricht und als solche Vorbildwirkung ausübt. Der Verweis auf mündliche Aussagen ist damit obsolet geworden, wenngleich sich zumindest die französischen und polnischen Bischöfe in ihrem Jurisdiktionsbereich darauf berufen können. Die Wirkung und Relevanz eines schriftlich normierten Dekrets für die Diözese Rom ist, in die Zukunft projiziert, nicht mit mündlicher Großzügigkeit vergleichbar.
Und das Dekret für Rom ist sogar knallhart:
- Verbot der Zelebration des Triduum Paschale im überlieferten Ritus;
- implizit erwartete Konzelebration der Ecclesia-Dei-Priester im Novus Ordo;
- Verbot aller Sakramente im überlieferten Ritus, ausgenommen der Eucharistie;
- implizites Verbot, Neupriester im überlieferten Ritus zu weihen.
Die Einschränkungen sind so radikal, daß sie das faktische Ende der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften bedeuten. Gemäß dem für ihn charakteristischen Vorgehen wird Franziskus diese Gemeinschaften nicht aufheben. Er schnürt sie aber ab, indem er den Nachwuchs unterbindet, und läßt sie langsam aussterben. Das wird Jahrzehnte dauern, doch Franziskus denkt in solchen Zeiträumen, weit über sein eigenes Pontifikat hinaus. Seit Jahren heißt es aus dem päpstlichen Umfeld, das amtierende Kirchenoberhaupt wolle „kein Reformer“ sein. Er wolle „nur Prozesse anstoßen“, die jedoch „unumkehrbar“ sein sollen.
Am 24. August 2017 hatte Franziskus es in Sachen Liturgie selbst gesagt:
„Wir können mit sicherer Gewißheit und lehramtlicher Autorität bekräftigen, daß die Liturgiereform unumkehrbar ist.“
Die damaligen Worte waren übrigens eine unmißverständliche Absage an die damalige Bestrebungen von Kardinal Sarah, ohne diesen namentlich zu nennen, die Zelebrationsrichtung Osten im Novus Ordo wiederzugewinnen.
Der Ständige Rat der Italienischen Bischofskonferenz, die eine treibende Kraft hinter der Beseitigung von Summorum Pontificum ist, bekräftigte im September 2018 „die Unabänderlichkeit der Liturgiereform“.
Einziger Trost für die Gläubigen in Rom ist derzeit, daß die 2008 von Benedikt XVI. errichtete Personalpfarrei Santissima Trinità dei Pellegrini, die von der Petrusbruderschaft betreut wird, bestehenbleibt. Allerdings enthält das Dekret für die Diözese Rom auch dazu eine Einschränkung, wenn es heißt, daß sie „vorerst“ bestehenbleiben kann.
Papst Franziskus will „die alte Liturgie unterdrücken“, daran besteht kein Zweifel – und er tut es bereits.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Le Figaro (Screenshot)
Niemand hat die Absicht, die alte Liturgie zu unterdrücken.
Möge Gott Papst Franziskus ein Licht senden, damit er erkennt, was er Jesus Christus durch seine Rebellion antut.
Wer einmal lügt dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht
„Er ist sich bewußt, daß viele junge Menschen und Familien eng mit ihr verbunden sind. Und er achtet auf diesen Instinkt des Glaubens, der im Volk Gottes zum Ausdruck kommt. Es handelt sich bei ihnen also nicht um eine Nostalgie alter Menschen.“ Kardinal Sarah sieht hier richtig, daß es sich bei der Liebe zur „Alten Messe“ nicht um ein Nostaliephänomen handelt. Wäre dem so, dann bräuchte Papst Franziskus nur das Absterben der alten Menschen abwarten.Gerade weil die „Alte Messe“ aber auf so fruchtbaren Boden fällt, will der Papst sie nun bekämpfen, weil sie eben nicht wie von ihm erhofft, von selbst abstirbt!
Uwe Lay Pro Theol Blolspot
Ich kann dem obigen Beitrag und der Einschätzung von Giuseppe Nardi nur zustimmen. Fast immer, wenn ich Neues aus Rom höre, muss ich an die Große Botschaft von La Salette denken, in der die Gottesmutter voraussagt: „Rom wird den Glauben verlieren und der Sitz des Antichrist werden.“