Das Leben verliert, wenn der Glaube verlorengeht

Die Kultur des Todes erzeugt eine tödliche Sogwirkung

Wo das Lebensrecht bedroht ist, geht die Menschenwürde verloren. Wo der Glaube schwindet, schwindet die Hoffnung in die Zukunft.
Wo das Lebensrecht bedroht ist, geht die Menschenwürde verloren. Wo der Glaube schwindet, schwindet die Hoffnung in die Zukunft.

Von Mau­ro Faverzani*

Die schar­fe Ver­ur­tei­lung, die das EU-Par­la­ment am 11. Novem­ber gegen das Urteil des pol­ni­schen Ver­fas­sungs­ge­rich­tes aus­ge­spro­chen hat, mit dem die­ses vor einem Jahr die Abtrei­bung bei Miß­bil­dun­gen des Fötus unter­sag­te und sie auf Fäl­le von Ver­ge­wal­ti­gung, Inzest und ernst­haf­ter Gefähr­dung der Gesund­heit der Mut­ter beschränk­te, ver­langt ein Nachdenken.

EU-Parlament/Polen

Zunächst ein­mal lohnt es sich, mit den Zah­len zu begin­nen: Und die Zah­len besa­gen, daß dank des Urteils des Ver­fas­sungs­ge­rich­tes in einem Jahr 300 Kin­der vor dem siche­ren Tod durch Abtrei­bung bewahrt wur­den. Stört es das EU-Par­la­ment viel­leicht, daß die­se Kin­der, zukünf­ti­ge euro­päi­sche Bür­ger, am Leben sind?

Eine wei­te­re Ein­schät­zung: Das Todes­ur­teil gegen die­se Kin­der wäre allein des­halb aus­ge­spro­chen wor­den, weil sie miß­ge­bil­det waren. Das pol­ni­sche Ver­fas­sungs­ge­richt hat jedoch ent­schie­den, daß sie die glei­chen Rech­te haben wie alle ande­ren Men­schen, ein­schließ­lich des Rechts, gebo­ren zu wer­den, und des Rechts auf Leben. Bedau­ert das EU-Par­la­ment gar, daß es kei­ne euge­ni­sche Dis­kri­mi­nie­rung gibt?

Laut Info­Ca­tó­li­ca wur­de die Ver­ur­tei­lung durch das EU-Par­la­ment erneut in gro­ßer Zahl auch von Abge­ord­ne­ten der Euro­päi­schen Volks­par­tei unter­stützt. Darf man erfah­ren, was die­se EVP mit ihrem eige­nen Pro­gramm, ihrer eige­nen Wer­te­char­ta, zu tun hat, die sie auch im Inter­net ver­öf­fent­licht hat? Lesen wir darin. 

Dar­in sagt die EVP, ihr Ziel sei der Schutz der „Men­schen­wür­de“. Ent­spricht die Tötung von wehr­lo­sen Kin­dern im Mut­ter­leib wirk­lich dem Schutz ihrer „Men­schen­wür­de“? Sie sagt wei­ter, ihr Ziel sei die „Gleich­heit“. Ist die Zustim­mung zu einem Text, in dem die Abtrei­bung miß­ge­bil­de­ter Babys gefor­dert wird, wirk­lich ein Ein­satz dafür, sie als „gleich­wer­tig“ mit ande­ren zu betrach­ten? Sie sagt zudem, daß sie die „jüdisch-christ­li­chen Wer­te als Grund­la­ge“ aner­kennt. Ent­spricht die För­de­rung der Abtrei­bung wirk­lich die­sen Wer­ten und der kirch­li­chen Lehre?

Die Ant­wort auf all die­se Fra­gen ist natür­lich „Nein“. Das wirft die Fra­ge auf, ob es ehr­lich ist, sich selbst und die Wäh­ler zu belü­gen, die Rea­li­tät zu ver­schlei­ern und den Wäh­lern vor­zu­gau­keln, sie wür­den eine Grup­pe unter­stüt­zen, die mit der christ­li­chen Moral über­ein­stimmt, in Wirk­lich­keit aber ein Feind die­ser Moral ist. Das ist ein pein­li­ches, demü­ti­gen­des und beschä­men­des Verhalten.

Vermont

Der Angriff auf das Leben wur­de auch im Bun­des­staat Ver­mont in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten gestar­tet, wo ein neu­es Gesetz, das gera­de in Kraft getre­ten ist, besagt, daß Kon­do­me, die von dem Abtrei­bungs­kon­zern Plan­ned Paren­thood kosten­los zur Ver­fü­gung gestellt wer­den, an alle Schü­ler ab 12 Jah­ren zu ver­tei­len sind, die sie anfor­dern, auch gegen den Wil­len ihrer Eltern. Das von Gou­ver­neur Phil Scott, einem abtrei­bungs­be­für­wor­ten­den Repu­bli­ka­ner, unter­zeich­ne­te Gesetz spricht von einem „Recht“ der Schü­ler, obwohl der tra­gi­sche zu bezah­len­de Preis dafür ein unver­meid­li­cher Anstieg der Abtrei­bungs­ra­te unter Schü­lern sein wird.

Spanien

Die Repres­si­on gegen das Leben ist aber auch in Spa­ni­en aus­ge­bro­chen, wo die sozialistisch/​kommunistische Regie­rung mit dem Arti­kel 172 qua­ter eine Reform des Straf­ge­setz­bu­ches ein­füh­ren will, der Haft­stra­fen von drei Mona­ten bis zu einem Jahr für jene vor­sieht, die fried­lich vor Abtrei­bungs­kli­ni­ken Mahn­wa­chen oder Gebets­stun­den abhal­ten. Ihnen wer­den „Akte der Ver­fol­gung“, „Belä­sti­gung“ und die Behin­de­rung der „sexu­el­len und repro­duk­ti­ven Rech­te“ von Frau­en vor­ge­wor­fen. Das par­la­men­ta­ri­sche Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren, bei dem im Ple­num bereits zwei Abän­de­rungs­an­trä­ge des Part­ido Popu­lar (PP) und von Vox ver­senkt wur­den, geht unge­hin­dert wei­ter: „Die­se Initia­ti­ve wird wei­ter­ge­hen, egal wer sich ihr ent­ge­gen­stellt“, sag­te die sozia­li­sti­sche Abge­ord­ne­te Lau­ra Ver­ja und zeig­te damit ein selt­sa­mes Ver­ständ­nis von „Demo­kra­tie“. Auch dar­über ist nachzudenken. 

Die anti­christ­li­che Ent­wick­lung, die in Spa­ni­en statt­fin­det, setz­te ein, als drei Fak­to­ren zusammenkamen. 

Der erste Fak­tor betrifft die sozia­li­stisch-kom­mu­ni­sti­sche Macht­über­nah­me, Athe­isten und Lai­zi­sten, die durch die gleich­zei­ti­ge mora­li­sche und poli­ti­sche Träg­heit des PP beschleu­nigt wurde. 

Der zwei­te Fak­tor betrifft die katho­li­sche Prä­senz in Spa­ni­en, die nur mehr ein Rinn­sal ist, sodaß sie laut jüng­stem Bericht des Ibe­ri­schen Zen­trums für Sozio­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen (CIS) einen histo­ri­schen Tief­stand erreicht hat. Der Anteil der Katho­li­ken an der Bevöl­ke­rung liegt bei 57,4 %, das sind 1,8 % weni­ger als im Vor­jahr. Die prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken machen jedoch nur 13,8 % aus, also weni­ger als die 14,6 %, die sich als Athe­isten bezeich­nen.

Wenn der Glau­be und das Ver­trau­en in die Zukunft feh­len, hat das schwer­wie­gen­de Fol­gen. Es ist kein Zufall, daß Spa­ni­en laut Anga­ben des Natio­na­len Sta­ti­stik­in­sti­tuts (INE) die höch­ste Selbst­mord­ra­te in der Geschich­te hat – und das ist der drit­te Fak­tor: + 7,4 % seit Beginn der Pan­de­mie (im ver­gan­ge­nen August sogar + 34 % im Ver­gleich zum glei­chen Monat des Vor­jah­res). In abso­lu­ten Zah­len sind das 3.941 Fäl­le, durch­schnitt­lich 11 pro Tag. Davon sind 2.930 Män­ner und 1.011 Frau­en. Damit ist Selbst­mord bei Män­nern die häu­fig­ste Todes­ur­sa­che, die nicht auf natür­li­che Ursa­chen zurück­zu­füh­ren ist, und bei Frau­en und jun­gen Men­schen die zweit­häu­fig­ste. Die Pan­de­mie hat sich sicher auf die­se Zah­len aus­ge­wirkt. Da der Trend jedoch schon län­ger anhält, kann das nicht die ein­zi­ge Ant­wort sein. Die Rea­li­tät ist, daß in einer Gesell­schaft, in der der Glau­be, das Ver­trau­en in die Zukunft, die Hoff­nung und die Frei­heit feh­len, der Selbst­mord für die Schwäch­sten der ein­zig mög­li­che Aus­weg zu sein scheint.

Ist das die Zukunft, die wir für unse­re Gesell­schaft, für uns selbst und für unse­re Kin­der wollen?

*Mau­ro Faver­za­ni, pro­mo­vier­ter Psy­cho­lo­ge und Lebensschützer

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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1 Kommentar

  1. Die Rea­li­tät ist, daß in einer Gesell­schaft, in der der Glau­be, das Ver­trau­en in die Zukunft, die Hoff­nung und die Frei­heit feh­len, der Selbst­mord für die Schwäch­sten der ein­zig mög­li­che Aus­weg zu sein scheint.

    Ja, das ist wahr und die ein­zi­ge Wahr­heit, die es auf den Punkt bringt, und die die Grund­la­ge für einen Aus­weg bildet!
    Wenn der Herr JHWH, der Vater des Herrn Jesus Chri­stus, mich nicht, gegen jeden Wider­stand der frei­mau­re­risch, pro­te­stan­ti­schen Men­schen, unter denen ich aus­s­schliß­lich auf­ge­wach­sen bin, geret­tet hät­te, auf eine Wei­se, die mich jedes Jahr in grö­ße­res Stau­nen und Dank­bar­keit ver­setzt, hät­te ich mich bereits vor 12 Jah­ren, noch vor der Migran­ten­kri­se, noch vor den öffent­lich gewor­de­nen Miss­brauchs­skan­da­len und Struk­tu­ren, die die­se auf jede Wei­se unter­stützt haben, auf allen welt­li­chen wie kirch­li­chen Ebe­nen, noch vor dem Rück­tritt von Papst Bene­dikt, noch vor der absur­den Kli­ma­lü­ge, von dem Wuhan­vi­rus ganz zu schwei­gen im Alter von nicht ein­mal 18 Jah­ren umgebracht!
    Genau deswegen.
    Doch ich lebe, bete und arbei­te, habe einen (auf dem Papier) Muster­le­bens­lauf und ihr sollt auch leben

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