(Wien) Am 23. Juni wird das EU-Parlament voraussichtlich über den sogenannten Matić-Bericht abstimmen. Es handelt sich nach dem Estrela-Bericht und dem Lunacek-Bericht um den nächsten Versuch, die sogenannten „Sexual and Reproductive Health and Rights“, kurz SRHR, zu einem Menschenrecht zu erklären. In Wien wird am 21. Juni ein außerordentlicher Marsch für das Leben stattfinden, um dagegen zu protestieren.
Der Matić-Bericht (offizielle Bezeichnung: Bericht über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen) hat zwei Stoßrichtungen: Er will die Tötung ungeborener Kinder zum Menschenrecht und die Umerziehung im Sinne der Gender-Ideologie zur Pflicht machen.
Die vier darin enthaltenen Hauptforderungen sind:
- Kostenlose Verhütung
- Kostenlose Abtreibung
- Verpflichtendes Gender Mainstreaming
- Verpflichtender LGBT-Unterricht
„Gender Mainstreaming“ ist keine Wertung, sondern steht so im Matić-Bericht. Zu den Zuständigkeiten des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des EP-Parlaments gehört offiziell die Förderung von „Gender Mainstreaming“.
Der Einsatz der Politik und der Lebensrechtsbewegung, die Tötung ungeborener Kinder zu verhindern, wird im Matić-Bericht als „rückschrittlich“ kritisiert. Der Entwicklungsausschuß (DEVE) des EU-Parlaments, der eine Stellungnahme zum Bericht abgab, bezeichnet die Bemühungen zum Schutz des Lebens sogar als „extremistisch“. „Legale“ und „sichere“ Abtreibungen setzt er als selbstverständliche Dienstleistungen voraus. Nicht nur die linken Fraktionen stimmten der Stellungnahme geschlossen zu. Auch die CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele und der ÖVP-Abgeordnete Christian Sagartz fanden daran nichts auszusetzen und unterstützten ihn.
Die österreichische Lebensrechtsinitiative Marsch fürs Leben schreibt:
„Der Matić-Bericht geht soweit, zu sagen, dass es keine Demokratie ohne Abtreibung geben kann. Er fordert:
- Die Abschaffung der Gewissensfreiheit der Ärzte, Pfleger etc.
- Die Abschaffung der Gewissensfreiheit für Lehrer
- Kostenlose Abtreibung als Menschenrecht
- Das Abschaffen aller rechtlichen Hindernisse für SRHR
- Das Bekämpfen aller Organisationen, die sich gegen Abtreibung etc. einsetzen, also aller Lebens- und Familienschutzorganisationen
- Die massive Finanzierung dieser Propaganda durch die Mitgliedsstaaten
- Die Anschaffung von noch mehr Corona-Impfungen durch die Mitgliedsstaaten, organisiert durch die EU
- u. v. m.“
Der Feminist Predrag Matić und sein Bericht
Der Berichterstatter, nach dem der Bericht benannt ist, ist der kroatische EU-Parlamentsabgeordnete Predrag Fred Matić, ein hochdekorierter Offizier des kroatischen Unabhängigkeitskrieges 1991/92, der im Anschluß beim Chef des Generalstabes der Kroatischen Streitkräfte diente. 2004 schied er im Rang eines Brigadegenerals aus dem aktiven Dienst aus und ging als Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens (SDP) in die Politik. Die SDP ist die Nachfolgepartei der Kommunistischen Partei Kroatiens, die sich nach der „Wende“ sozialdemokratisierte und auf die EU ausrichtete. Sie ist Vollmitglied der Sozialistischen Internationale und der Progressiven Allianz. 2011–2016 war Matić Minister für die Veteranen in der Regierung des Sozialdemokraten Zoran Milanović (heute Staatspräsident), 2015–2019 Abgeordneter zum Kroatischen Parlament, 2016/17 Vorsitzender des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses, dem auch die Türkei angehört und der die EU-Anbindung des Balkans samt Kleinasien fördern soll.
2019 wurde Matić für die SDP in das EU-Parlament gewählt, wo er zur Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) gehört. Matić selbst ist eigentlich nur stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM), dessen Errichtung bereits 1984 ideologischer Natur war, um die linke Gender- und Abtreibungs-Agenda voranzutreiben. Der ständige Ausschuß befindet sich deshalb auch fest in linker Hand. Vorsitzende ist seit 2019 die österreichische Sozialdemokratin Evelyn Regner (SPÖ), die ihr Berufsleben in der linken Blase zwischen Amnesty International (AI) und Österreichischem Gewerkschaftsbund (ÖGB) verbrachte und seit 2009 im EU-Parlament sitzt.
Matić agiert im EU-Parlament und im FEMM-Ausschuß als Abtreibungslobbyist. Am 10. Juni twitterte er:
„Als Berichterstatter im EU-Parlament zum Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte begrüße ich diesen Brief der globalen Initiative ‚SheDecides‘ und ihren Aufruf, eine Welt zu schaffen, in der jede Frau das Recht hat, zu entscheiden, was sie mit ihrem Körper macht!“
„SheDecides“ ist eine Initiative von Abtreibungspolitikern in der EU, die erstmals am 2. März 2017 mit einer Fundrising-Konferenz an die Öffentlichkeit trat. EU-Mitgliedsstaaten und die EU selbst sollten, so das Gründungsziel, die Finanzierungslücke für den weltgrößten Abtreibungskonzern International Planned Parenthood Federation (IPPF), andere Abtreibungs-Organisationen und einige UNO-Agenturen stopfen. Diese war entstanden, weil der damals soeben vereidigte US-Präsident Donald Trump ein Finanzierungsverbot für Abtreibungsorganisationen erlassen hatte.
Ideologische Manipulation der Menschenrechte
Auch damals tat sich ein kroatischer Sozialdemokrat, der damalige EU-Kommissar für europäische Entwicklungszusammenarbeit Neven Mimica, lautstark hervor, indem er auf der Konferenz verkündete, daß die EU „mit Stolz“ die Finanzierung übernehmen werde. Mimica kündigte bis 2020 Gelder in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro an. „Sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit“, so der Tarnbegriff der Abtreibungslobby für Abtreibung, Verhütung und Gender-Ideologie, gehören nicht zu den Zuständigkeiten der EU, sondern fallen unter die Kompetenz der EU-Mitgliedsstaaten. So wie Mimicas Vorstoß einen Mißbrauch von EU-Geldern implizierte, so überschreitet auch der Matić-Bericht die Zuständigkeiten des FEMM-Ausschusses und des EU-Parlaments. Darauf machen zwei EU-Parlamentsabgeordnete und FEMM-Mitglieder, die polnische PiS-Abgeordnete Jadwiga Wiśniewska und die spanische VOX-Abgeordnete Margarita de la Pisa Carrión, aufmerksam, die am 11. Mai eine Minderheitenstellungnahme zum Bericht abgaben:
„Dieser Bericht weist weder rechtliche noch formale Genauigkeit auf.
Die eigenen Befugnisse werden überschritten, indem Themen wie Gesundheit, Sexualerziehung und Reproduktion sowie Abtreibung und Erziehung angegangen werden, die unter die Legislativbefugnisse der Mitgliedstaaten fallen.
Die Abtreibung wird wie ein angebliches Menschenrecht behandelt, das in den internationalen Rechtsvorschriften nicht zu finden ist, was einen Verstoß gegen die AEMR und wichtige bindende Verträge sowie die Rechtsprechung des EGMR und des EuGH darstellt.
Im Bericht wird eine ablehnende Haltung gegen die Verweigerung aus Gewissensgründen bei Angehörigen der Gesundheitsberufe geäußert.
Es zeigt sich die ideologische Manipulation der Menschenrechte, die allgemeingültig und unveränderlich sind, durch einen internationalen Einfluss, der die Souveränität der Staaten untergräbt und sich auf deren Rechtsvorschriften auswirkt.
Freiheit, Gleichheit und Würde der Frau werden missachtet, da der weiblichen Natur mit dem Loslösen der Identität der Frau von ihrem biologischen Geschlecht zuwidergehandelt wird.
Durch das ideologische Gender-Programm wird die Frau als Einzelkämpferin in der Opferrolle dargestellt. Sie entkoppelt die Gesundheit vom Leben und priorisiert ein subjektives Wohlergehen, durch das sie Fruchtbarkeit und Mutterschaft eher vernachlässigt.
Die 154 Änderungsanträge gegen den Text tragen dazu bei, die Würde der Frau unter uneingeschränkter Achtung des Lebens und des Naturgesetzes als Grundlage und Gewährleistung der Ausübung der eigenen Freiheit und der Menschenrechte zu verteidigen.“
Die Schlußabstimmung über den Matić-Bericht im FEMM-Ausschuß fiel erwartungsgemäß eindeutig aus. Von den 34 Mitgliedern stimmten 27 für die Abtreibungs- und Gender-Agenda. Sechs Abgeordnete lehnten dieses ab, einer enthielt sich. Die Abstimmung birgt interessante und erschreckende Details: Die linken Fraktionen der Sozialdemokraten, Grünen und Linksradikalen stellen dreizehn Ausschußmitglieder. Erst zusammen mit den sechs Abgeordneten der Liberalen haben sie eine Mehrheit. Die liberale Fraktion, die in gesellschaftspolitischen Fragen der politischen Linken zuzurechnen ist, war bis 2019 als ALDE bekannt und firmiert seither als Renew Europe. Schwerer wiegt, daß zunehmend auch christdemokratische und rechtsliberale Abgeordnete nicht mehr zwischen gut und böse zu unterscheiden wissen. Acht Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP) stimmten für den Matić-Bericht. Darunter auch die CDU-Politikerin Christine Schneider. Schneider, 1992 Pfälzische Weinkönigin, war von 2001 bis 2019 rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete und gehört seither dem EU-Parlament an. Die Beispiele der CDU-Abgeordneten Bentle und Schneider dokumentieren auf „tödliche“ Weise den Linksruck in der Union.
Nur die spanische PP-Abgeordnete Rosa Estaràs Ferragut stimmte aus der Gruppe der EVP-Vertreter gegen den Bericht sowie die Vertreter der Rechtsfraktionen.
Am 21. Juni: Marsch fürs Leben in Wien
Die österreichische Lebensrechtsinitiative gleichen Namens ruft unter dem Motto „Nein zum Matić-Bericht!“ zu einem außerordentlichen Marsch fürs Leben auf, der am 21. Juni um 18 Uhr am Wiener Karlsplatz beginnen wird. Damit soll gegen den menschenverachtenden Inhalt des Berichts und für dessen Verhinderung protestiert werden.
- Jede Abtreibung bedeutet die Hinrichtung eines ungeborenen Kindes und verstößt damit gegen das elementarste aller Menschenrechte, das Recht zu leben.
- Gender Mainstreaming will eine ideologisch motivierte Leugnung der Wirklichkeit zur Staatsdoktrin erheben und verletzt damit die Natur und die Würde des Menschen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Marsch-fuers-leben.at (Screenshot)