Von Clemens Victor Oldendorf.
Kürzlich wurde hier über den Fall einer Tiroler Pfarrgemeinde im Bistum Innsbruck berichtet. Im Anschluss daran warf einer der Leser im Kommentarbereich die Frage nach der Gestaltungsfreiheit eines Pfarrers auf und nach seinem Recht, in der Seelsorge einen traditionelleren Stil zu etablieren, der sonst nur besonders Interessierten vorbehalten bliebe. Gemeint war offenkundig speziell der Bereich der Liturgie.
Der zuständige Bischof hatte im Interview mit der Lokalpresse gesagt, er habe den betreffenden Geistlichen als Pfarrprovisor von Imsterberg entpflichtet, da dieser nicht mehr bereit gewesen sei, die Gemeindemesse nach den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils zu feiern. Stattdessen werde er ihn damit beauftragen, in einer ihm noch zuzuweisenden Kirche exklusiv die tridentinische Messe für jene Gläubigen zu feiern, die dies wünschen. Für die Schaffung dieses neuen Postens beruft sich Glettler in dem Interview ausdrücklich auf das Motuproprio Summorum Pontificum.
Zu diesem zugehörig war von Anfang an ein Begleitbrief Benedikts XVI. an die Bischöfe, in dem der damalige Papst auf die Sorge eingeht, der erweiterte Gebrauch des Missale Romanum von 1962 werde in den Gemeinden zu Unruhen oder gar Spaltungen führen. Diese Befürchtung sucht er anschließend zu beruhigen, indem er schreibt: „Diese Sorge scheint mir nicht wirklich begründet zu sein. Der Gebrauch des alten Missale setzt ein gewisses Maß an liturgischer Bildung und auch einen Zugang zur lateinischen Sprache voraus; das eine wie das andere ist nicht gerade häufig anzutreffen. Schon von diesen konkreten Voraussetzungen her ist es klar, dass das neue Messbuch nicht nur von der rechtlichen Normierung, sondern auch von der tatsächlichen Situation der gläubigen Gemeinden her ganz von selbst die Forma ordinaria des Römischen Ritus bleibt. Es ist wahr, dass es nicht an Übertreibungen und hin und wieder an gesellschaftlichen Aspekten fehlt, die in ungebührender Weise mit der Haltung jener Gläubigen in Zusammenhang stehen, die sich der alten lateinischen liturgischen Tradition verbunden wissen. Eure Liebe und pastorale Klugheit wird Anreiz und Leitbild für eine Vervollkommnung sein.“
Schon an diesen knappen Ausführungen ist klar erkennbar, dass sich ein Pfarrseelsorger nicht auf Summorum Pontificum berufen kann, wenn er in der normalen Territorialpfarrei einer Diözese alle Gemeindemessen wieder auf die tridentinische Liturgie umstellt, und dass das auch nicht der persönlichen Absicht entspricht, die Benedikt XVI., etwa über das rechtlich Formale hinausgehend, sozusagen unter der Hand, mit Summorum Pontificum verfolgt hätte.
Gemeindemesse und Privatmesse
Die völlige Freigabe des Gebrauchs des Missale Romanum von 1962, die gern mit dem Motuproprio aus 2007 assoziiert wird, bezieht sich nur auf die Privatmesse, nicht auf die Möglichkeit, pauschal alle Gemeindemessen wieder nach diesem tridentinischen Messbuch zu feiern. Zu einer Privatmesse können selbstverständlich Gläubige zugelassen werden, die aus eigenem Antrieb daran teilnehmen wollen. Sie erlaubt es auch, Gläubigen, die die liturgische Überlieferung bisher nicht gekannt oder erlebt haben, diese vorzustellen. Aus einem solchen Personenkreis kann eine stabile Gruppe erwachsen, deren Existenz das Motuproprio voraussetzt, wenn andere als Privatmessen ebenfalls nach dem tridentinischen Messbuch in seiner letzten Ausgabe von 1962 wiederum in einer Gemeinde gefeiert werden sollen. Einer solchen stabilen Gruppe können Gläubige verschiedener Pfarrgemeinden angehören, aber eine gewisse Verankerung in der Pfarrgemeinde, in deren Pfarr- oder Filialkirche die Messfeiern stattfinden, ist sicherlich vorausgesetzt, etwa in der Weise, dass zumindest einige der teilnehmenden Gläubigen zugleich auch tatsächliche Pfarrangehörige sein sollten. Dann kann auch an Sonn- und Feiertagen, also wenn Sonntagspflicht besteht, eine Messe zusätzlich im Usus antiquior zelebriert werden, was freilich heißt, dass keiner der regulär bereits bestehenden Sonn- oder Feiertagsgottesdienste dadurch ausfallen oder in eine tridentinische Messe umgewandelt werden darf.
Zugang zum Usus ordinarius muss bestehen
Immer wird es in einer Pfarre Gläubige geben, die der Linie des Pfarrers beipflichten und die diese begrüßen. Wo freilich diese Gläubigen sich in der Minderheit befinden oder durch die Präsenz der überlieferten Liturgie in der Gesamtgemeinde Spannungen und Widerstände entstehen, die bis in die bürgerliche Gemeinde oder die Dorfgemeinschaft hineinwirken, ist sicherlich ein Konflikt gegeben, der gelöst werden muss und der gerade gemessen an der Rechtsgrundlage von Summorum Pontificum nicht zu rechtfertigen ist oder vom Diözesanbischof auf Dauer geduldet werden kann.
Jedenfalls an Sonn- und Feiertagen müssen die Pfarrangehörigen in der eigenen Pfarrkirche Gelegenheit haben, die heilige Messe nach dem ordentlichen Usus des Römischen Ritus mitzufeiern. Dies gilt insbesondere auf dem Land, wenn an einem Ort nur eine Kirche und Pfarrgemeinde existiert. In Städten, wo es mehrere Pfarrgemeinden gibt, zu diesen vielleicht noch verschiedene Klosterkirchen hinzukommen, ist man schnell einmal in eine Nachbarkirche ausgewichen, und das geschieht sogar häufig aus zahlreichen, gar nicht problematischen und oft rein praktischen Gründen oder tatsächlich auch, weil der liturgische Stil jemandem, dessen Wohnsitzadresse eigentlich auf dem Gebiet einer anderen Pfarre liegt, woanders besser zusagt und entspricht.
Gestaltungsfreiheit des Zelebranten und traditionellerer Stil
Damit kommen wir zur Fragestellung des Lesers des ersten Beitrags über Imsterberg und seinen bisherigen Pfarrprovisor Stephan Müller. Einem traditionelleren Stil steht nichts entgegen. Das schließt prinzipiell auch ein, dass kein Priester verpflichtet ist, sich von weiblichen Ministranten bei der Messe dienen zu lassen. Ob es pastoral klug ist, dies in einer Gemeinde, wo Messdienerinnen längst eingeführt sind (oder waren), beispielsweise als Pfarrer, der eine Gemeinde übernimmt, grundsätzlich und abrupt nicht (mehr) zu tun, darf bezweifelt werden. In Feiern nach Summorum Pontificum können selbstverständlich nur männliche Ministranten eingesetzt werden. Für diesen Bereich gilt auch das Indult der Handkommunion nicht.
Wo dieses Indult generell besteht, müssen die Gläubigen im Usus ordinarius aber Gelegenheit haben, die Handkommunion zu empfangen. In diesem Zusammenhang sei die Instruktion der Gottesdienstkongregation vom 25. März 2004 in Erinnerung gerufen. In Redemptionis sacramentum Nr. 92 heißt es: „Obwohl jeder Gläubige immer das Recht hat, nach seiner Wahl die heilige Kommunion mit dem Mund zu empfangen, soll in den Gebieten, wo es die Bischofskonferenz erlaubt und der Apostolische Stuhl rekognosziert hat, auch demjenigen die heilige Hostie ausgeteilt werden, der das Sakrament mit der Hand empfangen möchte. Man soll aber sorgfältig darauf achten, daß der Kommunikant die Hostie sofort vor dem Spender konsumiert, damit niemand mit den eucharistischen Gestalten in der Hand weggeht. Wenn eine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heilige Kommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegeben werden.“
Zugegebenermaßen ist die Handkommunion im Hinblick auf die Möglichkeit, dem Verlorengehen sich ablösender Hostienpartikel tunlichst entgegenzuwirken, unterlegen und insofern nicht als der Mundkommunion voll gleichwertig anzusehen, was aber offensichtlich nicht prinzipiell bereits als Gefahr der Profanierung im Sinne der zitierten Instruktion ausgelegt werden kann.
Ein Priester, der in einem grundsätzlichen Gewissenskonflikt steht, persönlich die Handkommunion zu spenden, müsste gegebenenfalls deren Empfang in Feiern im Usus ordinarius zumindest durch einen zweiten Priester oder einen (Ständigen) Diakon ermöglichen. Der Einsatz außerordentlicher Kommunionhelfer, also nach geltendem Kirchenrecht solcher, die weder die Priester- noch die Diakonatsweihe empfangen haben, ist übrigens in Nr. 88 der genannten Instruktion aus 2004 ausdrücklich auf echte Notlagen beschränkt. Diese sind nicht gegeben, wenn andere Priester und Diakone anwesend sind, die sich an der Kommunionspendung beteiligen können, und auch dann nicht, wenn die Kommunionspendung, sobald der Zelebrant sie allein vornimmt, lediglich einige Minuten länger dauert.
Der Einsatz von Laienkommunionhelfern ist jedenfalls niemals legitim, wenn es dabei nur darum geht, mit diesem liturgischen Dienst Vertreter der Laien äußerlich aktiver in die gottesdienstlichen Abläufe einzubeziehen.
Liturgische Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils und Gestaltungsfreiräume
Innerhalb dieser Rahmenordnung gibt es in der nachkonziliaren Liturgie viel Freiraum, sie in einem traditionelleren Stil zu gestalten. Die päpstlichen Liturgien während des Ratzinger-Pontifikats waren dafür das prominenteste Beispiel. Diese Gestaltungsfreiheit umfasst den Einbezug der lateinischen Kirchensprache und auch die Zelebration versus orientem. Diesbezüglich sei verwiesen auf eine hier erschienene Buchbesprechung zu einer Monographie Stefan Heids, in der dieser die Altarfrage mustergültig aufarbeitet. Darin heißt es im Abschnitt „Zwei Altäre vor Trient, zwei Altäre nach dem Zweiten Vaticanum“: „Während man mit der Liturgiereform Pauls VI. vor allem verbindet, dass überall Volksaltäre auftauchten, also ein zweiter Altar vor dem Hochaltar aufgestellt wurde, gab es in vortridentinischer Zeit den Lettner, der das Presbyterium von dem Kirchenschiff schied, wo sich die Gläubigen einfanden. Hinter dem Lettner im Chor befand sich in Kathedral- und Klosterkirchen der Hochaltar, den die Laien allerdings nicht sehen konnten, und deswegen vor dem Lettner der sogenannte Kreuzaltar, freilich beide geostet. An diesem Kreuzaltar wurden Messen gefeiert, an denen das Volk unmittelbarer beteiligt war, in diesem Sinne könnte man ihn sogar als eine Art Volksaltar ansehen. In nachtridentinischer Zeit wurden die Lettner entfernt, was bisweilen auch hundert Jahre in Anspruch nehmen konnte, und in neuen Kirchen nicht mehr errichtet, um den Blick auf den Hochaltar freizugeben. Der auf diese Weise überflüssig gewordene Kreuzaltar verschmolz gewissermaßen mit dem Hochaltar, oder es kam sozusagen zu einer Altar-Fusion. Relikt der einstigen Chorschranken blieb die Kommunionbank, gleichsam ein geschrumpfter oder Miniaturlettner. Nach dem II. Vaticanum kam der neue Altar (Josef Andreas Jungmann SJ) im Altarraum hinzu, hinter den der Priester jetzt trat, um zu zelebrieren. Es verschwand nun auch die Kommunionbank, prinzipiell entfiel damit die Differenz von Altarraum und Kirchenschiff.“
Der genannte Liturgiewissenschaftler Jungmann war noch dazu Innsbrucker Jesuit. Er sprach also mit durchaus kritischem Unterton vom neuen Altar.
Einfühlsameres Vorgehen
Die starken Gefühle, die in Imsterberg durch den Volksaltar ausgelöst werden, beruhen unter Umständen darauf, sicher bekannt ist mir das Zutreffen dieses Sachverhaltes allerdings nicht, dass der umschreitbare Zelebrationsaltar seinerzeit von Gläubigen gestiftet wurde, die oder deren Nachfahren sich dadurch verletzt fühl(t)en, dass Pfarrer Müller ihn einfach wieder gänzlich ausrangierte.
Man hätte ihn, möglicherweise sogar unter Wahrung der Ausrichtung nach Osten, die in der Pfarrkirche Imsterberg auch tatsächlich geographisch gegeben ist, beibehalten und wie den vortridentinischen Vierungs- oder Kreuzaltar benutzen können. Zum Beispiel hätte er in dieser Weise an Werktagen und gewöhnlichen Sonntagen benutzt werden können, an Festen und Hochfesten der Hochaltar. Vor dem Altar stehend hätte an ihm sogar die Messe nach Summorum Pontificum gefeiert werden können, und wenn diese Zelebrationsrichtung in Messen nach dem Messbuch Pauls VI. nicht konfliktfrei zu vermitteln gewesen wäre, wäre dort die Zelebration versus ad populum ja auch nicht rundweg unzulässig gewesen. Immer noch hätte dann der Kompromissvorschlag Joseph Ratzingers offengestanden, eine innere Ostung zu vollziehen und dieser durch symmetrische Anordnung von Altarkreuz und Leuchtern mit Kerzen am Volksaltar auch äußerlich Ausdruck zu geben.
Kategorische Weigerung
Die kategorische Verweigerung Müllers hat diese sanften Lösungen in Imsterberg sicher für lange Zeit versperrt, und wenn dort jetzt einerseits liturgische Missbräuche einziehen, die auch gegen die Vorschriften der neuen Liturgie verstoßen, trifft den ehemaligen Pfarrprovisor daran unzweifelhaft eine gewisse Mitschuld. Andrerseits auch daran, wenn den Imsterbergern gegen alles, was irgendwie nach Summorum Pontificum, nach tridentinischer Messe und katholischer Tradition riecht, auf unabsehbare Zeit eine starke Aversion tief in den Knochen steckt.
Dies ist umso mehr zu bedauern, als Müller natürlich durch nichts und niemanden, am wenigsten durch den Bischof, hätte gezwungen werden können, den Ritus Pauls VI. dezidiert traditionsfremd zu interpretieren oder gar Praktiken zu übernehmen, die im Novus Ordo zwar weithin üblich sein mögen, objektiv aber auch gegen dessen liturgische Vorgaben verstoßen.
Ausschließlich tridentinische Zelebration nach wie vor Privileg
An diesem Glied der Argumentationskette muss deutlich gesagt werden, dass das Recht, ausschließlich nach dem Missale von 1962 zu zelebrieren, auch mit Summorum Pontificum ein spezielles Privileg bleibt, das etwa die Priester der Petrusbruderschaft genießen. Gewöhnliche Diözesanpriester haben es in der Regel nicht. Daher ist auf diese die Festlegung der Ausführungsbestimmungen zum Motuproprio Summorum Pontificum in der Instruktion Universae Ecclesiae aus 2011 anzuwenden, wo es eindeutig in Nr. 19 heißt, dass jene das Motuproprio nicht in Anspruch nehmen können, die die Gültigkeit oder Erlaubtheit der Messe oder Sakramente in der forma ordinaria bestreiten.
Wenn ein Diözesanpriester unter Berufung auf das Motuproprio sich eigenmächtig vollkommen von der forma ordinaria abwendet und alle Gottesdienste nur noch tridentinisch zu feiern bereit ist, wie es Bischof Glettler im Interview mit der Tiroler Tageszeitung anspricht, wenn er Müllers Weigerung erwähnt, Gemeindemessen nach den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils zu feiern, fragt sich, ob diese Bedingung aus Universae Ecclesiae bei Stephan Müller ab einem bestimmten Punkt seiner Entwicklung überhaupt noch gegeben war und ist.
Konsequenz der Ablehnung
Es mag sein, dass Stephan Müller sich unterbewusst zunehmend mit jenen Pfarrern verglichen hat, die gleich nach dem Konzil die Liturgiereform entweder ganz ablehnten oder nur bis zu einem bestimmten Stadium und sehr behutsam vollzogen. In praktisch jeder Diözese kam dieses Phänomen damals vor und wurde mehr oder weniger tolerant behandelt.
Ein Vergleich, der aber hinkt, zumal die Liturgiereform in Imsterberg, als Müller die Pfarre als Pfarrprovisor übernahm, schon längst vollzogen war, und er selbst, im neuen Ritus geweiht, diesen jahrelang anstandslos praktiziert hatte.
Wenn er zwischenzeitlich derart grundsätzliche Bedenken bekommen hat, die nachkonziliare Liturgie sogar in ihrer ganz vorschriftsgemäßen Variante und die konservativen Wahlmöglichkeiten ausschöpfend zu zelebrieren, muss er für die ausschließliche Feier nach den liturgischen Büchern von 1962 eine andere Position wählen als die, die Summorum Pontificum rechtlich zugrundeliegt.
Für seinen vollständigen und ausnahmslosen Übergang zur überlieferten Liturgie müsste Müller sich dann zum Beispiel der Argumentation und Haltung der Piusbruderschaft anschließen oder dem Standpunkt derer, die den Stuhl Petri seit dem Tode von Pius XII. für vakant halten.
Stellung als „Diözesanbeauftragter gemäß Summorum Pontificum“ mit eigener Kirche
Wenn auch unklar ist, welche Haltung Müller in dieser Hinsicht einnimmt – vielleicht weiß er es selbst noch nicht so genau, oder die Fragestellung als solche ist ihm zu abstrakt und rechtlich formal – will Bischof Hermann Glettler offensichtlich der Gewissenslage Müllers so weit wie irgendwie möglich entgegenkommen.
Er bietet ihm die Ernennung zum „Diözesanbeauftragten gemäß Summorum Pontificum“ an und würde ihm eine Kirche zuteilen, wo er dann tatsächlich nur noch die liturgischen Bücher von 1962 zu verwenden hätte. Damit hätte Müller als Diözesanpriester das bischöfliche Privileg und den Auftrag, ausschließlich tridentinisch zu zelebrieren. Gläubige, die das wünschen, könnten an diesem hoffentlich zentralen Ort Messen und andere Liturgien nach Summorum Pontificum mitfeiern.
Das Recht anderer Priester und Gläubigen, sich ebenfalls auf das Motuproprio zu berufen und in anderen Kirchen und Kapellen der Diözese Innsbruck auf seiner Rechtsgrundlage ihrerseits tridentinische Messen zu feiern und zu besuchen, bliebe davon unberührt und könnte vom Bischof auch gar nicht eingeschränkt werden.
Das, was Glettler als Müllers neue Funktion und deren Ansiedlung in der Diözese vorschwebt, wäre zwar formal noch keine rein altrituelle Personalpfarrei, deren Errichtung das Motuproprio ebenfalls ermöglicht, käme ihr aber faktisch bereits ziemlich nahe.
Die Imsterberger Vorgänge im Horizont der römischen Bischofsbefragung
Führt man sich vor Augen, dass auch der Innsbrucker Bischof jüngst die römische Umfrage zu Summorum Pontificum beantwortet hat, auf die hier eingegangen wurde, kann man sich lebhaft vorstellen, ja, mit Sicherheit davon ausgehen, dass er bei Frage 2 an Imsterberg und an Stephan Müller gedacht haben muss: „Antwortet die außerordentliche Form auf einen echten seelsorglichen Bedarf, oder ist es ein einzelner Priester, der sie propagiert?“ Und obwohl es im konkreten Fall so viele Konflikte und Probleme gegeben hat, ist der Bischof nach wie vor bemüht, ein konstruktives Lösungsmodell zu erarbeiten. Das ist ihm hoch anzurechnen. Wenn der Priester Stephan Müller, der sicherlich die liturgische Kompetenz besitzt, die neue Aufgabe zu übernehmen, die ausgestreckte Hand des Bischofs ausschlägt, muss er wirklich sorgsam überlegen, wie er diese Ablehnung begründet, falls er gleichzeitig noch ein echtes und aufrichtiges Interesse hat, im Einklang mit Summorum Pontificum zu bleiben.
Eine Wegegabelung
Übernimmt Müller die neue Aufgabe nicht (ein vorkonziliar gestrickter Bischof würde ihm unter Verweis auf den bei der Priesterweihe versprochenen Gehorsam befehlen, sie anzunehmen!), wird sicherlich kein anderer Innsbrucker Diözesanpriester zum Summorum-Pontificum-Beauftragten ernannt und auch keine eigene Kirche ausschließlich für die Feier der überlieferten Liturgie gewidmet werden. Es wäre zudem fraglich, ob es im derzeitigen Innsbrucker Diözesanklerus überhaupt einen anderen Priester gibt, der daran Interesse hätte und zugleich die Bereitschaft mitbrächte, die erforderliche liturgische Qualifikation zu erwerben. Er sollte sich zusätzlich noch durch eine integrative und kommunikativ offene Persönlichkeitsstruktur auszeichnen.
Tritt Stephan Müller die für ihn maßgeschneiderte Stelle an, wäre deshalb immer noch völlig offen, ob das das Ende aller Konflikte sein wird. Da die Komplikationen in der Vergangenheit vielfach in einer undiplomatischen Vorgehensweise Müllers begründet waren und sich auf der zwischenmenschlichen Ebene abspielten, könnte es auch der Beginn neuer Konflikte sein, zumal Müller nicht der einzige schwierige Charakter unter den der überlieferten Liturgie zuneigenden Gläubigen (und Priestern) ist. Dieser Umstand könnte es in Frage stellen, ob das wohlwollende Lösungsangebot des Bischofs von Innsbruck auf Dauer tragfähig sein wird und gelingen kann.
Zwei Jubiläen und zwei Fürsprecher
Heute, am 25. Juli 2020, ist das 100. Jubiläum der Herausgabe der Editio typica des Missale Romanum von 1920, jener Ausgabe, die von Pius X. reformiert worden war, die dann aber durch dessen Tod und den Ersten Weltkrieg nicht eher fertiggestellt werden konnte. Vierzig Jahre später stellte sich Johannes XXIII. in Kontinuität mit dieser Missale-Reform des bis jetzt letzten, heiliggesprochenen Piuspapstes und mit Benedikt XV. und wählte den 25. Juli 1960 als Datum der Veröffentlichung seines eigenen Motupropio Rubricarum Instructum, durch welches der Codex Rubricarum von 1960 promulgiert wurde, auf dem die liturgischen Bücher von 1962 beruhen.
Möge der heilige Apostel Jakobus der Ältere, dessen Fest heute gefeiert wird, zusammen mit dem heiligen Christophorus, dessen Gedächtnis im liturgischen Kalender des Usus antiquior mit diesem Apostelfest verbunden ist, für alle Priester und Gläubigen eintreten, welche die überlieferte Liturgie schätzen und lieben. Zugleich auch für Bischof Hermann Glettler, dessen Bischofskirche, der Dom zu Innsbruck, Jakobus den Älteren zum Schutzpatron hat. Die Fürsprache des Apostels und des riesenhaften Christusträgers erwirke ein gutes Gelingen für das Projekt, das der Bischof der überlieferten Liturgie der Römischen Kirche in seiner Diözese zugedacht hat und das er gerne der seelsorglichen Verantwortung Pfarrer Stephan Müllers anvertrauen möchte, ganz gewiss eine kolossale Aufgabe, die es da zu stemmen und zu tragen gilt.
Bild: pfarre-imsterberg.at/Imsterberg.com/Wikicommons (Screenshots)
Ich schätze die Beiträge von Clemens Victor Oldendorf sehr und kann fast immer etwas daraus lernen, auch wenn ich wie hier nicht mit den Schlussfolgerungen einverstanden bin.
An anderer Stelle hat der Autor eine eine Art Apologie der neuen Migranten-Fürbitte verfasst, mit bewundernswerten und tiefsinnigen philologischen und theologischen Erwägungen, indem er sie als eine Art Segen für Reisende und den Lebensweg überhaupt interpretiert. Das geht natürlich am Thema vorbei: Die „Migration um jeden Preis“ im Sinne einer induzierten Völkerwanderung zulasten der 1. Welt, der Christen und der Europäer ist eines der Hauptthemen der Welt – und der Kräfte, die die Welt beherrschen – und somit etwas, das sich Bergoglio zueigen macht. Und nur deshalb gibt es diese neue Fürbitte, lateinische Urbedeutung hin – Josefslitanei her. Es wird noch schlimmeres kommen…
Im Fall Imsterberg nun wird der Schwarze Peter dem Pfarrprovisor Müller zugeschoben- wiederum mit Detailwissen und kenntnisreichen Erörterungen kirchenrechtlicher Art – aber wieder am Problem vorbei!
Alle Vorwürfe, die versteckt oder offen dem Pfarrer gemacht werden, könnte man zu hunderten und tausenden anderen auch machen: Abweichungen von Lehre, Liturgie etc., nur eben in progressistischer und modernististischer Richtung – und nichts geschieht! Es wird geduldet, wenn nicht gar gefördert. Glettler selber ist ja einer von denen. Gotteslästerliche „Kunstwerke“ im Sakralraum, Plastikkasel, Verhöhnung eines Kruzifixcorpus – kein Problem. Aber Latein, Tradition oder die überflüssige Zentralkredenz wegräumen – Riesenproblem…
Man will die Tradition bekämpfen und vernichten. Man duldet sie allenfalls in einer Art von Reservaten, ohne Aussenwirkung, siehe Gemeinden der Petrusbruderschaft: Manche „dürfen“ am Sonntagnachmittag eine tridentinische Messe in einer Pfarrkirche feiern, Hinweise auf der Homepage der Pfarrei gibt es nicht, stattdessen Infos zur Seniorengymnastik am Abend…
Boshaft ist es indessen, dem Pfarrprovisor gar die Schuld an – offenbar wie selbstverständlich erwarteten – liturgischen Missbräuchen der neuen Messe seines Nachfolgers und an einer Abneigung der Gemeinde gegen die Tradition zu geben. Was ist das für eine absurde Überlegung?
Ich hoffe, Pfarrer Müller findet den Weg zur Priesterbruderschaft St. Pius X., anstatt seine Zeit und Kraft mit „Kunst“- und Weltfunktionären wie Glettler zu vergeuden.
Den Kommentar zu einem anderen Beitrag des Autors würden Sie besser dort platzieren, statt hier selbst „am Thema vorbei“ zu kommentieren. Zumal ja in diesem Beitrag auch gesagt wird, dass man die Alte Messe nicht nur mit Summorum Pontificun begründen kann, eben z.B. wie die Piusbruderschaft. Das kann man, muss dann aber auch konsequent sein und es tun. Und dann natürlich kann man nicht erwarten, von einem Diözesanbischof mit einer Aufgabe betraut zu werden oder betraut zu bleiben.
Beiträge wie der Ihre, Herr Oldendorf, sind verzichtbar. Sie demonstrieren Ihre Gelehrsamkeit, und was Sie in Bezug auf „Summorum Pontificum“ sagen, ist ja alles mehr als korrekt. Nur dass eben dieses „Summorum Pontificum“ seinerseits, damals wie heute besser als nichts, dennoch auch deprimierend in seiner Schwachheit und Diplomatie bleibt.
Was Sie gänzlich übersehen, die Hauptsache, ist, dass der teuflische Trick innerhalb der heutigen Gestalt der Kirche eben darin besteht, dass die Hierarchie, entgegen ihrem eigentlichen Zweck, Garant der Wahrheit zu sein, von der Mehrheit ihrer Träger (angeführt vom derzeitigen Papst) dazu benützt wird, innerkirchlich die Unwahrheit zu säen und machtvoll durchzusetzen.
In einer solchen himmelstürzenden Situation – und dass sie besteht, bestätigen selbst vereinzelte Amtsinhaber, allen voran der verdienstvolle Erzbischof Viganò – zeugt es von Verschlafenheit, irrigem Ausgleichswillen oder professoraler Besserwisserei, wenn man die einzelnen „Rebellen“ in Christo – diejenigen, welche der Wahrheit die Ehre geben und nicht ihren Verleugnern in der Hierarchie – wenn man, sage ich, diese vereinzelten Wenigen in die Dürftigkeit eines brav am „status quo“ entlanggestrickten (und entsprechend langweiligen) Kritikgerüstes hineinzwängt.
Anders als Sie es in Ihrer betulichen Gelehrsamkeit tun, Herr Oldendorf, gilt es das Wesentliche, die Kraft, das Gebot der Stunde zu erkennen, was da heißt: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!
Wenn Ihnen (und anderen) die Grenzen und im Formalen bleibende Schwäche von Summorum Pontificum deutlich werden, finde ich nicht, dass der Artikel umsonst ist.
Mit Verlaub: Das ist doch alles Quark.
In großen Gebieten Deutschlands und dem Norden Belgiens finden überhaupt keine katholische Messen mehr statt.
Durch die Coronakrise wurden alle religiöse Feiern gestrichen.
Es ist die FSSPX die sofort mit der Ausstrahlung via Web aus Zaitzkofen (Seminar), aus Paris (Saint-Nicolas de Chardonnet), aus Wil den Gläubigen die tridentinische Messe zeigte.
Da wo die Modernisten schweigen und nur noch lauschen dürfen, und mit wortreichen totalem Unsinn über die Coronamaßnahmen traktiert werden, zeigt die FSSPX nicht nur die Hl. Messe sondern auch die Vesper und auch noch das Morgengebet.
Die Gläubigen kommen treu und immer mehr.
Es liegt in der Natur der Sache daß in schwierigen Zeiten die Gläubigen Trost und Stärkung suchen bei den Tapferen, optieren für Qualität und Stil, und das Original wählen vor billig nachgemachtem Ramsch.
Die Diskussion um der Dichotomie der römisch-katholischen Liturgie ist entschieden:
die modernistische Liturgie und die dazugehörige Kirchenstrukturen haben sich inhaltlich entleert und verdünsten rapide weg.
Die Kirchensteuereinnahmen brechen übrigens rasant weg.
Für den Priester ist die Zelebration in beiden Formen übrigens aus persönlichen Gründen nicht lange möglich.
Der formale und viel mehr noch der inhaltliche Kontrast zwischen dem Hl. Meßopfer im tridentinischen Ritus einerseits und der modernen „Eucharistie“ oder „Gottesdienst“ ist zu groß.
Das ist ungesund.
Wichtige Entscheidungen brauchen Zeit; aber gegen seine tiefste Überzeugungen sollte man Nichts liturgisches verrichten.
Fern von Realität und Praxis
Zunächst ist es schön, daß auf meinen Kommentar eingegangen wurde; jedoch in eine andere als die von mir intendierte Richtung. Anstatt auf Gestaltungsfreiheiten einzugehen, wird hier über Gestaltungsbeschränkungen sinniert und realitäts- und praxisfern über Pfarrer Müller spekuliert. Und das ist nicht schön.
Nach liturgiehistorischen Ausführungen wird entgegen den oft kirchenrechtlich abwägenden Duktus im Abschnitt „Einfühlsameres Vorgehen“ die Entfernung des Volksaltares aus sentimentalen Gründen kritisiert, obgleich offensichtlich keine Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten vorzuliegen scheint. Pfarrer Müller hat viele Dinge und echte Mißstände über Jahre und Jahrzehnte mit unglaublicher Geduld, die nicht nur einer Überzeugung und pastoraler Klugheit, sondern auch dem Vertrauen auf das Wirken Gottes entspringt, geändert bzw. abgestellt. Dies tat er durch eine schrittweise Umstrukturierung verbunden mit einer katechetischen Begleitung der entsprechenden Sachverhalte. So hat er beispielsweise über Jahre den Einsatz von Laien als Kommunionspender reduziert und den Engagierten andere Aufgaben anvertraut bis es keine Kommunionhelfer mehr gab. Eine große Leistung. Ebenso einfühlsam und pastoral klug ging er beim Volksaltar vor, der zunächst in der Advents- und Fastenzeit entfernt wurde, um die Hinwendung an Gott – liturgisch durch die Ausrichtung nach Osten am Hochaltar – sinnlich zu verdeutlichen. Dies ging über mehrere Jahre dann soweit, daß der Volksalter überflüssig wurde und nur noch ein Altar im Altarraum den einen Christus repräsentierte. Mit diesem Argument wurden viele Hochaltäre nach dem 2. Vatikanischen Konzil aus den Kirchen gerissen – aber das Argument greift ja auch andersherum. Zudem wurde in der Kar- und Osterwoche, wenn in der Imsterberger Pfarrkirche jedes Jahr das Heilige Grab – eine aufwändige Tiroler Tradition – aufgebaut wurde, welches den Hochalter völlig verdeckt, da es vom Boden bis zur Decke reicht, der Volksalter zur Zelebration vor diesem aufgestellt und verwendet. So könnten sich eventuelle Stifter darüber freuen, daß an „ihrem“ Altar die höchsten Geheimnisse des Kirchenjahres gefeiert wurden. Darum kann ich die Vorwürfe gegen Pfarrer Müller hier nicht verstehen, außer wenn man den Volksalter als unverzichtbare Errungenschaft der liturgischen Reformen betrachtet.
Im Abschnitt „Kategorische Weigerung“ wird Pfarrer Müller eine Mitschuld an liturgischen Mißbräuchen anderer gegeben. Das ist eine Frechheit und Diffamierung! Für Mißbräuche Anderer sind die Anderen und der Ortsbischof verantwortlich. Dagegen muß dann gegebenenfalls vorgegangen werden, was in der Praxis erst bei Extremfällen – wenn überhaupt – der Fall ist. Dagegen ist das, was in diesem Artikel Pfarrer Müller vorgeworfen wird, eine Bagatelle.
Für den Vorwurf der ausschließlich tridentinischen Zelebration die Tiroler Tageszeitung als Informationsgrundlage heranzuziehen ist mehr abenteuerlich als seriös. Vor einigen Jahren als ich in Imsterberg war, wurde der Pfarrgottesdienst an Sonn- und Feiertagen vormittags im Neuen Ritus am Hochaltar zelebriert und abends eine zusätzliche Messe im Alten Ritus. Über die aktuelle Praxis bzw. die in jüngerer Vergangenheit, weiß ich nicht Bescheid und stelle auch keine Mutmaßungen dazu an.
Im Artikel wird dreist und arrogant mit H. H. Müller auf Grundlage vieler Spekulationen umgegangen und dies ist sehr bedauerlich. Selbst in den Wogen der größten öffentlichen Kritik hat die Tiroler Tagespost Bischof Glettler mit lobenden Worten über den Seeleneifer des Priesters, insbesondere bei Kranken und Sterbenden, sowie den guten Zustand der Pfarrkirche gelobt. Es müssten auch andere Verdienste von Pfarrer Müller noch genannt werden, wie die Belebung der Pfarre und der Ortsgemeinde durch kulturelle Veranstaltungen. So meine ich mit „traditionellerem Stil“ nicht nur die Liturgie, da diese ja in ihrer Form letztlich nur ein Ausdruck und der Höhepunkt allen Handelns ist. In Zukunft wird die Pfarre Imsterberg voraussichtlich nicht so bald einen dermaßen engagierten Pfarrer erhalten. Pfarrer Müller hat die Pfarrei über 20 Jahre – fast eine ganze Generation – geprägt, da kann es mit ihm nicht so schlimm gewesen sein.
Man muß – glaube ich – persönlich mit mehr Wertschätzung und Barmherzigkeit mit Pfarrer Müller umgehen und was die Liturgie betrifft nicht die Mißstände fast allerorten vergessen und wie könnte sich Liturgie entwickeln, wenn man immer nur im engen Rahmen kanonistischer Bestimmungen denkt, ohne dem eigentlichen Geist der Liturgie Raum und Gestaltungsfreiheit einzuräumen. Auch das ist wiederum ein Argument, welches auch progressiv Gesinnte nutzen können. Darum geht es letztlich um die Frage: Was ist Wahrheit? Und was ist das Wahre?
Vor Jahren, ja, da war es so, dass vormittags eine Messe im NON war am Imsterberg und eine Abendmesse im alten Ritus. Wie sich das entwickelt hat, wissen wir nicht. Doch anscheinend war es nicht mehr so. Denn das hätte ja mehr oder weniger dem Plan entsprochen, den Glettler jetzt ursprünglich hatte. Hochwürden Müller im Dorf zu belassen, und die Neue Messe hätte ein Aushilspriester übernommen.