Childfree – die „neue Normalität“

Manipulative Förderung niederer Beweggründe


Childfree, der neue Lebensstil, der uns eingeredet werden soll.
Childfree, der neue Lebensstil, der uns eingeredet werden soll.

(Lon­don) Die Idee ist nicht neu, ganz im Gegen­teil. Vor weni­gen Jahr­zehn­ten hät­te man sie, öffent­lich ver­brei­tet, für krank gehal­ten. Sie wird jedoch in regel­mä­ßi­gen Abstän­den neu auf­ge­legt, und  das jüngst in immer kür­ze­ren Abstän­den. 2013 setz­te das Time Maga­zi­ne ein jun­ges Paar auf die Titel­sei­te, per­fek­te Models, im  Bade­an­zug, spie­geln­de Son­nen­bril­len,  an einem Bil­der­buch­strand mit einer auf­for­dern­den Bot­schaft: „The child­free life: when having it all means not having child­ren“ (Ein Leben ohne Kin­der: Wenn alles zu haben bedeu­tet, kei­ne Kin­der zu haben). Die Auf­for­de­rung zum weit älte­ren Mot­to: Nach mir die Sintflut. 

Anzei­ge

Jeder Mensch, der heu­te lebt, kann auf einen lan­gen Stamm­baum zurück­blicken, auf eine unun­ter­bro­che­ne Ket­te von Gene­ra­tio­nen, die  in direk­ter Linie auf­ein­an­der folg­ten.  Anders aus­ge­drückt, jeder leben­de Mensch ver­fügt über eine bruch­lo­se Abstam­mung, die  bis zur Erschaf­fung des Men­schen zurück­reicht (und für Athe­isten, wenn sie Wert dar­auf legen, seit ein Affe vom Baum gestie­gen ist). Die Vor­fah­ren eines jeden heu­te leben­den Men­schen haben alle Natur­ka­ta­stro­phen, Krank­hei­ten und Krie­ge über­lebt und das Leben wei­ter­ge­ben kön­nen. Doch nun soll Schluß damit sein. Das Ende der Linie, der Abbruch der Fort­pflan­zung, das sei das neue Lebens­ziel, viel­mehr die Voll­endung der Existenz.

Die Sommerreihe des Guardian

Im Som­mer 2020 ist es die US-Aus­ga­be des lin­ken Guar­di­an, der die Kin­der­lo­sig­keit zum ego­isti­schen Man­tra erhebt. Kei­ne Kin­der „für das Kli­ma“, kei­ne Kin­der „wegen der Über­be­völ­ke­rung“, kei­ne Kin­der „zur Süh­ne“, der Deut­schen, weil „Täter­volk“, der Wei­ßen, weil „Täter­ras­se“. Die Liste lie­ße sich fort­set­zen. Von der US-Aus­ga­be der Tages­zei­tung wur­de eine Som­mer­rei­he gestar­tet unter dem viel­sa­gen­den Titel: „Being Child­free“. Es geht um Ego­is­mus in Rein­form, das macht die Idee, die zum „Trend“ gemacht wer­den soll, so attrak­tiv, so „sexy“. Es ist ein Den­ken, das mit dem Sozi­al­dar­wi­nis­mus Ein­zug hielt, aber erst in lan­ger Arbeit den Mas­sen ver­mit­telt, ja bei­gebracht, rich­tig­ge­hend ein­ge­trich­tert wer­den soll.

Wie für das Time Maga­zi­ne vor sie­ben Jah­ren  lau­tet auch beim Guar­di­an die Bot­schaft, daß es eine erstre­bens­wer­te Glei­chung gebe: Kin­der­lo­sig­keit bedeu­tet einen per­ma­nen­ten Insta­gram-Zustand auf einem para­die­si­schen Süd­see-Atoll. Vor­aus­set­zung zur Errei­chung die­ses „Ide­al­zu­stan­des“ sei die per­ma­nen­te Ver­hü­tung von Nach­wuchs. Vater und Mut­ter, Mama und Papa? Stein­zeit­fos­si­le, Relik­te der Ver­gan­gen­heit. Ihnen wird ein neu­es, im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes, ulti­ma­ti­ves Lebens­mo­dell ent­ge­gen­ge­setzt. Kei­ne Ehe­lo­sig­keit um des Him­mel­rei­ches wil­len, kei­nes­wegs. Die Wort­wahl sei nach­ge­se­hen, doch im mehr­deu­ti­gen Sinn geht es um Ver­hü­tungs-Geil­heit, die von US-Medi­en  pro­pa­giert wird. Über dem gro­ßen Teich sitzt auch die Zen­tra­le der Neo­mal­thu­sia­ner, jener Cli­que von Über­be­völ­ke­rungs­ideo­lo­gen, die  unter leicht vari­ie­ren­den Vor­zei­chen seit über 100 Jah­ren von  der Idee umge­trie­ben wird, wie der Nach­wuchs ver­hin­dert wer­den kann – frei­lich der der Ande­ren, der Mitmenschen,

Der Kon­text wird irre­füh­rend dar­ge­stellt: Die Welt­be­völ­ke­rung wächst bereits heu­te pri­mär nur mehr durch die stei­gen­de Lebens­er­war­tung. Wirk­li­ches Wachs­tum weist nur mehr einer von fünf Kon­ti­nen­ten auf: Afri­ka. Außer­halb des schwar­zen Kon­ti­nents sind nur mehr weni­ge  Staa­ten in nen­nens­wer­tem Aus­maß posi­tiv, sprich „nega­tiv“ für die genann­ten Ideologen.

Die Frau im Fokus von Umerziehungsprogrammen

Die Gebur­ten­ra­te in den USA sinkt, und das rapi­de. Dabei konn­ten die USA lan­ge, wie seit den 70er Jah­ren auch eini­ge, seit den 90er Jah­ren die mei­sten west­eu­ro­päi­schen Staa­ten, das eige­ne Gebur­ten­de­fi­zit durch die Gebur­ten der Ein­wan­de­rer erster Gene­ra­ti­on aus­glei­chen.  Seit eini­gen Jah­ren steht in den USA aber ein  rotes Minus in der Gebur­ten­bi­lanz. Die Zeu­gung von Kin­dern, bis vor kur­zem eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, sodaß ein Bun­des­kanz­ler Kon­rad Ade­nau­er noch sagen konn­te: „Kin­der bekom­men die Leu­te immer“, ist zu einem kom­pli­zier­ten Kal­kül gewor­den. Im Zwei­fel kom­men die Nach­wuchs­plä­ne unter die Räder, und das immer öfter, schnel­ler und sorg­lo­ser. Dabei wider­spricht das der Natur des Men­schen, vor allem  der Frau. Und weil sie die Trä­ge­rin des Lebens ist, kon­zen­trie­ren sich auf das weib­li­che Geschlecht eine Viel­zahl  von Umer­zie­hungs­pro­gram­men, die selbst „christ“-demokratischen Poli­ti­ke­rin­nen inzwi­schen in Mark und Bein über­gan­gen zu sein schei­nen. Die Pro­pa­gan­da für die Kin­der­lo­sig­keit hat daher vie­le Gesich­ter. Der Ego­is­mus der Leben­den ist jedoch allen der gemein­sa­me „Kno­chen­bau“.

Ob Kin­der, ja oder nein, „ist mei­ne Sache“, da habe sich die Gesell­schaft nicht ein­zu­mi­schen. „Mein Bauch gehört mir“, lau­tet auf der­sel­ben Ebe­ne ein Pen­dant, um die Tötung bereits gezeug­ter Kin­der zu recht­fer­ti­gen. Ob ein unge­bo­re­nes Kind durch Abtrei­bung getö­tet wird (oder nicht), sei allein „Sache der Frau“. Die Sache, die Ver­ding­li­chung des Kin­des ist der gei­sti­ge Weg vom Sub­jekt zum Objekt. Da wären wir bei den gei­sti­gen Grund­la­gen der Moder­ne und dem Sozialdarwinismus.

Der Guar­di­an will „Argu­men­ta­ti­ons­hil­fen“ lie­fern. In sei­ner Rei­he ver­öf­fent­lich­te er das Gespräch zwi­schen Sum­mer Sewell und Jes­si­ca Reed. Sewell ist in die­sem „Streit­ge­spräch“ die über­zeug­te  Anti-Kin­der-Ideo­lo­gin, Reed die noch unent­schlos­se­ne Frau, die es zu über­zeu­gen gilt. Ter­ti­um non datur. Der auf­merk­sa­me Beob­ach­ter kennt das mani­pu­la­ti­ve Muster.

Am Ende der Über­zeu­gungs­ar­beit for­der­te der Guar­di­an sei­ne Leser­schaft auf, ein Online-For­mu­lar aus­zu­fül­len, in dem die Grün­de genannt wer­den sol­len, war­um man Kin­der hat oder nicht. („Wir ersu­chen, so vie­le Details als mög­lich zu nen­nen“). Aus­ge­wähl­te Rück­mel­dun­gen wer­den seit­her ver­öf­fent­licht, dar­un­ter die einer Lese­rin mit Alko­hol­pro­ble­men, die nicht Mut­ter wer­den will wegen ihrer „gene­ti­schen Prä­dis­po­si­ti­on“ zum Alko­hol. Sie weiß zu berich­ten, daß „Kin­der  von Sucht­kran­ken eine um 60 Pro­zent erhöh­te Wahr­schein­lich­keit“ hät­ten, „selbst abhän­gig“ zu wer­den. Es sei daher „ver­ant­wor­tungs­los“, Kin­der zu zeu­gen, selbst dann, „wenn die Abhän­gig­keit unter Kon­trol­le ist“.  Die Bot­schaft: „Ich ent­schei­de mich, kei­ne Kin­der zu haben. Für mich ist es rich­tig, Leid vor­zu­beu­gen, und das scheint mir der beste Bei­trag, den ich für die Welt lei­sten kann“.

Kinderlosigkeit als Beitrag „für die Welt“

Die Rück­mel­dung wirkt gekün­stelt, als sei sie am Redak­ti­ons­tisch geschrie­ben wor­den. Wie dem auch sei, der letz­te Satz ist der ent­schei­den­de für die Kam­pa­gne:  „der Bei­trag für die Welt“. Wir hör­ten es bereits in der Vari­an­te: Kei­ne Kin­der „für das Kli­ma“: Die Frau­en, die auf­grund einer Sta­ti­stik „die Welt“ vor poten­ti­el­len Alko­hol­ab­hän­gi­gen bewah­ren wol­len. Die Frau­en, die „die Welt“ vor dem öko­lo­gi­schen Kol­laps ret­ten wol­len. The Guar­di­an zeigt dazu übri­gens eine Frau mit einem Vogel Strauß statt eines Kindes. 

Es fehlt auch nicht eine Ankla­ge gegen den Papst, der die Hal­tung als „ego­istisch“ bezeich­ne­te, die Zeu­gung von Kin­der grund­sätz­lich aus­zu­schlie­ßen. Der Papst sei ver­ant­wor­tungs­los, denn „die Welt brennt“, und der „beste Bei­trag“ des ein­zel­nen zur Redu­zie­rung sei­nes „CO2-Fuß­ab­drucks“ sei es, „weni­ger Kin­der zu machen“.

Ande­re Wort­mel­dun­gen in der Guar­di­an-Rei­he  fei­ern das eige­ne Leben, das „abso­lut mir gehört“. Eine ande­re Frau erzählt, daß sie, 54 Jah­re alt, „glück­lich ist, ein Leben ohne Kin­der zu füh­ren, in dem ich mich frei füh­le und immer ich an der Rei­he bin“.

Dann sind da Julia (36), Kri­sten (45), Kait­lin (22) und Sabri­na (25), alle über­zeugt „child­free“. Sie erklä­ren, nicht dem „Rol­len­ste­reo­typ“ der „Frau als Mut­ter“ zu fol­gen. Die Welt „nennt uns Nar­zi­stin­nen, Ego­istin­nen“, doch „unser Glück ist wich­ti­ger“, „unse­re psy­chi­sche Gesund­heit ist wich­ti­ger“. Es gebe vie­le ande­re Din­ge, die eine „Frau zur Frau“ machen, das müs­se nicht ein Kind sein. „Wir wol­len das Beste für uns selbst.“

Manipulative Auswahl

Auch Ker­ry Eusti­ce, die Chef­re­dak­teu­rin der US-Aus­ga­be des Guar­di­an, mel­de­te sich in der Rei­he zu Wort. Mit 37 Jah­ren sei sie immer noch unent­schlos­sen, wes­halb sie zwei Listen erstellt habe, eine mit Grün­den für eine Schwan­ger­schaft, die ande­re mit Grün­den dage­gen. Da ihr auch das nicht half, eine Ent­schei­dung zu tref­fen, beschloß sie „Rat bei Per­so­nen zu suchen, die sich ihren Lebens­un­ter­halt damit ver­die­nen, ande­ren dabei zu hel­fen, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen“. Mit wem spricht sie? Mit der Phi­lo­so­phin Ruth Chang, die ihr „tele­trans­port­ing“ emp­fiehlt. Eusti­ce sol­le sich in eine Welt den­ken, wo sie ein Kind hat, und sehen, wie das sei. Ihre zwei­te „Rat­ge­be­rin“ ist Fran­ces Kiss­ling, eine Abtrei­bungs­ak­ti­vi­stin, die als „katho­li­sche Pro Choice“ vor­ge­stellt wird. Kiss­ling redet ihr vor, es Kin­dern „zu erspa­ren“, in einer Welt mit „gra­vie­ren­den Kli­ma­ver­än­de­run­gen, Was­ser­man­gel“ und wei­te­ren Schreck­nis­sen leben zu müs­sen, die in Zukunft bevor­stün­den. Eine wei­te­re „Lebens­be­ra­te­rin“ der  Guar­di­an-Chef­re­dak­teu­rin ist „Dia­na“ eine Wahr­sa­ge­rin, die für sie Tarot-Kar­ten leg­te. Es stellt sich her­aus, daß Eusti­ce als jun­ge Frau abge­trie­ben hat. Die Kar­ten­le­ge­rin sagt ihr, es gebe für alles eine Zeit, was wohl sagen will, sie hät­te ihre Chan­ce gehabt.

Die  Rei­he des Guar­di­an will den Frau­en eine „neue Nor­ma­li­tät“ ein­re­den: ein Leben ohne Kin­der. Die Paro­le Child­free soll zur „coo­len“ Lebens­hal­tung wer­den, zum mora­lisch Höher­wer­ti­gen. Die Kin­der­lo­sen aus Über­zeu­gung sol­len sich sogar „dis­kri­mi­niert“ füh­len von gei­sti­gen Fos­si­len, die noch immer Kin­der zeu­gen wol­len und dadurch „die Welt“ schä­di­gen und den Mit­men­schen „sau­be­re Luft und Res­sour­cen“ entziehen.

Hät­te jemand in der unun­ter­bro­che­nen Ket­te unse­rer Eltern, Groß­el­tern, Urgroß­el­tern und allen vor­her­ge­hen­den Eltern unse­res Stamm­bau­mes, seit der erste Mensch über die Erde ging, so gedacht, gäbe es uns nicht, auch nicht unse­ren angeb­lich „hei­li­gen“ Ego­is­mus, unser „Bestes“, das es zu ver­tei­di­gen gel­te, und auch nicht unse­ren indi­vi­du­el­len Bei­trag „für eine bes­se­re Welt“. Mit Sicher­heit gäbe es jeden­falls kei­ne ein­zi­ge der Child­free-Apo­lo­ge­tin­nen, denen der Guar­di­an Raum bie­tet. Auch die  neo­mal­thu­sia­ni­schen Über­be­völ­ke­rungs­ideo­lo­gen kön­nen ihrer mis­an­thro­pi­schen Hal­tung nur des­halb frö­nen, weil ihre Vor­fah­ren nicht so dach­ten wie sie. Doch halt: Für die ech­ten Strip­pen­zie­her im Hin­ter­grund gilt das Gesag­te nur für die Ande­ren, nicht aber für sie selbst, wie ihre eige­nen Kin­der­zah­len belegen.

Min­de­stens ein Grund zum Nach­den­ken soll­te das alle­mal sein.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: The Guar­di­an (Screen­shot)

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