Der „Synodale Weg“, eine Revolution, die sich selbst zerstört

Der „Synodale Weg“ analysiert von einem Religions- und Kultursoziologen


Der „Syndale Weg“, eine Revolution, die sich selbst zerstört.
Der „Synodale Weg“, eine Revolution, die sich selbst zerstört.

Das Coro­na­vi­rus hat den „Syn­oda­len Weg“ von Deut­scher Bischofs­kon­fe­renz (DBK) und Zen­tral­ko­mi­tee der deut­schen Katho­li­ken (ZdK) schlag­ar­tig ver­ges­sen las­sen. Die Bischofs­kon­fe­renz ist damit beschäf­tigt, sich der Regie­rung anzu­die­nen und die­se zu kopie­ren mit Pin­zet­ten­kom­mu­ni­on und Altar­raum­mas­ke­ra­de. Der „Syn­oda­le Weg“, vor allem das Doku­ment Macht und Gewal­ten­tei­lung in der Kir­che, wird vom Reli­gi­ons- und Kul­tur­so­zio­lo­gen Pie­tro De Mar­co einer Ana­ly­se unter­zo­gen. Die drei Haupt­her­aus­for­de­run­gen, die der „Syn­oda­le Weg“, also die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz und der Ver­band­s­ka­tho­li­zis­mus, an die Kir­che rich­tet, lau­ten „Sex, Frau­en, Macht“, so Prof. De Mar­co. Hier sei­ne Ana­ly­se, die er dem Vati­ka­ni­sten San­dro Magi­ster übermittelte.

Der „Synodale Weg“ – der beispiellos abschüssige Weg der deutschen Kirche

Anzei­ge

Von Pie­tro De Marco*

Die deut­schen Bischö­fe schei­nen sich des­sen nicht bewußt zu sein, aber der von ihnen ein­ge­schla­ge­ne „Syn­oda­le Weg“, der dar­auf abzielt, „die Kir­che von unten zu ent­schei­den“, ist auch der Weg des Ein­tau­chens und der Auf­lö­sung der Kir­che – als Insti­tu­ti­on und als Sou­ve­rän – in der demo­kra­ti­schen Zivil­ge­sell­schaft und ihrem Wertemagma.

Las­sen sie mich gleich sagen, daß die mehr als medio­kre Qua­li­tät der Tex­te, die eine so ernst­haf­te Ent­schei­dung beglei­ten, nur zu bedau­ern ist. Und ich spre­che nicht von Theo­lo­gie, auf die man sich zwar viel­fach beruft, die aber kei­nes­wegs zufäl­lig die gro­ße Abwe­sen­de ist. Die Arbeits­pa­pie­re der Vor­be­rei­tungs­fo­ren sind „poli­tisch“ im übli­chen Wort­sinn: Es sind Akti­ons­in­stru­men­te. Ihre rhe­to­ri­schen Res­sour­cen sind jene, die bei jedem Vor­stoß zur „Demo­kra­ti­sie­rung“ einer in sich nicht demo­kra­ti­schen Insti­tu­ti­on ein­ge­setzt wer­den, wie die Kir­che „de iure divi­no“ eine ist. Das wah­re Gesicht die­ser erklär­ter­ma­ßen sub­ver­si­ven Akti­on sind die Orga­ni­sa­ti­on der Syn­ode, ihre Zusam­men­set­zung, die Reprä­sen­ta­ti­vi­tät und die Ver­fah­rens­re­geln. Der „Syn­oda­le Weg“ ist eine Kriegs­ma­schi­ne und zugleich eine Vor­weg­nah­me ihrer Ergeb­nis­se: die Neu­ver­tei­lung der Macht und ihre neu­en Akteu­re – akti­ve und passive.

Im Vor­wort des vor­be­rei­ten­den Forums  zu „Macht und Gewal­ten­tei­lung in der Kir­che“, das im Sep­tem­ber 2019 geneh­migt und dann am 20. Janu­ar 2020 aktua­li­siert wur­de, lesen wir:

„Die Leit­fra­ge lau­tet: Wie kann die Kir­che in der Welt von heu­te das Evan­ge­li­um glaub­wür­dig in Wort und Tat verkünden?“

Prof. Pie­tro De Marco

Dem­nach soll­te man also auf der Grund­la­ge eines exter­nen Kanons über ein „Wie“ des Glau­bens ent­schei­den. Wann aber wur­de jemals der christ­li­che Glau­be unter den Bedin­gun­gen welt­li­cher „Glaub­wür­dig­keit“ gepre­digt? Was ist mit dem „Skan­dal des Kreu­zes“, zu dem der theo­lo­gi­sche Nihi­lis­mus heu­te den Mund so voll nimmt? War er an sich „glaub­wür­dig“? Oder in wel­chem ​​Sin­ne und wie haben ihn die gro­ßen Apo­stel und die Glau­bens­bo­ten aller Zei­ten „glaub­wür­dig“ gemacht? Haben sie sich an die Plau­si­bi­li­täts­re­geln der Mei­nun­gen und Sit­ten ihrer Zeit angepaßt?

Daß der „Syn­oda­le Weg“ nichts mit der Ord­nung des Glau­bens und der christ­li­chen Tra­di­ti­on zu tun hat, ent­hüllt bereits die Arbeits­me­tho­de, die nicht nur erwünscht ist, son­dern auf­er­legt wird:

„Der Gesprächs- und Ent­schei­dungs­pro­zess bedarf einer Atmo­sphä­re gei­sti­ger Offen­heit. Es darf kei­ne Tabus geben, kei­ne  Angst vor Alter­na­ti­ven, kei­ne Sanktionen.“

Und wei­ter:

„Es müs­sen Reform­sze­na­ri­en ent­wor­fen wer­den, die pro­zes­su­al rea­li­siert wer­den können.“

Also ein gutes „Brain­stor­ming“ auf die Kir­che und kon­kre­te Vor­schlä­ge zum Wohl des Unter­neh­mens. Wir sind ja in Zei­ten der „Start-ups“. Zur Kun­den­bin­dung wer­de es not­wen­dig sein, wie im Doku­ment aller­dings zuge­ge­ben wird, daß die Tex­te „deut­lich spür­bar einen theo­lo­gi­schen Geist atmen, der die jewei­li­gen Über­le­gun­gen in das Gan­ze eines reflek­tier­ten Glau­bens ein­bet­tet“. Der theo­lo­gi­sche Atem hat jedoch die­sen Tenor:

„Die  Kri­tik  zielt  auf  ein  in  Deutsch­land  weit­ver­brei­te­tes Kir­chen­ver­ständ­nis, das sich durch eine Auf­la­dung des Wei­he­am­tes als ‚hei­li­ge Gewalt‘ (sacra pote­stas)  aus­zeich­net,  ein­ge­bun­den  in  eine  Hier­ar­chie, in der ein­sei­tig die Gläu­bi­gen von Prie­stern als abhän­gig gese­hen wer­den. Die­se insti­tu­tio­nel­le Ord­nung ver­dankt sich aber weni­ger einer katho­li­schen Not­wen­dig­keit als viel­mehr einem anti­mo­der­nen Affekt.“

Abge­se­hen von der merk­wür­di­gen Vor­stel­lung, daß die „sacra pote­stas“ ein deut­scher Exzeß sei, fällt es hier schwer, die histo­ri­sche und theo­lo­gi­sche Unwis­sen­heit von der Fäl­schung von Tat­sa­chen und Leh­ren zu unter­schei­den. Der prie­ster­li­che Dienst wur­de von der „sacra pote­stas“ weder über­la­den noch über­la­stet, da sie ihm wesens­ei­gen ist, außer, das Prie­ster­tum wäre ein Nichts wie für die Protestanten. 

Der gläu­bi­ge Laie ist kein „Ange­stell­ter“ des Prie­sters, son­dern „eccle­sia dis­cens“ [ler­nen­de Kir­che], die sich als sol­che von der „eccle­sia docens“ [leh­ren­de Kir­che] unter­schei­det, wie es vom Gesetz und von der Spi­ri­tua­li­tät der Kir­che gere­gelt ist. Die­se Ord­nung, die sich in ihrer höch­sten Form von der „cae­le­stis hier­ar­chia“ her­lei­tet, ist kon­sti­tu­tiv für die gro­ße Kir­che sowohl des Ostens als auch des Westens. Es hat nichts, aber auch gar nichts mit anti­mo­der­nen Kul­tu­ren zu tun. Auch Max Weber erkann­te die­se Ein­zig­ar­tig­keit, die genia­le Dia­lek­tik einer cha­ris­ma­ti­schen Institution.

1

Sym­pto­ma­tisch für die Ver­wir­rung des „Syn­oda­len Weges“ ist fol­gen­de The­se, die als Leit­satz behaup­tet wird:

„Die Kri­se ist nicht von außen in die Kir­che hin­ein­ge­tra­gen wor­den, son­dern in der Kir­che selbst ent­stan­den. Sie resul­tiert aus star­ken Span­nun­gen zwi­schen der Leh­re und der Pra­xis der Kir­che, aber auch zwi­schen der Art und Wei­se, wie Macht in der Kir­che aus­ge­übt wird, und den Stan­dards einer plu­ra­len  Gesell­schaft  in  einem  demo­kra­ti­schen  Rechts­staat,  deren  Berück­sich­ti­gung  vie­le Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken auch in ihrer Kir­che erwarten.“

Es ist offen­sicht­lich, daß bestimm­te Erwar­tun­gen der katho­li­schen Gläu­bi­gen durch eine Pro­jek­ti­on von For­men und Zie­len der heu­ti­gen west­li­chen Gesell­schaft auf die Struk­tu­ren und das Wesen der Kir­che her­vor­ge­ru­fen wer­den. Aber um Gerech­tig­keit und Rech­te in der Kir­che zu gewähr­lei­sten, gibt es das Kir­chen­recht. Daß in Fäl­len von Pädo­phi­lie die aus­schließ­li­che Gel­tung des Kir­chen­rechts zu per­ver­sen Effek­ten geführt hat, teils zum Gegen­teil des Erwar­te­ten, stellt für Kano­ni­sten ein ech­tes Pro­blem dar. Die zivil­recht­li­che Ent­schä­di­gungs­kla­ge nicht vor­ge­se­hen zu haben, ist eine soge­nann­te Rechts­lücke. Sie recht­fer­tigt jedoch weder ein inner­kirch­li­ches Lyn­chen von Prie­stern und Bischö­fen noch anti-insti­tu­tio­nel­le Pro­kla­ma­tio­nen. Sie ver­langt viel­mehr neben dem Mut, den theo­lo­gi­schen und mora­li­schen Ver­fall der christ­li­chen Bil­dung in den letz­ten Jahr­zehn­ten zu ana­ly­sie­ren, viel juri­sti­sche Arbeit in der Insti­tu­ti­on und für die Institution.

In dem Doku­ment heißt es zudem, daß der Syn­oden­pro­zeß „von Par­ti­zi­pa­ti­on, Trans­pa­renz und Gleich­be­rech­ti­gung geprägt sein muß“. Die „Gleich­be­rech­ti­gung“ meint hier nicht ein prä­zi­ses Recht, wie im kano­ni­schen Ver­fas­sungs­recht, son­dern erhebt den Anspruch, an den end­gül­ti­gen Ent­schei­dun­gen – von theo­lo­gisch bis orga­ni­sa­to­risch – mit dem Gewicht der Stim­me teil­zu­neh­men. Was hier offen auf die Tages­ord­nung gesetzt wird, ist sowohl der Wahl­cha­rak­ter der kirch­li­chen Voll­mach­ten als auch das akti­ve und pas­si­ve Wahl­recht soge­nann­ter „Rand­schich­ten“, mar­gi­na­li­sier­ter Gruppen.

Die­se kirch­li­chen Pseu­do-Schich­ten, die „Frau­en“ und die „Lai­en“, sind in Wirk­lich­keit bereits mäch­tig, im „Syn­oda­len Weg“ sogar ent­schei­dend. Es genügt, sich die Zusam­men­set­zung der Ver­samm­lung anzu­schau­en. Sie schla­gen sich also aus einer Posi­ti­on der Stär­ke her­aus selbst zum Zweck der Macht­über­nah­me als zu eman­zi­pie­ren­de Sub­jek­te vor, indem sie auf unlau­te­re Wei­se mit der Waf­fe der Pädo­phi­lie die prie­ster­li­che und hier­ar­chi­sche Insti­tu­ti­on als Gan­zes angreifen.

Nicht jeder weiß, daß die Grund­la­ge des gegen­wär­ti­gen Anstiegs an Macht- und Druck­ka­pa­zi­tät des kri­ti­schen Lai­en­tums der „MHG-Effekt“ ist, also die Aus­wir­kun­gen der Erfor­schung des sexu­el­len Miß­brauchs, den die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz den Uni­ver­si­tä­ten Mann­heim, Hei­del­berg und Gie­ßen anvertraute.

Es han­delt sich um eine umfas­sen­de inter­dis­zi­pli­nä­re Unter­su­chung, die vom foren­si­schen Psych­ia­ter Harald Dres­sing gelei­tet und vom 1. Juli 2014 bis 24. Sep­tem­ber 2018 auf der Grund­la­ge von Daten aus den 27 deut­schen Diö­ze­sen durch­ge­führt wur­de. Das Ergeb­nis lastet in sei­nem dia­gno­sti­schen und pro­gno­sti­schen Teil die sexu­el­len Skan­da­le der kle­ri­ka­len Insti­tu­ti­on der Kir­che als sol­cher an. Es muß aber gesagt wer­den, daß die deut­schen Bischö­fe sich die enor­men Kosten spa­ren hät­ten kön­nen, übri­gens über eine Mil­li­on Euro, wenn das Ergeb­nis nur – vor­her­seh­bar – die prä­ten­tiö­se Bestä­ti­gung von Din­gen, die der Kir­che bereits bekannt waren, sowie von Vor­ur­tei­len und Gemein­plät­zen sein sollte.

Orga­ni­sier­te Lai­en­grup­pen und die domi­nie­ren­de theo­lo­gi­sche Klas­se haben im MHG jedoch ein per­fek­tes tro­ja­ni­sches Pferd zur Hand bekom­men, das es ihnen ermög­licht, in der Kir­che die Insti­tu­ti­on gött­li­chen Rechts anzu­grei­fen, indem sie jede theo­lo­gi­sche Tat­sa­che und jede Sicht­wei­se des über­na­tür­li­chen Glau­bens, wie ernst­haft sie auch begrün­det sein mag, ein­fach beiseiteschieben.

Nur weni­ge haben heu­te den Mut zu sehen, daß die Ver­bin­dung zwi­schen Macht, prie­ster­li­chem Zöli­bat und Sexu­al­mo­ral, die in der deut­schen Syn­ode unter Beschuß steht, „syste­misch“ kor­rum­piert wur­de, seit die bischöf­li­che Auto­ri­tät auf­ge­hört hat zu leh­ren und zu sank­tio­nie­ren. Der Zöli­bat wur­de in der Prie­ster­aus­bil­dung an den Fakul­tä­ten und in den Prie­ster­se­mi­na­ren dis­kre­di­tiert, und die Sexu­al­mo­ral wur­de gera­de von jenen ver­lacht – Geist­li­chen und Lai­en –, die keusch sein soll­ten. Genau das geschah unmit­tel­bar nach dem Kon­zil­sen­de und in den 1970er Jah­ren, als die Geist­li­chen und Ordens­ge­mein­schaf­ten aus­blu­te­ten. Die Hun­der­ten von Per­so­nen, ich neh­me an gläu­bi­ge Men­schen, die den „Syn­oda­len Weg“ auf sei­nen ver­schie­de­nen Ebe­nen bil­den, soll­ten nicht ein­mal dar­an den­ken, auf unlau­te­re Wei­se einer Insti­tu­ti­on, deren Maje­stät und Tie­fe sie nicht ein­mal ken­nen, die ver­werf­li­chen Ver­hal­tens­wei­sen anzu­la­sten, für die sie selbst nicht weni­ger ver­ant­wort­lich sind als die Gene­ra­tio­nen, die seit den 60er Jah­ren vor ihnen Ver­ant­wor­tung getra­gen haben.

2

„Die  Reform­agen­da  braucht  eine  kla­re  Ana­ly­se  der  ambi­va­len­ten  Macht­phä­no­me­ne  in  der katho­li­schen Kir­che (…).
– Die   Ästhe­tik   der   Macht   zeigt   sich   in   der   Lit­ur­gie,   aber   weit   dar­über   hin­aus   im Erschei­nungs­bild der katho­li­schen Kir­che.
– Die  Rhe­to­rik  der  Macht  zeigt  sich  in  der  Ver­kün­di­gung  und  der  Kate­che­se,  in  den öffent­li­chen  Erklä­run­gen,  aber  weit  dar­über  hin­aus  in  der  Spra­che  der  Kir­che  und  des Glau­bens.
– Die Prag­ma­tik der Macht zeigt sich in den Orga­ni­sa­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men, den Per­so­nal­struk­tu­ren und Ent­schei­dungs­pro­zes­sen, aber weit dar­über hin­aus in der sozia­len, kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Gestalt der Kirche.“

Hin­ter die­sem extre­men, aber geschickt kal­ku­lier­ten und orga­ni­sier­ten Angriff gegen die katho­li­sche Insti­tu­ti­on durch Kle­ri­ker und Lai­en­grup­pen, die zur „Intel­li­gen­ci­ja“ mutiert sind, steht eine Geschich­te der intel­lek­tu­el­len und sozio­lo­gi­schen Meta­mor­pho­se in der Zusam­men­set­zung des Lehr­kör­pers an den theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten. Eine „Intel­li­gen­ci­ja“, genährt von reli­giö­sem Prag­ma­tis­mus und demo­kra­ti­scher öffent­li­cher Ethik, kurz gesagt von der Ideo­lo­gie von Mei­nungs­grup­pen, die sich selbst als Regie­rungs­par­tei der Welt­kir­che sehen. Daher rüh­ren auch der Iden­ti­täts­ver­lust und das Ver­schwin­den einer sol­chen Kir­che in der Gesamt­heit der Grup­pie­run­gen der plu­ra­li­sti­schen Demo­kra­tie, wie ich anfangs andeutete.

Eine sorg­fäl­ti­ge Lek­tü­re der Stel­lung­nah­men und der Doku­men­te des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken – eines mäch­ti­gen Lai­en­ver­tre­ter­ap­pa­rats, der bereits in den sieb­zi­ger Jah­ren Ein­fluß auf die Würz­bur­ger Syn­ode hat­te und jetzt beim „Syn­oda­len Weg“ mit den Bischö­fen sogar gleich­be­rech­tigt ist – wür­de die Rol­le die­ser Mei­nungs­grup­pe beim Ein­knicken der bischöf­li­chen Hier­ar­chie ver­deut­li­chen. Es ist ein poli­tik­wis­sen­schaft­li­ches Theo­rem, daß die Mach­t­ent­wer­tung durch kri­ti­sche Grup­pen immer deren bewuß­te Suche nach Macht ver­birgt. Es ist hin­zu­zu­fü­gen, daß im deut­schen Sprach­raum die­ser Druck seit Jahr­zehn­ten auch auf die Orga­ni­sa­ti­on „Wir sind Kir­che“ zurück­geht. Unter den frü­he­ren Pon­ti­fi­ka­ten ange­mes­sen in Schach gehal­ten, ist es ihr mit dem „Syn­oda­len Weg“ gelun­gen, sich in einen Wahl­kör­per und eine Ver­samm­lungs­frak­ti­on zu verwandeln.

3

Was sei­ne Recht­mä­ßig­keit angeht, steht der „Syn­oda­le Weg“, so wie er kon­sti­tu­iert ist, auf unsi­che­rem Boden. Sicher ille­gal sind aus dog­ma­ti­scher Sicht sei­ne Absich­ten, da sie ein­deu­tig „schis­ma­ti faven­tes et in errorem indu­cen­tes“ sind, also das Schis­ma för­dern und in den Irr­tum füh­ren. Der ideo­lo­gi­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Rah­men, der sich abzeich­net, ist bei wei­tem schwer­wie­gen­der für die Kir­che als ande­re, die in der Ver­gan­gen­heit ver­ur­teilt wurden.

Dies ist der Fall, wenn das Doku­ment gebie­te­risch erklärt:

„Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit ist eine unab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung und eine Quer­schnitts­auf­ga­be, die auf allen Ebe­nen ver­wirk­licht wer­den muss. Die Fra­ge der Zugangs­vor­aus­set­zun­gen zu den pasto­ra­len   Dien­sten,   auch   zum   Amt   des   Dia­kons,   Prie­sters   und   Bischof,   kann   nicht aus­ge­schlos­sen, son­dern muss the­ma­ti­siert werden.“

Die schein­ba­re Zurück­hal­tung im letz­ten Satz („muss the­ma­ti­siert wer­den“) kann nie­mand hin­ters Licht füh­ren. Man will irrever­si­ble Ent­schei­dun­gen tref­fen. Eine nai­ve Uto­pie einer zukünf­ti­gen Kir­che tilgt das Wesen der Kir­che, in Chri­sto und in jedem Getauf­ten. Es ist mit Nach­druck zu sagen: In dem Maß, in dem die deut­sche Kir­che mit einer selbst­mör­de­ri­schen Rhe­to­rik gegen die Macht und das Prie­ster­tum trun­ken geht und eine Beu­te von nicht mehr katho­li­schen Eli­ten ist, ist sie als Kir­che – mysti­scher Leib Chri­sti und Sakra­ment in Ihm und für Ihn – nur mehr eine lee­re Larve.

Erin­nert sich Papst Fran­zis­kus sei­ner Pflicht, „con­fir­ma­re fra­tres suos“? Und dar­an, daß con­fir­ma­re stär­ken heißt und wenn not­wen­dig auch bedeu­tet, die Kir­che im wah­ren Glau­ben wie­der­her­zu­stel­len? Wird er dafür Sor­ge tra­gen, „oder müs­sen wir auf einen ande­ren warten“?

*Pie­tro De Mar­co, eme­ri­tier­ter Pro­fes­sor der Sozio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Flo­renz und an der Hoch­schu­le für Reli­gi­ons­wis­sen­schaf­ten in Flo­renz mit dem Schwer­punkt Reli­gi­ons- und Kul­tur­so­zio­lo­gie. Als pro­mo­vier­ter Phi­lo­soph befaßt er sich zudem mit der euro­päi­schen Ideen­ge­schich­te der Renais­sance und der frü­hen Neu­zeit sowie dem jüdi­schen, früh­christ­li­chen und isla­misch-mit­tel­al­ter­li­chen Den­ken. 2015 gehör­te er anläß­lich der zwei­ten Fami­li­en­syn­ode zu den Erst­un­ter­zeich­nern des Inter­na­tio­na­len Appells an den Papst zur Zukunft der Familie.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: syn​oda​ler​weg​.de/​MiL (Screen­shot)

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