
(Rom) Gestern gab Vatikansprecher Matteo Bruni bekannt, daß Papst Franziskus einen neuen persönlichen Sekretär ernannte. In der Vergangenheit ernannten Päpste ihre Sekretäre, ohne daß dies der Medienöffentlichkeit bekanntgegeben wurde. Die von Franziskus ernannten Sekretäre werfen auch ein Licht auf den Papst selbst. Wer war also der alte, wer ist der neue Sekretär des Papstes?
Als Benedikt XVI. den heutigen Kurienerzbischof Msgr. Georg Gänswein ernannte, wurde das nicht vom Vatikan bekanntgegeben, sondern von einer Presseagentur berichtet.
Der Alte
Als der bisherige, erste Privatsekretär von Papst Franziskus, der Argentinier Msgr. Fabian Pedacchio Leaniz, aus dieser Stellung abtrat, wurde dies Ende November 2019 ebenfalls von einer Presseagentur berichtet. Vatikansprecher Bruni bestätigte dies erst auf Journalistenfragen. Wann genau Pedacchio seine Tätigkeit als persönlicher Sekretär beendete, die er seit dem 12. Mai 2013 ausübte, ist nicht bekannt. Genannt wird vage „Dezember“ 2019. Er ist inzwischen wieder Vollzeit an der Bischofskongregation tätig wie schon vor seiner Ernennung. Zunächst war er zweiter Sekretär, da Franziskus nach alter Gepflogenheit einen Sekretär seines Vorgängers übernahm, der die Stelle des Ersten Sekretärs einnahm. Als die Übergangsphase beendet war, rückte Msgr. Pedacchio 2014 an die erste Stelle auf.
Der 55 Jahre alte Kanonist Fabian Pedacchio war 2007 vom damaligen Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Kardinal Bergoglio, an die Bischofskongregation empfohlen worden. Damit versuchte der Primas von Argentinien die Chancen seiner Kandidaten bei Bischofsernennungen zu verbessern. Der damalige Apostolische Nuntius, Erzbischof Adriano Bernardini, war Bergoglio nämlich weniger gewogen als seine Amtsvorgänger Erzbischof Ubaldo Calabresi und der heutige Kardinal Santos Abril y Castelló. Der spanische Journalist Francisco Fernandez de la Cigoña, damals bei Intereconomia, heute bei InfoVaticana, nannte Pedacchio im unverdächtigen Jahr 2011 „Bergoglios Spion“ in Rom. Ein Mann, der „seine Ohren immer offen hat“, und seinem „Chef“ alle „interessanten“ Dokumente nach Buenos Aires weiterleitete, darunter „auch vertrauliche“.
Was das bedeutete, erhellt ein Beispiel:

Von 2008–2012 war Fernando Lugo, getragen von einer Linkskoalition, Staatspräsident von Paraguay. Bis 2005 war Lugo Diözesanbischof. Als solcher hatte er bereits mehrere Verhältnisse mit Frauen, von denen mehr als in eines in eine Schwangerschaft mündete.
Als Lugo 2008 seine Vaterschaft als Diffamierungskampagne bezeichnete, um seinem Ansehen zu schaden, machte Msgr. Rogelio Ricardo Livieres Plano, seit 2004 Bischof von Ciudad del Este, öffentlich, daß die Bischöfe des Landes bereits zwischen 2002 und 2004 von Lugos Frauengeschichten erfuhren und schriftlich dem Apostolischen Nuntius zur Anzeige brachten. Die anderen Bischöfe dementierten jedoch.
Der Argentinier Livieres war eine Ausnahmegestalt unter Paraguays Bischöfen. In seinem Bistum gelang ihm eine außergewöhnliche Erneuerung, für die er bei der heiligen Liturgie und der Priesterausbildung ansetzte. Damit machte er sich bei seinen Mitbrüdern nicht gerade beliebt. Das von ihm gegründete, an einem traditionellen Kirchenverständnis ausgerichtete Priesterseminar zählte schließlich fast dreimal so viele Seminaristen wie das zentrale, befreiungstheologisch orientierte Priesterseminar aller anderen Diözesen zusammen. Das verbesserte die Stimmung seiner Mitbrüder mitnichten. Erst recht nicht, daß seine Seminaristen birituell ausgebildet wurden, und es sein Bestreben war, nicht nur die würdige Zelebration der Messe des Novus Ordo zu fördern, sondern in möglichst allen Pfarreien auch den überlieferten Ritus und die eucharistische Anbetung zu etablieren.
Der streitbare Livieres ließ nicht auf sich sitzen, daß seine Mitbrüder im Bischofsamt mit offensichtlichen Sympathien für den Befreiungstheologen im Präsidentenpalast so vorgingen. Bei einer Audienz übergab er Papst Benedikt XVI. persönlich eine vertrauliche Denkschrift. Darin berichtete er, daß einige Bischöfe des Landes ihrem Amt nicht ausreichend gewachsen seien und regte „dringende“ Verbesserungen bei den Bischofsernennungen an.
Warum weiß man von dem „vertraulichen“ Papier? Weil es der paraguayischen Presse zugespielt wurde zum großen Schaden für Bischof Livieres, der vor aller Öffentlichkeit und besonders seinen Mitbrüdern bloßgestellt wurde. Das war im April 2009. Der gut informierte Francisco Fernandez de la Cigoña berichtete 2011, die Indiskretion sei aus dem nahen Ausland gekommen, von Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Der Erzbischof von Buenos Aires, so die argentinische Seite Pagina Catolica im Februar 2013, zu einer Zeit also, da man sie noch nicht der Papstkritik zeihen konnte, sei „immer bereit zu politischen und kirchenpolitischen Manövern“.
Kaum war Franziskus Papst, ging er daran, „alte Rechnungen“ zu begleichen. Er sandte Bischof Livieres einen Apostolischen Visitator. Dabei handelte es sich um den ehemaligen Nuntius in Argentinien, Santos Abril y Castelló. 2014 ließ Franziskus Bischof Livieres nach Rom kommen, ohne ihn zu empfangen. Nachdem man den Bischof aus seinem Bistum weggelockt hatte, setzte ihn Franziskus ohne Nennung von Gründen ab.
In anderer Hinsicht noch schwerer wiegen „insistente Gerüchte“ (Stilum Curiae), laut denen der bisherige Sekretär von Papst Franziskus der Homo-Lobby im Vatikan angehöre. Vorwürfe dieser Art wurden gleich bei Pedacchios Ernennung in Argentinien laut. Auch Erzbischof Carlo Maria Viganò erwähnte am 26. August 2018 in seinem Dossier zwei Angehörige der vatikanischen Homo-Lobby an der Bischofskongregation. Ihr Auftrag dort bestehe darin, den noch von Benedikt XVI. ernannten Kardinalpräfekten Marc Ouellet kaltzustellen und bei Bischofsernennungen die „richtigen“ Leute in Position zu bringen. Der ehemalige Nuntius in den USA nannte keine Namen.
Konkreter wurde kurz darauf der Vatikanist Marco Tosatti. Er war es, der Msgr. Viganò bei einem Treffen im März 2018 überzeugte, sein Hintergrundwissen rund um das skandalöse Doppelleben von Kardinal Theodore McCarrick und dessen bevorzugte Behandlung durch Papst Franziskus offenzulegen. Tosatti war es, der zu verstehen gab, wen der Nuntius an der Bischofskongregation gemeint habe: den brasilianischen Kurienerzbischof Ilson de Jesus Montanari, den Franziskus im Oktober 2013 zum Sekretär der genannten Kongregation und im Januar 2014 auch zum Sekretär des Kardinalskollegiums mit wichtigen Aufgaben bei einem künftigen Konklave ernannte, und den Argentinier Fabian Pedacchio Leaniz mit ausgeprägter Vorliebe für die Romane des linksradikalen Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez und für die Filme des homosexuellen Regisseurs Pedro Almodovar, in denen es bevorzugt um Homosexualität, pädophile Kleriker, Transvestiten … geht.
Der Neue
Zu seinem neuen persönlichen Sekretär ernannte Franziskus den uruguayischen Priester Gonzalo Aemilius. Er wird zweiter Sekretär, da der bisherige zweite Sekretär automatisch aufrückt.
Aemilius, mit einer jüdischen Großmutter und zwei nicht gläubigen Eltern, wie ihn Vatican News, das Nachrichtenportal des Vatikans, vorstellte, wurde 1979 in Montevideo geboren. Er bekehrte sich während seiner Gymnasialzeit „überrascht vom Lächeln und der Freude in den Gesichtern einiger Priester, die Straßenkindern halfen“. Zum Priester geweiht wurde er am 6. Mai 2006.

Bekannt wurde er, so die Schilderung der Vatikanmedien, als Papst Franziskus ihn am 17. März 2013, bei seinem ersten offiziellen Besuch außerhalb des Kirchenstaates, vor der Kirche Santa Anna in der Menschenmenge erkannte und ihn zu sich rief. Am Ende der ersten öffentlichen Messe des neuen Kirchenoberhauptes stellte ihn Franziskus allen Anwesenden vor und ersuchte sie, für ihn und für seine Arbeit mit Straßenkindern zu beten.
In der Ausgabe vom 18. März 2013 widmete deshalb der Osservatore Romano (OR) Don Aemilius einen eigenen Artikel. Auf derselben Seite der „Tageszeitung des Papstes“ wurde das von Franziskus angenommene Papstwappen in seiner ersten Fassung veröffentlicht. Es enthielt noch den fünfzackigen Stern, der nach entsprechenden Irritationen und Hinweisen, daß es sich um ein von Freimaurern und Kommunisten bevorzugtes Symbol handelt, wenig später durch einen sechszackigen Stern ersetzt wurde.
Seinen „Redefluß, mit dem der uruguayische Priester jene überflutet, die ihn nach Papst Franziskus fragen“, so der Journalist des Osservatore Romano, unterbreche Don Aemilius nur gelegentlich, um etwas Mate-Tee zu trinken.
Wie Vatican News gestern berichtete, kennen sich beide „seit 2006“. Tatsächlich ist der Kontakt aber noch älter und reicht bis in das Jahr 2001 zurück. Kardinal Bergoglio rief damals Aemilius in Montevideo an, um ihm zum 22. Geburtstag zu gratulieren und den jungen Mann zu einem Treffen einzuladen.
Msgr. Bergoglio, der wenige Monate zuvor zum Kardinal kreiert worden war, war zu Ohren gekommen, daß der junge Uruguayer „mit Verehrung“ jede Etappe der pastoralen Tätigkeit des Erzbischofs von Buenos Aires verfolgte, obwohl sie sich nicht persönlich kannten. 2013 erklärte Aemilius diesen Umstand damit, daß jeder in seinem Leben, „wenn er Entscheidungen trifft, ein Vorbild braucht“. Das Vorbild von Aemilius war Jorge Mario Bergoglio.
„Ich war so tief gefesselt vom pastoralen Stil dieses argentinischen Erzbischofs. Er war meinem Kirchenverständnis so nahe, daß ich mich so begeisterte, daß er zum Leuchtturm meines künftigen Lebens wurde.“
Das Leben eines Priesters.
Als am Tag seines Geburtstages jener Anruf aus Buenos Aires kam, konnte er es gar nicht glauben.
„Auch dann noch, als ich mit ihm die ersten Worte wechselte, dachte ich an den Scherz eines Freundes. Dann aber, als mir bewußt wurde, daß er es wirklich war, verstand ich auch, daß sich in diesem Augenblick mein Leben veränderte.“
Was beeindruckte ihn besonders an Kardinal Bergoglio?
„Seine Art Vater zu sein, an erster Stelle der Armen.“
Diese Vaterschaft habe sich in Brüderlichkeit verwandelt, wenn Msgr. Bergoglio „Juden, Muslime, Protestanten und auch Nicht-Gläubige in die Kathedrale von Buenos Aires rief, damit alle zusammen den Frieden für Argentinien erbitten“.
„Er hat mich gelehrt, das Beste, das in jedem Individuum ist, so verschieden es auch von allen anderen sein mag, herauszuholen und zum Wohl aller einzusetzen.“
Beeindruckt habe ihn auch besonders der Einsatz Bergoglios „gegen den Menschenhandel und gegen die Sklaverei in allen ihren subtilen Formen“.
„Heute ist sein Kampf meiner geworden. Ich kämpfe ihn, um die Jugendlichen der Geißel der Droge zu entziehen, um ihnen eine Zukunft zu geben, die nicht die Straße ist.“
Von 2005 bis 20013 leitete Aemilius auf Wunsch des damaligen Erzbischofs von Montevideo, Msgr. Nicolas Cotugno Fanizzi, das Liceo Jubilar Juan Pablo II, das zum Zeitpunkt der Wahl von Papst Franziskus 220 Kinder im Alter von 12–15 Jahren beherbergte, deren „einzige Alternative die Straße wäre“.
Aus der Schule machte er eine „Familie der Familien“, indem nicht nur für die Kinder gearbeitet wird, sondern auch für deren Familien, die direkt eingebunden werden. „Die Eltern zum Beispiel, die keinen Schulabschluß haben, können ihn an unserer Schule abends nach 18 Uhr nachholen. Und ich versichere ihnen, daß es bestärkend ist, Väter, Mütter und Kinder zu sehen, die ab 21 Uhr zusammen die Hausaufgaben machen.“
Don Aemilius wird zweiter Sekretär von Franziskus neben dem koptisch-katholischen Priester Yoannis Lahzi Gaid. Ihn hatte der Papst im April 2014 ernannt. Msgr. Gaid wurde im vergangenen November zu einem der ersten Mitglieder des neugegründeten Hohen Komitees für die menschliche Brüderlichkeit ernannt, das den Inhalt des umstrittenen Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen vom 4. Februar 2019 umsetzen soll. Teil der päpstlichen Abu-Dhabi-Aktivitäten ist auch das Haus der Abrahamitischen Familie.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/MiL (Screenshots)
Grundsätzlich ist es wohl das gute Recht jedes Staats- und Regierungschefs – und natürlich auch jedes Papstes – sich als Privatsekretäre Personen seines Vertrauens auszusuchen. Und gegebenenfalls auch wieder auszutauschen.
„Seinen „Redefluß, mit dem der uruguayische Priester jene überflutet, die ihn nach Papst Franziskus fragen“, so der Journalist des Osservatore Romano, unterbreche Don Aemilius nur gelegentlich, um etwas Mate-Tee zu trinken.“
Erinnert mich irgendwie an Andreas Englisch.
Hoffen wir, dass Don Aemilius bei all seinem vorbildhaften sozialen Engagement frei von Skandalen ist.
Würde mich mal interessieren, wie er zum Zölibat und zu den Forderungen des synodalen Weges steht.