(Rom) Seit zwei Tagen vor der Synodeneröffnung wird im Zuge der Amazonasynode ein Kanu herumgetragen und eine aus Holz geschnitzte Figur einer Schwangeren. Seither stellen sich Gläubige und Journalisten die Frage: die Jungfrau Maria oder ein heidnischer Götze? Der Versuch einer Klärung.
Die Figur (und das Kanu) wurde am 4. Oktober beim seltsamen Spektakel in den Vatikanischen Gärten gezeigt, an dem auch Papst Franziskus teilnahm. Rituell warfen sich die Umstehenden auf den Boden und huldigten dieser Figur und/oder anderen Gegenständen. So genau weiß man es nicht. Erklärende Angaben durch die Vatikanverantwortlichen fehlen. Beobachter sprachen von einem „Hexentanz“, „heidnischen Kult“ und der „Anbetung von Erd- und Fruchtbarkeitsgötzen“.
Ein heidnisches Spektakel im Vatikan, eine Götzenfigur im Petersdom? Die Frage ist keine Kleinigkeit, wenn der Glaube ernstgenommen wird.
Zur Eröffnung der Amazonassynode am 7. Oktober tauchte das Kanu mit der Frauenfigur sogar im Petersdom auf. Papst Franziskus ging gemäß Choreographie eigens zu den am Boden drapierten Gegenstände und bestaunte sie. In Prozession wurden sie dann in die neue Synodenaula getragen.
Seit dem 8. Oktober ist diese Figur (und auch der Rest) in der Synodenaula anwesend, wo seit dem 8. Oktober die Generalkongregationen tagen.
Am 12. Oktober wiederholte sich das Ganze bei der „Messe für die Erde“ in der Kirche Santa Maria in Traspontina an der Via della Conciliazione. Der vom Befreiungstheologen und Bischof Pedro Casaldaliga kreierte Ritus war von Papst Johannes Paul II. verurteilt worden. Bei einem Bergoglianischen Neo-Kardinal, dem Ordensmitbruder von Papst Franziskus, Michael Czerny, steht er dennoch hoch im Kurs. In dem Sonderritus wurde auf dem Kanu eine junge Frau in die Kirche getragen. Auch die omnipräsente Frauenfigur war wieder an zentraler Stelle zu sehen. Sie wurde vor dem Altar positioniert, und es bildete sich wieder derselbe, ehrfürchtig anbetende Kreis wie in den Vatikanischen Gärten. Nicht um den Altar, sondern um die wie Fetische herumgereichten Gegenstände.
Die Frage lautet daher: Was hat es mit dieser Figur auf sich? Was stellt sie dar?
Soweit erkennbar, soll sie eine schwangere Frau zeigen. Da in den Vatikanischen Gärten zwei ähnliche Figuren zu sehen waren, schrieb der Franziskus-Biograph Austen Ivereigh am 5. Oktober auf Twitter mit einem herablassenden Seitenhieb:
„Gestern bin ich einer Bar im Borgo Pio mit einem übererregten @EWTNVatican-Reporter zusammengetroffen, der behauptete, die Liturgie in den Vatikanischen Gärten sei nicht katholisch. Beispiel? Diese beiden ‚halbnackten schwangeren Frauen‘ seien eine Art heidnisches Fruchtbarkeitssymbol! Ähm, sagte ich, wohl eher die Heimsuchung bei Lukas? Er wirkte verwirrt.“
In den Medien herrschte also Unklarheit und es wurden unterschiedliche Interpretationen gegeben. Ein Teil griff die Behauptung auf, es sei eine Mariendarstellung. Andere sprachen allgemein von einem „religiösen Indio-Symbol“, für wieder andere handle es sich um die Göttin Pachamama, die als „Mutter Erde“ oder auch „Mutter Kosmos“ verehrt wird. Letzteres träfe sich mit der von Papst Franziskus mehrfach gebrauchten Formulierung: „Mutter Erde“. Pachamama ist ein Überbleibsel der vorchristlichen, heidnischen Naturreligion Heidentum in Lateinamerika. Pachamama wird als Schwangere dargestellt. Sie ist, im Gegensatz zur Gottesmutter Maria, nicht mit Jesus, dem fleischgewordenen Wort Gottes schwanger, sondern mit der Welt. Neben der vorchristlichen Überlieferung gibt es heute in Lateinamerika und der westlichen Welt auch einen neuheidnischen Pachamama-Kult.
Wegen der Verwirrung, ob Maria oder Pachamama, stellte Diane Montagna von LifeSiteNews bei der täglichen Pressekonferenz am 16. Oktober die Frage den Synodenverantwortlichen.
Die Antwort fiel erstaunlich aus.
„Wer sagt, daß das Maria ist?“
Die Presseverantwortlichen des Vatikans waren auf die Frage sichtlich nicht vorbereitet. Man hatte ihnen keine Informationen weitergereicht. Das Dilemma und die Kunst aller Vatikansprecher unter Papst Franziskus: Eine Antwort zu geben, obwohl sie nicht informiert sind, ohne etwas zu sagen, was dem unbekannten Willen des Papstes zuwiderlaufen könnte.
Die erste Antwort gab der Jesuit Giacomo Costa von der Informationskommission der Amazonassynode. Costa bestritt, daß es sich bei der Figur um die Gottesmutter Maria handelt. Die beiden Figuren können damit auch die Heimsuchung Mariens dargestellt haben. Bisher wurde nicht bekannt, daß Ivereigh sich bei seinem Kollegen von EWTN entschuldigt hätte.
Die nalbnackte(n) Frauenfigur(en) repräsentiere(n), so der Jesuit, „das Leben“.
„Es ist nicht die Jungfrau Maria. Wer sagt, daß es die Jungfrau Maria ist?“
Als Costa darauf hingewiesen wurde, daß das „viele Leute“ sagen, gab er zu verstehen, daß das wohl „viele“ sagen mögen, er aber davon nichts gehört habe. Thema vom Tisch? Nicht ganz. Er sagte noch etwas:
„Es gibt nichts zu wissen. Es ist eine indigene Frau, die das Leben darstellt.“
Die Informationskommission der Synode werde sich aber bemühen, nähere Informationen einzuholen, aber letztlich:
„Es ist eine Frauenfigur. Sie ist weder heidnisch noch heilig.“
Eine bemerkenswert dürftige Antwort für einen Gegenstand, der im Zusammenhang mit der Amazonassynode omnipräsent ist, ja das eigentliche Synodensymbol zu sein scheint.
Hat im Vatikan niemand gefragt, was das für eine Figur ist?
Hat sich im Vatikan niemand gefragt, was diese Figur darstellt, die von Synodenstatisten ständig herumgetragen wird? Welchen Sinn hätte aber das demonstrative Zeigen von Gegenständen und Symbolen, wenn sie ohne Bedeutung wären?
Paolo Ruffini, der Präfekt des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums, sprang seinem Vize in der Informationskommission zur Seite und meinte:
„Im Grunde stellt die Figur das Leben dar. Das genügt. Ich denke, der Versuch, darin ein heidnisches Symbol zu sehen oder nicht… Das Böse ist es nicht!“
Dann verglich er die Darstellung allerdings mit einem Baum und fügte hinzu:
„Ein Baum ist ein heiliges Symbol.“
Also was nun genau?
Ruffini ergänzte, daß er nur seine „persönliche Meinung“ wiedergebe und nicht als Präfekt des Kommunikationsdikasteriums oder für die Informationskommission der Synode spreche.
Wozu aber sitzt Ruffini auf dem Podium, wenn nicht in dieser Funktion?
Da er sich offenbar bewußt war, daß seine Ausführungen wenig überzeugten, schob er noch nach:
„Wir wissen, daß einige Dinge in der Geschichte viele Interpretationen haben.“
Interpretationen, die in der Bandbreite von heidnisch bis heilig reichen?
Wozu aber die Geschichte bemühen, wenn es darum geht, was gerade passiert und zwar im Auftrag des Vatikans?
Auch Ruffini endete schließlich wie sein Kollege P. Costa mit dem Hinweis, „nähere Informationen“ einholen zu wollen.
Bei REPAM und „Gemeinsames Haus“ nachfragen
Christiane Murray, die stellvertretende Vatikansprecherin und Moderatorin der Synodenpressekonferenzen, wiederholte, daß „weitere Informationen“ einzuholen seien und nannte das Synodennetzwerk REPAM und die Organisatoren der zahlreichen Rahmenveranstaltungen zur Synode, die derzeit in Rom unter dem Motto „Gemeinsames Haus“ stattfinden, und die die Frauenfigur regelmäßig mitbringen.
CNA fragte also Mauricio Lopez, den Geschäftsführer von REPAM, der aber lediglich erklärte, zur Sache nichts sagen zu können, da er bei der Pressekonferenz nicht anwesend gewesen sei. Er verwies aber generell darauf, daß die Aussagen von P. Costa schon ihre Richtigkeit haben würden, denn er sei ja schließlich der „offizieller Pressesprecher“ der Synode.
Und wie reagierte Ivereigh auf die Aussagen bei der Pressekonferenz? Auf Twitter schrieb er gestern nachmittag:
„Die Indigenen hier nennen sie ‚Unsere Frau vom Amazonas‘, aber das macht sie nicht zur Jungfrau Maria. Es macht sie auch nicht ‚heidnisch‘. Alles, was menschlich ist, was nicht böse ist, ist von Gott. Der Versuch einiger, die einheimische Kultur des Amazonas zu dämonisieren, bleibt der Skandal der Amazonassynode.“
Man muß offensichtlich wendig sein, wenn man alles rechtfertigen und verteidigen will oder muß, was gerade im Vatikan geschieht – selbst dann, wenn man dort selbst nicht genau zu wissen scheint, worum es geht.
Nach fast zwei Wochen der Kanu- und Figurenschau aus dem Amazonas weiß man laut vatikanischen Erläuterungen soviel:
Die Frauenfigur in Mehrfachausfertigung, die wie etwas Heiliges oder ein Götze herumgereicht wird, ist „weder heidnisch noch heilig“ – sondern das genaue Gegenteil davon. Was auch immer das sein könnte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanNews/Youtube/MiL (Screenshots)