(Rom) „Die Wirklichkeit ist viel tiefer als der Dualismus schwarz und weiß“. Mit diesen Worten nahm Kardinal Gerhard Müller in der Sendung RAI Dossier „Fünf Jahre Papst Franziskus“ zum regierenden Papst Stellung. Die Zulassung wiederverheirateter Geschiedene nannte der Kardinal eine „fast ideologische Frage“. Er wurde nicht ganz feind behandelt in der Sendung. Anderen erging es allerdings noch schlechter. Der Protagonist der Dokumentation war nämlich Papst Franziskus.
Am Samstag abend strahlte der staatliche Fernsehsender RAI 2 in Dossier, einer Sendung der Nachrichtenredaktion, ein Interview mit Kardinal Müller. Der Kardinal war von Papst Franziskus im Juni 2017 von Papst Franziskus überraschend und ohne Nennung von Gründen als Präfekt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre entlassen worden. Trotz seines noch jungen Alters erteilte ihm Franziskus seit acht Monate keinen neuen Auftrag.
Die RAI-Nachrichtenredakteure befragten den ehemaligen Bischof von Regensburg für das Dossier „Der unbequeme Papst“ zum Thema „fünf Jahre Papst Franziskus“. Unmittelbar vor dem Interview mit dem Kardinal wurde ein Auszug aus der Kopfwäsche von Franziskus gegen die Mitarbeiter an der Römischen Kurie gezeigt, die das Kirchenoberhaupt am 21. Dezember 2017 in seiner Weihnachsbotschaft verabreichte. Es gebe solche, so der Papst, die sich zur „Märtyrern des Systems“ erklären würden, anstatt ein mea culpa zu sprechen.
Durch die direkte Aneinanderreihung stellten die Redakteure, wenig elegant, Kardinal Müller als Adressaten dieser Papstschelte hin. Müller sagte, sich davon nicht betroffen zu fühlen. Allerdings auch:
„Ich kann nicht alles akzeptieren“.
RAI Dossier stellte den Kardinal als „Konservativen“ vor, „der nicht allzu sehr auf Linie mit dem Lehramt von Papst Franziskus“ sei. Dazu Müller:
„Unter den Journalisten haben wir zu viele Manichäer, die an diesen Dualismus denken: das Licht und der Schatten. Die Wirklichkeit ist aber viel tiefer. Waren der heilige Augustinus und der heiligen Thomas von Aquin Konservative oder Progressisten? Es ist absurd, so zu denken. Diese Kategorien stammen aus der Politik des 19. Jahrhunderts. Es ist nicht gut, diese Kategorien auf die Kirche anzuwenden.“
Auf die Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion sagte der Purpurträger:
„Einige haben daraus eine fast ideologische Frage an die Kirche gemacht. Die Kirche muß sich modernisieren. Sie muß diese Welt mit den vielen Scheidungen akzeptieren? Wir müssen diese Welt sehen, aber nicht sie als solche akzeptieren. Jesus ist in die Welt gekommen, um sie zu erneuern und nicht um alles so zu bestätigen, wie sie ist. Jetzt haben wir eine innerkirchliche Diskussion, was nicht gut ist für die Einheit. Wir können nicht die Probleme an einer Stelle lösen und an einer anderen Stelle neue Probleme schaffen. Amoris laetitia ist ein großes Schreiben, aber die ganze Welt spricht nur über diese wenigen Punkte und nicht über das Ganze dieser großen Botschaft gegen die Säkularisierung der Ehe und der Familie. Die Ehe ist etwas Heiliges.“
Päpstlicher Consultor: „Doktrin kann erdrückend wirken“
Als „Antwort“ auf die Aussage des Kardinals blendete Dossier die Aussage von Don Giuseppe Bonfrate, Theologe der Gregoriana, ein:
„Von der Glaubenslehre auszugehen, um das Leben zu beurteilen oder eventuell das Leben an die Doktrin anzugleichen, das könnte erdrückend wirken, ja sogar unfähig sein, zu vermitteln, was zu sagen Pflicht der Kirche ist: nämlich ein Gott, der immer die Hand reicht.“
Don Bonfrate war von Papst Franziskus als Consultor zu den Familiensynoden hinzugezogen worden. Er gehörte der Redaktion des Synodenschlußberichts an, über die der Redaktionskoordinator, Erzbischof Bruno Forte, im Mai 2016 einiges enthüllte.
Franziskus mißachte nicht die Glaubenslehre, indem er diesen Menschen [wiederverheirateten Geschiedenen] Aufmerksamkeit schenke, sondern sei „in Wirklichkeit wie die Epiphanie eines Gottes, der sich zeigt, wie sich Jesus in Bethlehem gezeigt hat“.
Scaraffia: „Durch spontane Kommunikation läuft er Gefahr, mißverstanden zu werden“
Befragt wurden zahlreiche andere bekannte und weniger bekannte Weggefährten des Papstes, darunter Lucetta Scaraffia, die Verantwortliche der Frauenbeilage des Osservatore Romano. Sie betonte die „Spontaneität“ in der Kommunikation von Papst Franziskus.
„Das ist auch seine Stärke. Natürlich wer eine so große Fähigkeit zur spontanen Kommunikation hat, läuft auch Gefahr, mißverstanden zu werden.“
Alles nur ein Mißverständnis? So sieht es Scaraffia.
In der Sendung wurde auch die Originalaufzeichnung vom Rückflug aus Brasilien gezeigt, als Franziskus am 28. Juli 2013 jenen Satz sagte, der zu einer Art Motto des Pontifikats gemacht wurde:
„Wer bin ich, um zu urteilen?“
Scaraffia: Papstkritiker leben von „Halbwahrheiten“
Eine Schwerpunktbotschaft der Sendung lautete: Ja, es gebe „viele Papstkritiker in der Kirche, besonders in den USA“. Sie seien aber zahlenmäßig klein und würden sich „durch Bogs, Internetseiten, Medien, Radiosender überdurchschnittliches Gehör verschaffen, weil sie viel Geld haben“, so der Rom-Korrespondent von Reuters.
Lucetta Scaraffia legte noch mit der Behauptung nach, Kritik am Papst bestehe nur aus Halbwahrheiten oder Schlimmerem. Wörtlich sprach sie von „jenen, die wahrere Wahrheiten als die Wahrheit hätten“. Diese könnten nur deshalb verbreitet werden, weil sie keiner Qualitätskontrolle unterliegen. „Zum Beispiel die Verbreitung falscher Reden von Franziskus“, so Scaraffia. Ein Beispiel nannte sie allerdings nicht.
Don Giuseppe Bonfrate, Theologe der Gregoriana, sagte:
„Der Papst interpretiert nicht auf abweichende Weise die alleinige Wahrheit. Er gibt dieser Wahrheit nur eine konkrete Form, die aus Blicken und Gesten besteht. Ich denke, daß jene, die die Gefahr eines Schismas an die Wand malen, in Wirklichkeit die Idee eines Schismas begünstigen.
Er meinte zudem, der Papst “aktualisiert die Liste der Sünden”, indem er die Korruption im Staat und in der Wirtschaft anprangere.
Kardinal ist nicht gleich Kardinal
Nicht nur parteiisch, sondern unfair wurde die Sendung, als es um einen engen Mitarbeiter und einen engen Vertrauten des Papstes ging, beide Purpurträger, die ganz unterschiedlich behandelt wurden. Zum Vertrauten, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, wurde das Wochenmagazin L’Espresso zitiert, das behaupte, der Erzbischof von Tegucigalpa kassiere 35.000 Euro im Monat von der Katholischen Universität seines Landes, der er als Großkanzler vorsteht. Der Kardinal wurde gezeigt, als würde er sich selbst zum Publikum wenden, während der Sprecher für ihn sagte:
„Das sind alles Verleumdungen, weil das Geld der Kirche in seinem Bistum zugute kommt“.
Dann wurde über „Entlassungen“ und „Polemiken“ berichtet und dazu Kardinal George Pell gezeigt, der Mitarbeiter, den Franziskus zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats gemacht hatte. Der Sprecher sagte in seinem Fall aber kein Wort der Verteidigung. Ganz im Gegenteil:
„Kardinal George Pell wurde gezwungen in sein Australien zurückzukehren, wo er sich wegen Pädophilie-Anklage verantworten muß“.
Der „kleine“ Unterschied ist subtil verpackt und enthüllt dennoch eine unfeine Parteinahme, die zwischen einem Kardinal unterscheidet, der Franziskus nahesteht und einem Kardinal, für den das nicht gilt. Oder anders gesagt: der Unterschied zwischen einem Bergoglianer, der geschützt und einem Ratzingerianer, der geknüppelt wird.
Was in der Sendung nicht gesagt wurde: Gegen Pell wurden in den vergangenen zwei Jahren zwei unterschiedliche Vorwürfe erhoben. Seit 2016 wurde ihm zum Vorwurf gemacht, in den 70er Jahre zwei Kinder unsittlich berührt zu haben. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wurde allerdings von Anfang an bezweifelt, da der Kardinal, damals noch einfacher Priester, und andere Zeugen die Behauptungen glaubwürdig bestreiten konnten. Dieser Vorwurf wurde vor wenigen Tagen auch von der Gerichtsbehörde fallengelassen, die sich dafür viel Zeit ließ. Dank der Medienaufmerksamkeit schadete die Sache seinem Ansehen dennoch. Der andere Vorwurf ist schon einige Jahre älter. Er habe als Erzbischof von Sydney Priester, die sich pädophiler Straftaten schuldig gemacht hatten, nicht rechtzeitig zur Anzeige gebracht. Hier ist eine genaue Grenzziehung schwierig. Derzeit wird geprüft, ob es in der Sache tatsächlich ausreichend Anhaltspunkte gibt, um Anklage gegen den Kardinal zu erheben. Die mediale Vorverurteilung findet hingegen schon seit Jahren statt, was offensichtlich in erster Linie mit seiner „konservativen“ Haltung zu tun hat.
Die Dossier-Formulierung bot Pell nicht nur keine Gelegenheit zur Verteidigung, sondern stellte ihn in aller Öffentlichkeit an den Pranger mit dem irreführenden Eindruck, der Kardinal sei selbst ein pädophiler Straftäter.
Während Kardinal Maradiaga durch die Sendung reingewaschen wurde, wurde Kardinal Pell in den Schmutz gezogen. Auch das ist Kirchenpolitik.
Einwanderungs- und Klimapolitik: „Absolut revolutionäre Absicht“
Ein anderer Schwerpunkt der Sendung war die Haltung des Papstes zur Einwanderungs- und Klimapolitik. Seine Enzyklika Laudato si habe, so die Journalistin Francesca Santolini, eine „absolut revolutionäre Absicht“.
„Ohne den starken Druck, den Papst Franziskus in den Monaten vor dem Pariser Weltklimagipfel auf diplomatischer Ebene ausgeübt hat, hätte wir heute vielleicht nicht das Klimaabkommen von Paris.“
Der Papst habe die „Soziale Frage mit dem Umweltschutz gekoppelt“, indem er von „Klimaflüchtlingen“ sprach. Er habe damit die „Zerbrechlichkeit des Planeten mit der Armut verknüpft“, so Santolini.
Die Chinapolitik des Heiligen Stuhls wurde in der Sendung nicht als „Ostpolitik“, sondern „Realpolitik“ bezeichnet, aber ausdrücklich in einen direkten Zusammenhang mit Politik „von Kardinal Casaroli und Papst Paul VI.“ gegenüber der Sowjetunion und dem kommunistischen Ostblock gestellt.
„Noch kein Papst hat so über Luther gesprochen“
Schließlich wurde noch erwähnt, daß „noch kein Papst so verständnisvolle Worte für den großen Protestierer Martin Luther gefunden hat“.
Dazu wurde der lutherische Pastor von Rom, Jens-Martin Kruse, befragt, den Papst Franziskus im November 2015 in der lutherischen Christuskirche in Rom besuchte.
„Mit Papst Franziskus hat meiner Ansicht nach eine neue Ära der Ökumene begonnen. Er tut, was seinem Titel Pontifex entspricht: Er baut Brücken“.
Im vergangenen Januar hatte ihn Franziskus zum Abschluß der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen in der Päpstlichen Basilika Sankt Paul vor den Mauern eingeladen, gemeinsam mit ihm und den Vertretern der Orthodoxie und der Anglikaner die versammelten Gläubigen zu segnen.
„Zum ersten Mal in der Geschichte der Ökumene, wurde der Segen gemeinsam gespendet. Für mich war das eine große Überraschung. So etwas hätte ich nie erwartet. Es war sehr bewegend. Für mich war das ein großes Geschenk“, so Kruse.
Inzwischen haben sich das Verhältnis zwischen ihm und dem Papst entwickelt:
„Wir sind Freunde. Ich bete jeden Abend für Papst Franziskus. Er ist für mich wie mein Bischof. Meiner Ansicht nach lebt Papst Franziskus bereits heute so etwas wie einen ökumenischen Primat.“
„Franziskus stürzt Systeme um, da verliert mancher seinen Thron“
Das Schlußwort in der Sendung kam aber dem Theologen Bonfrate zu. Papst Franziskus sei wie das Magnifikat, das Systeme umstürze.
„Franziskus geht auf dieselbe Weise vor: Er stürzt die Systeme um und gibt jenen Hoffnung zurück, die glaubten, keine zu haben. Und natürlich gibt es manche, indem Systeme umgestürzt werden, die ihren Sessel verlieren, manche, die den Thron verlieren, manche, die das Privileg verlieren, und deshalb ist er extrem unbequem, denn wir dachten, daß die Zugehörigkeit zur Hierarchie uns in die Lage versetzt, Ansprüche zu erheben, anstatt zu dienen. Was von ihm bleiben wird? Vielleicht: das Evangelium der Geschichte zurückzugeben. Ein Evangelium nicht gemacht aus Wörtern, sondern aus konkreten Handlungen. Eine Hand jemand gereicht, der gefallen ist. Auch eine Neuinterpretation der Sünde, weil er vor Augen hat, daß Gott angesichts der Sünde Seine ganze Allmacht offenbart, indem er sich herabbeugt, um zu trösten, wer betrübt ist.“
Das vollständige Video von RAI TG2 Dossier vom 3. März 2018: „Der unbequeme Papst. Fünf Jahre Papst Franziskus“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: RAI Dossier (Screenshots)
Abgesehen davon, dass ich bei diesem Papst kein Lehramt, sondern höchstens ein Leeramt erkennen kann, stellt sich für mich folgende Frage: Franziskus stürzt Systeme, heißt es in diesem Beitrag. Heißt das, das alles was die Kirche bis 2013 lehrte nicht mehr stimmt? Hat die Kirche 2000 Jahre lang geirrt, nur weil da jetzt ein Gaucho aus der Pampa daherreitet und glaubt, alles neu erfinden zu müssen? Wer sagt mir, dass nicht er irrt? Sein Umgang mit rechtgläubigen Amtsträgern spricht Bände. Der Papst ist nicht dazu da, um über den Klimawandel zu reden, und die Kirche zu einer zeitgeistig – linken NGO zu machen, die einzig die Interessen der Globalisierer und der Kulturmarxisten, welche unsere Werte zerstören, zu machen.
Wenn die RAI meint, ein solches Pro-Papst-Franziskus-Pamphlet senden zu müssen, zeigt dies, dass es um dessen Ansehen im Kirchenvolk keineswegs so gut steht, wie immer der Anschein erweckt wird. Das wiederum ist ein gutes Zeichen.
Typisch RAI. Linksextreme Chaotinnen wie Lilli Gruber, Bianca Berlinguer et al sind dort die großen Welterklärer.
Es ist zu wünschen, daß ein neue Regierung in Rom diese kommunistische Medienkrake RAI zerschlägt. z.T. ist die dortige Demagogie und Desinformation in Spuren manchmal noch schlimmer als bei SRF, ARD/ZDF und ORF.
Dieser oben kommentierte Fernsehbeitrag ist die Spitze des medialen Hymnus, den RAI bedächtig auffährt um die Agenda Bergoglios und der Linksextremen hinauszuposaunen.