
(Rom) Papst Franziskus löste heute die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei auf. Entsprechende Gerüchte waren bereits im vergangenen Advent aufgetaucht.
Die Kommission wurde in die Glaubenskongregation integriert. Für das Motu proprio Summorum Pontificum von Papst Benedikt XVI. und die Gläubigen, die der überlieferten Form des Römischen Ritus verbunden sind, ändert sich nach einer ersten Durchsicht so gut wie nichts. Zumindest rechtlich gesehen.
De facto weht in zahlreichen Bistümern, zumeist jener Gegenden, die sich schon bisher dem überlieferten Ritus und den Gemeinschaften der Tradition wenig freundlich gezeigt hatten, ein ziemlich eisiger Wind. Das gilt besonders für Italien. Die konkreten Auswirkungen des neuen Motu proprio müssen sich erst noch zeigen.
Künftig werden die Gespräche zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) und dem Heiligen Stuhl direkt mit der Glaubenskongregation stattfinden. Unmittelbare Gesprächspartner sind demnach Kardinal Luis Ladaria Ferrer SJ (für den Heiligen Stuhl) und der neue Generalobere P. Davide Pagliarani (FSSPX).
Folgt man dem heutigen Dokument, wird der Dialog sich vordringlich auf Fragen der Glaubenslehre konzentrieren, die das Zweite Vatikanische Konzil betreffen.
Der Hintergrund
Die Kommission Ecclesia Dei war 1988 mit dem gleichnamigen Motu proprio von Papst Johannes Paul II. errichtet worden. Sie sollte zunächst vor allem jenem Teil der Tradition als Anlaufstelle dienen, der nicht den Schritt in den Bruch mit Rom mitgehen wollte, der durch die unerlaubten Bischofsweihen von Erzbischof Marcel Lefebvre für die Piusbruderschaft entstanden war, weil Rom mit der Exkommunikation der weihenden Bischöfe und der neugeweihten Bischöfe reagierte.
Tatsächlich entstanden seither eine ganze Reihe von Gemeinschaften, allen voran die Priesterbruderschaft St. Petrus (FSSP) noch 1988, die in die Einheit mit dem Heiligen Stuhl traten und der Kommission unterstellt wurden.
Mit dem Motu proprio Summorum Pontificum von 2007 wurde dieser Aspekt von Papst Benedikt XVI. gestärkt, indem die Kommission auch die Zuständigkeit zur Umsetzung von Summorum Pontificum erhielt und auch über auftretende Fragen zum überlieferten Ritus zu entscheiden.
Als Benedikt XVI. 2009 die seit 1988 geltende Exkommunikation der damals neugeweihten Bischöfe der Piusbruderschaft aufhob, organisierte er mit dem Motu proprio Ecclesiae unitatem die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei neu. Er unterstellte sie dem Glaubenspräfekten und machte sie zu einem Anhang der Glaubenskongregation. Dies deshalb, weil erstmals offizielle Gespräche mit der Piusbruderschaft aufgenommen wurden, bei denen es vor allem um Fragen der Glaubenslehre geht, wofür die Glaubenskongregation zuständig ist.
Im Mai 2012 und im Mai 2017 lehnte die Kardinalsversammlung der Glaubenskongregation, soweit bekannt, die bei den Gesprächen ausgehandelten Einigungen bzw. Positionen der Piusbruderschaft ab, gemäß denen die Einheit mit dem Heiligen Stuhl wiederhergestellt werden sollte.
Ende Juni entließ Franziskus Kardinal Müller als Glaubenspräfekten und ernannte Kurienerzbischof Ladaria zu seinem Nachfolger, den er später zum Kardinal kreierte.
Papst Franziskus schreibt in seinem heutigen Motu proprio, daß die Kardinalsversammlung der Glaubenskongregation im November 2017, also kurz nach dem Scheitern des vorgenannten Anlaufs, den Wunsch äußerte, den Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und der Piusbruderschaft direkt der Glaubenskongregation zu übertragen, weil die offenen Fragen primär die Glaubenslehre betreffen. Dem stimmte der Papst noch im selben Monat zu.
Die Begründung
Das tat auch die Vollversammlung der Glaubenskongregation im Januar 2018.
Papst Franziskus stellte heute in seinem neuen Motu proprio fest, daß „die Bedingungen“, unter denen Johannes Paul II. 1988 die Kommission Ecclesia Dei errichtete, „heute als geändert zu betrachten sind“:
- weil „die Institute und Ordensgemeinschaften, die gewohnheitsgemäß in der außerordentlichen Form zelebrieren, heute eine eigene Stabilität an Zahl und Leben erreicht haben“;
- weil der Zweck und die von der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei behandelten Fragen „überwiegend doktrineller Ordnung“ sind.
Franziskus begründet das heutige Motu proprio neben diesen Aspekten auch mit dem Wunsch, daß der genannte Zweck und die behandelten Fragen „im Bewußtsein der kirchlichen Gemeinschaften immer offenkundiger werden“.
Die Maßnahmen
Das Motu proprio selbst umfaßt drei Artikel.
- Der erste Artkel bestimmt, daß die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei mit sofortiger Wirkung abgeschafft ist.
- Der zweite besagt, daß die Aufgaben der Kommission „zur Gänze“ der Glaubenskongregation übertragen sind, innerhalb der eine „eigene Sektion“ errichtet wird, welche die Aufgaben „der Aufsicht, der Förderung und des Schutzes“ der abgeschafften Kommission fortsetzt.
- Der dritte Artikel betrifft den Haushalt der abgeschafften Päpstlichen Kommission, der Teil der ordentlichen Buchhaltung der Glaubenskongregation wird.
Papst Franziskus, der das Motu proprio am 17. Januar unterzeichnete, bestimmte zudem, daß die genannten Artikel mit der heutigen Veröffentlichung in Kraft treten und nachträglich in den Acta Apostolicae Sedis veröffentlicht werden sollen.
„Papstsprecher“ erklärt die Bedeutung
Erstmals seit seiner Ernennung wurde heute die Neuorganisation bei den Vatikanmedien sichtbar. Andrea Tornielli veröffentlichen einen Kommentar zum neuen Motu proprio mit der Überschrift „Ecclesia Dei, Außergewöhnlichkeit beendet“ , der von Vatican News in verschiedenen Sprachen veröffentlicht wurde, darunter – eine Novität – auch auf deutsch.
Tornielli, bis zu seiner Ernennung zum Hauptchefredakteur aller Vatikanmedien als Hausvatikanist von Papst Franziskus tätig, hat direkten Zugang zum Papst. Es darf angenommen werden, daß auch der Inhalt seines Kommentars mit Franziskus abgesprochen wurde.
Tornielli schreibt dem heutigen Motu proprio „eine doppelte Bedeutung“ zu.
„Erstens erinnert der Papst daran, dass der außergewöhnliche Charakter, für den Johannes Paul II. diese Kommission 1988 ins Leben rief, nicht mehr gilt.“
Die „Not“, die damals bestanden habe, gebe es nicht mehr, “ auch dank der Entscheidung von Benedikt XVI., die Nutzung des römischen Messbuches von 1962 zu gewähren, wie es vom heiligen Johannes XXIII. vor Beginn des Konzils verkündet wurde.“ Der Bestand der altrituellen Gemeinschaften sei „konsolidiert“, so Tornielli.
Die zweite Bedeutung hänge mit dem bereits 2009 „von Papst Benedikt XVI. begonnenen Prozeß“ der Gespräche mit der Piusbruderschaft zusammen.
Zur Piusbruderschaft schreibt Tornielli Bemerkenswertes:
„Bekanntlich bleibt die Lehrfrage mit der Aufhebung der Exkommunikation der unrechtmäßig geweihten Bischöfe im Jahr 1988, der freien Nutzung des römischen Messbuches von 1962 und der den Priestern der Bruderschaft von Papst Franziskus gewährten Fakultäten das einzige, aber auch das wichtigste noch offene Thema.“
Faktisch sagt der Medienchef des Papstes, daß der Gebrauch des überlieferten Ritus von Benedikt XVI. freigegeben wurde und die Weihen der Priester der Piusbruderschaft und ihre Sakramentenspendung von Papst Franziskus anerkannt wurde. Dieser Punkt verunsicherte in der Vergangenheit zahlreiche Gläubige. Im Jahr der Barmherzigkeit gewährte Franziskus den Piusbrüdern, das Bußsakrament zu spenden, später auch Ehen schließen zu können. Das greift der formalen, kanonischen Anerkennung als Bruderschaft zwar vor, besagt aber, daß es dazu keine offenen Fragen gibt. Die Aussage lautet: Wer als Priester rechtmäßig und erlaubt ein Sakrament spenden kann, kann alle Sakramente spenden.
Tornielli läßt noch einen spezifischen Hinweis folgen:
„Das gilt besonders jetzt, da die Bruderschaft ihre Führung gewechselt hat. Die neuen Leiter der Priesterbruderschaft haben in der Tat angekündigt, dass sie um weitere Gespräche mit dem Heiligen Stuhl über die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils bitten werden: ein heikles Thema, das nun vom Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Luis Ladaria, behandelt wird.“
Zu den bisherigen Amtsträgern und Mitarbeitern von Ecclesia Dei sagt das Motu proprio nichts aus. Bei Tornielli findet sich der Hinweis, daß man zur Errichtung der neuen Sektion der Glaubenskongregation und für die Aufgaben, die ihr übertragen wurden, „auf das bisher bei der Kommission beschäftigte Personal zurückgreifen wird“. Ob das auch Kurienerzbischof Guido Pozzo gilt, dem seit 2009 mit einer kurzen Unterbrechung von neun Monaten amtierenden Sekretär der Kommission, ist nicht bekannt
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Auf http://www.kathnews.de/paepstliche-kommission-ecclesia-dei-aufgeloest
liest sich das ein bißchen skeptischer.
Nun ist es also amtlich: Die Kommission „Ecclesia Dei“ ist aufgelöst. War das nicht zu erwarten, und schon seit fast sechs Jahren? Insgeheim macht sich der Eindruck breit, daß Papst Franziskus mit der Kurienreform nun das „Herzstück“ des Umgangs mit der Tradition entfernt. Die von Rom anerkannten „Tradis“ (verzeihen Sie, die Vertreter der Bewahrung der altehrwürdigen Tradition) schreien Zeter und Mordio. Und das materiell zu Recht. Denn zum einen stehen die Gemeinden, die sich unter dem Motu Proprio „Summorum Pontificum“ Papst Benedikts XVI. geformt haben auf disziplinarisch tönernen Füßen. Welcher Bischof würde denn angesichts der Mißbrauchsarbeit der Bischofskongregation noch wegen Verstößen gegen die Rechtsnormen, die formell seit dem MP „Ecclesiae Unitatem“ gelten, angeklagt oder zur Verantwortung gezogen? Die Ritenkongregation ist wegen der zig-tausendfachen verstößen gegen die liturgische Ordnung der Römisch-Katholischen Kirche sowieso vollkommen überlastet. Also ein Meßort weniger, systematisch ausgedünnt, nach der Salami-Taktik und dann ist der NOM durchgesetzt. Und, was noch vielmehr zu beachten ist, die Kommission „Ecclesia Dei“ war nie ein oberes Römisches Dikasterium, sie war immer der Glaubenskongregation oder dem Apostolischen Haus unterstellt, nie direkt dem Papst. Also waren alle Beschlüsse kontestabel und konnten aufgehoben werden. Es war also der Klugheit oder dem Sinn für der Gerechtigkeit der ED-Mitglieder überlassen, wie sie wohl entscheiden. Und was viele vergessen: Die Kommission „Ecclesia Dei“ war nie so eingerichtet, wie es der Gesetzestext selbst verlangt. Zu keiner Zeit war je ein Mitglied einer der „Ecclesia Dei“-Gemeinschaften (kurz ED‑G.) formell Mitglied der Kommission, noch hat sie irgend einer der ED‑G. einen Bischof aus den eigenen Reihen zugestanden (der Fall Licinio Rangel war nie auf dem Tisch der ED!), die Apostolische Administration Johannes Vianney wurde durch ein eigenständiges MP eingerichtet. Insofern behält die Einschätzung der Lage im Vatikan durch die drei Bischöfe Bernard Tissier de Mallerais, Alfonso de Galarreta und Richard Williamson vom 7. April 2012 aus dem Offenen Brief an das zukünftige Generalkapitel und S. E. Bernard Fellay bis heute seine Gültigkeit und ist eine abstrahendo auf Papst Franziskus anzuwenden. Natürlich wird man jetzt in der Glaubenskongregation dieselbe Zermürbungstaktik einsetzen, mit der man versucht hat den Erzbischof S. E. (Em. in pectore) Marcel Lefebvre zur Strecke zu bringen, auf Davide Pagliarani und Galarreta anwenden. Aber – es ist nicht die Tür in den Vatikan, die offensteht, sondern das Tor nach Econe, das allen Traditionstreuen weit offensteht („patet magis cor“).
Woher wissen Sie, dass Erzbischof Lefebvre in pectore zum Kardinal ernannt worden wäre?
Es ist aus entsprechenden Dokumenten und Aussagen zu Papst Pius XII. ersichtlich. Die Ernennung war schon vollzogen, als Papst Pius XII plötzlich und unerwartet starb. „Cardinalis est sed iuvenis nondum creatus!“
Gerade in diesen Jahren der totalen Finsternis der Kirche ist die Messe in der überlieferten Form der große Lichtblick.
Marcel Lebfevre ist ein ganz großer Heiliger der Kirche, der lieber durch eine „Exkommunikation“ ging, als Christi Kirche
so schmählich zu verraten wie es durch das Konzil geschah.
Weder Paul 6. / Joh.Paul der 2 und am allerwenigsten Joh 23 ist heilig, dem haben wir den ganze Schlamassel überhaupt zu verdanken.
Die Liturgie ist der Schlüssel zu Christus, nichts anderes.
Das ist doch ein bißchen platt argumentiert.
Kultur kommt von Kult. Und Kultur ist der Rahmen des Handelns.
So wie also alles aus dem Kult kommt, ist alles in Christus.
Bis jetzt hat ED auch wiederholt Fragen entschieden, die man früher der Ritenkongregation vorgelegt hätte. Wer klärt das jetzt? Wenn die neue Sektion mit lehrmäßigen Fragen zwischen Rom und FSSPX beschäftigt wird, hat sie mit Rubrizistik eigentlich gar nichts mehr am Hut. Strenggenommen auch nichts mehr mit den Gemeinschaften, die ihr schon bisher unterstanden haben.