Das Video vom Papst: Der Oktober macht alles neu?

Gebet zum Erzengel Michael


Papst Franziskus
Das ungewöhnliche neue „Video vom Papst“ mit Gebetsaufruf und Warnung vor ...

(Rom) Das „Video vom Papst“ für den Monat Okto­ber wur­de ver­öf­fent­licht und erstaunt mit einer Neuerung.

Synkretismus und zivilgesellschaftliche Verhaltensanleitung

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Vor bald drei Jah­ren, im Janu­ar 2016, wur­de die Initia­ti­ve „Das Video vom Papst“ gestar­tet. Die monat­li­chen Gebets­an­lie­gen des Hei­li­gen Vaters wer­den vom Gebets­apo­sto­lat, einem welt­wei­ten Gebets­netz­werk des Pap­stes, ver­öf­fent­licht. Bis zum Drei­kö­nigs­fest 2016 erfolg­te das schrift­lich. Seit­her gibt es ein pro­fes­sio­nel­les Video dazu, in dem sich Papst Fran­zis­kus per­sön­lich an die Gläu­bi­gen wendet.

Das erste Video vom Papst im Januar 2016 - heute in einer zweiten Version verbreitet
Das erste Video vom Papst im Janu­ar 2016 – heu­te in einer zwei­ten Ver­si­on verbreitet

Der Start mit dem ersten Video war gleich mit hoher Auf­merk­sam­keit und erheb­li­cher Unru­he beglei­tet, weil Bil­der und Text einen stark syn­kre­ti­sti­schen Bei­geschmack auf­wie­sen. Papst Fran­zis­kus bezeich­ne­te alle Men­schen als „Kin­der Got­tes“, eine Bezeich­nung, die bis­her unter Beru­fung auf das Neue Testa­ment nur getau­ten Chri­sten vor­be­hal­ten war. Zudem wur­de der Ein­druck erweckt, daß alle Reli­gio­nen gleich gül­tig sei­en und Chri­stus und das Chri­sten­tum eben ein Ange­bot neben Juden­tum, Islam, Buddhismus…

Im Novem­ber 2017 wur­de die ursprüng­li­che Fas­sung des Vide­os still­schwei­gend durch eine neue Ver­si­on ersetzt, in der das pla­ka­tiv­ste syn­kre­ti­sti­sche Bild durch ande­re Auf­nah­men ersetzt.

Seit­her wur­den 34 Vide­os vom Papst ver­öf­fent­licht. Der ver­mit­tel­te Gesamt­ein­druck ist, daß Reli­gi­on zwar wich­tig, wel­che Reli­gi­on aber sekun­där sei. Die Video­bot­schaf­ten wir­ken wie zivil­ge­sell­schaft­li­che Ver­hal­tens­an­lei­tun­gen, wobei in den Vide­os von 2018 die Bezü­ge zum Chri­sten­tum etwas zunahmen.

Der „spezielle Gebetsaufruf“

Das Okto­ber-Video ent­hält jedoch eine unge­wöhn­li­che Neue­rung, die das neue Video vom Papst von allen bis­he­ri­gen unter­schei­det. Als Gebets­an­lie­gen im Okto­ber war ursprüng­lich „für die Evan­ge­li­sie­rung“ und „für den Auf­trag der Gott­ge­weih­ten“ aus­ge­ge­ben wor­den. Es soll­te für den „mis­sio­na­ri­schen Eifer“ der gott­ge­weih­ten Män­ner und Frau­en gebe­tet wer­den, daß sie „unter den Armen, Aus­ge­grenz­ten und denen, die kei­ne Stim­me haben prä­sent sind“.

Die­se ursprüng­li­che Pla­nung wur­de kurz­fri­stig fal­len­ge­las­sen und durch einen Spe­zi­el­len Gebets­auf­ruf für die Kir­che ersetzt. Dazu wur­de der Hash­tag #Pray­For­TheChurch ein­ge­rich­tet (Bete für die Kirche).

Dar­in ruft Papst Fran­zis­kus die Gläu­bi­gen auf im Monat Okto­ber täg­lich den Rosen­kranz und im Anschluß das Gebet zum Erz­engel Micha­el zu beten. Er ruft zur Buße auf und zur Zuflucht zur aller­se­lig­sten Jung­frau Maria und zum Erz­engel Michael.

In der Video­bot­schaft sagt Papst Franziskus:

„Der Teu­fel ist ein Ver­füh­rer. Des­halb las­sen wir ihn, oft ohne es zu mer­ken, in unser Leben. Das geschieht auch in der Kir­che. Um das Böse zu bekämp­fen und die Kir­che zu schüt­zen, bit­tet uns Papst Fran­zis­kus die­sen Okto­ber dar­um, den Rosen­kranz zur Jung­frau Maria und das Gebet zum Erz­engel Micha­el zu beten: Schließt du dich die­sem Auf­ruf an?“

Das Video wur­de in Eile her­ge­stellt. Erst­mals wen­det sich der Papst nicht per­sön­lich im Video an die Gläu­bi­gen. Statt­des­sen wur­de sei­ne Bot­schaft vom 29. Sep­tem­ber über­nom­men und ande­ren Bil­dern unter­legt. Der Ton mit der Stim­me des Pap­stes stammt von sei­ner Anspra­che beim Ange­lus des 7. Okto­bers, bei der er sei­ne Auf­for­de­rung vom 29. Sep­tem­ber wie­der­hol­te, den Rosen­kranz und das Gebet zum Erz­engel Micha­el zu beten.

Das katholischste „Video vom Papst“

Ein schnel­ler Ver­gleich mit allen 33 vor­he­ri­gen Vide­os vom Papst zeigt einen radi­ka­len Wan­del. Der „Spe­zi­el­le Gebets­auf­ruf für die Kir­che“ stellt ohne Zwei­fel das katho­lisch­ste Video der gan­zen Rei­he dar.

Video vom Papst und neues Logo
Video vom Papst und neu­es Logo

Papst Fran­zis­kus reagiert damit auf die im Juli und August bekannt­ge­wor­de­nen Skan­da­le. Im Juli ver­lor der US-Kar­di­nal Theo­do­re McCar­ri­ck sei­ne Kar­di­nals­wür­de. Im August ver­öf­fent­lich­te die Grand Jury von Penn­syl­va­nia einen Report über sexu­el­len Miß­brauch durch Kle­ri­ker. Weni­ge Tage spä­ter schlug das Dos­sier des ehe­ma­li­gen Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in den USA, Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, wie eine Bom­be ein. Er beschul­digt Papst Fran­zis­kus vom „per­ver­sen und dia­bo­li­schen“ Dop­pel­le­ben von McCar­ri­ck seit Juni 2013 detail­liert unter­rich­tet gewe­sen zu sein – von Viganò per­sön­lich –, aber nichts unter­nom­men, son­dern McCar­ri­ck reha­bi­li­tiert und zu sei­nem per­sön­li­chen Ver­trau­ten für die USA gemacht zu haben.

Seit­her schweigt Fran­zis­kus zu den Anschul­di­gun­gen. Erst am ver­gan­ge­nen Sams­tag ver­öf­fent­lich­te der Vati­kan eine erste offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me. Am Sonn­tag reagier­te Kar­di­nal Marc Ouel­let, der Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, auf Viganòs Anschul­di­gun­gen. Bei­de Doku­men­te ver­tei­di­gen Fran­zis­kus, bestä­ti­gen aber mehr oder weni­ger deut­lich eine gan­ze Rei­he von Anschul­di­gun­gen des Spit­zen­di­plo­ma­ten in Ruhe.

Am 29. Sep­tem­ber reagier­te Fran­zis­kus mit dem für sein bis­he­ri­ges Pon­ti­fi­kat unge­wöhn­li­chen Gebets­auf­ruf. Die­se spä­te Reak­ti­on legt nahe, daß im Vati­kan die Lage inzwi­schen als sehr ernst ein­ge­schätzt wird, nach­dem der Papst per­sön­lich in die Schuß­li­nie gera­ten ist, und der Druck nicht nach­las­sen will.

In der Video­bot­schaft fin­det sich zwar kein direk­ter Hin­weis auf den Miß­brauchs­skan­dal und die Kri­tik an sei­ner Amts­füh­rung. Unmiß­ver­ständ­lich ist jedoch eine dra­ma­ti­sche Stim­mungs­än­de­rung mit einem unter­schwel­li­gen Ver­such der Exkulpation.

Papst Fran­zis­kus gibt „dem Bösen“ die Schuld, das „die Kir­che spal­ten“ wol­le. Die Ana­ly­se greift nur zur Hälf­te. Schuld ist nicht nur das per­so­ni­fi­zier­te, aber nicht greif­ba­re Böse. Schuld tra­gen auch die Men­schen, kon­kret die Kir­chen­ver­tre­ter, die sich durch Sün­de und Ver­bre­chen beschmutzt haben. Sie sind es mit ihrem Fehl­ver­hal­ten, die die Kir­che in Ver­ruf brin­gen und sie dadurch „spal­ten“. Der Mensch ver­fügt über einen frei­en Wil­len, wie die Kir­che auch gegen Mar­tin Luther ver­tei­dig­te, und muß für sei­ne Ent­schei­dun­gen auch die Ver­ant­wor­tung über­neh­men. Die Sün­de wird geist­lich im Buß­sa­kra­ment behan­delt, das Ver­bre­chen ist durch das welt­li­che und kirch­li­che Straf­recht zu ahn­den. Zu einer sol­chen Bekräf­ti­gung der kirch­li­chen Leh­re konn­te sich Papst Fran­zis­kus bis­her nicht zur­rin­gen, auch nicht ange­sichts der jüng­sten Skan­da­le und Anschul­di­gun­gen gegen sei­ne Person.

Was macht das neue Video besonders?

Vor allem der Rück­griff auf das Gebet zum Erz­engel Micha­el erstaunt. Der soge­nann­te „Klei­ne Exor­zis­mus“ wur­de vor mehr als 130 Jah­ren von Papst Leo XIII. ein­ge­führt und bis zur gro­ßen Lit­ur­gie­re­form der 60er Jah­re nach der Hei­li­gen Mes­se gebe­tet. Mit dem Novus Ordo wur­de das Gebet aus die­sem lit­ur­gi­schen Kon­text ent­fernt und ver­schwand für beträcht­li­che Tei­le der Kir­che in der Versenkung.

Papst Fran­zis­kus mach­te bis­her kein Hehl dar­aus, ein über­zeug­ter Anhän­ger des Novus Ordo mit aus­ge­präg­ter Abnei­gung gegen den über­lie­fer­ten Ritus zu sein. Sei­ne Auf­for­de­rung an die Gläu­bi­gen, auf das „vor­kon­zi­lia­re“ Gebet zum Erz­engel Micha­el zurück­zu­grei­fen, ent­spre­che, so ein Ver­gleich, als wür­de er alle Prie­ster ersu­chen, im Monat Okto­ber täg­lich die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus zu zelebrieren.

In der Ver­gan­gen­heit klang das ganz anders. Als Kar­di­nal Robert Sarah, der zustän­di­ge Prä­fekt für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung alle Prie­ster ein­lud, zur Zele­bra­ti­ons­rich­tung ad ori­en­tem zurück­zu­keh­ren, wider­sprach ihm Papst Fran­zis­kus persönlich.


Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Das Video vom Papst (Screen­shots)

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