(New York) Das inhumane Gesicht der „Menschenfreundlichkeit“ zeigt sich derzeit besonders stark in den internationalen Zusammenschlüssen, allen voran in der UNO. Die tödlichen Stichwörter lauten Abtreibung und Euthanasie.
In den Reihen der Vereinten Nationen finden Abtreibung und Euthanasie immer größeren Raum, beklagte Kurienerzbischof Msgr. Paul Gallagher, der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten und Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen. Der „Außenminister“ des Vatikans kritisierte am 1. Oktober in seiner Rede vor der 73. UNO-Generalversammlung in New York, daß immer mehr UNO-Agenturen und UN-Teilorganisationen die ungeborenen, kranken und behinderten Kinder einfach ignorieren – und das sei noch der „bessere“ Fall. Mit anderen Worten: Immer mehr UNO-Einrichtungen würden mehr oder weniger offen die Tötung ungeborener Kinder und alter bzw. kranker Menschen fördern.
„Der Heilige Stuhl ist besonders besorgt über die immer engere Interpretation, die dem Lebensrecht gegeben wird.“
Das gelte sowohl für die nationale Gesetzgebung als auch „für die Abkommen“ und die Instrumente „zum Schutz der Menschenrechte“. Es scheine, als habe das Lebensrecht des Menschen in ihnen keinen Platz mehr oder immer weniger Platz. Dem Menschen werde „in verschiedenen Phasen“ seines Lebens der Wert und die Würde seines Lebens und seiner Person aberkannt. Das gelte vor allem für den Lebensbeginn ab der Zeugung und für das natürliche Lebensende.
„Ein solcher Ansatz versucht eine Hierarchie der Menschenrechte zu schaffen, indem die Menschenwürde relativiert wird, bzw. indem ihr ein größerer und voller Stellenwert nur gegenüber den starken und gesunden Subjekten eingeräumt wird, während die schwachen ausgesondert werden. Eine solche Ideologie findet sich leider in verschiedenen Organen der UNO und führt zu schwerwiegender Ungleichheit und Ungerechtigkeit, indem die Kinder im Mutterleib oft ignoriert werden und das Leben der Alten oder der Behinderten behandelt wird, als seien sie eine Last für die Gesellschaft.“
„Siebzig Jahre nach der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung von der Menschenwürde zu sprechen, bedeutet vor allem, die Zentralität und den inneren Wert der menschlichen Person zu bekräftigen.“
Der vatikanische „Außenminister“ betonte, daß „die Welt eine globale Sicht wiedergewinnen“ müsse, denn
„jede einschränkende Sicht der Person bedeutet unausweichlich eine Entmenschlichung und führt zum tatsächlichen Ausschluß von bestimmten Individuen aus der Spezies Mensch“.
Damit würden gefährliche „Wege beschritten“, die zu bedrohlichen und schädlichen Diskriminierungen führten.
„Es ist skandalös, bestätigt zu bekommen, wie die Menschenrechte heute, sieben Jahrzehnte nach dem Inkrafttreten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte noch immer mißachtet und verletzt werden.“
Der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UNO warnte vor dem Auftreten neuer „Formen der ideologischen Kolonisierung durch die Stärkeren und Wohlhabenderen“, vor „ideologische Interpretationen“ der Menschenrechte oder der Forderung nach „neuen Rechten“. Mit anderen Worten: Es wäre an der Zeit, Ressourcen, Zeit und Geld, die zur Durchsetzung fiktiver und widernatürlicher Pseudorechte vergeudet werden, zum Schutz der wirklichen Menschenrechte einzusetzen, vor allem zum Schutz des Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod. Die UNO betreibe aber die genau entgegengesetzte Politik.
Es sind allerdings nicht nur die UNO-Organisationen, die das Leben der ungeborenen Kinder ignorieren. Auch die Massenmedien haben diesen zentralen Teil der Rede von Erzbischof Gallagher ignoriert. Das gilt selbst für VaticanNews, das Nachrichtenportal des Vatikans.
Im englischsprachigen Dienst wurde die Rede Gallaghers vor der UNO-Generalversammlung vom 27. September zur Vernichtung von Atomwaffen und zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe berichtet, nicht aber seine Rede vom 1. Oktober. Der deutschsprachige Dienst berichtete sogar seine Rede zu den Menschenrechten, schaffte es aber das Thema Lebensrecht, also Abtreibung und Euthanasie, faktisch auszublenden.
Wer läßt im Vatikan die eine Seite etwas erklären und gleichzeitig die andere Seite das Gesagte neutralisieren? Weiß die Rechte nicht, was die Linke tut, oder führt dahinter jemand Regie?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/VaticanNews (Screenshot)