(Rom) Bei der Palmsonntagsliturgie kniete Papst Franziskus auf dem Petersplatz beim „et incarnatus“ des Glaubensbekenntnisses nieder. Das Knien fällt dem regierenden Papst nicht leicht. Inoffiziell ist die Rede von Knieproblemen. Offiziell gaben weder der Papst noch der Vatikan bisher eine Erklärung dazu ab, obwohl es an offiziellen und offiziösen, öffentlichen Stellungnahmen nicht mangelt.
Das Knien des Papstes löste eine Reihe von Spekulationen aus. Zum Teil wurde ein Zusammenhang mit einer Stelle seiner Predigt hergestellt. Das Knien sei das sichtbare Zeichens, daß der Papst leide.
Sollte das Knien eine physische und bildliche Ergänzung zu dem sein, was der Papst kurz zuvor in seiner Homilie gesagt hatte?
Wörtlich hatte Franziskus zu den Gläubigen gesagt:
Und so erhebt sich der Schrei dessen, der sich nicht scheut, „Kreuzige ihn!“ zu rufen. Es ist nicht ein spontaner Schrei, sondern ein aufgesetzter und inszenierter Schrei, der die Erniedrigung und die Verleumdung begleitet, die durch falsche Zeugenaussagen herbeigeführt werden. Es ist der Schrei, der aus dem Übergang von der Tat zur Rechenschaft entsteht, er entsteht aus der Rechenschaft. Es ist die Stimme dessen, der die Realität manipuliert, eine Geschichte zu seinem Vorteil erfindet und kein Problem damit hat, andere „in den Dreck zu ziehen“, um selbst davonzukommen. Dies ist eine [falsche] Rechenschaft. Der Schrei dessen, der kein Problem damit hat, die Mittel zu suchen, um sich selbst zu stärken und die dissonanten Stimmen zum Schweigen zu bringen. Es ist der Schrei, der aus dem „Frisieren“ und Schönfärben der Wirklichkeit entsteht, so dass sie schließlich das Antlitz Jesu entstellt und ihn zu einem „Missetäter“ macht. Es ist die Stimme dessen, der die eigene Position verteidigen will, indem er insbesondere denjenigen in Verruf bringt, der sich nicht verteidigen kann. Es ist der Schrei der in Szene gesetzten Selbstgefälligkeit, des Stolzes und des Hochmuts, der problemlos ausruft: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“.
Wollte Franziskus nach dem Lettergate-Skandal sagen, daß der eine oder andere seiner Untergebenen „die Realität manipuliert, eine Geschichte zu seinem Vorteil erfindet und kein Problem damit hat, andere „in den Dreck zu ziehen“, um selbst davonzukommen“?
Im Zusammenhang mit einem Brief von Benedikt XVI. war es zu Manipulationen gekommen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen. Ertappt, wurde sogar geleugnet, bis ein Leugnen nicht mehr möglich war. Die Angelegenheit kostetet den Präfekten des Kommunikationssekretariats des Heiligen Stuhl sein Amt. Msgr. Dario Edoardo Viganò war von Papst Franziskus ernannt worden. Der argentinische Papst hatte auch das Kommunikationssekretariat als neues Dikasterium an der Römischen Kurie geschaffen.
Oder dachte Franziskus an die an den Haaren herbeigezogene Anschuldigung, die spanische, katholische Nachrichtenseite InfoVaticana würde durch ihren Namen Leute irrführen, um Spenden zu ergattern, die für den Vatikan bestimmt seien. Um dergleichen zu verhindern, engagierte der Vatikan eine der weltweit größten – und sicher auch teuersten – Rechtsanwaltskanzleien, um gegen InfoVaticana vorzugehen?
Oder meinte Papst Franziskus „ein aufgesetztes und inszeniertes Geschrei“ samt „Verleumdung“ und „falschen Zeugenaussagen“, mit denen gegen einen blühenden, jungen Orden wie die Franziskaner der Immakulata vorgegangen wurde, weil sie zahlreiche Berufungen hatten, der Tradition verpflichtet waren und den überlieferten Ritus pflegten?
Oder dachte Franziskus an Prof. Thomas Weinandy, der nach reiflicher Überlegung es gewagt hatte, dem Kirchenoberhaupt zu schreiben und eine andere Meinung zu vertreten, was dazu führte, daß er sofort mit einer gehörigen Dosis Misericordina bestraft wurde?
Oder dachte er an Mitarbeiter, die ihn gegen die Kardinäle der Dubia abschirmten, die Zweifel am umstrittenen Schreiben Amoris laetitia äußerten. Man ließ sie so lange auf eine Antwort von Franziskus warten, daß zwei Kardinäle inzwischen gestorben sind und die anderen noch immer auf eine Antwort warten?
Dachte Franziskus also an seine Mitarbeiter, engsten Vertrauten und Kirchenvertreter, die sich in vorauseilendem Gehorsam übten?
Führende Medien, die dem Kirchenoberhaupt nahestehen, darunter die Tageszeitung La Repubblica, die einzige, die Franziskus laut eigenen Angaben täglich liest, sehen nur einen Zusammenhang zum Lettergate. Geht es nur um eine Form von päpstlicher Selbstexkulpation und der Distanzierung von dem von Franziskus selbst eingesetzten Präfekten Viganò. Die Interpretation könnte für den ersten Teil, die Imagepflege, zutreffen. Für den zweiten Teil sicher nicht. Dagegen spricht das freundliche Schreiben des Papstes, mit dem er den Rücktritt Viganòs annahm, ihn mit keinem Wort tadelte, sondern als Offizial im selben Ministerium gleich wieder anstellte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Auf das Bild von dem vor Gott knieenden Papst Franziskus haben viele gewartet. Es ist viel darüber spekuliert worden. Nach der Wandlung kniet er nicht vor dem Allerheiligsten, aber vor den Menschen, denen er am Gründonnerstag die Füsse wäscht kniet er nieder. Es gilt „In dubio pro reo“. Das hiesige Bild zeigt einen Papst, der große körperliche Mühe hat. Er kann nicht gerade knien. Ich habe ihn vor einigen Wochen die Altartreppe einer römischen Kirche hinaufsteigen gehen. Er konnte nicht ungestützt die breite Treppe hinausteigen. Ein Bild des Jammers, das zur milden Beurteilung zwingt unabhängig von allem anderen, was in diesem Artikel angesprochen wird. „Manipulierte Realität“ heisst Lüge. Die deutsche Sprache kennt den Ausdrück:
Die halbe Wahrheit, ist die vollkommen Lüge. Der päpstliche Mitarbeiter Vigano hat der Öffentlichkeit zunächst nur die halbe Wahrheit gesagt. Eine Entschuldigung für diese Lüge hat bisher niemand gehört. Deswegen sind die hier von Franziskus veröffentlichten Worte so unverständlich.