(London) Am 22. Mai verübte ein „Soldat des Kalifats“ der Dschihadmiliz Islamischer Staat (IS) in Manchester ein Selbstmordattentat, bei dem 22 Besucher eines Konzertes der US-Popsängerin Ariana Grande getötet und mindestens 59 weitere Personen verletzt wurden. Erzbischof Luigi Negri schrieb den Opfern einen Brief, in dem er einige für die politische Korrektheit unliebsame Dinge anspricht.
Der Islamische Staat (IS) bekannte sich über seinen Pressedienst Amaq zum Attentat. Unter Terrorismusexperten gilt das Bekenntnis als authentisch, da sich die Dschihadisten in der Vergangenheit nur zu Taten bekannten, die tatsächlich auf sie zurückgehen. Als Attentäter wurde der Muslim Salman Ramadan Abedi identifiziert. Abedi wurde 1994 in Großbritannien geboren. Seine Familie stammt aus Libyen und hatte mit dem Status von „Flüchtlingen“ Aufnahme im Vereinigten Königreich gefunden. Abedi war britischer Staatsbürger und lebte in Manchester.
Die einzige, medial sichtbare Antwort auf das Attentat brachte die Unfähigkeit der political correctness zum Ausdruck, auf den islamischen Terrorismus eine angemessene Antwort zu geben. Roß und Reiter werden nicht genannt, weil der Islam im Zusammenhang mit dem Terrorismus nicht erwähnt werden darf. Durch diesen selbstumgehängten Maulkorb läßt sich aber nicht erklären, was passiert. So bleiben nur hilflose, leere Floskeln wie „Manchester vereint gegen Haß“. Und welche Antwort soll eine Homo-Fahne sein, wie sie auf der Gedenkveranstaltung für die Opfer am 23. Mai in Manchester zur Schau getragen wurde?
Nur am Rande genannt, aber nicht unerwähnt soll sein: Ariana Grande ist ein „klassisches“ Produkt des Showbiz. Die getaufte Katholikin erklärte während des Pontifikats von Benedikt XVI., der katholischen Kirche wegen der kirchlichen Ablehnung der Homosexualität den Rücken zu kehren. Grande trat bereits bei der LGBT Pride in New York auf und gab bekannt, sich für die Kabbala zu interessieren, eine obskure mittelalterliche, jüdische „Geheimlehre“, die unter Vertretern des US-Film- und Musikgeschäfts in Mode ist. Der islamische Attentäter war gleich alt wie die 23jährige Sängerin und Schauspielerin.
Erzbischof Luigi Negri rückt die jungen Opfer des Attentats in den Mittelpunkt seines Gedenkens, die Toten wie die Verletzten. Die Mehrheit ist zwischen 15 und 25 Jahren alt. Das jüngste Todesopfer war erst acht. Die Mutter hatte das Mädchen und dessen ältere Schwester ins Konzert mitgenommen. Das Attentat fand um 22.30 Uhr Ortszeit statt. Erzbischof Negri spricht von den „armen Kindern einer Gesellschaft, die die Existenz des Bösen leugnet“. Den Opfern, diesen „Kindern unserer Gesellschaft“, schrieb er einen Brief:
Liebe Kinder,
ich will Euch so nennen, wenn ich Euch auch nicht persönlich kenne. In den langen, schlaflosen Stunden, die auf die Nachricht von diesem schrecklichen Attentat folgten, in dem viele von Euch das Leben verloren haben und viele verletzt wurden, habe ich mich Euch ganz nahe gefühlt.
Ihr seid zur Welt gekommen, manche vielleicht nicht einmal erwünscht, und niemand hat Euch einen „angemessenen Grund zu leben“ genannt, wie ihn der große Bernanos von seinen Generationen der Erwachsenen einforderte. Ihr wurdet in die Gesellschaft hineingesetzt mit zwei großen Grundsätzen: daß Ihr tun könnt, was Ihr wollt, weil jeder Eurer Wünsche ein Recht ist, und daß es von Bedeutung ist, die größtmögliche Zahl von Konsumgütern zu besitzen.
Ihr seid so aufgewachsen in der Annahme, alles zu haben. Wenn Ihr ein existentielles Problem hattet – so hat man das einmal genannt – und es Euren Eltern, Euren Erwachsenen mitgeteilt habt, stand bereits die psychoanalytische Sitzung bereit, um das Problem zu beheben. Sie haben allerdings vergessen, Euch zu sagen, daß es auch das Böse gibt. Das Böse ist eine Person. Es ist nicht eine Reihe von Kräften oder Energien. Es ist eine Person. Diese Person war dort bei Eurem Konzert und hat gelauert. Und der schreckliche Flügel des Todes, den diese Person mit sich führt, hat Euch mitgerissen.
Meine Kinder, Ihr seid gestorben, so wie Ihr gelebt habt: sinnlos. Aber seid nicht besorgt: Sie haben Euch nicht geholfen, zu leben, aber dafür werden sie Euch ein „optimales“ Begräbnis bereiten, bei der sich die leere laizistische Wortblase bei Anwesenheit aller Vertreter von Staat und Gesellschaft – leider auch der religiösen – maximal aufplustern wird. Natürlich wird Euer Begräbnis unter freiem Himmel stattfinden, auch für jene, die glauben, weil der einzige akzeptierte Tempel nur mehr die Natur ist. Robespierre würde darüber lachen, weil nicht einmal er auf eine solche Phantasie gekommen ist.
Abgesehen davon finden auch in den Kirchen keine Begräbnisse mehr statt, weil heute die Hinterbliebenen im Mittelpunkt stehen. Und weil heute, wie Kardinal Sarah mit Gedankenschärfe bemerkte, auch in der katholischen Kirche die Beerdigung Gottes zelebriert wird. Aber keine Sorge: Sie werden nicht vergessen, Eure Plüschtiere auf die Gehsteige zu legen und andere Erinnerungsstücke aus Eurer Kindheit und Eurer Jugend. Und dann wird alles ganz schnell durch die Rhetorik jener archiviert, die zu solchen Tragödien nichts zu sagen haben, weil sie insgesamt zum Leben nichts zu sagen haben.
Ich hoffe, daß zumindest einige dieser Gurus des Zeitgeistes – aus Kultur, Politik und Religion – in dieser Situation ihre Worte für sich behalten und uns nicht mit ihren üblichen Reden belästigen, um uns zu erklären, daß „es kein Religionskrieg“ ist, daß „die Religion von Natur aus offen ist für Dialog und Verständnis“ usw.
Ich wünsche mir statt dessen, daß es einen Moment des stillen Respekts gibt, vor allem vor Euren vom Haß des Teufels niedergemähten Leben, aber auch vor der Wahrheit. Die Erwachsenen sollten vor allem Respekt vor der Wahrheit haben. Es mag sein, daß sie der Wahrheit nicht dienen, aber sie sollten zumindest Respekt vor ihr haben.
Ich jedenfalls, ein alter Bischof, der noch an Gott glaubt, an Christus und an die Kirche, werde am Tag Eurer Begräbnisse eine Heilige Messe für Euch alle zelebrieren, damit Ihr auf der anderen Seite – was auch immer Euer religiöses Handeln gewesen sein mag – dem zärtlichsten Antlitz der Gottesmutter begegnet, die Euch in Ihre Arme nehmen und Euch wegen Eures vergeudeten Lebens trösten möge – vergeudet nicht durch Eure Schuld, aber durch die Schuld Eurer Erwachsenen.
Text/Übersetzung Giuseppe Nardi
Bild: The Guadian (Screenshot)