(Asuncion) Die brutale Absetzung von Bischof Rogelio Ricardo Livieres Plano, die Papst Franziskus 2014 exekutierte, als hätte sie auf einer Prioritätenliste gestanden, brachte die „Eintracht“ in die Paraguayische Bischofskonferenz zurück. Die Andeutung, daß Bischof Livieres, diese „Eintracht“ gestört habe, war der einzige Grund, den Rom zur Rechtfertigung der Emeritierung erkennen ließ. Von Nutzen scheint diese mit päpstlicher Unterstützung wiedererlangte „Eintracht“ für das lateinamerikanische Land nicht zu sein. In der gestrigen Sonntagsausgabe veröffentlichte die Tageszeitung ABC Color Reaktionen, darunter die eines Bischofs, die sich begeistert zur Aussicht äußerten, daß „eines Tages“ verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden könnten. Die Abschaffung des Priesterzölibats als Voraussetzung für das Priestertum hatte Papst Franziskus in seinem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit angedeutet.
Bischof Medina: Priestermangel zwinge zur Weihe verheirateter Männer
Geradezu begeistert gab sich Bischof Mario Melanio Medina Salinas. Medina saß während des Handstreichs gegen Bischof Livieres in der Bischofskonferenz und tut dies immer noch, wenn inzwischen auch in anderer Funktion. Am 16. Februar wurde er im Alter von mehr als 77 Jahren von Papst Franziskus emeritiert. Die Mindestverlängerung der Amtszeit um zwei Jahre wird manchen Bischöfen, beispielsweise Erzbischof Luigi Negri von Ferrara, nicht gewährt, während es anderen Bischöfen, auch ohne Meriten, geschenkt wird. Die Auswahl scheint mehr damit zu tun zu haben, wie sie dem Papst zu Gesichte stehen als mit Verdiensten.
Bischof Medina wurde vom Papst mit der Emeritierung zudem als Apostolischer Administrator seines bisherigen Bistums eingesetzt. 1980 hatte ihn Johannes Paul II. zum Bischof von Benjamin Aceval und 1997 zum Bischofkoadjutor von San Juan Bautista de las Misiones ernannt. 1999 folgte er dem verstorbenen Bischof im Amt nach.
Kaum emeritiert gibt Bischof Medina näheren Einblick in seine Geisteswelt. Gegenüber ABC Color nannte er den Mangel an Berufungen als Grund, daß die Kirche verheiratete Männer zu Priestern weihen solle und werde. Er ließ erkennen, der Abschaffung des Zölibats nicht nachzutrauern.
Der Gegenbeweis von Bischof Livieres: Berufungsmangel stark hausgemacht
Bischof Livieres war es, der in seinen zehn Jahren als Bischof von Ciudad del Este den Beweis lieferte, daß es mit dem angeblichen Berufungsmangel ganz anders stehe, als gerne behauptet. Paraguay besaß nur ein zentrales, stark befreiungstheologisch angehauchtes Priesterseminar. Als er Bischof wurde, gründete Msgr. Livieres ein eigenes Seminar und richtete die Ausbildung an den römischen Vorgaben und der Tradition aus. Zugleich förderte er in den Pfarreien die eucharistische Anbetung und die Zelebration der heiligen Messe in der überlieferten Form des Römischen Ritus. Nach nur wenigen Jahren bereiteten sich in seinem Priesterseminar (seine Diözese umfaßt nur ein Zehntel der Katholiken Paraguays) fast dreimal soviel Seminaristen auf das Priestertum vor wie im zentralen Priesterseminar, zu dem die übrigen 90 Prozent des Landes gehörten. Das war einer der Hauptgründe, weshalb Bischof Livieres von den anderen Bischöfen zum „Störenfried“ erklärt und mit päpstlicher Hilfe regelrecht aus dem paraguayischen Episkopat eliminiert wurde.
Die Schlußfolgerung aus dem Beispiel von Bischof Livieres lautet, daß in Paraguay – wie nicht anders im deutschen Sprachraum in Europa – der Mangel an Priesterberufungen nicht zuletzt hausgemacht ist.
Kardinal Hummes „Amazonas-Werkstatt“
Nimmt man die Aussagen von Bischof Medina zur Abschaffung des Priesterzölibats und dazu sein Mitwirken an der Absetzung von Bischof Livieres von Ciudad del Este im Jahr 2014, ergibt sich das besorgniserregende, aber auch erhellende Bild, daß ein Teil der Bischöfe den Berufungsmangel zumindest billigt, wenn nicht sogar insgeheim will, um die Abschaffung des Zölibats zu erzwingen.
Ein ähnliches Verhalten zeigt Kardinal Claudio Hummes, ehemals Primas von Brasilien und Präfekt der Kleruskongregation. Hummes will derzeit unter Verweis auf den Priestermangel für die verstreuten Indiostämme des Amazonas-Beckens einen verheirateten „indigenen Klerus“ schaffen. Auch Hummes nennt den Priestermangel zur Begründung für die Abschaffung des Zölibats als Weihevorraussetzung. Kritiker sprechen allerdings mehr von einem Vorwand. Der befreiungstheologisch eingefärbte Teil des Weltepiskopats, besonders in Lateinamerika, nimmt bei dem Anstreben der Zölibatsabschaffung eine zentrale Rolle ein. Papst Franziskus selbst, soviel ist bekannt, lehnt die marxistische Variante der Befreiungstheologie ab. Er vertritt die Variante „Volkstheologie“, die bisher noch keiner ausreichenden Untersuchung unterzogen wurde.
Carron, Befreiungstheologe und Ex-Priester, „eine wunderbare Idee“
Zu den Vertretern der marxistischen Variante zählt der paraguayanische Ex-Priester Juan Maria Carron. Er bezeichnete die vom Papst genannte „Möglichkeit“, verheiratete Männer zu weihen, als „wunderbare Idee“. Für Carron wäre die Abschaffung des „Pflichtzölibats“ eine „Rückkehr zur Tradition“ und „zur Ur-Kirche“. Dies freilich mehr in seiner Phantasie. Die Ehelosigkeit des Klerus geht direkt auf das Vorbild von Jesus Christus zurück: Mehr „Urkirche“ geht gar nicht, um diesen unpassenden Begriff zu wiederholen. Christus ist es, der von der Ehelosigkeit um des Himmelreiches spricht.
Carron, der zwei Jahre älter ist als Papst Franziskus, studierte in Buenos Aires. Er gehört zu den „Erfindern“ des zentralen „nationalen Priesterseminars“ für ganz Paraguay, um einen einheitlichen Klerus für das ganze Land heranzubilden, und damit eine bestimmte Richtung zu fördern. Carron selbst war Vize-Regens des „Seminario Mayor del Paraguay“. Als er sich mehr der Politik als seinen priesterlichen Aufgaben hingab, wurde er schließlich laisiert. Seinen befreiungstheologischen Überzeugungen folgend, gründete er linke Volksbewegungen und Interessenverbände, schließlich eine eigene Partei, die er im Paraguayischen Parlament vertrat.
2014 schüttete er Kübel von Mist über Bischof Livieres aus. Als dieser ein Jahr nach seiner Absetzung an den Folgen eines medizinischen Eingriffs starb, behauptete Carron, „Mißwirtschaft bei den Diözesanfinanzen“ seien für Livieres Absetzung verantwortlich gewesen. Carron gehörte zu den öffentlichen Einpeitschern der Kampagne zur Absetzung von Bischof Livieres. Damals klangen die Vorwürfe noch viel schärfer: Livieres decke Pädophile und Folterer des alten Regimes. Sobald die Absetzung erfolgt war, war mit einem Schlag von den schändlichen Vorwürfen nichts mehr zu hören. Operation erfolgreich, Gegner erledigt. 2015 schrieb Carron nach Lievieres Tod „versöhnlich“, die anderen Bischöfe seien an sein Krankenbett gekommen, um ihm „Ihre Barmherzigkeit“ zu erweisen, und hätten ihm „vergeben“.
„Ich bin einer, der schon ein Leben lang die Weihe von verheirateten Männer fordert“, so Carron. „Eines Tages wird das Realität werden.“ Als Begründung nannte Carron neben Priestermangel und „Urkirche“: „Weil verheiratete Männer bessere Priester sein können als ledige. Der Zölibat ist überholt und nicht mehr opportun. Die verheirateten Priester können viel mehr über das wirkliche Leben lehren.“
Bischof Gimenez: „Haben bereits einen verheirateten Priester“
Während Bischof Medina und der Ex-Priester Carron sich begeistert zeigten über die „wunderbare Idee“ von Papst Franziskus, war ein anderer Bischof, Msgr. Claudio Gimenez von Caacupe, zurückhaltender. Er habe „kein Dokument“ aus dem Vatikan, weshalb er nicht in Details eingehen wolle. Um Birnen mit Äpfeln zu verwechseln, setzte Bischof Gimenez noch eins drauf und behauptete, in der Diözese San Juan Bautista gebe es „bereits einen verheirateten Priester“, Manuel Fariña, derzeit Pfarrer von Villa Florida.
Fariña, der mit dem heutigen Papst viele Jahre zusammenarbeitete, als dieser noch Erzbischof von Buenos Aires war, wurde allerdings erst als Witwer zum Priester geweiht.
Mit solchen Wortmeldungen, wie jenen der Bischöfe Medina und Gimenez, ist die Verteidigung des Priesterzölibats in der Öffentlichkeit kaum in guten Händen. Schwerlich werden junge Männer, die eine Berufung verspüren, dem Ruf folgen, jedenfalls kaum unter solchen Bischöfen, die den insistenten Eindruck erwecken, die Kirche verlange mit dem Zölibat nur mehr ein hölzernes, überholtes Gesetz. Der nächste Schritt in der Kritik lautet dann logischerweise, daß die Kirche „unmenschliche“ Gesetze fordere, und daher selbst „unmenschlich“ sei.
Durch das Zeit-Interview erhielten die Gerüchte neue Nahrung, daß Papst Franziskus hinter den Kulissen an der Abschaffung des Zölibats arbeite. In Planung befindet sich eine Amazonas-Synode der Bischöfe, deren Diözesen Anteil am Amazonas-Becken haben. Dort soll der „Notstand“ ausgerufen und als „Notlösung“ die Weihe verheirateter Männer gefordert werden. Spätestens 2021 soll eine Bischofssynode einberufen werden, die den „Hilferuf“ des Amazonas aufgreifen und dem Papst die Weihe verheirateter Männer empfehlen solle. Papst Franziskus werde dann den Ruf erhören und dem „Wunsch“ der Synode entsprechend, die Weihe von „viri probati“ zu Priester erlauben. Soweit das vom Vatikanisten Sandro Magister seit dem Dezember 2015 angekündigte Szenario.
Text: Giuseppe Nardi
Bild. ABC Color (Screenshot)
Wenn es heißt, Bischof Medina habe gesagt, „der Priestermangel zwinge zur Weihe verheirateter Männer“ und andererseits jeder weiß „der Mangel an Priesterberufungen sei nicht zuletzt hausgemacht“ (was jeder Katholik in D‑A-CH seit Jahrzehnten erlebt), so entspricht dies dem gängigen Muster der „Salamitaktik“, mit dem die Kräfte der Revolution seit jeher vorgehen: Man schafft ein Problem, welches genau den erwünschten Handlungsbedarf hervorruft. Einerlei ob in Staat, Kirche, Volksgemeinschaft, Wirtschaft usw. (da gibt es unzählige Beispiele).
Dann wird eiskalt implizit gelogen, indem suggeriert wird, das Problem tauche von selbst auf, aber angesichts dieses Problems müsse man ja helfen („zwinge“) und man wolle doch helfen, man helfe ja auch gerne, man ist ja schließlich ein Menschenfreund. Und schon hat man eine „Salamischeibe“ abgeschnitten, die Situation verschärft und derart vorbereitet taucht glücklicherweise mit Leichtigkeit das nächste Problem auf, so dass „gezwungenermaßen“ weiter zutiefst menschenfreundlich geholfen werden darf. Bis zur totalen Gleichheit von allem und jedem. Gleichheit auf der Nulllinie, welche den Tod bedeutet.
@ unwichtig
Das haben Sie sehr gut beschrieben. Genau so habe ich das in Kirche und Politik die letzten 50 Jahre erlebt.
Die Verwasch-Maschine „Geist des Konzils“ und die Deppen aus der „Frankfurter Schule“ haben nicht nur den Glauben, sondern auch die Vernunft ramponiert.
Das waere dann das Ende der Katholischen Kirche so wir sie kennen. Ein Priester ist doch mit der Kirche verheiratet,so wie eine Nonne mit Gott verheiratet ist.Wenn man das alles nicht mehr glaubt,dann kann man besser Protestantisch werden.