Kritik am kirchlichen Islam-Dialog – Islam und Gewalt (13)


Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI.
Regens­bur­ger Rede von Papst Bene­dikt XVI.

Die Män­gel der Kon­zils­er­klä­rung zu den nicht-christ­li­chen Reli­gio­nen soll­ten nüch­tern ana­ly­siert und Alter­na­ti­ve erar­bei­tet werden.

Anzei­ge

Ein Gast­bei­trag von Hubert Hecker

I. Pro­fes­sor Joseph Ratz­in­ger war sei­ner­zeit Kon­zils­be­ra­ter beim Köl­ner Kar­di­nal Joseph Frings. Spä­ter als Kar­di­nal, Glau­bens­prä­fekt und Papst äußer­te er sich mehr­fach kri­tisch zu ein­zel­nen Aspek­ten des Kon­zils. Ins­be­son­de­re kri­ti­sier­te er den Fort­schritts­op­ti­mis­mus in der Pasto­ral­kon­sti­tu­ti­on „Die Kir­che in der Welt von heu­te“, nach dem sich die wah­ren und ver­nünf­ti­gen Ideen in „auf­rich­ti­gen und klu­gen Dia­log“ mit allen Kräf­ten die­ser Welt durch­set­zen wür­den. Ratz­in­ger weist in einer kri­ti­schen Ana­ly­se zur „moder­nen Welt“ nach, dass sich neben den ver­nunft­ge­steu­er­ten Ent­wick­lun­gen auch „Patho­lo­gien der Ver­nunft“ gera­de in der Neu­zeit ver­brei­te­ten. Dazu zählt er die mas­sen­mör­de­ri­schen Exzes­se des Kom­mu­nis­mus im 20. Jahr­hun­dert, die das Kon­zil ausblendet.

Nach dem Muster die­ser Kri­tik zeigt Papst Bene­dikt XVI. auch Män­gel in der „Erklä­rung über die nicht-christ­li­chen Reli­gio­nen“ auf. So schreibt er 2013 im Vor­wort zum sieb­ten Band sei­ner „Gesam­mel­ten Schrif­ten“: Die Kon­zils­er­klä­rung „Nost­ra Aet­a­te“ sei zwar ein „außer­or­dent­lich dich­tes Doku­ment“. Als Schwä­che habe sich aber erwie­sen, dass es von den nicht-christ­li­chen Reli­gio­nen nur posi­tiv spre­che und die nicht uner­heb­li­chen „kran­ken und gestör­ten For­men von Reli­gi­on“ beiseitelasse.

Pathologische Formen der Religion – auch im Islam

Ratz­in­ger plä­diert für eine Unter­schei­dung der Gei­ster der Reli­gio­nen. Die ein­zel­nen Reli­gio­nen for­der­ten nicht nur Unter­schied­li­ches, son­dern auch Gegen­sätz­li­ches. Dar­über hin­aus wür­den die „dege­ne­rier­ten Reli­gi­ons­for­men den Men­schen nicht auf­bau­en, son­dern ent­frem­den.“ Er spricht an ande­rer Stel­le von „Patho­lo­gien der Reli­gi­on“. Ratz­in­ger nennt als Bei­spie­le die Mas­sen-Men­schen­op­fer der Azte­ken oder Tem­pel­pro­sti­tu­ti­on und Wit­wen­ver­bren­nung im Hin­du­is­mus. Aktu­ell erle­ben wir welt­weit patho­lo­gi­sche Wuche­run­gen des Islam. Sind nicht auch die zahl­rei­chen kora­ni­schen Auf­for­de­run­gen Allahs zu Krieg, Gewalt und Tötun­gen Fehl­for­men reli­giö­ser Gotteszuschreibung?

II. Papst Bene­dikt XVI. hat in sei­ner Weih­nachts­an­spra­che an die Kuri­en-Kar­di­nä­le am 22. 12. 2005 eini­ge grund­le­gen­de Klar­stel­lun­gen zum II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil dar­ge­legt. Die­se Erwä­gun­gen sind für das vor­lie­gen­de The­ma erhel­lend. Der Papst erör­ter­te zunächst den Streit um die Aus­le­gung des Kon­zils. Dabei argu­men­tier­te er gegen die „Her­me­neu­tik der Dis­kon­ti­nui­tät und des Bruchs“ bezüg­lich der Ein­ord­nung des Kon­zils in die kirch­li­che Lehr­ge­schich­te. Dage­gen plä­dier­te Bene­dikt für eine „Her­me­neu­tik der Reform“. Unter Ver­wen­dung von Wei­sun­gen Papst Johan­nes’ XXIII. prä­zi­sier­te er sein Kon­zils­ver­ständ­nis, nach dem die dog­ma­ti­schen Kern­wahr­hei­ten der kirch­li­chen Leh­re treu und voll­stän­dig zu ver­mit­teln sei­en, aber im Kon­text der gegen­wär­ti­gen Zeit und Umstän­de eini­ge Aspek­te der kirch­li­chen Leh­re neu reflek­tiert und aus­ge­sagt wer­den müssten.

Auseinanderhalten von Gott und Kaiser, Kirche und Staat

Am Bei­spiel der Neu­be­stim­mung des Ver­hält­nis­ses von Kir­che und Moder­ne erläu­ter­te der Papst die­sen metho­di­schen Grund­satz genau­er­hin am „Ver­hält­nis von Kir­che und moder­nem Staat“. Das Kon­zil über­wand den ver­här­te­ten Gegen­satz des 19. Jahr­hun­derts von athe­isti­schem Libe­ra­lis­mus einer­seits und der strik­ten Ableh­nung eines säku­la­ren Staa­tes mit den ent­spre­chen­den Grund­frei­hei­ten durch Papst Pius IX. etwa. Bei der Neu­for­mu­lie­rung stütz­te sich das Kon­zil – und auch der Papst in sei­ner Argu­men­ta­ti­on – auf bibli­sche und früh­kirch­li­che Leh­re und Pra­xis, nach denen Reli­gi­on und Poli­tik, Kir­che und Staat als grund­sätz­lich getrenn­te Gege­ben­hei­ten ange­se­hen wurden.

Bene­dikt zeich­net das Ergeb­nis der Kon­zils­über­le­gun­gen nach: Der säku­la­re, reli­gi­ons­neu­tra­le Staat in sei­ner Ver­ant­wor­tung für das tole­ran­te Zusam­men­le­gen sei­ner Bür­ger wird aner­kannt. Damit ein­her geht die staat­li­che Pflicht zur Gewähr­lei­stung der Grund­frei­hei­ten – also auch der Religionsfreiheit.

Als Resü­mee sei­ner Über­le­gun­gen fasst Papst Bene­dikt zusam­men: So wie die frü­he Kir­che in leben­di­ger Aus­ein­an­der­set­zung mit der grie­chisch-römi­schen Kul­tur stand, wie Tho­mas von Aquin im 13. Jahr­hun­dert das Ver­hält­nis von Glau­ben und ver­nunft­mä­ßi­ger Argu­men­ta­ti­on neu befruch­te­te, so soll­te die Kir­che einen kri­ti­schen Dia­log mit den Strö­mun­gen der Neu­zeit füh­ren. Das heu­ti­ge Gespräch zwi­schen Glau­ben und Ver­nunft müs­se in gro­ßer Offen­heit, „aber auch mit der kla­ren Unter­schei­dung der Gei­ster geführt“ werden.

Themenrelevante Folgerungen aus den bisherigen Überlegungen:

  • Die Kir­che hat ihre in der Neu­zeit ent­wickel­te (poli­ti­sche) Leh­re auf­ge­ge­ben, wonach sie als Min­der­heit in einem Staat für sich Reli­gi­ons­frei­heit for­der­te, bei Katho­li­ken-Mehr­heit aber einen katho­lisch-kon­fes­sio­nel­len Staat ver­lang­te. Der soll­te gegen­über ande­ren Reli­gio­nen Tole­ranz zei­gen. Die­se alte Leh­re wies gewis­se Par­al­le­len zum isla­mi­schen Staats­ver­ständ­nis auf: Bei mus­li­misch-poli­ti­scher Ober­herr­schaft soll­te es kei­nen Rechts­an­spruch auf Reli­gi­ons­frei­heit geben, son­dern nur eine Dul­dung der „Schrift­re­li­gio­nen“ Juden­tum und Chri­sten­tum. Mit der neu­en Kon­zils­leh­re sind die­se Gemein­sam­kei­ten weggefallen.
  • Die Kir­che plä­diert für die grund­sätz­li­che Tren­nung von Religion/​Kirche und Politik/​Staat. Damit lehnt sie einen Reli­gi­ons- oder Kon­fes­si­ons­staat ab, erst recht einen Got­tes- oder Scha­ria-Staat isla­mi­scher Prägung.
  • Mit der Aner­ken­nung des säku­la­ren Staa­tes und sei­ner bür­ger­li­chen Grund­frei­hei­ten durch die Kir­che ist impli­zit auch die Akzep­tanz der moder­nen staat­li­chen Gewal­ten­tei­lung gege­ben – auch das im Wider­spruch zur isla­mi­schen Pra­xis und Leh­re von der staat­li­chen Gewal­ten­ein­heit seit Moham­meds Zeiten.
  • Aus der Aner­ken­nung der bür­ger­li­chen Reli­gi­ons­frei­heit als ein Grund- und Men­schen­recht ergibt sich das Recht und die Pflicht der Kir­che, auch gegen­über den isla­mi­schen Staa­ten die­ses mensch­li­che Grund­recht einzufordern.
  • Bene­dikt for­dert eine kri­tisch-kon­struk­ti­ve Aus­ein­an­der­set­zung mit den Strö­mun­gen der moder­nen Zeit und Welt. Die­se Art eines offe­nen Dia­logs mit Unter­schei­dung der Gei­ster soll­te auch das Modell für das Gespräch mit dem Islam sein. Ein sol­cher Ansatz soll­te den bis­he­ri­gen reduk­tio­ni­sti­schen Ver­stän­di­gungs­dia­log mit den Mus­li­men, bei dem alle Streit­fra­gen aus­ge­blen­det wer­den, ersetzen.

Frühere Kritik an der Konzilserklärung

Nostra Aetate
Nost­ra Aetate

III. Schon in sei­ner Zeit als Glau­bens­prä­fekt hat­te Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger die Ansät­ze der Kon­zils­er­klä­rung zum The­ma sei­ner Refle­xio­nen über Chri­sten­tum und die Welt­re­li­gio­nen gemacht. In sei­nem Buch Glau­be, Wahr­heit, Tole­ranz sind die­se Auf­sät­ze zusam­men­ge­fasst. Ratz­in­ger setzt sich dar­in lei­den­schaft­lich dafür ein, dass die Wahr­heits­fra­ge nicht zur Dis­po­si­ti­on gestellt wird. Sei­ne Argu­men­ta­ti­on rich­tet sich sowohl gegen den Wahr­heits-Rela­ti­vis­mus im Agno­sti­zis­mus der Moder­ne wie auch gegen die Rela­ti­vie­rung der christ­li­chen Wahr­heit im Kon­text der Weltreligionen.

Die Kon­zils­er­klä­rung „Nost­ra aet­a­te spricht von „wah­ren und hei­li­gen“ Ele­men­ten der Völ­ker- und Welt­re­li­gio­nen. Sie lie­ßen einen „Strahl jener Wahr­heit erken­nen, die alle Men­schen erleuch­tet“ und die in Jesus Chri­stus als Weg, Wahr­heit und Leben in der gan­zen „Fül­le des reli­giö­sen Lebens“ zu uns gekom­men sei. Die­se Denk­fi­gur von Teil-Wahr­hei­ten außer­halb und der Fül­le der Wahr­heit inner­halb der Kir­che fin­det sich ana­log in den Kon­zils­do­ku­men­ten zur Öku­me­ne. Das ent­schei­den­de Argu­men­ta­ti­ons­glied ist das Wort von dem Strahl der (gött­li­chen, gan­zen) Wahrheit.

Die frühen Christen kannten keine Teilwahrheiten der heidnischen Religionen

In die­ser Wen­dung fin­den sich zwei Anspie­lun­gen auf früh­christ­li­che Argu­men­ta­tio­nen: zum einen die Rede von den vor­christ­li­chen ‚Samen­kör­nern der Wahr­heit’ in anti­ken Phi­lo­so­phien, zum andern ein Pau­lus­wort im Römer­brief, nach dem den Hei­den die For­de­run­gen des Geset­zes ins Herz geschrie­ben und im Gewis­sen erfahr­bar ist.

Ratz­in­ger weist aber dar­auf hin, dass das frü­he Chri­sten­tum bei der Suche nach Anknüp­fungs­punk­ten gera­de nicht bei den anti­ken Reli­gio­nen fün­dig wur­de. In den heid­ni­schen Göt­ter­vor­stel­lun­gen und Ritu­al­prak­ti­ken konn­ten die frü­hen Chri­sten nichts Hei­li­ges und Wah­res aus­ma­chen oder Berüh­run­gen durch den „Strahl der Wahr­heit“ ent­decken. Die „Samen­kör­ner der Wahr­heit“ – „semi­na ver­bi“ – fan­den sie allein in Schrif­ten der grie­chisch-römi­schen Phi­lo­so­phie, die in reli­gi­ons­kri­ti­scher Wei­se nach Gott und Wahr­heit gefragt hat­te. Bei dem Stu­di­um der dama­li­gen Phi­lo­so­phien ging es den Kir­chen­vä­tern nicht um Glau­bens­in­hal­te, son­dern um Erkennt­nis­se der Ver­nunft im Lich­te der Wahr­heits­su­che. Ähn­lich ver­hielt sich Tho­mas von Aquin, als er die ari­sto­te­li­sche Phi­lo­so­phie als Metho­de und Such­be­we­gung für die Theo­lo­gie nutz­bar machte.

Der Papst zieht aus die­sen Erfah­run­gen der Kir­chen- und Theo­lo­gie-Geschich­te die ent­spre­chen­den Fol­ge­run­gen für die Aus­ein­an­der­set­zung mit ande­ren Reli­gio­nen. In einem Vor­wort zu einem Buch des ita­lie­ni­schen Phi­lo­so­phen Mar­cel­lo Pera stellt Bene­dikt fest, dass „ein inter­re­li­giö­ser Dia­log im enge­ren Sin­ne unmög­lich“ sei, also ein Dia­log über die jewei­li­gen Glau­bens­in­hal­te. Sehr wohl aber sei eine Begeg­nung der Reli­gio­nen auf der Basis von Ver­nunft und ver­nunft­ori­en­tier­ter Wahr­heits­su­che mög­lich. Die­se Per­spek­ti­ve war das wesent­li­che Anlie­gen der Regens­bur­ger Rede des Pap­st­est. Ein wei­te­res Feld der Reli­gi­ons­be­geg­nung kön­ne dar­in bestehen, dass die ethi­schen und kul­tu­rel­len Fol­gen der jewei­li­gen Reli­gio­nen erör­tert wer­den. In die­sem Sin­ne arbei­ten Kir­che und isla­mi­sche Staa­ten schon län­ger zusam­men, etwa wenn sie sich bei inter­na­tio­na­len Kon­fe­ren­zen abstim­men und gemein­sam gegen Abtrei­bungs­li­be­ra­li­sie­rung und Gen­der-Ideo­lo­gie votieren.

Kritisch-missionarischer Dialog mit anderen Religionen

Eine ande­re Leh­re aus der früh­christ­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit heid­ni­schen Reli­gio­nen besteht in Fol­gen­dem: Die Kir­chen­leh­rer tra­ten den Ver­tre­tern der Hei­den-Reli­gio­nen kri­tisch, argu­men­ta­tiv und mis­sio­na­risch gegen­über. Das dürf­te auch für heu­te eine frucht­ba­re Alter­na­ti­ve zum lau­war­men Inter­re­li­gi­ons-Dia­log sein, wie ihn die Kon­zils­er­klä­rung nahe legt.

Die­se früh­christ­lich-mis­sio­na­ri­sche Über­zeu­gungs­ar­beit mit den anti­ken Göt­ter­re­li­gio­nen steht übri­gens im kras­sen Gegen­satz zu der isla­mi­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit heid­ni­schen Poly­the­isten. Nach kora­ni­schen Anwei­sun­gen von Moham­med, der früh-isla­mi­schen Pra­xis und dem heu­ti­gen Vor­ge­hen des Isla­mi­schen Staa­tes gibt es mit den Anhän­gern von Göt­ter-Reli­gio­nen kei­nen kri­tisch-mis­sio­na­ri­schen Dia­log. Die Poly­the­isten wur­den von Moham­med mit der Alter­na­ti­ve: Kon­ver­si­on oder Tod erpresst. Auf die­se Pra­xis des Pro­phe­ten beru­fen sich heu­te die ISla­mi­sten bei ihrem mör­de­ri­schen Vor­ge­hen gegen die Jesi­den z. B.

Schließ­lich ist noch auf das Pau­lus-Dik­tum ein­zu­ge­hen, nach dem den Hei­den „von Natur aus“ das (mora­lisch-ver­nünf­ti­ge) Gesetz ins Herz geschrie­be­ne ist, das sie in ihrem Gewis­sen erken­nen. Die­ses Pau­lus-Wort kann nicht als „Strahl der (christ­li­chen) Wahr­heit“ oder als christ­li­che Teil­wahr­heit in den jewei­li­gen Hei­den-Reli­gi­on ver­ein­nahmt wer­den. Denn es bezieht sich auf die vor­re­li­giö­se Basis des ver­nunft­er­ken­nen­den Naturrechts.

Nicht die Religionen an sich haben Heilsbedeutung

Den vor­christ­li­chen und spä­ter den ger­ma­ni­schen Reli­gio­nen spra­chen die Kir­chen­leh­rer allen­falls einen advent­li­chen Cha­rak­ter zu, also Vor­be­rei­tung, War­ten und Sehn­sucht nach der neu­en reli­gio vera. Denn die Heils­be­deu­tung der Reli­gio­nen – so Ratz­in­gers Fol­ge­rung – lie­ge nicht in ihrem Lehr­sy­stem oder Teil­wahr­hei­ten, son­dern indem sie mit Hal­tun­gen der Ehr­furcht, Güte oder Hoff­nung auf das ewi­ge Leben die Suche nach Gott offen hielten.

In die­sem Sin­ne ist der Respekt etwa vor from­men Mus­li­men ange­bracht, die sich in Gebet und sitt­li­cher Lebens­füh­rung um Got­tes Gebo­te bemü­hen. Dage­gen sind die Kon­zils­aus­sa­gen zu den angeb­lich wah­ren oder teil­wah­ren Lehr­aus­sa­gen des Islam irre­füh­rend bis falsch. Dafür ist eine Aus­sa­ge von Papst Fran­zis­kus ein Beleg, wenn er in sei­ner Enzy­kli­ka Evan­ge­lii gau­di­um den Kon­zils­text fol­gen­der­ma­ßen para­phra­siert: „Die hei­li­gen Schrif­ten des Islam bewah­ren Tei­le der christ­li­chen Leh­re“ (Nr. 252). Fran­zis­kus oder sei­ne Vor­schrei­ber kön­nen die ent­spre­chen­den Stel­len im Koran nicht gele­sen haben, die sich auf neu­te­sta­ment­li­che Geschich­ten bezie­hen. Denn die­se sind besten­falls apo­kry­phi­sche Über­lie­fe­run­gen (wie die Ver­le­ben­di­gung von Ton­tau­ben durch das Jesus­kind), mei­stens aber Häre­si­en, mehr­fach jedoch ver­zerr­te Geschich­ten oder Neu­erfin­dun­gen Moham­meds (wie das Nicht-Ster­ben Chri­sti am Kreuz).

An ande­rer Stel­le for­mu­liert Kar­di­nal Ratz­in­ger: „Das Heil liegt nicht in den Reli­gio­nen als sol­chen, son­dern es hängt mit ihnen zusam­men, sofern und soweit sie den Men­schen auf das eine Gute, auf die Suche nach Gott, nach Wahr­heit und Lie­be brin­gen.“ In die­sem Zusam­men­hang kri­ti­siert Ratz­in­ger die „Gleich­heits­ideo­lo­gie der Reli­gio­nen“, die man durch­aus auch auf den Kon­zils­text bezie­hen kann.

Dialog als Inbegriff eines relativistischen Religionsverständnisses

Papst Franziskus und die Umarmung der "abrahamitischen" Religionen an  der Klagemauer
Papst Fran­zis­kus und die Umar­mung der „abra­ha­mi­ti­schen“ Reli­gio­nen an der Klagemauer

Kar­di­nal Ratz­in­ger dia­gno­sti­ziert in sei­nem oben erwähn­ten Buch, dass der Begriff ‚Dia­log’ heu­te gera­de­zu zum Inbe­griff eines rela­ti­vi­sti­schen Reli­gi­ons­ver­ständ­nis­ses gewor­den sei (S. 97ff). Nach die­sem Ansatz wäre ein inter­re­li­giö­ser Dia­log ein Aus­tausch zwi­schen grund­sätz­lich gleich­ran­gi­gen und gleich­wah­ren Posi­tio­nen, um zu einem Maxi­mum an Koope­ra­ti­on und Gemein­sam­kei­ten zu kom­men. Die Unter­schei­dung von wahr und unwahr im Bereich der Reli­gi­on müss­te dann auf­ge­ho­ben wer­den – so for­dern es Ver­tre­ter der plu­ra­li­sti­schen Theo­lo­gie wie auch Reli­gi­ons­wis­sen­schaft­ler wie Assmann.

Nach Ratz­in­gers Ein­schät­zung wür­de ein sol­ches rela­ti­vi­sti­sches Dia­log-Ver­ständ­nis zur Abschaf­fung von Kon­ver­si­on und Mis­si­on füh­ren. Auch dazu lässt sich wie­der ein Bei­spiel im Ver­hal­ten von Papst Fran­zis­kus anfüh­ren: Sein Inter­view mit dem Neu-Hei­den/At­he­isten Scal­fa­ri war ein Exem­pel für ein nicht-mis­sio­na­ri­sches Gespräch, das aus­schließ­lich zur Klä­rung der Stand­punk­te diente.

Missionarischer statt relativistischer Dialog

Kar­di­nal Ratz­in­ger hält dage­gen, dass der Glau­be in der Kon­stel­la­ti­on von Wahr­heit und Ver­nunft, Ver­ant­wor­tung und Frei­heit kon­sti­tu­tiv zu Mensch­sein und Mensch­heit gehö­re. Uns Chri­sten sei­en in und durch Chri­stus die Gaben der Wahr­heit und der Lie­be geschenkt, die uns drän­gen, sie andern anzu­bie­ten – in Frei­heit natürlich.

Die frü­hen Chri­sten führ­ten damals unzäh­li­ge Streit­ge­sprä­che mit heid­ni­schen Phi­lo­so­phen und Reli­gi­ons­ver­tre­tern. Erfüllt von der Wahr­heit der christ­li­chen Leh­re, such­ten sie das argu­men­ta­ti­ve Gespräch, gleich­wohl mit dem Ziel, ihr Gegen­über zu über­zeu­gen. Ein sol­cher mis­sio­na­ri­scher Dia­log ist die christ­li­che Alter­na­ti­ve zu dem rela­ti­vi­sti­schen Dia­log, den die Kir­chen­lei­tung zur­zeit propagiert.

IV. In sei­ner Regens­bur­ger Rede vom 12. Sep­tem­ber 2006 sprach Papst Bene­dikt XVI. zwei zen­tra­le Punk­te im Islam an: zum einen die offen­sicht­li­chen histo­ri­schen Erfah­run­gen mit der gewalt­tä­ti­gen Aus­brei­tung des Islam durch Feu­er und Schwert, zum andern das Got­tes­bild des Islam mit einer Ten­denz zum Willkür-Gott.

Der Islam brachte Krieg und Leid über die Menschheit

Islamische  Kritik an Benedikt XVI.
Isla­mi­sche Kri­tik an Bene­dikt XVI.
  • Bene­dikt zitier­te den byzan­ti­ni­schen Kai­ser Manu­el II., der im Dia­log mit einem per­si­schen Islam-Gelehr­ten die The­se auf­stell­te, Moham­med habe Schlech­tes und Inhu­ma­nes gebracht wie etwa dies, den Glau­ben mit dem Schwert zu ver­brei­ten. Der Kai­ser konn­te die­se Aus­sa­ge mit vie­len histo­ri­schen Erfah­run­gen bele­gen. Denn die Byzan­ti­ner muss­ten zum Ende des 14. Jahr­hun­derts mehr als vier Jahr­hun­der­te mus­li­mi­scher Gewalt bekla­gen. In die­ser Zeit hat­ten die osma­ni­schen Tür­ken sie in ihrem klein­asia­ti­schen Kern­land attackiert, drang­sa­liert, unter­drückt, ver­trie­ben und gedemütigt.

Wie zur Bestä­ti­gung der zitier­ten Behaup­tung reagier­ten zahl­rei­che isla­mi­sche Grup­pen und Staa­ten mit Hass-Reden und Gewalt­aus­brü­chen auf die­se Pas­sa­ge der aka­de­mi­schen Rede des Papstes.

Religiös motivierte Gewalt bis heute vorwiegend im Islam

Kein gerin­ge­rer als Kar­di­nal Karl Leh­mann aus Mainz lei­ste­te damals dem Papst argu­men­ta­ti­ve Schüt­zen­hil­fe gegen die Angrif­fe von Sei­ten der Isla­mi­sten und teil­wei­se der west­li­chen Medi­en. In einem län­ge­ren Bei­trag für die Frank­fur­ter Rund­schau stell­te er fest, dass bis heu­te „reli­gi­ös moti­vier­te und legi­ti­mier­te Gewalt … sich vor­wie­gend am Islam fest­macht“. Mit die­sem Phä­no­men müs­se man „unse­re mus­li­mi­schen Gesprächs­part­ner kon­fron­tie­ren“. In die­sem Kon­text soll­te mit den Mus­li­men auch die The­se erör­tert wer­den, dass die isla­mi­sche Gewalt­pro­ble­ma­tik in der „mus­li­mi­schen Reli­gi­on“ sowie der „theo­lo­gi­schen Tra­di­ti­on des kämp­fen­den und herr­schen­den Islam“ ver­an­kert sei. Als wei­te­ren zen­tra­len Dis­kus­si­ons­punkt im christ­lich-mus­li­mi­schen Dia­log müss­te der Kom­plex „Reli­gi­ons­frei­heit und die Ver­fasst­heit des moder­nen Staa­tes“ behan­delt werden.

Die­se kar­di­na­len For­de­run­gen stel­len eine mas­si­ve Kri­tik am Dia­log­pro­zess zwi­schen den Reli­gio­nen dar, wie er vom Kon­zil beschrie­ben und seit­her von den Kir­chen­füh­rern ange­strebt bezie­hungs­wei­se gefor­dert und geför­dert wur­de. Das Kon­zil hat­te das inter­re­li­giö­se Gespräch aus­drück­lich auf das Gemein­sa­me redu­zie­ren wol­len – unter Aus­blen­dung der strit­ti­gen Punk­ten und Problematiken.

Statt Wohlfühl-Dialog den Islam mit kritischen Fragen konfrontieren

Papst Benedikt XVI. mit schiitischen  Religionsgelehrten
Papst Bene­dikt XVI. mit schii­ti­schen Religionsgelehrten
  • Der christ­lich-mus­li­mi­sche Ver­stän­di­gungs­dia­log läuft zum größ­ten Teil ein­sei­tig ab, er ist weit­ge­hend ein Mono­log von Kir­che und Chri­sten in Rich­tung Islam. Die­se Unwirk­sam­keit eines ech­ten Dia­logs resul­tiert auch aus der inter­re­li­giö­sen Gemein­sam­keits-Ideo­lo­gie des Kon­zils. Denn erstens schrump­fen die Gemein­sam­kei­ten zwi­schen Chri­sten­tum und Islam bei tie­fe­rem Ein­drin­gen in die Mate­rie auf weni­ges zusam­men, wie an ver­schie­de­nen Stel­len die­ser Serie auf­ge­zeigt. Und zum zwei­ten erwei­sen sich die weni­gen Schnitt­men­gen der bei­den Reli­gio­nen als wenig rele­vant, da die bren­nen­den Pro­ble­me bei den aus­ge­blen­de­ten Streit­fra­gen liegen.

Die hat­te Papst Bene­dikt in sei­ner Regens­bur­ger Rede ange­spro­chen. Das Gewalt-Zitat des byzan­ti­ni­schen Kai­sers war für ihn Aus­gangs­punkt für wei­te­re Erör­te­run­gen: Gewalt­tä­ti­ges, nicht ver­nunft­mä­ßi­ges Han­deln ist dem Wesen Got­tes zuwi­der – so die Fol­ge­rung Kai­ser Manu­els, dem sich der Papst anschloss. Bene­dikt führ­te die­sen Gedan­ken wei­ter. Aus­ge­hend vom gött­li­chen Logos des Johan­nes-Evan­ge­li­ums über die frü­he Kir­che zeig­te Bene­dikt die frucht­ba­re und gewalt­be­schrän­ken­de Sym­bio­se von Glau­be und Ver­nunft in der christ­li­chen Theo­lo­gie- und euro­päi­schen Gei­stes­ge­schich­te auf. Dabei blieb der Vor­wurf im Raum ste­hen, dass der auf Koran und Hadith gestütz­te Islam eben die­se gewalt­be­schrän­ken­de Ver­nunft­ori­en­tie­rung nicht kennt bezie­hungs­wei­se die ent­spre­chen­den Ansät­ze im Mit­tel­al­ter abge­würgt hat.

Genau auf die­sen her­aus­for­dern­den Vor­wurf reagier­ten 38 mus­li­mi­sche Gelehr­te schon einen Monat spä­ter mit einem Brief, in dem sie dar­auf ernst­haft und argu­men­ta­tiv ein­gin­gen. Ein Jahr spä­ter folg­ten 138 isla­mi­sche Theo­lo­gen die­sem Ansatz mit einem wei­te­ren lan­gen Schrei­ben. Inzwi­schen haben meh­re­re Forums-Semi­na­re zwi­schen isla­mi­schen Gelehr­ten und katho­li­schen Theo­lo­gen stattgefunden.
Eine Fol­ge­rung aus die­sen Über­le­gun­gen: Ein Impuls in Rich­tung Islam, der Mus­li­me mit pro­ble­ma­ti­schen Sei­ten des Islam kon­fron­tiert, bringt mehr Dia­log-Pro­zes­se in Gang als die Eng­füh­rung der Kon­zils­er­klä­rung auf Gemein­sam­kei­ten. Aller­dings bleibt lei­der fest­zu­stel­len, dass sich auch in die­sem Fall die Bereit­schaft isla­mi­scher Theo­lo­gen zu einem rück­halt­lo­sen Dia­log in Gren­zen hält.

Hat Allah die Züge eines Willkür-Gottes?

  • Papst Bene­dikt hat­te eine drit­te Dif­fe­renz zwi­schen Islam und Chri­sten­tum ange­spro­chen: Für die christ­li­che Theo­lo­gie gibt es eine Ent­spre­chung zwi­schen dem Sein und Han­deln Got­tes als dem höch­sten Logos (Wort, Ver­nunft), der ver­nünf­ti­gen Ord­nung der Welt (ana­lo­gia entis) sowie dem ver­nunft­ori­en­tier­ten Men­schen. „Für die mus­li­mi­sche Leh­re hin­ge­gen“, so der Papst wei­ter, „ist Gott abso­lut tran­szen­dent. Sein Wil­le ist an kei­ne unse­rer Kate­go­rien gebun­den und sei es die der Ver­nünf­tig­keit. (…) Ibn Hazn geht so weit zu erklä­ren, dass Gott auch nicht durch sein eige­nes Wort gehal­ten sei und dass nichts ihn dazu ver­pflich­te, uns die Wahr­heit zu offen­ba­ren. Wenn er es woll­te, müs­se der Mensch auch Göt­zen­dienst trei­ben. Hier tut sich ein Schei­de­weg im Ver­ständ­nis Got­tes auf…“.

Die­se auf­ge­wor­fe­ne kon­tro­vers­theo­lo­gi­sche Fra­ge wiegt umso schwe­rer, als sie das Zen­trum des Allah-Glau­bens berührt. Sie beinhal­tet die The­se, dass Allah mehr oder weni­ger ein Will­kür­gott sei. Unter die­sem Vor­zei­chen tun sich mus­li­mi­sche Theo­lo­gen schwer damit, ihren Glau­ben in eine befruch­ten­de Ver­bin­dung mit dem Ver­nunft-Den­ken ein­zu­bin­den. Im tran­szen­dent-unbe­re­chen­ba­ren Wil­len und Han­deln Allahs könn­te viel­leicht auch der tief­ste Grund für das immer wie­der auf­bre­chen­de Gewalt­po­ten­ti­al des Islam lie­gen bzw. die Gewalt­be­reit­schaft von Muslimen.

Der erste Brief von 38 Islam-Gelehr­ten geht ansatz­wei­se auf die­se Fra­ge ein, aller­dings nur ober­fläch­lich-apo­lo­ge­tisch. Gleich­wohl bedeu­tet der ange­spro­che­ne Fra­gen-Kom­plex eine lang­fri­sti­ge Her­aus­for­de­rung für die isla­mi­sche Theo­lo­gie. Kir­che und Theo­lo­gen haben die Pflicht, die mus­li­mi­schen Gelehr­ten immer wie­der mit die­sen pro­ble­ma­ti­schen Aspek­ten des Islam zu konfrontieren.

V. Papst Benedikts Dialog-Perspektiven nach der Regensburger Rede

Über die schrof­fen Reak­tio­nen von Tei­len der isla­mi­schen Welt auf sei­ne Regens­bur­ger Rede war der Papst sehr bestürzt. Um „die Gemü­ter zu beru­hi­gen“ distan­zier­te er sich förm­lich von dem Gewalt­zi­tat des Kai­ser Manu­el. Auch sei­ne kri­ti­sche Anfra­ge an den isla­mi­schen Ver­nunft- und Got­tes­be­griff stell­te er bei wei­te­ren Anspra­chen zum The­ma zurück.

In sei­ner Weih­nachts­an­spra­che vor der Römi­schen Kurie im Jah­re 2006 ging der Papst erneut auf sei­ne Regens­bur­ger Rede ein und skiz­zier­te sei­ne Per­spek­ti­ven für einen Dia­log mit dem Islam. Es ging Bene­dikt dabei um das Ver­hält­nis von Ver­nunft und Glau­ben, ins­be­son­de­re in Aus­ein­an­der­set­zung mit der Auf­klä­rung. Einer­seits gel­te es, „einer Dik­ta­tur der posi­ti­vi­sti­schen Ver­nunft zu wider­spre­chen, die Gott aus dem Leben der Gemein­schaft und aus den öffent­li­chen Ord­nun­gen aus­schließt und dabei den Men­schen sei­ner Maß­stä­be beraubt.“ In der Kri­tik der säku­la­ren Ver­nunft der Gott­ver­ges­sen­heit habe man einen Aspekt des Dia­logs mit dem Islam und ande­ren Religionen.

“Ande­rer­seits müs­sen die wah­ren Errun­gen­schaf­ten der Auf­klä­rung, die Men­schen­rech­te und dabei beson­ders die Frei­heit des Glau­bens und sei­ner Aus­übung als wesent­li­che Ele­men­te gera­de auch für die Authen­ti­zi­tät der Reli­gi­on auf­ge­nom­men wer­den.“ Papst Bene­dikt wirbt dafür, dass die­se The­men im Zen­trum des Dia­logs mit dem Islam ste­hen soll­ten, also das Ein­tre­ten „gegen Gewalt und für das Mit­ein­an­der von Glau­be und Ver­nunft, von Reli­gi­on und Freiheit“.

Um die Kon­zen­tra­ti­on auf die­se The­men hat­te der Papst auch schon im Jah­re 2005 bei einem Tref­fen mit Ver­tre­tern der mus­li­mi­schen Gemein­den am Ran­de des Welt­ju­gend­tags bemüht. Bene­dikt benann­te damals als gemein­sa­me Akti­ons­ba­sis für Chri­sten und Mus­li­me den „Dienst an den mora­li­schen Grund­wer­ten“. An erste Stel­le tre­te „die Wür­de der Per­son und die Ver­tei­di­gung der Rech­te, die sich aus die­ser Wür­de erge­ben“ – etwa, dass „das Leben eines jeden Men­schen hei­lig ist“. Die­se Bot­schaft wer­de auch aus der deut­li­chen und unver­wech­sel­ba­ren Stim­me des Gewis­sens erkannt. Der Papst beton­te, nur über die Aner­ken­nung der „Zen­tra­li­tät der Per­son“ kön­ne man eine „gemein­sa­me Ver­stän­di­gungs-Grund­la­ge fin­den, even­tu­el­le kul­tu­rel­le Gegen­sät­ze über­win­den und die explo­si­ve Kraft der Ideo­lo­gien wie auch der neu­en Bar­ba­rei neu­tra­li­sie­ren“. Ähn­li­ches sag­te Bene­dikt Ende 2008 zu den Teil­neh­mern des neu ein­ge­rich­te­ten „Muslimisch/​Katholischen Forums“: „Mei­ne Hoff­nung ist, dass die­se grund­le­gen­den Men­schen­rech­te für alle Men­schen über­all geschützt wer­den. Poli­ti­sche und reli­giö­se Füh­rer haben die Pflicht, die freie Aus­übung die­ser Rech­te in vol­ler Ach­tung für die Gewis­sens- und Reli­gi­ons­frei­heit jedes ein­zel­nen Men­schen zu gewähr­lei­sten.“ Dar­über hin­aus ermun­tert der Papst die katho­li­schen und mus­li­mi­schen Jugend­li­che zu „prak­ti­schem Ein­satz“, um sich für die „Opfer von Krank­heit, Hun­ger, Armut, Unge­rech­tig­keit und Gewalt“ einzusetzen.

Statt vermeintlicher Gemeinsamkeiten praktischer Einsatz für Personwürde und Menschenrechte

Mit die­sen Schwer­punk­ten in sei­nen Dia­log-Reden vor Chri­sten und Mus­li­men ent­fern­te sich der Papst deut­lich von „Nost­rae aet­a­te“: Er sprach eben nicht von den ver­meint­lich reli­giö­sen Gemein­sam­kei­ten wie dem einen Gott, dem Pro­phe­ten Jesus oder dem gemein­sa­men Urva­ter Abra­ham.

Als Basis der Ver­stän­di­gung mit den Mus­li­men postu­liert Papst Bene­dikt nicht eine mini­ma­le Schnitt­men­ge von Glau­bens­ge­mein­sam­kei­ten, son­dern die durch mensch­li­che Ver­nunft und die Stim­me des natür­li­chen Gewis­sens erkenn­ba­ren Prin­zi­pi­en der Mensch­lich­keit wie die Men­schen­wür­de, Men­schen­rech­te, Recht auf Leben und Reli­gi­ons­frei­heit ins­be­son­de­re. Dabei sieht er sich in Über­ein­stim­mung mit den posi­ti­ven Errun­gen­schaf­ten der Auf­klä­rung wie auch mit der Kon­zils­ar­gu­men­ta­ti­on in der Erklä­rung „Dignita­tis hum­a­nae“, in der aus der Wür­de des Men­schen die Men­schen­rech­te auf Frei­heit in Reli­gi­on und ande­ren sozia­len Fel­dern ent­wickelt wird. Damit knüpf­te Bene­dikt an die Pra­xis der Kir­chen­vä­ter an, die mit den Ver­tre­tern der heid­ni­schen Reli­gio­nen und Phi­lo­so­phien einen argu­men­ta­ti­ven, kri­ti­schen und mis­sio­na­ri­schen Dia­log führ­ten. Die­se Art von Dia­log kann als Ver­mächt­nis des Theo­lo­gen-Pap­stes gese­hen werden.

Sicher­lich war sich der Papst bewusst, dass sei­ne Postu­la­te an den gegen­wär­ti­gen, vor­auf­klä­re­ri­schen Islam auch als Ver­än­de­rungs­for­de­rung ver­stan­den wer­den. Doch die­se Zumu­tung soll­te man den Mus­li­men nicht erspa­ren. Ange­sichts der heu­te fest­stell­ba­ren Rück­wen­dung von Tei­len der Mus­li­me zu einer bar­ba­ri­schen, vor­zi­vi­li­sa­to­ri­schen Pra­xis erscheint es umso not­wen­di­ger, dass sich die isla­mi­schen Theo­lo­gen für Ver­nunft-Argu­men­ta­ti­on und Men­schen­rech­te öffnen.

VI. Resümee der Überlegungen für Kirche und Theologie:

  • Das Kon­zils­do­ku­ment „Nost­ra aet­a­te“, ins­be­son­de­re das drit­te Kapi­tel zum Dia­log mit dem Islam, soll­te vom Posta­ment des alter­na­tiv­lo­sen Super­dog­mas zu einer ein­fa­chen Lehr-Erklä­rung her­ab­ge­stuft wer­den, wie es die Kon­zils­vä­ter gewollt hatten.
  • Die Eng­füh­rung der Kon­zils­er­klä­rung auf die tat­säch­li­chen oder ver­meint­li­chen Gemein­sam­kei­ten mit dem Islam muss histo­risch-kri­tisch im Kon­text des dama­li­gen Kon­zils­op­ti­mis­mus grund­sätz­lich infra­ge­ge­stellt werden.
  • Statt Aus­blen­dung aller Streit­fra­gen soll­ten genau die­se bren­nen­den Reli­gi­ons­pro­ble­me zum The­ma gemacht wer­den für einen ernst­haf­ten und argu­men­ta­ti­ven Dialog.
  • Die isla­mi­sche Theo­lo­gie, seit Jahr­hun­der­ten mehr oder weni­ger in festen Bah­nen erstarrt, hat ein Auf­ar­bei­tungs- und Ent­wick­lungs­pro­blem. Die kirch­li­chen Theo­lo­gen soll­ten wie Kata­ly­sa­to­ren den isla­mi­schen Gelehr­ten auf die Sprün­ge helfen.
  • Ins­be­son­de­re hat der Islam in den zen­tra­len Kom­ple­xen reli­gi­ös legi­ti­mier­te Gewalt, Reli­gi­ons­frei­heit und Staats­kon­zept sowie Ver­nunft- und Will­kür-Theo­lo­gie erheb­li­chen Refle­xi­ons­be­darf, um den Anschluss an die Moder­ne zu finden..
  • Inter­re­li­giö­se Gebets­tref­fen füh­ren in den bren­nen­den Fra­gen kei­nen Schritt wei­ter; im Gegen­teil sug­ge­rie­ren sie reli­giö­se Gemein­sam­kei­ten, die nicht da sind. Denn der gewalt­for­dern­de Gott des Islam ist nicht der christ­li­che Gott.
  • Nach Papst Bene­dikt soll­ten die „Zen­tra­li­tät der Per­son­wür­de“ und den dar­auf fol­gen­den Men­schen­rech­te Grund­la­ge für katho­lisch-mus­li­mi­sche Tref­fen sein.
  • Sinn­voll sind auch Tref­fen und Koali­tio­nen zu aktu­el­len ethisch-sozia­len The­men wie etwa kürz­lich das gemein­sa­me Mani­fest gegen Men­schen­han­del und moder­ne Skla­ve­rei. Reli­gi­ös moti­vier­te Gewalt, Abtrei­bung, Sui­zid-Hil­fe, Ehren­mor­de, Geni­tal-Ver­stümm­lung etc. wären wei­te­re The­men prak­tisch-gemein­sa­mer Agenden.

Lite­ra­tur: Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger, Glau­be Wahr­heit Tole­ranz. Das Chri­sten­tum und die Welt­re­li­gio­nen, Her­der-Ver­lag 2003; Armin Schwi­bach, Bene­dikt XVI. und der Islam, kath​.net vom 28. 3. 2015

Text: Hubert Hecker
Bild: Palaz­zo Apostlico/​Terra Sancta/​Derecho

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8 Kommentare

  1. Das ist ja alles gut und schön, sicher besteht unter den Lesern ziem­li­che Über­ein­stim­mung. Aber:
    Wie soll man aber damit umge­hen, dass die­se Auf­fas­sung nur noch bei einer Min­der­heit der kirch­li­chen Eli­te geteilt wird? Das glei­che gilt für vie­le ande­re – auch noch wesent­li­che­re – Fra­gen. Was kann man tun außer jam­mern und/​oder beten?
    Hof­fen gegen alle Ver­nunft, glau­ben, dass unser Herr selbst den Din­gen ein Ende setzt, mit Eifer dar­um rin­gen, dass man dann vor­be­rei­tet ist: das ist das, was mir dazu einfällt.
    „Wird jedoch der Men­schen­sohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glau­ben vorfinden?“

  2. Auch eine Fol­ge des „inter­re­li­giö­sen Dia­lo­ges“ ist fol­gen­de, „neue Mass­stä­be“ set­zen­de, „Gruss­bot­schaft“ von Kar­di­nal Tauran, 
    dem Prä­si­den­ten des „Päpst­li­chen Rates für den inter­re­li­giö­sen Dialog“
    anläss­lich des zu Ende gegan­ge­nen isla­mi­schen Fasten­mo­nats Ramadan:
    -
    „Inspi­riert durch unse­re gemein­sa­men Wer­te und gestärkt durch 
    unse­ren Glau­ben an wah­re Brü­der­lich­keit sind wir dazu aufgerufen, 
    uns gemein­sam um Gerech­tig­keit, Frie­den und Respekt, 
    sowie um die Rech­te und Wür­de jeder ein­zel­nen Person
    – und beson­ders der Bedürf­ti­gen – zu bemühen. 
    Auf die­se Wei­se wer­den wir dazu bei­tra­gen können, 
    die Span­nun­gen und Kon­flik­te zu redu­zie­ren und 
    das Gemein­wohl zu fördern. 
    So wer­den wir zei­gen können, 
    dass die Reli­gio­nen eine Quel­le der Har­mo­nie sein und einen Nutzen 
    für die gan­ze Gesell­schaft haben können.“
    -

    Oder anders formuliert:
    Im Soge einer wahr­heits­fer­nen rein mensch­li­chen „Gerech­tig­keit“ und „Recht­schaf­fen­heit“ soll die christ­li­che Hei­lig­keit weichen ?!

  3. Ein sehr guter Arti­kel von Herrn Hecker zur Unter­schei­dung der Geister.
    Es ist in der Tat so, daß in der Kir­che heu­te viel von „Dia­log“ gefa­selt wird. Das kommt daher, daß man selbst kei­nen Glau­ben an die befrei­en­de Bot­schaft von Jesus Chri­stus hat. Das Pro­blem liegt in der Ungläu­big­keit gro­ßer Tei­le des christ­li­chen Vol­kes, der Theo­lo­gen wie der Hirten.

    Zum Islam kann man sagen, daß er eine Ideo­lo­gie ist und wie jede Ideo­lo­gie unre­for­mier­bar, unbe­lehr­bar. Es ist sinn­los- es war es immer- mit den Mos­lems viel zu reden. Das haben in den letz­ten 1000 Jah­ren schon vie­le ver­sucht- und die waren ja alle nicht auf den Kopf gefal­len. Bes­ser ists damit im Islam aber nicht geworden.
    Es ist ein sinn­lo­ses Unter­fan­gen. Wenn wir von „Per­son“ etwa reden, muß man doch wis­sen, daß es im Islam so etwas nicht gibt. Per­son kann nur der Mensch wer­den, der an Chri­stus glaubt. Auch der Hin­du­is­mus, der Bud­dhis­mus usw. ken­nen kein Per­son­sein des Men­schen. Das ist ja das spe­zi­fisch Christ­li­che, das den Chri­sten selbst in all den Jahr­hun­der­ten der „Ent­deckung“ in allen Kon­ti­nen­ten auf­ge­fal­len ist wie auch den „Ent­deck­ten“ selbst im Ver­kehr mit Europäern/​Christen.

    Sogar im Juden­tum ist das Per­son­sein des Men­schen ver­gleichs­wei­se ein­ge­schränkt, denn erst Chri­stus hat durch Kreuz und Leid den ursprüng­li­chen Adam (und mehr) wie­der gebracht. Der Christ, ein alter Chri­stus, ist tat­säch­lich ein neu­er Mensch- auch wenns vie­le nicht wis­sen wol­len und irgend­wie nicht sind, weil glau­bens­los trotz Tau­fe und Firmung.

    Immer­hin wies Papst Bene­dikt auf Wider­sprü­che im Islam hin, die aber für Mos­lems kei­ne sind. So kann es auch wirk­lich kei­nen ech­ten Dia­log geben (man kennt das Wort dort nicht mal- es war immer so). Papst Bene­dikt ist, wie Herr Hecker aus­führt, dann lei­der etwas von sei­nen Aus­sa­gen in der Regens­bur­ger Vor­le­sung zurück­ge­wi­chen. Er hat­te sich da selbst etwas vor­ge­macht, könn­te man sagen, weil er offen­kun­dig den Islam nicht wirk­lich kann­te, trotz sei­ner guten theo­re­ti­schen Klar­stel­lun­gen. Also er ist zurück­ge­wi­chen lei­der und hat sein eige­nes Wort von Regens­burg wenig­stens halb­wegs zurückgenommen. 

    Papst Fran­zis­kus hat da offen­bar über­haupt kei­ne Rich­tung. Für ihn ist alles hei­le Welt. Er lädt die Mos­lems nach Euro­pa ein und lei­stet so sei­nen Bei­trag zur Isla­mi­sie­rung und Ent-Christ­li­chung unse­res Kontinents. 

    Mein Fazit: nie­mand soll mit Mos­lems reden außer wenn gefragt und dann zur Mis­sio­nie­rung des isla­mi­schen Gespräch­part­ners. Es gilt nur eines: Jesus Chri­stus zu ver­kün­den und nicht groß nach rechts und links zu schau­en und etwas in Nicht-Chri­sten hin­ein­in­ter­pre­tie­ren wo gar nichts ist.
    Es gilt nur die Ver­kün­di­gung Jesu Chri­sti, der Leh­ren und Gebo­te, des Lebens und Lei­dens des Got­tes­soh­nes. Nur dar­auf kommts an.

    • Ich möch­te mei­nen Kom­men­tar zu Papst Fran­zis­kus ger­ne abmil­dern. Er beklagt ja die­se grau­si­gen Ermor­dun­gen von Chri­sten durch isla­mi­sche Mord­bren­ner, die sich aber auf den Koran beru­fen können.

    • Die Frei­mau­re­rei nutzt die Tat­sa­che aus, daß die Men­schen zumeist ein Leben mit mög­lichst wenig Stö­run­gen von außen füh­ren wol­len. Der Geist der Loge mit sei­ner ver­lo­ge­nen Huma­ni­täts- und Tole­ranz­se­lig­keit kommt da ganz recht. Die Hoch­grad-Len­ker die­ses Pla­ne­ten geben an die Arg­lo­sen die Paro­le raus, sie mögen vie­le fau­le Kom­pro­mis­se um des Frie­dens wil­len ein­ge­hen, der aber unter kei­nen Umstän­den mit dem Frie­den Chri­sti ver­wech­selt wer­den darf. Der hier in Euro­pa orga­ni­sier­te Islam weiß sich der Kla­via­tur abend­län­di­scher Har­mo­nie­sucht bestens zu bedie­nen. Aus Musel­ma­nen, die inner­lich von har­ter Feind­lich­keit gegen jeden anders­ar­ti­gen Men­schen geprägt sind, wer­den auf ein­mal die größ­ten Gut­men­schen, die bloß die klei­ne Fati­ma vor Auf­ent­hal­ten in Schul­land­hei­men und bloß den klei­nen Moham­med vor dem Anblick weib­li­cher Wesen in Bade­an­zug schüt­zen wol­len. Den Men­schen, die den Ungeist der Loge leben, wie auch den Musel­ma­nen, die sich des­sen bedie­nen, muß ins Gesicht gesagt wer­den, daß sie uner­träg­li­che Heuch­ler sind, solan­ge sie das Licht Jesu Chri­sti nicht zu sehen bereit sind.

  4. Was Papst Bene­dikt XVI. letzt­lich zu einer wie es aus­sah ande­ren Vor­ge­hens­wei­se gegen­über dem Islam nach sei­ner Regens­bur­ger Rede bewog, ist schwer zu sagen. Mög­li­cher­wei­se aber war er erheb­li­chem poli­ti­schem Druck sei­tens ver­schie­de­ne­ner Regie­run­gen ver­schie­de­ner Staa­ten, nicht zuletzt mög­li­cher­wei­se der Bun­des­re­gie­rung, aus­ge­setzt. Sowohl Ex-Bun­des­prä­si­dent Chri­sti­an Wulff wie auch die Kanz­le­rin, Frau Mer­kel, bezeich­nen den Islam als etwas zu Deutsch­land Gehö­ren­des. Sie sind dahin­ge­hend ja nicht allein, son­dern wer­den dar­in von vie­len in ande­ren Par­tei­en unter­stützt. Weil Alt-Bun­des­prä­si­dent Köh­ler, ein auf­rech­ter Pro­te­stant (und auch ver­hei­ra­tet mit Kin­dern), die­ser Poli­tik­aus­rich­tung offen­bar im Wege stand, wur­de er gegän­gelt und muß­te letzt­lich wohl zurücktreten.
    Mit der Über­nah­me des Wei­ßen Hau­ses durch Oba­ma aber konn­te die Infil­tra­ti­on Euro­pas mit dem Islam und den Mos­lems dann rich­tig los­ge­hen. Das sind offen­kun­di­ge Tatsachen.

    Seit der Regens­bur­ger Rede wur­de Papst Bene­dikt XVI. unun­ter­bro­chen attackiert. „Man“ woll­te ihn offen­kun­dig los­wer­den. Ich kann mich noch gut erin­nern wie Kanz­le­rin Mer­kel den Papst ermahn­te, als die­ser qua­si von „Bischof“ Wil­liam­son samt den Medi­en­mo­gu­len her­ein­ge­legt wurde.
    Erfreut äußer­te sich die Kanz­le­rin beim dann erfolg­ten Rück­tritt des Pap­stes am 11.02.2013: das Ziel war offen­kun­dig erreicht; der Papst waid­wund „geschos­sen“ dank­te aus gesund­heit­li­chen Grün­den ab- blieb aber sicher zum Ärger sei­ner vie­len Fein­de in Poli­tik und Medi­en wei­ter­hin Papst.

    Inwie­weit Papst Fran­zis­kus poli­ti­sche Vor­ga­ben soz. erfüllt oder wie unab­hän­gig er ist sowohl in Fra­gen von Ehe und Moral wie dem Islam, ist sicher schwer zu sagen. Das sind Spe­ku­la­tio­nen, aber das kann man auch mitbedenken.

    Zum Schluß: es ist sicher frag­lich, ob Papst Bene­dikt mit sei­nem euro­pä­isch den­ke­ri­schen Ansatz gegen­über dem Islam soz. punk­ten kann. Glau­be und Ver­nunft wer­den im Islam völ­lig anders gese­hen. Christ­li­cher Glau­be und christ­li­che Ver­nunft sind nicht kom­pa­ti­bel mit isla­mi­scher Auf­fas­sung von Glau­be und Ver­nunft. Das wird jeder isla­mi­sche Kon­ver­tit bestä­ti­gen. Denn sobald ein Mos­lem zu wah­rem Glau­ben und wah­rer Ver­nunft fin­det, läßt er sich wo und wenn mög­lich taufen.
    Letzt­lich wird nur das Kreuz Chri­sti und die je eige­ne Kreu­zes­nach­fol­ge jedes Chri­sten der gesam­ten Mensch­heit zur Erlö­sung die­nen. Nur die­se „Pra­xis“ wird über­zeu­gen, wenn überhaupt.

  5. @ H. Hecker

    Es ist m.E. etwas ande­res, ob eine vor­christ­li­che Reli­gi­on als Vor­be­rei­tung auf den wah­ren Hei­land ange­se­hen wird oder ob man eine NACH­christ­li­che Reli­gi­on so einschätzt.
    man kann allen­falls dem ein­zel­nen, wohl­mein­den­den Gläu­bi­gen, deren es im Islam ja vie­le gibt, zuspre­chen, dass sei­ne Fröm­mig­keit von ihm her „gut gemeint“ ist. Die­es Ver­ständ­nis geht von der Über­zeu­gung aus, dass Gott mit jedem Men­schen einen eige­nen Wrg geht und alles, was uns wider­fährt, uns zum besten die­nen lässt – selbst noch das Schie­fe und Ver­kehr­te. Wir wer­den, wie der hl. Petrus sagt, „mit letz­ter Not geret­tet“, gera­de noch dem Rachen der Fin­ster­nis entrissen.

    Den­noch habe ich immer Zwei­fel an einer Gene­ra­li­sie­rung die­ser Les­art, auch wenn sie teil­wei­se auf die Kir­chen­vä­ter zurück­geht (was das vor­christ­li­che Hei­den­tum betrifft). Ich bin mir nicht sicher, ob die Hin­zu­zie­hung heid­ni­scher „Errun­gen­schaf­ten“ nicht teil­wei­se auch das Den­ken der Kir­chen­vä­ter blockiert hat. Die haben teil­wei­se mehr von den Grie­chen ange­nom­men als von der Über­lie­fe­rung Isra­els vor Chri­stus – und da hängt viel­leicht doch etwas schief…

    Es heißt bei Johan­nes, jeder Geist, der leug­ne, dass Chri­stus ins Fleisch gekom­men ist, sei anti­christ­lich („der Antichrist“).
    Alle nach­christ­li­chen reli­gio­nen tra­gen aber die­ses Merk­mal und beein­flus­sen natür­lich ihre Ange­hö­ri­gen auch mas­siv anti­christ­lich. Mis­si­on unter Mus­li­men und Juden war daher bis­lang fast unmög­lich und erfolg­los. Dage­gen haben sich vie­le zu Chri­stus bekehrt, die älte­ren Reli­gio­nen ange­hör­ten – in Afri­ka und Asi­en vor allem (Stam­mes­re­li­gio­nen, Hin­du, Bud­dhi­sten, Shintoisten).

    Aber durch die Mis­si­on setz­te ande­rer­seits der Druck ein, dass die älte­ren Reli­gio­nen sich zu Chri­stus ver­hal­ten müs­sen. Und eini­ge haben inziw­schen eben­falls ein­deu­ti­ge anti­christ­li­che State­ments abge­ge­ben. Vie­le in der Form, dass sie zwar Chri­stus irgend­wie als gro­ßen Geist aner­ken­nen, als „Bewusst­sein“, als einen in ihrem Göt­ter­him­mel, der aber nicht Gott ist, son­dern nur einer der Götter.

    Die einen leug­nen sei­ne Gott­heit, ach­ten aber sei­ne pro­phe­ti­sche Grö­ße. Wie­der ande­re leug­nen ihn über­haupt. Allen gemein­sam ist die Leug­nung der Fleisch­wer­dung Gottes.
    Nur weni­ge haben KEIN Ver­hält­nis mehr zu Ihm, wie das noch vor Jahr­hun­der­ten der Fall war. Hier ist also nichts mehr offen.

    Beim Islam ist das Pro­blem aus christ­li­cher Sicht, dass die Leug­nung der Gott­heit und Mensch­wer­dung Jesu Chri­sti ja des­sen ein­zi­ges und zen­tra­les Pro­gramm ist. Die­se reli­gi­on begrün­det sich selbst aus­schließ­lich im Wider­spruch zum Chri­sten­tum bzw. der jüdi­schen Überlieferung.

    Wer bewuss­ter Mus­lim ist, kann mit Chri­sten und Juden kei­nen offe­nen Dia­log füh­ren – wor­über denn? Er müss­te ja die Matrix sei­ner Reli­gi­on auf­ge­ben, und war­um soll­te er das tun?

    Auf­grund der nach­christ­li­chen und aus­drück­li­chen Kon­kur­renz des Islam zum Chri­sten­tum kann es nur Sieg der einen oder Auf­lö­sung bei­der Reli­gio­nen geben. Oder sorg­fäl­tig getrenn­te Koexistenz.

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