Die Frage, ob Papst Leo XIV. die Wende gegenüber dem Pontifikat eines Vorgängers Franziskus bringen wird, beantwortete ein sehr bekannter italienischer Priester auf seine Weise: Don Leonardo Pompei gab bekannt, daß er nicht mehr die hierarchische Gemeinschaft der Kirche anerkenne, sondern sich der „Welt der Tradition“ anschließe. Am Tag danach wurde er von seinem Ortsbischof a divinis suspendiert.
Don Leonardo Maria Pompei war bis vergangenen Donnerstag Pfarrer der Pfarrei Santa Maria Assunta in Cielo in Sermoneta in der Diözese Latina-Terracina-Sezze-Priverno südlich von Rom. Don Pompei verfügt über eine starke Internetpräsenz als Blogger und Podcaster. Er ist auf Facebook, Telegram, X, Youtube und Instagram aktiv. Dort vertritt er mit beachtlicher Reichweite die Positionen der katholischen Tradition und scharte um sich eine große Anhängerschaft. Allein auf Youtube hat er fast 80.000 Abonnenten.
Am 3. September veröffentlichte die Internetseite von Don Pompei folgenden Text:
„Seit Mittwoch, dem 3. September 2025, übt Don Leonardo Maria sein Amt innerhalb der Strukturen der katholischen Kirche nicht mehr aus, da er sich entschieden hat, mit der Welt der katholischen Tradition zusammenzuarbeiten, und daraufhin sein Amt als Pfarrer niedergelegt hat und vom Ordinarius suspendiert wurde. Alle Besucher der Website sollten diese neue de facto et de jure bestehende Situation berücksichtigen. Die reguläre Tätigkeit von Don Leonardo im Internet dürfte Ende September bis Anfang Oktober wieder mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufgenommen werden.“
Am 4. September 2025 gab sein Ortsbischof, Msgr. Mariano Crociata von der Diözese Latina-Terracina-Sezze-Priverno, bekannt, Don Leonardo Maria Pompei ad divinis suspendiert zu haben, das heißt: Don Pompei wurde von allen priesterlichen Rechten und Pflichten entbunden.
Der Bischof hatte Don Pompei am 2. September einen scharfen Befehl erteilt: Keine Versammlungen in der Gemeinde und keine Aktivitäten in den sozialen Medien mehr – andernfalls drohe die Suspendierung. Don Pompei reagierte mit der obigen Bekanntgabe mit seiner Absicht, sich von der kirchlichen Hierarchie zu lösen und sich „der Tradition“ anzuschließen. Trotz des Verbots führte er am selben 3. September eine Live-Übertragung durch, die den Bischof veranlaßte, seine Androhung in die Tat umzusetzen.
Unmittelbarer Grund war der zunehmend schärfere Ton in Don Pompeis Analyse der Kirchenkrise und seiner Kritik an innerkirchlichen Verantwortlichkeiten.
Kein gewöhnlicher Disziplinarfall
Die Suspendierung ist nicht allein auf den genannten Ungehorsam zurückzuführen. Der eigentliche Bruch liegt darin, daß Don Pompei öffentlich erklärte, nicht länger innerhalb der hierarchischen Gemeinschaft der katholischen Kirche tätig sein zu wollen. Der Bischof sieht darin eine bewußte Abkehr von der Einheit mit der legitimen kirchlichen Autorität, die von Papst und Bischöfen ausgeht.
In seiner Erklärung spricht Don Pompei von einer „objektiven Unmöglichkeit“, sein Priestertum noch in voller Gemeinschaft mit der kirchlichen Hierarchie auszuüben. Sein Hinweis, sich der nicht näher benannten „Welt der Tradition“ anzuschließen, bezieht sich offenbar auf die um den von Papst Franziskus exkommunizierten Erzbischof und ehemaligen Apostolischen Nuntius Carlo Maria Viganò.
Erzbischof Viganò vertrat im Pontifikat von Franziskus eine sedisprivationistische Position, die er auch nach der Wahl von Leo XIV. nicht revidierte. Im Sommer 2024 wurde er exkommuniziert.
Don Pompei dankte Msgr. Viganò am 4. September auf Telegram mit den Worten:
„Unendlicher Dank an den hochgeschätzten und heldenhaften Monsignore Carlo Maria Viganò, den heiligen Athanasius unserer Zeit.“
Was bedeutet diese Entscheidung für Don Pompei und die Gläubigen?
Die Suspendierung a divinis hat weitreichende Konsequenzen: Don Pompei darf keine Sakramente mehr gültig spenden, keine geistliche Leitung mehr ausüben, keine Beichte hören oder kirchliche Eheschließungen vornehmen. Jede Handlung, die er als Priester vollzieht, ist laut Anordnung seines Bischofs „illegal und ungültig“. Damit forderte der Bischof die Gläubigen auf, sich von Don Pompei zu distanzieren, da er nicht mehr im Einklang mit der katholischen Lehre und Praxis stehe.
Vielmehr ist mit weitergehenden Schritten zu rechnen. Die öffentliche Absage an die kirchlichen Hierachie kann als schismatischer Akt ausgelegt und mit der Exkommunikation sanktioniert werden, wie dies gegen Erzbischof Viganò und mehrere italienische Priester unter Franziskus geschehen ist, etwa Don Alessandro Minutella, ein sizilianischer Priester, der bereits 2017 exkommuniziert wurde (oder hier und hier).
Don Pompei selbst erklärt seine Entscheidung aus einer inneren Überzeugung heraus. Die Fälle Don Minutella und Don Pompei zeigen eine zunehmende Fragmentierung der Kirche an, in der zentrifugale Kräfte wirken, die durch das Pontifikat von Franziskus verstärkt wurden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: donleonardomariapompei.it
