Es habe nicht mehr exkommuniziert zu werden, denn solche Strafen seien ein Relikt überwundener vorkonziliarer Zeiten. So oder ähnlich hallen Aussagen bestimmter progressiver Kirchenvertreter aus den vergangenen Jahrzehnten nach. Franziskus rettete auch den nunmehrigen Ex-Jesuiten Marco Ivan Rupnik vor der durch die Glaubenskongregation bereits festgestellten Exkommunikation. Doch es gibt Ausnahmen.
Eine solche Ausnahme betrifft einen Priester der in der Toskana gelegenen Diözese Livorno, der von seinem Bischof, Msgr. Simone Giusti, am Montag exkommuniziert wurde. Welche schwerwiegende Tat wird Don Ramon Guidetti, so der Name des Priesters, zur Last gelegt, daß ihn eine so harte Strafe trifft?
Bischof Giusti befand ihn schuldig, „Unwahrheiten“ verbreitet zu haben. Don Guidetti, Pfarrer der Pfarrei zum heiligen Rainer von Pisa (San Ranieri) zu Guasticce, habe in Frage gestellt, daß Papst Franziskus im Konklave 2013 in einem gültigen Verfahren gewählt wurde. Damit habe er ihn mit einer Art „Gegenpapst“ gleichgesetzt.
Die Reaktion des Bischofs entspricht der im Kirchenrecht vorgesehenen Höchststrafe für eine „Blasphemie“, so Europa Press. Die These einer zweifelhaften Wahl sei unter Franziskus-Kritikern „weit verbreitet“, so die Presseagentur. Der Bischof statuierte daher ein Exempel. Durch die Exkommunikation wurden Don Guidetti nicht nur alle kirchlichen Ämter entzogen und ihm die Ausübung seines Priestertums verboten, sondern ihm selbst der Empfang der Sakramente untersagt. Der Priester befinde sich nicht mehr in der Gemeinschaft der Kirche, so der Bischof.
Don Ramon Guidetti ist der zweite italienische Priester, der wegen seiner Kritik an Papst Franziskus offiziell exkommuniziert wurde. Der erste Fall betrifft Don Alessandro Minutella, der Pfarrer einer Pfarrei in der Erzdiözese Palermo auf Sizilien war. Er wurde 2017 als Priester a divinis suspendiert, 2018 latae sententiae exkommuniziert und 2022 laisiert. Ihm wurde die Verbreitung von Häresien und die Förderung eines Schismas vorgeworfen, da er Papst Franziskus als „falschen Propheten“ bezeichnet und daher „als Schismatiker das Verbrechen gegen den Glauben und die Einheit der Kirchen begangen hatte“, wie es im Laisierungsdekret heißt. Minutella hatte erklärt, Franziskus nicht als legitimen Papst anzuerkennen.
Exkommunikation zum ersten Todestag von Benedikt XVI.
Die Exkommunikation des 48 Jahre alten Don Ramon Guidetti erfolgte am Neujahrstag. Dem Priester wurde am ersten Tag des neuen Jahres, dem Hochfest der Gottesmutter Maria, im Presbyterium seiner Pfarrkirche ein formelles Dokument überrreicht, weil er am Vortag, ein Jahr nach dem Tod von Benedikt XVI., zu dessen Ehren eine Gedenkmesse gefeiert und in der Predigt „in sakrilegischen Worten über den [amtierenden] Papst gesprochen“ habe.
In seiner Predigt bei der Seelenmesse sagte Don Guidetti, Franziskus sei „ein Usurpator“ auf dem Stuhl Petri und ein „freimaurerischer Jesuit“.
Der Ortsbischof reagierte umgehend und mit maximaler Härte. In der von der Diözese Livorno veröffentlichten Exkommunikationsurkunde heißt es, Don Guidetti habe:
„öffentlich einen schismatischen Akt vollzogen, indem er die Unterwerfung unter den Papst und die Gemeinschaft mit den diesem unterstellten Gliedern der Kirche verweigerte“.
Daraus folge, so der Kanzler der Diözese Don Matteo Giavazzi in seiner Bekanntgabe an „alle Priester und Gläubigen der Diözese“:
„Msgr. Simone Giusti, Bischof der Diözese Livorno, hat am heutigen Tag ein Dekret erlassen (Prot. Nr. 1/24/VD), mit dem er gemäß der Norm von can. 1364 § 1 des Codex Iuris Canonici erklärt, daß Don Ramon Guidetti sich ipso facto die Exkommunikation latae sententiae zugezogen hat.
Der besagte Priester ist mit heutigem Tag gemäß den cann. 1333 § 1 und 1336 § 1 des Codex Iuris Canonici a divinis suspendiert und seines Amtes als Pfarrer der Pfarrei des heiligen Rainer von Pisa in Guasticce enthoben.
Die Priester und die Gläubigen werden davor gewarnt, an seinen Feiern oder anderen gottesdienstlichen Praktiken von ihm teilzunehmen, da sie sich ipso facto die sehr schwere Strafe der Exkommunikation zuziehen würden.“
Gegenüber Radio Domina Nostra von Alessandro Minutella reagierte Don Guidetti auf seine Exkommunikation mit den Worten:
„Ich bin gelassen und ruhig, aber erstaunt über die Geschwindigkeit, mit der die Guillotine den x‑ten Kopf abgeschlagen hat.“
Und weiter: „Ich werde das Dekret in einen hübschen Rahmen geben und es mir an die Wand hängen“, um dann doch hinzuzufügen:
„In meinem Herzen herrscht eine gewisse Bitterkeit über diese Blindheit und Härte seitens der Kirche, die eigentlich eine Mutter sein sollte. Sie sollte eine Mutter sein und in Wirklichkeit ist sie jetzt ein Tyrann.“
Laut Don Guidetti, wie auch Minutella, die Jorge Mario Bergoglio nicht als Papst anerkennen, war Benedikt XVI. bis zu seinem Tod der legitime Papst.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL