Von Erzbischof Carlo Maria Viganò*
Regnum eius regnum sempiternum est,
et omnes reges servient ei et obedient.
Es war einmal ein König. So begannen die Märchen, die wir als Kinder hörten, als die ideologische Indoktrination die Unschuld der Kinder noch nicht verdorben hatte und wir unbeschwert von Königen, Prinzen und Prinzessinnen sprechen konnten und es normal war zu glauben, daß es zumindest in der Welt der Märchen eine soziale Ordnung geben könnte, die nicht durch die Revolution untergraben wurde. Königreiche, Throne, Kronen, Ehre, Treue, Ritterlichkeit waren Referenzen, die über Zeit und Mode hinausgingen, gerade weil sie mit dem göttlichen Kosmos, mit der ewigen und unveränderlichen Hierarchie der himmlischen Ordnungen übereinstimmten.
Auch in den Gleichnissen, mit denen der Herr seine Jünger belehrte, gab es Könige, und er selbst bekannte sich vor Pilatus als König, der zum Spott mit einem Purpurmantel bekleidet, mit Dornen gekrönt und mit einem Rohr statt eines Zepters ausgestattet wurde. Als König verhöhnten ihn die Schurken, und als König wurde er vom Statthalter von Judäa anerkannt, indem dieser die Tafel am Kreuz anbringen ließ, auf der der Grund für sein Todesurteil stand: Jesus Nazarenus Rex Judæorum. Der Sanhedrin wollte diese Inschrift korrigieren: Man solle nicht schreiben: ‚Der König der Juden‘, sondern: ‚Er sagte: Ich bin der König der Juden‘ (Joh 19,21). Und auch heute noch gibt es Menschen, die unserem Herrn diesen Titel, der seine Feinde so sehr beunruhigt, wegen all seiner Bedeutung absprechen wollen. Aber in dem Augenblick, in dem die Gottlosen das Joch Christi abschütteln und sich offen gegen seine souveräne Autorität auflehnen, sind sie gezwungen, diese Lücke zu füllen, so wie jene, die den wahren Gott leugnen, schließlich Götzen anbeten. Pilatus sagte zu den Juden: „Seht euren König!“ Aber sie schrien: „Hinweg! Hinweg! Kreuzige ihn!“ Pilatus sagte zu ihnen: „Soll ich euren König kreuzigen?“ Die Hohenpriester antworteten: „Wir haben keinen König außer dem Kaiser“ (Joh 19,15). Es ist sehr traurig zu sehen, wie fehlgeleitete Gemüter, um eine offensichtliche und heilsame Realität nicht anzuerkennen, es vorziehen, sich zu Sklaven einer weitaus minderwertigeren Macht, wie der des Staates, ja sogar einer Besatzungsmacht zu machen. Andererseits sind sogar diejenigen, die Satan dienen, bereit, dem Antichristen als König zu dienen und seine Herrschaft anzuerkennen, deren unheilvolles Vorspiel die Neue Weltordnung ist. Aber ist es nicht letztlich das, was wir jedes Mal tun, wenn wir Gott ungehorsam sind? Verleugnen wir nicht jenen, der sie durch göttliches Recht und Eroberung innehat, diese universelle und absolute Herrschaft, und schreiben sie dann den Geschöpfen zu oder reißen sie selbst an uns? Setzen wir uns nicht selbst als oberste Gesetzgeber ein, wenn wir behaupten, uns an die Stelle dessen zu setzen, der auf dem Sinai die Gesetzestafeln an Mose übergab? Haben nicht unsere Vorfahren dasselbe getan, als sie auf die Schmeicheleien der Schlange hörten und das Gebot des Herrn brachen, indem sie von der Frucht des Baumes aßen? Oder die Hebräer in der Wüste, als sie das goldene Kalb verehrten?
Die königliche Macht ist untrennbar mit der Göttlichkeit verbunden: Die Könige Israels und die Herrscher der katholischen Völker betrachteten sich als Stellvertreter Gottes, ausgestattet mit heiliger Macht, die in einem fast sakramentalen Ritus verliehen wurde. Die Ausübung der königlichen Autorität – und der Regierung im allgemeinen – muß daher mit dem Willen Gottes selbst übereinstimmen, von dem sie ausgeht. Diese Kohärenz impliziert die Anerkennung der höchsten Macht Gottes durch die öffentliche Gewalt und die Verpflichtung, die Gesetze des Staates mit dem natürlichen und göttlichen Recht in Einklang zu bringen. Wer glaubt, er könne die Macht der Obrigkeit – sei sie weltlich oder kirchlich – zu einem anderen oder gar entgegengesetzten Zweck gebrauchen als dem, zu dem die Obrigkeit von Gott eingesetzt worden ist, macht sich etwas vor, und sein Schicksal wird sich nicht von dem unterscheiden, das die Vorsehung für Tyrannen und gegen den göttlichen Willen rebellierende Herrscher vorgesehen hat.
Dies gilt nicht nur für die weltliche Macht, sondern auch und vor allem für die geistliche Macht, die aufgrund der hierarchischen Überordnung ihrer Ziele der weltlichen Macht inhärent überlegen ist, und gerade deshalb müssen sich ihre Inhaber noch treuer an das halten, was Gott gelehrt und angeordnet hat. Und wenn es schon ein Widerspruch in sich ist, daß die Autoritätspersonen in ihrem Privatleben nicht nach den Grundsätzen des Glaubens und der Moral handeln, so ist es ganz und gar unerhört, daß sich dieser Widerspruch auf die Ausübung der Autorität selbst erstreckt.
Deshalb sind die Schandflecke des persönlichen Verhaltens eines Alexander VI. unvergleichlich weniger schwerwiegend als die eines Papstes, der zwar ein unbelastetes Leben führt, aber Regierungshandlungen begeht, die dem Zweck des Papsttums zuwiderlaufen.
Und heute müssen wir uns auch mit der Realität eines „Papsttums“ abfinden, in dem die persönlichen Skandale von Jorge Mario Bergoglio sogar von denen überschattet werden, die er kraft der ihm – zumindest vorübergehend – verliehenen Autorität begeht.
Der Herr, der ein eifersüchtiger Gott ist (Ex 20,5), will über sein Volk herrschen, und er übt diese Herrschaft durch seine Vikare in weltlichen und geistlichen Angelegenheiten aus. Er hat gewollt, daß seine Kirche monarchisch ist, nicht damit der Papst entscheiden kann, was er will, sondern damit er als Christi Vicarius und Servus servorum Dei handeln kann, damit es der einzige Hohe und Ewige Priester, der Mittler zwischen Gott und den Menschen, der universale König und Herr ist, der durch ihn regiert.
Eine demokratische Kirche ist nicht nur eine theologische Verirrung und ein eklatanter Verstoß gegen die vom Herrn gewollte hierarchische Struktur, sie ist auch ein Unsinn, der von ihren Befürwortern selbst geleugnet wird, da sie auf der falschen Prämisse beruht, daß es möglich sei, Autorität außerhalb des Guten auszuüben und sie in Tyrannei zu verwandeln. Die kirchliche und die weltliche Autorität sind durch göttliches Dekret Ausdruck der höchsten, absoluten und universalen Herrschaft Christi, cuius regni non erit finis. Allzu oft vergessen wir, daß der Herr nicht Gott ist, wenn er von allen gewählt wird. Dominus regnavit, decorem indutus est (Ps 92,1). Der Herr regiert über das ganze Universum: Er hat sich mit Majestät bekleidet. Die Heilige Schrift verwendet hier eine verbale Form, mit der sie die Ewigkeit, Vollkommenheit und Endgültigkeit des Reiches Christi ausdrückt.
Regnum meum non est de hoc mundo (Joh 18,36): Diese Worte unseres Herrn an Pilatus sind nicht in der Bedeutung zu verstehen, die Häretiker und Modernisten ihnen zu geben pflegen, nämlich daß Jesus Christus keine Autorität über die Regierung der Nationen beansprucht und daß er ihnen alle Freiheit läßt, Gesetze zu erlassen, wie es den Irrtümern des Säkularismus und des Liberalismus entspricht. Im Gegenteil, gerade weil das Reich Christi nicht von einer irdischen Macht ausgeht, ist es ewig und universal, total und absolut, direkt und unmittelbar. Ego vici mundum, beruhigt uns der Herr. Daher ist die Welt nicht nur nicht der Ursprung seiner Autorität, sondern sie ist ihr Feind in dem Augenblick, in dem sie sie aufgibt, um dem Princeps mundi huius zu dienen, der eben ein Fürst ist, der ebenfalls hierarchisch der höchsten Macht Gottes unterworfen ist, die ihn nur zum höheren Wohl handeln läßt.
Ich habe die Welt besiegt bedeutet also, daß die Welt, so sehr sie sich auch einbildet, die Pläne der Vorsehung durchkreuzen und das Wirken der Gnade verhindern zu können, nichts gegen den Einen ausrichten kann, der sie bereits besiegt hat. Dieser totale und unumkehrbare Sieg wurde durch das Kreuz, ein Zeichen der den Sklaven vorbehaltenen Schande, mit dem Leiden und Sterben des Erlösers im Gehorsam gegenüber dem Vater vollendet. Regnavit a ligno Deus. Das Kreuz ist der Thron der Herrlichkeit, denn durch dieses Kreuz hat Christus uns erlöst, d. h. aus der Sklaverei des Satans befreit.
Heute sind der Staat und die Kirche Geiseln der Feinde Gottes, und ihre Autorität wird von kriminellen Subversiven und Abtrünnigen usurpiert, die arrogant ihre Entschlossenheit zum Bösen und ihre Abneigung gegen das Gesetz des Herrn zur Schau stellen. Der Verrat der Machthaber und der Abfall der Hierarchie sind die Strafe, die wir für unseren Ungehorsam gegenüber Gott verdienen.
Doch während sie zerstören, haben wir die Freude und Ehre, wieder aufzubauen. Ein noch größeres Glück: Eine neue Generation von Priestern und Laien beteiligt sich eifrig an diesem Werk des Wiederaufbaus der Kirche zum Heil der Seelen, und sie tun dies im Bewußtsein ihrer eigenen Schwächen, lassen sich aber von Gott als gefügige Werkzeuge in seinen Händen benutzen. Hilfreiche Hände, starke Hände, Hände des Allmächtigen. Unsere Schwäche hebt das Werk des Herrn noch mehr hervor, vor allem wenn diese menschliche Schwäche von Demut begleitet wird. Diese Demut muß uns dazu führen, instaurare omnia in Christo, ausgehend vom Herzen des Glaubens, das die Heilige Messe ist. Kehren wir also zu jener Liturgie zurück, die unserem Herrn seinen absoluten Vorrang einräumt.
Wenn unser Herr Jesus Christus durch Erbrecht (weil er von königlichem Geschlecht ist), durch göttliches Recht (aufgrund der hypostatischen Vereinigung) und durch Recht des Erringens (weil er uns durch sein Opfer am Kreuz erlöst hat) König ist, dürfen wir nicht vergessen, daß der göttliche Souverän nach den Plänen der göttlichen Vorsehung seine eigene erhabene Mutter, die heiligste Maria, als unsere Frau und Königin an seine Seite gestellt hat. Es kann kein Königtum Christi ohne das süße und mütterliche Königtum Mariens geben, die, wie uns der heilige Ludwig Maria Grignon de Montfort erinnert, unsere Mittlerin am Thron der Majestät ihres Sohnes ist, als Königin, die am Thron des Königs Fürsprache einlegt. Regina, Mater misericordiæ, Spes nostra, Advocata nostra.
Die Voraussetzung für den Triumph des göttlichen Königs in der Gesellschaft und in den Völkern ist, daß er bereits in unseren Herzen, in unseren Seelen, in unseren Familien, in unseren Gemeinschaften regiert. So möge Christus in uns herrschen und mit Ihm seine heiligste Mutter. Adveniat regnum tuum: adveniat per Mariam.
Und so sei es.
*Msgr. Carlo Maria Viganò, 1968 zum Priester geweiht, von 1972–2016 im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls, zuletzt als Apostolischer Nuntius in den USA, gehört seit dem McCarrick-Skandal zu den schärfsten Kritikern des derzeitigen Pontifikats.
Bild: Wikicommons
Einen solchen Kommentar habe ich schon vor einigen Jahren ganz in Kürze geschrieben…
Zitat “ er ist das Schlimmste was uns seit Alexander VI passiert ist .… etc“
Aber wir müssen für ihn und unsere Kirche ständig beten