
Seit 15 Jahren steht der Schweizer Kardinal Kurt Koch dem Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen vor, einer römischen Kurienbehörde, die bis 2022 Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen hieß. Im Interview mit Katholisch.de, dem Nachrichtenportal der Deutschen Bischofskonferenz, zieht der heute 75jährige eine Bilanz zu Fortschritten und Herausforderungen im ökumenischen Dialog. Zugleich betonte der Kardinal, daß die Einheit der Christen kein bloßes Wunschdenken, sondern göttlicher Wille sei. Vor allem gab er Interessantes im Verhältnis zu den Ostkirchen preis, das erkennen läßt, wie sehr Papst Franziskus dieses Verhältnis belastet hat.
Koch macht in dem Interview deutlich, daß die Einheit der Christen kein optionales Ziel, sondern eine Notwendigkeit ist. Er verweist auf das hohepriesterliche Gebet Jesu im Johannesevangelium, in dem Christus darum bittet, daß alle eins seien. Dieser göttliche Auftrag sei alternativlos und bleibe der Kompaß für die Arbeit seines Dikasteriums.
Die tägliche Arbeit seines Amtes beschreibt Koch als „Dialog der Wahrheit“ und „Dialog der Liebe“. Es gehe darum, theologische Differenzen zu verstehen und, wo möglich, zu überwinden – jedoch stets im Geist gegenseitiger Wertschätzung. Ohne freundschaftliche Beziehungen, so Koch, könne ein fruchtbarer theologischer Austausch nicht gelingen.
Zur Ökumene unter dem neuen Papst Leo XIV. sieht Koch eine klare Kontinuität mit seinen Vorgängern. Besonders hebt er das bischöfliche Leitwort Leos hervor: „In illo uno unum“ – eine christozentrische Vision, die Vielfalt und Einheit in Christus miteinander verbindet. Diese Haltung stärke auch die ökumenischen Bemühungen des Vatikans, so Koch.
Trotz vieler Erfolge gibt es auch ernüchternde Erkenntnisse. Die größte Schwierigkeit sieht Kardinal Koch darin, daß es bislang keine gemeinsame Definition von „Einheit“ gebe. Während die katholische Kirche eine Rückbesinnung auf den apostolischen Glauben und die sakramentale Einheit anstrebt, verstehen viele Denominationen der Reformation Einheit mehr als gegenseitige Anerkennung pluraler kirchlicher Strukturen. Hier gebe es weiterhin Gesprächsbedarf, so der Purpurträger.
Besondere Fortschritte sieht der Kardinal im Gespräch mit den orthodoxen Kirchen. Ein Meilenstein sei die Versammlung von Ravenna 2007 gewesen, bei der eine Einigung über das Zusammenspiel von Synodalität und Primat erreicht worden sei. Daraus entstand zuletzt das Dokument „Der Bischof von Rom“, das Vorschläge macht, wie das Papstamt künftig im Dienst der Einheit stehen könnte. Dieses wurde weltweit an andere Kirchen gesendet – nun wartet man auf deren Rückmeldungen.
Doch dann gibt er Interessantes preis. Auf die Frage, wie es aktuell um die Beziehungen zu verschiedenen Ostkirchen stehe, die das Dokument Fiducia supplicans ablehnen, mit dem das Glaubensdikasterium unter Franziskus Homo-Segnungen einführte, antwortete Kardinal Koch:
„Im vergangenen Jahr hatten wir eine Dialog-Versammlung mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen hier in Rom. Wir wollten das 20jährige Jubiläum des Dialogs feiern und inhaltlich über Maria reden. Aber die Orientalisch-Orthodoxen wollten nur über Fiducia supplicans diskutieren. Sie waren davon überzeugt, daß sie den Dialog nicht weiterführen können, wenn die katholische Kirche so etwas lehrt. In diesem Jahr hatten wir getrennte Sitzungen, die Orientalen blieben unter sich und wir unter uns, um zu schauen, wie es weitergehen kann. Ich bin davon überzeugt, daß der Dialog im nächsten Jahr wieder aufgenommen werden kann.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Katholisch.de (Screenshot)
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