
Dieser Teil schließt unmittelbar an den 2. Teil vom 16. Juli an und beschließt die Serie. –
Von Wolfram Schrems*
Abseits vom Thema der „Heterodoxie“ müssen wir auf eine evidente Schwäche des Verfassungsschutzberichtes zu sprechen kommen. Es geht um die Bewertung der Lage in Syrien. Diese ist geradezu kraß falsch. Man fragt sich daher, ob auch sonstige Fehleinschätzungen vorliegen.
Inkompetenz oder Irreführung?
Auf S. 86 schreibt der Verfassungsschutzbericht (wie gesagt, Stand 2024) über die Lage in Syrien tatsächlich:
„Die aktuelle politische Neuordnung staatlicher Strukturen [also im Zusammenhang mit dem letztlich erfolgreichen, von außen gelenkten Putsch gegen den legitimen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, Anm.] lässt die Vielzahl unterschiedlicher Volksgruppen und religiöser Minderheiten (wie etwa Kurden, Alawiten, Armenier, Aramäer, Christen, Jesiden, Schiiten) auf Freiheit und Sicherheit hoffen.“
Entweder der österreichische Verfassungsschutz ist grotesk inkompetent. Oder aber er führt die Öffentlichkeit bewußt in die Irre. Warum er das tun sollte, läßt sich wohl mit dem Hinweis auf geopolitische Interessen derjenigen, die Präsident Assad beseitigten, beantworten. Offenbar mußte auch Österreich in den Chor der Freunde des regime change einstimmen und daher aus geopolitischen Gründen diese Irreführung in den Verfassungsschutzbericht einbauen. Im Berichtsjahr 2024 muß allen Beobachtern wirklich klar gewesen sein, daß eine Machtergreifung der „gemäßigten Rebellen“, wie sie im Blätterwald meist liebevoll genannt wurden, nur desaströse Folgen für die Minderheiten nach sich ziehen würde. Das war eigentlich schon im Frühjahr 2011 klar, als die Kampagne gegen Assad begann.
Mittlerweile sind die desaströsen Folgen eingetreten, wahrhaftig nicht „Freiheit und Sicherheit“.
Im übrigen haben die Verfasser des Berichts vergessen die Drusen zu erwähnen. Diese stehen nach aktuellen Medienberichten (per 20.07.2025), soweit man das als Außenstehender verstehen kann, besonders unter Druck von Beduinen und offenbar auch der Regierung.

Nicht zu vergessen ist auch, daß Israel seit Dezember in Syrien bombardiert. Israel ist höchstwahrscheinlich per Yinon-Plan Treiber von regime change und Destabilisierung der Staaten in der Region. –
Wir stellen uns jedenfalls die Frage, warum die vielen, offiziell vor Assad geflohenen Syrer nun nicht in ihre Heimat zurückkehren. Es ist ohne weiteres erkennbar, daß hier ein gewaltiges Risikopotential existiert. In Wien sind seit 2011 die radikal-sunnitischen grün-weiß-schwarzen Fahnen mit den drei roten Sternen aufdringlich allgegenwärtig, bei Kundgebungen und als Accessoire im Alltag, etwa auf Autorückspiegeln. Diese Leute haben nun doch das Regime, das sie auf den Straßen Wiens gefordert und ab Dezember des Vorjahres nach der erfolgreichen Beseitigung Assads gefeiert haben. Nichts steht somit einer Remigration im Wege. –
Noch ein anderes Thema muß angeschnitten werden, um die Objektivität des Verfassungsschutzberichtes zu hinterfragen. Für das Verständnis der Situation in Österreich ist die Verflechtung der Behörde mit der quasi-offiziellen linken Szene wichtig:
Verfassungsschutz – DÖW – Antifa
Was wir schon in der Reihe über den unsäglichen „Rechtsextremismusbericht“ angedeutet haben, wird auch in diesem Bericht klar: Die Behörde arbeitet per DÖW mit dem organisierten Antifantentum zusammen. Damit wird es wohl Informationsflüsse zwischen den Institutionen geben. Auf S. 199 wird etwa die penetrant besserwisserisch auftretende „Antisemitismus“-Erklärerin Isolde Vogel als Autorität auf ihrem Sektor genannt:
„Die geopolitischen Ursachen und Hintergründe des Konflikts erörterte [bei der Konferenz ‚Von Hamas bis ISKP: Aktuelle Herausforderungen und Bedrohungen durch islamistischen Extremismus und Terrorismus‘, am 11. und 12. März 2024, Anm.] in Wien Peter Neumann vom King’s College London in seinem Vortrag ‚Die neue Weltunordnung: Überforderte USA, machtloses Europa?‘. Anschließend widmete sich Rüdiger Lohlker vom Institut für Orientalistik der Universität Wien wieder den möglichen Auswirkungen des 7. Oktobers und der Frage, ob uns ‚eine neue Welle des Dschihadismus bevorsteht‘. Den Abschluss des ersten Veranstaltungstages machte Isolde Vogel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes mit ihrem Vortrag zum Thema ‚Antisemitismus – links, rechts, islamistisch‘.“
Isolde Vogel war eine der Interviewpartnerinnen in der mit dem idiotischen Titel „Konformistische Rebellen“ versehenen „Dokumentation“ des neutral benannten, aber weit linksstehenden Presseservice Wien über die Proteste gegen den Corona-Wahnsinn. Die anderen Interviewpartner waren fast alles linke Aktivisten, wie wir sie von Medienberichten, Demonstrationen und Gegendemonstrationen zur Genüge kennen. Diese Frau Vogel, die offenbar bestens im linken Milieu vernetzt ist, wird nun als Gewährsperson im Verfassungsschutzbericht genannt.
Kann man ausschließen, daß sensible Daten von Regimekritikern im „Antifa“-Milieu landen?
Weil wir schon bei der prominenten „Antisemitismus“-Erklärerin sind:
Überall „Antisemiten“?
Überhaupt ist der „Antisemitismus“ in dem Bericht allgegenwärtig. An dreiundfünfzig Stellen in dem 209 Seiten starken Dokument kommt er als Hauptwort oder Adjektiv vor:
„Ein besonderes Augenmerk gilt dem Antisemitismus, dessen massiver Anstieg nicht nur eine Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft darstellt, sondern auch die gesellschaftliche Stabilität Österreichs gefährdet. Dieser Konflikt hat das Potenzial, innerhalb der Gesellschaft zu polarisieren und radikale Ideologien zu befeuern. Insbesondere junge Menschen, die sich mit dem Konflikt identifizieren oder sich von ihm betroffen fühlen, können anfällig für radikale Ideologien und extremistische Ansprache werden. Die sozialen Medien verstärken diese Tendenzen, indem sie die Verbreitung extremistischer Inhalte und Narrative erleichtern“ (204).
So, so.
Wie wir alle wissen, ist „Antisemitismus“ analog zum „Rechtsextremismus“ durch maßlose Überdehnung und exzessiven Gebrauch so gut wie bedeutungslos geworden.
Daß bei diesem ominösen „Antisemitismus“ ein „massiver Anstieg“ zu verzeichnen sei, hört der politisch interessierte Beobachter seit vielen Jahren, in diesem Fall seit 1988, dem 50. Gedenkjahr des „Anschlusses“. Er fragt daher nach dem Tatsachensubstrat dieser Aussage – und nach ihrer politischen und agitatorischen Opportunität. Wem nützt diese ständige Alarmstimmung bezüglich des „Antisemitismus“?
Warum nennt der Bericht nicht die verbalen und physischen Anfeindungen gegen Katholiken und andere Christen durch linke Demonstranten oder islamische „Migranten“? Warum werden die Angriffe auf Kirchen, Beschädigungen und Schmierereien, nicht thematisiert? Da Katholiken immer noch die Mehrheit in Österreich stellen: Warum gefährden Angriffe gegen Katholiken nicht die „gesellschaftliche Stabilität Österreichs“?
Schlußfolgerungen
Es ist erstens aufschlußreich, daß der österreichische Staatsschutz einen theologischen Begriff zur Markierung vermeintlicher Extremisten heranzieht. „Heterodox“ bezeichnet, wie schon gesagt, das Gegenteil von „orthodox“. Letzteres heißt „rechtgläubig“, ersteres „andersgläubig“ im Sinn von „falschgläubig“, „häretisch“ oder eben „ketzerisch“. Mit dieser Wortwahl wird eingestanden, daß der Verfassungsschutz eine Doktrin mit quasi-religiösem, also pseudoreligiösem Charakter schützt. Diese Doktrin umfaßt, folgt man dem Bericht, die kritiklose Zustimmung zu Impfungen, einschließlich der neuartigen und oft tödlichen mRNA-Genmanipulationen (die bekanntlich keine klassischen Impfungen sind), die Zustimmung zur Abtreibung (gegen den Wortlaut des §96 StGB), die Zustimmung zum offiziellen „Klimawandel“-Narrativ, sowie – wie schon erwähnt – die Zustimmung zu den Elaboraten der „etablierten Medienhäuser“ (42).
Es gibt zweitens keine behördliche „Neutralität“. Polizeiliches, auch staatspolizeiliches Handeln wird von politischen Vorgaben bestimmt. Die politischen Machthaber richten sich an weltanschaulichen Vorentscheidungen, also Axiomen aus, die ihrerseits bekenntnishaften Charakter haben und daher nicht „neutral“ sind.1 Manchmal werden die Axiome auch von Mächtigen oktroyiert.
Drittens baut der Staatsschutz einen Strohmann auf, wenn er von „staatsfeindlichen“ Gruppen im Zusammenhang mit der Corona-Inszenierung spricht. Unter autochthonen Österreichern gibt es, wenn überhaupt, vermutlich nur eine winzige Minderheit, die den Staat Österreich ablehnt – der seinerseits nach der ohne Volksabstimmung durchgeführte Unterzeichnung des Lissabon-Vertrages möglicherweise ohnehin gar nicht mehr als souveräner Staat existiert (was Staatsrechtler darlegen müßten).
Viertens ist es gut und richtig, wenn der Staatsschutz den Einfluß des Auslands analysiert (Spionage, Desinformation, hybride Kriegsführung, Beeinflussung von Politikern u. a.). Im Bericht genannt werden Rußland, China, Nordkorea und Iran (ab S. 107). Warum gibt es aber kein Kapitel beispielsweise über den Einfluß der USA oder Großbritanniens, oder islamischer Organisationen und Staaten wie Saudi-Arabien? Gibt es einen Einfluß der türkischen Regierung? Wie sieht es mit dem Einfluß Israels aus? Die Frage stellt sich auch deswegen, weil beispielsweise die Regierung am 14. Mai 2021 die israelische Flagge auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium „als Zeichen der Solidarität“ aufzog. Sozialdemokratische Abgeordnete fragten damals den Außenminister u. a. an, ob es eine Aufforderung von Seiten der israelischen Regierung gab, diesen Schritt zu setzen. Im Oktober 2023 wurde noch einmal die israelische Flagge gehißt, um Solidarität mit Israel angesichts des Hamas-Angriffs zu demonstrieren – oder vielleicht demonstrieren zu müssen. Wir wissen es nicht. Sinnbildlich für den Einfluß Israels ist diese Geste so und anders.2
Offensichtlich gibt es also nach dem Verfassungsschutzbericht auch eine vorgeschriebene „Orthodoxie“ in der Bewertung maßgeblicher Staaten. –
Resümee
Wo nicht der wahre Glaube in Staat und Politik herrscht, herrscht der Wahnsinn.
*Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, Pro Lifer, Organisator und Teilnehmer an zahlreichen Kundgebungen für den Lebensschutz, für den Familienschutz und gegen die Corona-Diktatur
Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-P046279 / Weinrother, Carl / CC-BY-SA 3.0
1 Daß die staatliche Autorität de facto eine Pseudoreligion vertritt, erkennt man ohne weiteres auch an dem Ende Juni veröffentlichten „Sektenbericht“ der beim Bundeskanzleramt angesiedelten Bundesstelle für Sektenfragen für das Jahr 2024. Dort geht es weniger um Sekten als um – wenig überraschend – „Antisemitismus“, „Verschwörungstheorien“ im Zusammenhang mit Corona und – das in Österreich grundsätzlich erlaubte, aber offenbar politisch zunehmend unerwünschte – Homeschooling. Hier wird eine totalitäre Entwicklung im Zuge einer neuen „Orthodoxie“ vorbereitet.
2 Da „Antisemitismus“ überproportional prominent im Bericht beklagt wird, wird man entsprechende Interventionen vermuten müssen, zumal Forward über die um das zwanzigfache (!) ausgeweiteten Propaganda-Maßnahmen („Hasbara“ genannt, also wörtlich „Erklärung“) schreibt.