
Von einer Katholikin
Es gibt einen Ort in Assisi, den ich besonders gerne aufsuche: die Stelle neben der Portiuncula-Kapelle, wo der heilige Franziskus starb, auf dem nackten Boden und ohne Kleider, bereit, nackt und bloß wie ein Neugeborenes im Himmel ein zweites Mal geboren zu werden. So ging er hinüber zum Vater, Franziskus, der Heilige, der die Armut lebte und die Bescheidenheit, ohne dafür die Anerkennung der Welt zu suchen.
Ich dachte in diesem Jahr ganz besonders auch an den verstorbenen Papst, der den Namen des Heiligen gewählt hatte. Nein, eine Mozetta allein und eine Stola der vier Evangelisten machen noch keinen guten Papst. Keine Mozetta und keine Stola allerdings auch nicht. „Der Karneval ist vorbei“, soll er bei seiner ersten Einkleidung nach der Wahl gesagt haben, Zeichen einer Bescheidenheit, die den Beifall der Welt fand und sich zunehmend von der Demut des heiligen Namensgebers entfernte. Man lobte den Papst und er pflegte das Image des Papstes der Armen und Ausgegrenzten; die Medien vervielfältigten das Bild, das kleine Auto, der Verzicht auf Paläste, die schlichte Kleidung. Franziskus‘ Schlichtheitsvorgabe reichte schließlich über seinen Tod hinaus:
Das Grabmal muß in der Erde sein, schlicht, ohne besondere Verzierungen und mit der einzigen Inschrift: Franciscus
Franciscus – sonst nichts. Eben betont schlicht. Ohne Papst. Nur seinen Namen im Mittelpunkt wollte der verstorbene Papst auf seinem schmucklosen Erdgrab stehen haben. Und nur dieser Schriftzug und die vergrößerte Nachbildung seines Brustkreuzes werden durch einen Lichtspot von oben besonders hervorgehoben. Der heilige Franziskus und Franziskus, der Papst – dieses Bild pflegte der Pontifex seit seiner programmatischen Namenswahl und hob sich medial sichtbar (und wirksam) ab von einer „prunksüchtigen“ Kirche, über die er sich lustig machte. Daß die Erstellung des Erd-Grabes am von ihm gewünschten Ort in der Basilika Santa Maria Maggiore kein leichtes war und das „bescheidene“ Grabmal im modernen schlichten Design auffällig unauffällig ist, ist eine ganz andere Sache.
Der Papst und der Heilige
Wer den von den vatikanischen Kommunikationsstrategen beim Filmemacher Wim Wenders in Auftrag gegebenen und 2018 erschienenen Film mit Papst Franziskus kennt, weiß, wie meisterhaft Wenders das päpstliche Selbstbild in Bilder faßt, indem er den heiligen Franziskus, den „Poverello“ aus Assisi, als heiliges Vorbild von Papst Franziskus dramaturgisch geschickt und bildsprachensicher gleich zu Filmbeginn in Szene setzt.
Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes.

damals Krankenzimmer der Brüder
Die Welt braucht Hoffnung.
Wer wollte dem widersprechen!
Wer wollte widersprechen, wenn einer von Gerechtigkeit spricht, von Brüderlichkeit, von der Liebe?
Wenn einer die Armut beim Namen nennt, die Ausbeutung von Mensch und Natur anprangert?
Wer wollte widersprechen, wenn einer an die Verantwortung eines jeden unter uns für die Schöpfung appelliert?
Wenn einer von der Notwendigkeit des Friedens spricht?
Doch der Film wirft brennende Fragen auf, die das gesamte Pontifikat durchzogen:
Warum bediente Papst Franziskus das Narrativ vom menschengemachten Klimawandel und goß Wasser auf die Mühlen der Klimaschutzersatzreligion?
Warum sagte er nicht, daß die Vielfalt der Religionen keinesfalls gottgewollt ist, daß es nur eine Wahrheit gibt und die Hoffnung für die Welt einzig in der Heilsoffenbarung unseres Herrn Jesus Christus liegt?
Warum sagte er nicht ohne interreligiöses Wenn und Aber, daß unser dreifaltiger Gott im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist nicht der Allah der Muslime ist, sondern der einzig wahre Gott?
Der heilige Franziskus, der die Wundmale unseres Herrn trug, hätte sein Leben als Märtyrer für den einen wahren Glauben gegeben. Er ist keine moderne interreligiöse Ikone im Geiste des unsäglichen Dokuments von Abu Dhabi über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt, das allen gottgewollten Religionen „wahre Lehren“ zuschreibt. Sein Glaube und seine Liebe zu Jesus Christus ließen den umbrischen Heiligen als Mann des Friedens zu den Muslimen gehen, um zu versuchen, deren Sultan im Gespräch zum Glauben an die Botschaft des Evangeliums zu bekehren. Er ist Vorbild als friedfertiger Verkünder der Hoffnung in Jesus Christus, dessen himmlisches Reich durch Seinen Opfertod schon unter uns angebrochen ist und dessen Wiederkunft wir erwarten.
Wenn Wim Wenders, der überzeugte Protestant, der sich selbst als einen ökumenischen Christen bezeichnet, in einem Interview zum Film seinen Wunsch ausdrückt, der Zuschauer möge „mit einem Gefühl der Hoffnung aus dem Film gehen und mit einer Erinnerung an die Utopie von einer besseren Welt, die wir alle in uns tragen“, zeigt das doch, wie bedenklich die Stilisierung eines Papstes zum politischen Poverello und Fratello aller war, an den man meinte, weltliche Erwartungen herantragen zu können, weil er Jesu Botschaft im politischen Gewand revolutionärer Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit daherkommen ließ.
Doch Christi Stellvertreter auf Erden muß immer an allererster Stelle auf die Verkündigung des Evangeliums und auf das Seelenheil der ihm anvertrauten Herde bedacht sein. Jesus kam nicht als politischer Heilsbringer, aber auch nicht als pastoral bewegter Barmherzigkeitssoftie, der die Sünde weich- und wegspülte. Hier verkennt der Mensch, daß er ohne Rückbindung an die unverfälschte Lehre der Kirche und die Verheißung des Reiches Gottes allenfalls politischen Utopien oder menschlichen Heilsgestalten anhängt, die noch nie in der Geschichte zum Heil führten,
Franziskus und sein Erbe
Medien und Synodalkirchler loben seine Reformanstöße als Wegbereiter für eine „neue“ Kirche. Und hat er nicht auch viel Gutes getan? Hat er. Er konnte auch das sein: den Menschen zugewandt, besonders den Armen, ein Lebensschützer, ein Marienverehrer. Vom heiligen Franziskus war er sicher ehrlich beeindruckt und den Glauben sollte man ihm nicht absprechen. Seine letzte Enzyklika Dilexit nos über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu ist ein Glaubenszeugnis.
Und doch wurde sein Pontifikat zu einer Bürde für die Kirche. Zu groß sind die gestiftete Verwirrung und Verunsicherung, zu groß ist die Angriffsfläche auf Tradition und Lehramt, die er geschaffen hat, um die Kirche unumkehrbar in seinem Sinne zu „reformieren“, zu groß sind die Verdrehungen der Lehre als Mittel zum Zweck der Umsetzung seiner eigenen politischen Agenda, zu groß sind die Verletzungen, die er unliebsamen Kardinälen und von ihm herabgewürdigten reformunwilligen „Indietristen“, Priestern wie Laien, zugefügt hat. Zu groß .… die Liste ist lang. Und sollte es stimmen, was derzeit über eine gezielte Manipulation von Befragungen zur überlieferten lateinischen Messe als Rechtfertigung für Traditionis custodes und den Feldzug gegen die alte Messe öffentlich wird … man mag gar nicht weiterdenken.
Es gibt geöffnete Türen, die der verstorbene Papst als problematisches Erbe hinterläßt und deren Durchschreiten das Seelenheil gefährdet. Die Erklärung Fiducia supplicans gehört dazu und sie zeitigt schlimme Folgen. Das jüngste Beispiel ist die haarsträubende Handreichung der Synodalversammlung des Synodalen Wegs der Deutschen Bischofskonferenz und des ZdK zur Segnung für Paare, die sich lieben, um „Paaren, die keine kirchlich-sakramentale Ehe eingehen wollen (sic!) oder denen eine solche nicht offensteht, Segensfeiern zu ermöglichen“. Zur Zielgruppe gehören auch „Geschiedene und Wiederverheiratete, Paare aller geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen“. Natürlich beruft man sich auf Fiducia supplicans und den „pastoralen Ansatz des Pontifikats von Papst Franziskus“.
„Franziskus, geh und stelle meine Kirche wieder her, die wie du siehst, ganz verfallen ist!“
So lautete der Auftrag Gottes an den heiligen Franziskus, den Benedikt XVI. in einer Generalaudienz betrachtet hat:
„Dieses schlichte Ereignis des Wortes des Herrn in der Kirche »San Damiano« birgt einen tiefen Symbolgehalt in sich. Unmittelbar ist der hl. Franz dazu berufen, dieses kleine Kirchlein wieder aufzubauen, doch der Verfallszustand dieses Gebäudes ist Symbol für die dramatische und beunruhigende Situation der Kirche selbst in jener Zeit: mit einem oberflächlichen Glauben, der das Leben weder formt noch verwandelt, mit einem wenig eifrigen Klerus, mit dem Erkalten der Liebe; eine innere Zerstörung der Kirche, die mit der Entstehung häretischer Bewegungen auch eine Zersetzung der Einheit mit sich bringt. (Hervorhebung durch die Autorin) Doch mitten in dieser im Verfall befindlichen Kirche steht der Gekreuzigte und spricht: Er ruft zur Erneuerung auf, er beruft Franziskus, mit seiner eigenen Hände Kraft konkret die kleine Kirche »San Damiano« wieder aufzubauen, Symbol für die tiefergehende Berufung, mit seiner Glaubensradikalität und mit seiner begeisterten Liebe zu Christus die Kirche Christi selbst zu erneuern.“
Wie sehr gleicht doch die Beschreibung der verfallenden Kirche dem, was wir heute erleben müssen! Damals berief Gott einen Franziskus zum Wiederaufbau. Bescheiden und im Geist des Gehorsams machte der Heilige aus Assisi sich ans Werk.
Die unbescheidene Bescheidenheit von Papst Franziskus bis in die letzten Sätze seines Testaments hinein befremdet hingegen:
„Jenen, die mich geliebt haben und die weiterhin für mich beten, möge der Herr den verdienten (sic!) Lohn geben. Das Leid, das ich im letzten Teil meines Lebens erfahren habe, habe ich dem Herrn für den Weltfrieden und die Geschwisterlichkeit unter den Völkern aufgeopfert.“
Für den Aufbau der Kirche war sein Handeln eher kontraproduktiv. Aber er war unser Papst. Vertrauen wir ihn betend der göttlichen Barmherzigkeit an. Wir haben den Herrn um einen geisterfüllten neuen Papst als Oberhaupt der einen heiligen, katholischen und apostolischen Kirche gebeten, dessen Prioritäten die eines missionarischen Verkünders des Reiches Gottes und der Wahrheit sind, die sich in den Lehren der Kirche ausdrückt.
Mögen wir ihn in Papst Leo XIV. bekommen haben. Auf seinen Schultern lastet viel. Er hat kein leichtes Erbe angetreten. Beten wir für ihn.
Bild: VaticanMedia/Autorin