Israels Botschaften löschten alle Beileidsbekundungen zum Tod von Papst Franziskus

Damnatio memoriae?


Alle Beileidsbekundungen der israelischen Botschaften zum Tod von Papst Franziskus wurden wieder gelöscht.
Alle Beileidsbekundungen der israelischen Botschaften zum Tod von Papst Franziskus wurden wieder gelöscht.

Isra­els Staats­füh­rung setzt auf eine eigen­ar­ti­ge Dam­na­tio memo­riae: Nach­dem am Oster­mon­tag, dem 21. April, vom Vati­kan der Tod von Papst Fran­zis­kus bekannt­ge­ge­ben wor­den war, ver­öf­fent­lich­ten die israe­li­schen Bot­schaf­ten auf X (vor­mals Twit­ter) eine offi­zi­el­le Bei­leids­be­kun­dung. Kur­ze Zeit spä­ter wur­de sie jedoch wie­der gelöscht. Die Hintergründe.

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Die Bei­leids­be­kun­dung hat­te gelautet: 

„Ruhe in Frie­den, Papst Fran­zis­kus. Möge sein Andenken ein Segen sein“.

Da die­se Bekun­dung in Rich­tung der katho­li­schen Kir­che und der 1,4 Mil­li­ar­den Katho­li­ken welt­weit von allen israe­li­schen Bot­schaf­ten gleich­zei­tig auf ihren jewei­li­gen X‑Kanälen ver­öf­fent­licht wur­de, han­del­te es sich um eine offi­zi­el­le Aus­sendung durch das israe­li­sche Außenministerium.

Doch weni­ge Stun­den nach der Ver­öf­fent­li­chung wies das Außen­mi­ni­ste­ri­um alle Bot­schaf­ten an, die Nach­richt zu löschen. Dazu ver­öf­fent­lich­te das Mini­ste­ri­um eine eige­ne Anwei­sung, in der alle diplo­ma­ti­schen Ver­tre­tun­gen welt­weit ange­wie­sen wur­den, alle Bei­trä­ge im Zusam­men­hang mit dem Tod des Pap­stes zu löschen und dies zu tun, ohne eine Erklä­rung abzugeben.

Zudem wur­den die israe­li­schen Diplo­ma­ten ange­wie­sen, sich in den päpst­li­chen Nun­tia­tu­ren aller Welt nicht in die dort nach diplo­ma­ti­scher Gepflo­gen­heit auf­ge­leg­ten Kon­do­lenz­bü­cher einzutragen.

Der Tod des katho­li­schen Kir­chen­ober­haup­tes soll­te ein­fach igno­riert wer­den. Jede Form der Anteil­nah­me, wie sie auf diplo­ma­ti­scher Ebe­ne üblich ist, habe zu unterbleiben.

Die­se Anwei­sun­gen des israe­li­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums mit Sitz in Jeru­sa­lem löste unter Isra­els Bot­schaf­tern, beson­ders in den katho­li­schen Län­dern, erheb­li­che Empö­rung aus, wie sie unter Isra­els Diplo­ma­ten höchst unge­wöhn­lich ist.

Eini­ge der Bot­schaf­ter brach­ten ihren Unmut in inter­nen Whats­App-Grup­pen des Außen­mi­ni­ste­ri­ums zum Aus­druck. Dar­in warn­ten sie, daß ein sol­cher Schritt dem Anse­hen Isra­els ern­sten Scha­den zufü­gen könn­te, ins­be­son­de­re unter den mehr als 1,4 Mil­li­ar­den Katho­li­ken welt­weit. Ein israe­li­scher Diplo­mat schrieb empört:

„Wir haben einen ein­fa­chen und unschul­di­gen Tweet gelöscht, in dem wir unser grund­sätz­li­ches Bei­leid zum Aus­druck brach­ten, offen­sicht­lich wegen der Kri­tik des Pap­stes an Isra­el wegen des Krie­ges in Gaza.“

Tat­säch­lich war Fran­zis­kus um eine Ein­stel­lung der Kampf­hand­lun­gen im Gaza­strei­fen und ins­ge­samt um Frie­den im Nahen Osten bemüht. Er ver­wei­ger­te im Nah­ost-Kon­flikt eben­so eine ein­sei­ti­ge Par­tei­nah­me, wie er sie im rus­sisch-ukrai­ni­schen Krieg ver­wei­ger­te. In den ver­gan­ge­nen Tagen äußer­ten sich auch ukrai­ni­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te auf sozia­len Netz­wer­ken spöt­tisch und her­ab­las­send über Fran­zis­kus, weil er die ukrai­ni­sche Posi­ti­on nicht vor­be­halt­los unterstützte.

Die Opferbilanz

Die Opfer­bi­lanz im Gaza-Kon­flikt ist erschreckend: Seit dem grau­sa­men Hamas-Angriff auf Isra­el am 7. Okto­ber 2023 wur­den mehr als 53.000 Men­schen getötet:

  • 2.060 getö­te­te Israe­lis, davon 1.294 Sol­da­ten und ande­re Sicher­heits­kräf­te, 695 Zivi­li­sten (beim Ter­ror­an­griff am 7. Okto­ber), dar­un­ter 20 Kin­der unter 15 Jahren.
  • 51.700 getö­te­te Palä­sti­nen­ser, davon laut palä­sti­nen­si­schen Anga­ben 10.000 Kämp­fer, laut israe­li­schen Anga­ben 20.000 Kämp­fer, je nach Anga­be, aber min­de­stens 31.000 Zivi­li­sten, davon mehr als 13.000 Kinder.

Die Telefongespräche

Was von den Medi­en kaum berich­tet wur­de, aber einer der Grün­de für die Löschungs-Akti­on des israe­li­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums sein dürf­te: Papst Fran­zis­kus tele­fo­nier­te bis zu sei­nem Tod jeden Abend mit Kin­dern im Gaza-Streifen.

Das erste Tele­fo­nat führ­te er am 9. Okto­ber 2023, zwei Tage nach dem Hamas-Angriff und am zwei­ten Tag der am 8. Okto­ber ein­set­zen­den mas­si­ven israe­li­schen Luft­an­grif­fe und der voll­stän­di­gen Blocka­de des Gazastreifens. 

Fran­zis­kus tele­fo­nier­te mit der ein­zi­gen katho­li­schen Pfar­rei des klei­nen Land­strei­fens am Mit­tel­meer, der Pfar­rei zur Hei­li­gen Fami­lie in Gaza-Stadt. Gelei­tet wird die Pfar­rei von dem argen­ti­ni­schen Prie­ster Don Gabri­el Roma­nel­li. Sein Vikar Yus­uf Asad stammt aus Ägyp­ten. Zudem befin­det sich noch die eben­falls aus Ägyp­ten stam­men­de Ordens­frau Sr. Nabi­la Saleh dort. Sie gehört der 1880 unter ara­bi­schen Katho­li­ken gegrün­de­ten Kon­gre­ga­ti­on der Rosen­kranz­schwe­stern von Jeru­sa­lem an. Grün­de­rin des Ordens ist Mut­ter Marie-Alphon­si­ne Danil Ghat­tas, eine christ­li­che Ara­be­rin aus Palä­sti­na, die in Jeru­sa­lem gebo­ren wurde.

Die Tele­fon­ge­sprä­che von Fran­zis­kus erfolg­ten in der Regel um 19 Uhr abends. Der Papst erkun­dig­te sich nach dem Befin­den der klei­nen katho­li­schen Gemein­de. In die Gesprä­che wur­den neben den Prie­stern und der Ordens­frau auch ande­re Pfarr­an­ge­hö­ri­ge und vor allem die Kin­der ein­be­zo­gen. Zum Abschluß spen­de­te ihnen Fran­zis­kus immer den Segen. Auch wäh­rend sei­nes Auf­ent­hal­tes in der Gemel­li-Kli­nik setz­te Fran­zis­kus die Anru­fe fort, um sei­ne Ver­bun­den­heit mit der lei­ten­den Pfar­rei in Gaza zu bekun­den. Die katho­li­schen Kin­der nann­ten den Fran­zis­kus ver­trau­ens­voll Sido al-Baba, „Opa Papst“.

Die Tele­fon­an­ru­fe erfolg­ten bis zu sei­nem Tod.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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4 Kommentare

  1. J.M.Bergoglio wört­lich in sei­nem Buch: „Nach Ansicht eini­ger Exper­ten weist das Gesche­hen in Gaza die Merk­ma­le eines Völ­ker­mords auf“.
    Die­ser offe­ne oder impli­zi­te Vor­wurf hat sicher­lich zum jet­zi­gen Ver­hal­ten Isra­els ent­schei­dend bei­getra­gen. Das ist ver­ständ­lich. Die Hamas nimmt bis heu­te ihre eige­nen Lands­leu­te in Gei­sel­haft, nicht nur die israe­li­schen Gefangenen.

  2. 7. Okto­ber 2023
    Wenn der Ueber­fall auf Isra­el und Juden am 7.10.23 dem Her­ren Fran­zis­kus kein Wort wert war -
    ist auch jetzt wirk­lich kei­ne Andeu­tung von Israe­li­scher Sei­te not­wen­dig zum 20. April 2025

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