Vatikan bestätigt Enthüllungen zu Traditionis custodes

Dokumentenleck erschüttert die Glaubwürdigkeit des Motu proprio – und bringt Bewegung in die Debatte um die Zukunft des überlieferten Ritus.


Matteo Bruni, der Direktor des vatikanischen Presseamtes, bestätigte heute die Echtheit der von Diane Montagna zu Traditionis custodes veröffentlichten Enthüllungen
Matteo Bruni, der Direktor des vatikanischen Presseamtes, bestätigte heute die Echtheit der von Diane Montagna zu Traditionis custodes veröffentlichten Enthüllungen

Die jüng­sten Ent­hül­lun­gen über die Ent­ste­hung des tra­di­ti­ons­feind­li­chen Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des von Papst Fran­zis­kus sor­gen welt­weit für Auf­se­hen und müs­sen an die­ser Stel­le nicht mehr im Detail wie­der­holt wer­den. Die ver­dienst­vol­le Jour­na­li­stin Dia­ne Mon­tagna ver­öf­fent­lich­te Doku­men­te, aus denen klar her­vor­geht: Fran­zis­kus hat­te zwar die Bischö­fe der gan­zen Welt um ihre Ein­schät­zung zum über­lie­fer­ten Ritus gebe­ten, doch ihre Rück­mel­dun­gen waren ihm letzt­lich gleich­gül­tig. Heu­te erfolg­te die offi­zi­el­le Bestä­ti­gung durch Rom. Aber wel­che Aus­wir­kun­gen hat das für Tra­di­tio­nis cus­to­des und den gekne­bel­ten über­lie­fer­ten Ritus?

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Seit heu­te ist es offi­zi­ell: Statt sich am Wil­len sei­ner Mit­brü­der im Bischofs­amt zu ori­en­tie­ren, ent­schied Fran­zis­kus nach eige­nem Gut­dün­ken – ideo­lo­gisch fixiert und mit Scheu­klap­pen ver­se­hen – und goß sei­ne repres­si­ven Vor­stel­lun­gen in eine päpst­li­che Rechts­norm mit uni­ver­sa­ler Gültigkeit.

Mit ande­ren Wor­ten: Er gab sich for­mal syn­odal und brü­der­lich, hat­te jedoch – so legt es das nun auf­ge­deck­te Mate­ri­al nahe – längst beschlos­sen, den über­lie­fer­ten Ritus zu mar­gi­na­li­sie­ren. Die Kon­sul­ta­ti­on der Bischö­fe dien­te offen­kun­dig nur der Fas­sa­de. Sie soll­te einem auto­ri­tä­ren Schritt den Anschein eines brei­ten Kon­sen­ses ver­lei­hen, der in Wirk­lich­keit nie bestand.

Was ändert das nun? Zunächst: nichts. Die Ver­ant­wort­li­chen in Rom waschen ihre Hän­de in Unschuld und las­sen Fran­zis­kus, des­sen sterb­li­che Über­re­ste inzwi­schen in San­ta Maria Mag­gio­re ruhen, die Last allein tragen.

Und doch könn­te es mehr ver­än­dern, als es den Anschein hat.

Denn nun regiert Leo XIV. – und auf sei­nem Schreib­tisch liegt bereits eine gewich­ti­ge Bit­te: Hoch­ran­gi­ge Kir­chen­män­ner, dar­un­ter meh­re­re Kar­di­nä­le wie Ger­hard Mül­ler und Ray­mond Bur­ke, ersu­chen ihn, einen Schritt der lit­ur­gi­schen Ver­söh­nung zu set­zen – und dem über­lie­fer­ten Ritus jene unein­ge­schränk­te Frei­heit zurück­zu­ge­ben, die ihm allein schon kraft sei­nes ehr­wür­di­gen Alters zusteht.

In die­sem Zusam­men­hang gewin­nen Mon­tag­nas Ent­hül­lun­gen erheb­li­che Bedeu­tung: Sie erhö­hen den Druck auf jene, die Tra­di­tio­nis cus­to­des einst for­der­ten, auf den Weg brach­ten oder seit­her ver­tei­di­gen. Seit der Ver­öf­fent­li­chung der Doku­men­te befin­den sich die Befür­wor­ter des Motu pro­prio in der Defen­si­ve – und genau das könn­te den ent­schei­den­den Moment mar­kie­ren, der Leo XIV. den Weg zur Ver­söh­nung erleichtert.

Er könn­te dem über­lie­fer­ten Ritus nicht nur das unter Bene­dikt XVI. gewähr­te Hei­mat­recht in der Kir­che zurück­ge­ben – er könn­te noch wei­ter gehen: Er könn­te die Fes­seln lösen, die den Ritus der hei­li­gen Kir­che seit 56 Jah­ren kne­beln, und ihm die unbe­ding­te Frei­heit schen­ken, wie sie Mül­ler, Bur­ke und ande­re mit Nach­druck for­dern. Es ist der viel­leicht gün­stig­ste Moment seit lan­gem – gün­sti­ger noch als 2007, als Bene­dikt XVI. Sum­morum Pon­ti­fi­cum gewähr­te –, alles Gön­ner­haf­te hin­ter sich zu las­sen und einen wirk­lich befrei­en­den Schritt zu tun.

In die­ses Kli­ma platz­te heu­te eine bedeut­sa­me Bestä­ti­gung durch Matteo Bruni, den Direk­tor des vati­ka­ni­schen Presseamtes.

Wäh­rend der Fra­ge-und-Ant­wort-Run­de einer Pres­se­kon­fe­renz, die heu­te im Vati­kan statt­fand, bestä­tig­te Bruni die Echt­heit der Unter­la­gen, die Dia­ne Mon­tagna kürz­lich ver­öf­fent­licht hat­te – Doku­men­te, die der Ver­öf­fent­li­chung des Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des zeit­lich vor­aus­ge­hen und unmit­tel­bar mit des­sen Ent­ste­hung ver­knüpft sind. Zwar sei das Mate­ri­al nicht voll­stän­dig, doch sei es authen­tisch, wie Bruni ein­räum­te – auch wenn er zugleich bemüht war, des­sen Bedeu­tung her­un­ter­zu­spie­len. Das ist die ange­spro­che­ne Defen­si­ve. Die Sache ist sehr peinlich.

Anlaß der Pres­se­kon­fe­renz war die Vor­stel­lung des neu­en Meß­for­mu­lars „pro cus­to­dia crea­tio­nis“ – ein berg­o­glia­ni­sches Erbe. Anwe­send waren Kar­di­nal Micha­el Czer­ny SJ, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die ganz­heit­li­che Ent­wick­lung des Men­schen, sowie Msgr. Vitto­rio Fran­ces­co Vio­la OFM, Sekre­tär des Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung. Da mit Msgr. Vio­la der zweit­höch­ste Ver­tre­ter der vati­ka­ni­schen Lit­ur­gie­be­hör­de anwe­send war, erkun­dig­ten sich die anwe­sen­den Pres­se­ver­tre­ter auch über die jüng­sten Enthülllungen.

Die Fra­ge dazu stell­te Han­nah Brock­haus von der Catho­lic News Agen­cy – und rich­te­te sie direkt an Msgr. Vio­la. Doch noch bevor die­ser ant­wor­ten konn­te, schal­te­te sich Bruni ein. Mit der Begrün­dung, die Fra­ge sei the­ma­tisch unpas­send, da sie nicht in den Rah­men der Ver­an­stal­tung pas­se, ver­such­te er sie abzu­blocken, indem er selbst eine kur­ze Erklä­rung dazu abgab, die ent­hül­lend war.

Bruni offen­bar­te vor den anwe­sen­den Jour­na­li­sten, wie sehr man in der Defen­si­ve ist. Er griff in sei­ner Erklä­rung zu einem Kunst­griff, indem er zunächst die Echt­heit der ver­öf­fent­lich­ten Unter­la­gen bestritt, um gleich im näch­sten Satz ihre Echt­heit zu bestä­ti­gen. Hier der Wortlaut:

„Ich bestä­ti­ge nicht die Authen­ti­zi­tät der ver­öf­fent­lich­ten Tex­te. Es han­delt sich hier­bei um einen Teil jener Doku­men­te, auf deren Grund­la­ge die Ent­schei­dung [zur Ver­öf­fent­li­chung von Tra­di­tio­nis cus­to­des] getrof­fen wur­de, und dies stellt selbst­ver­ständ­lich eine sehr par­ti­el­le und unvoll­stän­di­ge Rekon­struk­ti­on dar. Die erwähn­te Befra­gung stütz­te sich damals auf ande­re Unter­la­gen, auf wei­te­re ein­ge­gan­ge­ne Berich­te sowie auf inter­ne Kon­sul­ta­tio­nen, die das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re erhal­ten hatte.“

Im Video ist Bruni im O‑Ton zu hören. Die betref­fen­de Aus­sa­ge fin­det sich ab Minu­te 24:48.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/​Youtube (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Papst Fran­zis­kus Syn­oda­li­tät und sei­ne Kam­pa­gne wider den Kle­ri­ka­lis­mus waren eben 2 Sei­ten einer Medail­le, daß er, Lud­wig XIV zum
    Vor­bild sich neh­mend: „Ich bin die Kir­che“ die Bischö­fe und den Kle­rus ent­mach­ten woll­te, um allein die Kir­che zu regie­ren. Wenn ihm Sub­or­di­nier­te etwas sag­ten, was ihm miß­fiel, dann miß­ach­te­te er das. Durch die Syn­oda­li­tät soll­ten die Bischö­fe ent­mach­tet wer­den, indem sie sich den Mehr­heits­be­schlüs­sen zu unter­wer­fen haben, wobei der Papst durch sei­ne Per­so­nal­po­li­tik für ihn geneh­me Mehr­hei­ten in den Gre­mi­en sor­gen wollte.

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