Die Gemeinschaft Sant’Egidio und ihr Kandidat im Konklave

José Tolentino de Mendonça


Die Gemeinschaft Sant'Egidio versucht auf das kommende Konklave Einfluß zu nehmen und setzt dabei auf Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça als Kandidaten.
Die Gemeinschaft Sant'Egidio versucht auf das kommende Konklave Einfluß zu nehmen und setzt dabei auf Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça als Kandidaten.

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster beleuch­tet die 1968 gegrün­de­te Gemein­schaft Sant’Egidio und deren Aspi­ra­tio­nen im bevor­ste­hen­den Kon­kla­ve. Bereits im Drei-Päp­ste-Jahr 1978 hat­te die damals noch jun­ge Gemein­schaft Ambi­tio­nen, bei der Papst­wahl mit­zu­mi­schen. Damals mobi­li­sier­te sie für den dama­li­gen Erz­bi­schof von Nea­pel Kar­di­nal Cor­ra­do Ursi, „um gleich dar­auf in demon­stra­ti­ver Unter­stüt­zung für den gewähl­ten Karol Woj­ty­la zu mobilisieren“.

Flexibilität bei klarer Grundausrichtung

Anzei­ge

Die­se Fle­xi­bi­li­tät brach­te der pro­gres­siv aus­ge­rich­te­ten Gemein­schaft den­noch den Ruf der Papst­treue ein und öff­ne­te ihr auch in der von pro­gres­si­ven Krei­sen ver­ach­te­ten „restau­ra­ti­ven Pha­se“ des „lan­gen Pon­ti­fi­kats“ von Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. die Türen zum Vati­kan. Im Hei­li­gen Jahr 2000 for­der­te die Gemein­schaft eine Beloh­nung für ihre Posi­tio­nie­rung und erhielt die erste Bischofs­er­nen­nung. Johan­nes Paul II. ernann­te den ersten geist­li­chen Assi­sten­ten der Gemein­schaft, Vin­cen­zo Paglia, zum Bischof. Bene­dikt XVI. schenk­te der Gemein­schaft 2012 mit Matteo Zup­pi den zwei­ten Bischof und ernann­te Msgr. Paglia, nach sei­nem unrühm­li­chen Abgang in der Diö­ze­se Ter­ni, zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes. Bei­de wur­den von Papst Fran­zis­kus in füh­ren­de Posi­tio­nen beru­fen und mit zen­tra­len Auf­ga­ben sei­nes Pon­ti­fi­kats beauftragt.

Paglia erklär­te sinn­ge­mäß im Zuge der berg­o­glia­ni­schen Fami­li­en­syn­ode, als es um die Recht­fer­ti­gung von Schei­dung und Zweit­ehe ging, daß die katho­li­sche Moral­leh­re zwei­tau­send Jah­re die Men­schen gequält habe. Dafür ernann­te ihn Fran­zis­kus 2016 zum Groß­kanz­ler des Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie und zum Vor­sit­zen­den der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben. Bei­de vom pol­ni­schen Papst zur Ver­tei­di­gung des Lebens­rechts und von Ehe und Fami­lie gedach­ten Insti­tu­tio­nen hat­te Paglia auf berg­o­glia­ni­schen Kurs zu brin­gen, was er wunsch­ge­mäß auch tat. Für wei­te­re Kar­rie­re­sprün­ge war der Ita­lie­ner aber etwas zu ambi­tio­niert und vor allem zu redselig.

Dies­be­züg­lich zog Msgr. Zup­pi, der zwei­te Bischof der Gemein­schaft Sant’Egidio, umso schnel­ler an sei­nem Mit­bru­der vor­bei. Zup­pi, den Bene­dikt XVI. zu einem der Weih­bi­schö­fe für die Stadt Rom gemacht hat­te, wo die Gemein­schaft ihren Sitz hat und beson­ders ver­an­kert ist, ernann­te Fran­zis­kus zum Erz­bi­schof von Bolo­gna, dem Macht­zen­trum der poli­ti­schen Lin­ken, mit der Fran­zis­kus unüber­seh­bar lieb­äu­gel­te. Er kre­ierte ihn bald dar­auf zum Kar­di­nal und ernann­te ihn zum Mit­glied ver­schie­de­ner römi­scher Dik­aste­ri­en, dar­un­ter auch der Güter­ver­wal­tung des Apo­sto­li­schen Stuhls. 2022 setz­te ihn Fran­zis­kus auch an die Spit­ze der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz.

Mit Zup­pi wird der Gemein­schaft Sant’Egidio dem­nächst erst­mals der Ein­tritt in ein Kon­kla­ve gelin­gen. Magi­ster schreibt dazu: „Noch mehr wür­de sie heu­te für eines ihrer eige­nen Mit­glie­der, Kar­di­nal Matteo Zup­pi, mobi­li­sie­ren, der von den Welt­me­di­en ein­hel­lig als der von der Gemein­schaft vor­be­rei­te­te und geför­der­te Papst­kan­di­dat bezeich­net wird“. Das sei aber nicht der Fall, so der Vatikanist.

Der Kandidat, auf den die Gemeinschaft Sant’Egidio setzt

Der Kan­di­dat, auf den die Gemein­schaft Sant’Egidio setzt, ist der por­tu­gie­si­sche Kar­di­nal José Tolen­ti­no de Men­don­ça. Als Haupt­grund dafür nennt Magi­ster die Mit­glied­schaft Zup­pis in der Gemein­schaft. Die­se spre­che nicht für, son­dern gegen ihn, „da immer mehr Papst­wäh­ler einem Pon­ti­fi­kat miß­trau­en, das die Gefahr birgt, von einer exter­nen Olig­ar­chie, ja einer Mono­kra­tie beherrscht zu werden“.

Dazu muß man wis­sen, daß die Gemein­schaft seit ihrer Grün­dung neben cari­ta­ti­ven Wer­ken vor allem eine Par­al­lel­di­plo­ma­tie auf­ge­baut hat, mit der sie neben und für Staa­ten in Kon­flik­ten in ver­schie­de­nen Welt­ge­gen­den inter­ve­niert hat. Laut eige­nen Anga­ben sei die­se beson­ders erfolg­reich gesche­hen, doch dar­über gibt es geteil­te Meinungen.

Der Anfang 2023 ver­stor­be­ne Kar­di­nal Geor­ge Pell, Autor der ersten Demos-Denk­schrift, warn­te vor einem Pon­ti­fi­kat Zup­pi: „Vor­sicht! Wenn Zup­pi im Kon­kla­ve gewählt wird, wird der wah­re Papst Andrea Ric­car­di sein“.

Andrea Ric­car­di, heu­te 75 Jah­re alt, grün­de­te im Alter von 18 Jah­ren die Gemein­schaft Sant’Egidio. Er ist bis heu­te „der all­mäch­ti­ge Grün­der und Lei­ter der Gemein­schaft“, so Magi­ster. Über Ric­car­di schreibt der Vatikanist:

„Als renom­mier­ter Gelehr­ter der Kir­chen­ge­schich­te, ehe­ma­li­ger Mini­ster für inter­na­tio­na­le Zusam­men­ar­beit, 2009 Trä­ger des Karls­prei­ses und 2022 sogar Kan­di­dat für das Amt des ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten, war er stets der ein­zi­ge mit ech­ter und unbe­strit­te­ner Befehls­ge­walt über die gewal­ti­ge Maschi­ne­rie von San­t’E­gi­dio und über die Men­schen, die sie bilden.“

Kar­di­nal Tolen­ti­no hin­ge­gen gehört weder der Gemein­schaft an noch läßt er in der Öffent­lich­keit eine beson­de­re Ver­bun­den­heit mit ihr erken­nen. Auch die Ver­ant­wort­li­chen der Gemein­schaft zei­gen sich nicht als sei­ne Anhän­ger. War­um sie den­noch auf ihn als künf­ti­gen Papst set­zen, beschreibt Magi­ster wie folgt:

„Zunächst ein­mal die Wei­te sei­nes geo­gra­fi­schen Hori­zonts zwi­schen der alten und der neu­en Welt. Tolen­ti­no wur­de 1965 auf der Insel Madei­ra im Atlan­ti­schen Oze­an gebo­ren und ver­brach­te sei­ne Kind­heit in Ango­la, das damals eine por­tu­gie­si­sche Kolo­nie war, aber bereits um sei­ne Unab­hän­gig­keit kämpf­te. An Afri­ka und sei­nen ‚vor­mo­der­nen Zau­ber’ wird er sich immer mit Bewun­de­rung erin­nern. Nach sei­ner Rück­kehr nach Madei­ra trat er sehr jung ins Prie­ster­se­mi­nar ein und ließ sich nach sei­nem Stu­di­um, das er mit einer Pro­mo­ti­on in Hei­li­ger Schrift am Päpst­li­chen Bibel­in­sti­tut in Rom abschloß, end­gül­tig in Lis­sa­bon nie­der, wo er zunächst als Dozent und dann als Dekan der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Por­tu­gie­si­schen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät tätig war, aber auch aka­de­mi­sche Auf­ga­ben im Aus­land über­nahm, in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten an der New York Uni­ver­si­ty und in Bra­si­li­en in Per­nam­bu­co, Rio de Janei­ro und Belo Hori­zon­te.
Als Sohn Euro­pas, aber auch Afri­kas und der „Peri­phe­rien“ der Welt, als Lite­rat und Dich­ter, aber auch als auf­merk­sa­mer Beob­ach­ter der Befrei­ungs­pro­zes­se war Tolen­ti­no lan­ge Zeit Kaplan in Lis­sa­bon in der Cape­la do Rato, dem Epi­zen­trum der oppo­si­tio­nel­len Mahn­wa­chen, die 1974 die ‚Nel­ken­re­vo­lu­ti­on‘ inspi­rier­ten und spä­ter zu einem Ort des kul­tu­rel­len, poli­ti­schen und reli­giö­sen Dia­logs wur­den, an dem auch Antó­nio Guter­res, der der­zei­ti­ge Gene­ral­se­kre­tär der Ver­ein­ten Natio­nen, mit­wirk­te.
In der Cape­la do Rato orga­ni­siert der por­tu­gie­si­sche Zweig der Gemein­schaft San­t’E­gi­dio seit eini­gen Jah­ren ein Weih­nachts­es­sen für die Armen von Lis­sa­bon. Doch die Gemein­sam­kei­ten hören damit nicht auf. Zup­pi ist bekannt für sei­ne frie­dens­stif­ten­de Rol­le bei den Abkom­men von 1992 in Mosam­bik, einer wei­te­ren ehe­ma­li­gen por­tu­gie­si­schen Kolo­nie in Afri­ka. Und vor allem gibt es sowohl bei Tolen­ti­no als auch bei den Lei­tern der Gemein­schaft, von denen fast alle Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren sind, ange­fan­gen bei Ric­car­di, den Vor­rang der Kul­tur, bei ihm vor allem der Bibel, der Theo­lo­gie und der zeit­ge­nös­si­schen Lite­ra­tur, bei den ande­ren der Diplo­ma­tie und der Geschich­te, vor allem der Kirchengeschichte.“

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis: Die Nel­ken­re­vo­lu­ti­on war eine links­ge­rich­te­te Bewe­gung in Por­tu­gal, die sich gegen den christ­lich defi­nier­ten und kor­po­ra­ti­vi­stisch orga­ni­sier­ten Estado Novo von Antó­nio de Oli­vei­ra Sala­zar rich­te­te, der 1970 ver­stor­ben war. Die Essen für Arme, für die Kir­chen in Spei­se­sä­le ver­wan­delt wer­den, gehö­ren zu einem Mar­ken­zei­chen der Gemein­schaft Sant’Egidio. So hand­habt sie es seit lan­gem in ihrer Mut­ter­kir­che San­ta Maria in Tra­ste­ve­re. So emp­fing Kar­di­nal Zup­pi auch Papst Fran­zis­kus, als die­ser ihn 2017 in Bolo­gna besuch­te und damit sei­ne Ver­bun­den­heit signalisierte.

Affinität des Dialogs

Magi­ster ver­weist aber beson­ders auf die „Affi­ni­tät“ zwi­schen Kar­di­nal Tolen­ti­no und der Gemein­schaft „im Bereich des Dia­logs, der für San­t’E­gi­dio vor allem zwi­schen den Reli­gio­nen statt­fin­det, mit den jähr­li­chen gro­ßen inter­na­tio­na­len Kon­fe­ren­zen“, die ‚im Gei­ste von Assi­si‘ gefei­ert wer­den, mit der Para­de der christ­li­chen, jüdi­schen, mus­li­mi­schen, hin­du­isti­schen, bud­dhi­sti­schen, schin­toisti­schen usw. Füh­rer“. Gemeint sind damit die Assi­si-Tref­fen, deren erstes 1986 unter Johan­nes Paul II. statt­fand und für einen gro­ßen Skan­dal sorg­te. Die Erfin­der und Orga­ni­sa­to­ren waren jedoch Ric­car­di und die Ver­ant­wort­li­chen der Gemein­schaft Sant’Egidio.

Für Tolen­ti­no fin­det der Dia­log „vor allem zwi­schen den Kul­tu­ren statt, mit Büchern, mit gelehr­ten Vor­trä­gen oder mit per­sön­li­chen Begeg­nun­gen zwi­schen ihm und einem füh­ren­den Intel­lek­tu­el­len, vor­zugs­wei­se einem, der dem Glau­ben fern steht, im Gefol­ge des von Kar­di­nal Car­lo Maria Mar­ti­ni erfun­de­nen ‚Lehr­stuhls der Ungläu­bi­gen‘ und des von Bene­dikt XVI. erdach­ten und Kar­di­nal Gian­fran­co Rava­si anver­trau­ten Vor­hofs der Völ­ker“, womit biblisch die Hei­den gemeint sind.

An der Römi­schen Kurie ist Tolen­ti­no heu­te als Nach­fol­ger von Rava­si Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für Kul­tur und Bil­dung. Seit Papst Fran­zis­kus ihn 2018, damals noch als ein­fa­chen Prie­ster, in den Vati­kan ein­ge­la­den hat­te, um die Fasten­ex­er­zi­ti­en für die Kurie zu pre­di­gen, ver­lief sei­ne Kar­rie­re kome­ten­haft: „Vier Mona­te spä­ter ernann­te Fran­zis­kus ihn zum Archi­var und Biblio­the­kar der Hei­li­gen Römi­schen Kir­che, 2019 wur­de er zum Kar­di­nal ernannt und 2022 zur Num­mer eins in Sachen Kultur“.

Das Komikertreffen für Papst Franziskus

Was war Tolen­ti­nos bis­her bemer­kens­wer­te­ste Lei­stung? Als Prä­fekt sei­nes Dik­aste­ri­ums lud er am Mor­gen des 14. Juni etwa hun­dert Komi­ker aus der gan­zen Welt zu einem Tref­fen mit dem Papst ein, eini­ge von ihnen mit gro­ßem Renom­mee, dar­un­ter allen vor­an Who­o­pi Gold­berg. „Sie kamen in Scha­ren, obwohl eini­ge stol­ze Anti­kle­ri­ka­le sind.“ Es wur­de sogar behaup­tet, Tolen­ti­no habe ihnen gar nicht gesagt, daß sie zu einer Begeg­nung mit dem Papst ein­ge­la­den waren.

„Mit Kom­pe­tenz und Raf­fi­nes­se“ ergrei­fe der Kar­di­nal auch an Orten das Wort, die für einen Prie­ster unüb­lich sei­en: „So zum Bei­spiel auf der Bien­na­le von Vene­dig, wo er kürz­lich einem aus­ge­wähl­ten Publi­kum an meh­re­ren Aben­den die ganz­heit­li­che Lek­tü­re eines Mei­ster­werks der mit­tel­al­ter­li­chen Mystik wie Mei­ster Eck­arts ‚Kom­men­tar zum Johan­nes­evan­ge­li­um‘ vorstellte.“

Zeich­net das aber einen Papst aus? Magi­ster for­mu­liert es so:

„Die Dia­lo­ge, in denen sich Tolen­ti­no und Zup­pi her­vor­tun, haben den Vor­teil, daß sie die Kir­che nicht spal­ten, son­dern sie viel­mehr trö­sten. Selbst wenn sie sich auf Minen­fel­der wagen, wie die andau­ern­den Krie­ge in der Welt, sind die Frie­dens­ap­pel­le, die aus ihnen her­vor­ge­hen, so vage, daß sie von allen unter­schrie­ben wer­den kön­nen. Oder sie bewe­gen sich – wie im Fall von Zup­pi nach sei­nen 2023 geschei­ter­ten Mis­sio­nen in Kiew, Mos­kau, Peking und Washing­ton – nur auf dem huma­ni­tä­ren Ter­rain des Gefan­ge­nen­aus­tauschs und der Kin­der­rück­füh­rung, eben­falls mit sehr gerin­gem Ergeb­nis.
Bei den inner­kirch­li­chen Lehr­strei­tig­kei­ten, deren Epi­zen­trum der deut­sche Syn­oda­le Weg ist und die von der neu­en Sexu­al­mo­ral bis zur kirch­li­chen Wei­he der Frau rei­chen, hat die Gemein­schaft San­t’E­gi­dio stets eine kla­re Hal­tung bewahrt, indem sie sich auf kei­ne der bei­den Sei­ten fest­ge­legt hat.“

Die „kla­re Hal­tung“ besteht dem­nach dar­in, kei­ne kla­re Hal­tung ein­zu­neh­men. Doch hören wir Magister:

„Zup­pi ist der per­fek­te Voll­strecker die­ser Linie, dank der Scharf­sin­nig­keit, mit der er sagt und nicht sagt, sich öff­net, ohne sich jemals zu öff­nen, und sich bei den strit­tig­sten Fra­gen immer zurück­hält. Ein Bei­spiel dafür ist das sibyl­li­ni­sche Vor­wort, das er für die ita­lie­ni­sche Aus­ga­be des Buches ‚Buil­ding a Bridge: How the Catho­lic Church and the LGBT Com­mu­ni­ty Can Enter into a Rela­ti­on­ship of Respect, Com­pas­si­on, and Sen­si­ti­vi­ty‘ des Jesui­ten und Papst­freun­des James Mar­tin geschrie­ben hat, eines sehr akti­ven Ver­fech­ters einer neu­en Pasto­ral- und Moral­leh­re zur Homo­se­xua­li­tät. Die The­se des Buches ist klar, aber das Vor­wort ist es nicht.“

Und Tolen­ti­no? Zu ihm schreibt Magister:

„Auch er schließt sich die­ser Linie an. Er pre­digt und prak­ti­ziert groß­zü­gig die Auf­nah­me von Homo­se­xu­el­len in die Kir­che, ohne jedoch jemals eine Ände­rung der Leh­re zu for­dern. Er läßt wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zur Kom­mu­ni­on zu, aber erst, nach­dem Papst Fran­zis­kus dies in der Ermah­nung Amo­ris lae­ti­tia erlaubt hat. Er hat sich weder für noch gegen die Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans aus­ge­spro­chen, die die Seg­nung gleich­ge­schlecht­li­cher Paa­re erlaubt und von fast der gesam­ten Kir­che Afri­kas kri­ti­siert wird. Selbst zur kirch­li­chen Ordi­na­ti­on von Frau­en hat Tolen­ti­no nie sei­ne Mei­nung geäu­ßert. Er hat jedoch das Vor­wort zu einem 2022 erschie­ne­nen Buch mit dem Titel ‚Women Reli­gious, Women Dia­cons‘ der US-ame­ri­ka­ni­schen Theo­lo­gin Phyl­lis Zaga­no ver­faßt, die sich stark für die Frau­en­or­di­na­ti­on ein­setzt und Mit­glied der von Papst Fran­zis­kus ein­ge­setz­ten Stu­di­en­kom­mis­si­on zum Dia­ko­nat der Frau ist.
Tolen­ti­no hat auch das Vor­wort zu einem Buch der spa­ni­schen Bene­dik­ti­ne­rin und femi­ni­sti­schen Theo­lo­gin Tere­sa For­ca­des i Vila geschrie­ben, die er mehr­fach lob­te, ohne jedoch jemals aus­drück­lich ihre radi­ka­len The­sen zu Abtrei­bung, Frau­en­or­di­na­ti­on, Homo­se­xua­li­tät und der ‚quee­ren Revo­lu­ti­on‘ in der Kir­che zu vertreten.“

Die Hoffnung auf den „offenen Geist“

Die Gemein­schaft Sant’Egidio hofft, daß die­ser „offe­ne Geist“ Tolen­ti­nos, der jedoch nir­gends zu offen­sicht­lich anzu­ecken ver­sucht, son­dern die Pra­xis vor die Theo­rie stellt, indem die Leh­re for­mal unver­än­dert bleibt, durch eine geän­der­te Pra­xis aber umge­krem­pelt wird, Anklang im Kon­kla­ve fin­den könn­te. Dafür ist man bereit den Kan­di­da­ten aus den eige­nen Rei­hen zurück­zu­zie­hen, um ver­schie­de­ne Rich­tun­gen hin­ter Tolen­ti­no zu sammeln.

„Aber die­se Beweg­lich­keit der Posi­tio­nen könn­te auch das Gegen­teil bewir­ken. Nur weni­ge Kar­di­nä­le wür­den auf einen Kan­di­da­ten set­zen, der so wenig kla­re Ent­schei­dun­gen tref­fen kann“ und will, „und über so zwei­fel­haf­te Füh­rungs­qua­li­tä­ten ver­fügt – Tolen­ti­no hat noch nie eine Diö­ze­se gelei­tet –, der zudem erst 59 Jah­re alt ist, und das nach einem Pon­ti­fi­kat wie dem von Fran­zis­kus, das sei­nem Nach­fol­ger eine Kir­che in vol­ler lehr­mä­ßi­ger und pasto­ra­ler Ver­wir­rung hin­ter­läßt, sodaß alle, sowohl auf der rech­ten als auch auf der lin­ken Sei­te und in der Mit­te, aus ver­schie­de­nen Grün­den dra­ma­tisch ver­un­si­chert sind.“

Des­halb geht Magi­ster davon aus, daß nicht nur Zup­pi, son­dern mehr noch Tolen­ti­no für die Mehr­heit der Papst­wäh­ler kei­ne geeig­ne­te Opti­on sein dürf­te. Er bie­te zu wenig Aus­sicht, „mit Umsicht und Weis­heit ein Min­dest­maß an Ord­nung in der Lei­tung der Kir­che wie­der­her­zu­stel­len“. Das gel­te umso mehr, als Fran­zis­kus der Kir­che ein Erbe „vol­ler Unbe­kann­ten“ hin­ter­läßt, die er bis 2028 umge­setzt haben möch­te. Gemeint ist der Fahr­plan zur Umset­zung der Syn­oda­li­tät in der Welt­kir­che, den Fran­zis­kus am 11. März in der Gemel­li-Kli­nik dik­tier­te und der in eine gro­ße und histo­risch bei­spiel­lo­se „kirch­li­che Ver­samm­lung“ mün­den soll.

Aller­dings, was Magi­ster nicht schreibt, ist ein künf­ti­ger Papst in kei­ner Wei­se an eine sol­che Vor­ga­be gebun­den. Er kann sie ohne gro­ßes Auf­se­hen ein­fach mit Fran­zis­kus ins Grab versenken.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!